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Heidelberger Zeitung — 1866 (Juli bis Dezember)

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Nr. 205-230 September
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https://doi.org/10.11588/diglit.2833#0240
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Frankfurt, 27. Auguft. Der „Preffe""s
wirv geschrieben, daß der preußische Beschlag-
nahmsantrag bezüzlich der in Slraßburg ge-
lagerten Wcine deS Herzogs von Naffau zu
spät gekommen sei, da die Weine schon vvrher
verkaust worden waren.

München, 1. Sept. Es sind hier bereits
kriegsgcrichtliche Untersuchungen bezüglich der
Heerführung im Gange; insbesondere sind bereitS
Vernehmungen gepflogen worden wegen deS
Gesi-chtS bei Seybottenreuth, in welchem daS
4. Bataillon des LeibregimentS so unglücklich
getroffen wurde. — HcuteNachmittags ist mittelst
Ertraznges dic erste Abschlagