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Heidelberger Zeitung — 1866 (Juli bis Dezember)

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Nr. 205-230 September
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Veidtlbkrgtr Ieilung.

Nr 2«S


Samstag, 1 September 18««.

* Auf die „Heidelberger
Zeitung" kann man sich
noch für den Monat
September mit 21 Kreuzern abonniren bei
allen Postanstalten, den Boten und Zeitungs-
trägern, sowie der Expedition, Untere Neckar-
straße Nr. 13».

* Politische Umschcru.

Heidelberg, 1. September.

* Trotzdem, daß wir mit unsern dcutschen
Verhaltnissen vollauf zu thun haben, sind die
Nachrichten aus dem europäischen Oricnt,
insbesondere von der Jnsel Candia, immer-
hin geeignet, die öffentliche Ausmerksamkeit in
ernster Weise zu beschäftigen. L>chon lange
haben die Bewohner der christlichen Provinzen
der Türkei die drückende Hcrrschaft der Türken,
die nur durch vereinzelte Aufstände hie und
da unterbrochen war, mit Langmuth ertragen.
— Jn neuester Zeit sind es nun zuerst die
Christen griechischen Stammes aus Candia
(Creta), die sich gegen dieselbe erhoben und,
nachdem alle ihre Reclamationen und sclbst die
Vorstellungen der auswärtigcn Consuln bei der
Pforte erfolglos geblieben waren, zu den Waffen
gegriffen haben. Die Jnsel Candia ist bedeu-
tend, sie hat 185 Quadratmeilen und etwa
150,000 Einwohner, die bisher im Namen des
Sultans von einem Pascha regiert wurden.
Jn Athen und dem stammverwandten Griechcn-
land überhaupt blieb man von den Vorgängen
auf Candiä um so weniger unberührt, als die
Griechen fortwahrend nach VereinigMg mit den
von ihnen noch getrennten Völkerschaften glei-
chen Stammes trachten. Die griechischen
Preßorgane beginnen den heiligen Krieg
für die Befreiung und politische Union aller
christlichen Volksstämme des Orients zu pre-
digen; es bildcn sich bereitS Comite's und Frei-
schaarcn zur Unterstützung der aufständischen
Creter, und von Creta selbst ist dem bekanntcn
griechischen General Kalergis der Oberbefehl
über die aufständischen Truppen angeboten wor-
den. Die Negicrung in Athen ist von der all-
gemeinen Bewegung mit fortgerissen, und sie
hat geeignete Schritte bei den Gesandten der
Schutzmächte gethan. Die hohe Pforte schcint
uicht einmal daran zu denken, die aufständische
Jnsel selbst zu behauptcn, trachtet vielmehr die-
selbe an den Vicekönig von Aegypten zu ver-
handeln. Zugleich zeigen sich in Epirus, Thes-

salien und Macedonien ebenfalls revolutionäre
Symptome; auch der neue Fürst von Rumänien
trachtet nach Vergrößcrung scines Adoptivvater-
landes, so daß es an Stoff für Jnscenesetzung
der orientalischen Frage nicht fehlt.

Der „Köln. Ztg." zufolge siud neuerdings
von Sachfen Ansprüche auf eine Sonderstellung
im norddeutschen Bunde erhoben worden, welche
die FriedenSverhandlungen in die Ferne zu
rücken scheinen. Auch mit Darmstadt kommen
diese nicht von der Stelle. Darmstadt will
keinen Zoll brcit Landes abtreten. Auch sollen
die Schwierigkeiten durch die pcrsönliche Hal-
tung des Hrn. v. Dalwigk veraulaßt sein.

Dem Vernehmen« nach will der in München
weilende Großherzog von Hefsen zu Gunsten
des mit einer britischen Prinzessin vermählten
Thronfolgers abdanken und seinen LebenSabend
in genannter Stadt verbringen.

Nach der „Nordd. Allg. Ztg." wird der Ent-
wurf der Bundesverfassung des norddeutschen
Bundes noch vor dem Zusammentritt dcS Par-
laments durch Bevollmächtigte der preußischen
Regicrung in Berlin festgestellt. Die Dauer
des Bündnisses sei bis zum Abschluß des nepen
Bundesverhältnisses, eventuell auf ein Jahr
festgesetzt, und ständen während dieser Zeit die
Truppcn dcr Vcrbündeten unter dem Oberbe-
fehl oes Königs.

Die Mitglicder der Linken der bayerischen
Kammer der Abgeordneten haben folgenden Be-
schluß gefaßl: „Jndem die Linke in Betreff der
inneren bayerischen Angelegenheiten an ihrem
bisherigen Programm festhält, ergänzt sie das-
selbe in Beziehung auf die deutjche Frage, mit
Nücksicht auf die verändcrte Gesammtlage, wie
folgt: 1)Wir verwerfen die Zerreißung Deutsch-
lands nach Nord und Süd und die Bildung
des südwestdeutschen Bundes. Wir crstreben
ein unter Parlament uud einheitlicher Central-
gewalt. geeinigtes Vaterland mit Autonomie
seiner Glieder in ihren besonderen Angelegen-
heiten und mit gesicherten Freihciten des Volkcs.
2) Um einen Anhaltspunkt zur Erreichung
dieses Zieles zu gewinnen, werden wir uns,
wenn auch die Gesetze und Einrichtungen des
im Norden Deutschlands in der Gründung be-
griffenen Bundes sich anfänglich noch als man-
gelhaft darstellen und ihre Verbesserung erst
erkämpft werden muß, dadurch nicht abhalten
lassen, sobald der Eintritt der Südstaaten in
diesen Bund überhaupt möglich sein wird, auf
den Eintritt Bayerns zu dringen. 3) So
lange eine organische politische Verbindung des
Südens mit dem Nordrn nicht erreicht ist, er-
achten wir die Herstellung eines engen Bünd-

niffes mit Preußen für die dringendste Auf-
gabe der bayerischen Politik, und verlangen die
Erhaltung des Zollvereins unter Umgestaltung
seiner Verfaffung mit Gewährschaften für die
Stetigkeit und Entwicklung seiner Einrichtun-
gen. 4) Ungeschmälerte Erhaltnng des deut-
schen Gebietes und Abwehr aller Einmischung
des Auslandes ist Pflicht deS bayerischen wie
jedes deutschen Staates. Sollte eine auswär-
tige Macht deutsches Gebiet bedrohen, so ver-
langcn wir sofortigen Anschluß an die nord-
deutsche Kriegsmacht behuss gemeinschaftlicher
Vertheidigung unter preußischer Führung."

Die Bundesversammlung in Augsburg hat
in ihrer Schlußsitzung vom 24. August eine
Dcputation der Bnudesmilitärcommission er-
nannt und ihr den Auftrag gegeben, bis zum
Zusammentritte der LiquidationScommission die
Verwaltung des Bundeseigenthums fortzufüh-
ren. Diese Deputation ist zusammengesetzt aus
dcm österreichischen Obersten v. Tiller, dem
bayerischen Obcrsten v. Lößel und dem säch-
sischen Obersten v. Brandenstein. Sie wird
ihren Sitz in AugSburg haben.

Man crwartet den Schluß der Session des
preußischen Landtags bis spätestens zum 20.
September.'

Jm „Temps" behauptet Hr. Seinguerlet,
daß Bismarck bereits eine vollständige MUitär-
organisation für ganz Deutschland, einschließ-
lich der Südstaaten, cnnvorfen habc und damit
in nicht ferner Zeit hervortreten werdc. Jn
erster Linie ist die preußische Führung betont.

Die Pariser Blatter sprechen sich gegen die
Antwort des Königs an die Adreßdeputation
des preuß. LandtagS zum Theil sehr scharf auS.

Der „Neuen deutschen Zeitung" ist der Post-
debit nicht nur in Mainz, sondern in der ganzen
Provinz Rheinhessen entzogen worden, und
scheint demnach, da, wie man glaubt, diese Maß-
regel von der kgl. preuß. Militärbehörde in
Mainz veranlaßt wurde, die Regierungsgewalt
auch in ganz Rheinheffen der großh. hessischen
Regierung auS den Händen genommen worden
zu scin.

Die Schweiz beabsichtigt, zur Behauptung
ihrer Existenz nnd Neutralität mittelst voll-
ständiger AuSführung des Grundsatzes der all-
gemeinen Wehrpflicht ihre Streitmacht auf
300,000 Mann zu erhöhen.

Rußlands passive Haltung während des deut-
schcn Krieges — bemerkt der „Globe" — habe
Viele mit Unrecht Wunder genommen. Ruß-
land sei bei seinen mangelhaften Transport-
mitteln heute noch eben so wenig wie zur Zeit
des Krimkrieges im Stande, sich auf einen

* Heidelberg. 30. A»g. Den auck in hiefigen
Kreisen, burck ihre vielfache freundliche Mitwtr-
kung bei dcn Concerten des Jnstrumentalvereins
in bestem Andenken stehenden Künstlern Stepan
und Arnurius widmet das Mannheimer Journal
folgenden Nackruf:

Mit der heutigen (29. Aug.) Theatervorstellung
haben dte Herren Stepan und Arnurius in der
Oper „der Wildschütz" von Lortzing ihre Thattgkeit
auf hiefiger Bühne beendigt. Schon der außer-
gewöhnlich zahlreiche Besuch des Theaters deutete
darauf hin, daß diese Veranlassung nickt vorüber-
geben sollte, ohne den Sckeidenden nock einen Be-
weis wohlverdicnter Anerkennung und Verehrung
darzubringen. DieS geschah denn auch in der That.
Es wurde Herr Stepan ntcht nur jubelnd begrüßt
und wiederholt gerufen, sondern auch mit Blumen-
spenden ehrend ausgezeichnet- Dies ist die rechte
Fruckt einer Bühnenthätkgkeit, wenn fie dle Ltebe
und Verehrung der Kunstfreunde zu gewinnen und
zu erbalteu weiß. Seit seckzehn Iahren ist Herr
Stepan als Baritonist an hiefiger Bühne thätig;
alS Mensch freundltch, charakterfest, intelligent.

doch anspruchslos und beschciden, als Künstler mit
hervorragender Persönlichkeit, mit seltenen, um-
fangreichen, wohlklingenden Sttmmmttteln, in Ver-
btndung mit einer trefflicken AuSbildung derselben
ausgerüstet, als dramatiscker Darsteller sich stets
setner Aufgabe innerlich bewußt, — mit diesen
Eigenschaften hat fick Herr Stepan als Mensch und
Künstler stets die allgcmeine Verehrung und Werth-
sckätzung der Theater- und SangeSfreundc in hohem
Grade erworhien. Sein Weggang von hiefigerBühne
darf darum auch mit Reckt ein Verlust genannt und
als solcher bedauert werden, da derselbe so leickt
nicht wieder in gleickem Grade zu ersetzen sein
dürfte. — Was Herr Stepan wahr und warm em-
pfunden und in Gesang und Spiel so oft zur in-
nigen Freude und bildenden Belebung der Theater-
besucher wieder gab, dies wird in vieler Herzen
fortleben und ihm fort und fort ein dankbares
Andenken bewahren. Au.ch Herr Arnurius, als
zwetter Tenorist seit 2 Iahren an hiefiger Bühne
thätig, feierte mit seinem heutigen Auftreten alS
„Baron von Kronthal" seinen Abschied. War der-
selbe auch nickt sehr oft und vielseittg besckäftigt,
so hat er dennoch bei jeglichem Erscheinen eine große

j Festigkeit und Sicherheit, selbst in den schwierigsten
Parthteen bethätigt und fick alS brauchbares und
nützliches Mitglied der Bühne erwtesen. Seine
Gefälligkeit und Freundlichkeit, verbunden mit so-
lidem Mannescharakter, fichern auch ihm ein ehren-
deö Andenken. Mit dem Wunsche für ferneres
Wohlergehen rufen wir den Scheidenden ein auf-
richtigeS herzltches „Lebewohl" zu.

Leipzig, 23. Aug. Wie wir hören, darf die
Treitsckke'sche Broschü-re, obschon ihr buch-
händlerischer Betrieb wieder freigegeben ist, wenig-
stenS hier in Letjrzig ntckt colportirt werden. —
Die „Dresd. Nachr." entnehmen einem Blatt, daß
der ehemalige Redacteur der „Saronia" und des
„Dresd. General-Anzeigers" zu Dresden, zuletzt
Redacteur der halbofficiellen „Nass. Landeszeitung",
Hr. Otto Walster, am 30. Iuli verhaftet und
auf die preußische Festung Vhrenbreitstetn am Rhein
abgeführt worden ist.

Ein Beispiel amerikanischer Diebesehre liefert
folgendes Geschicktchen: Der Redacteur deS PreSkott
„Iournal", Luke Taylor, befand fick unter den Er-
 
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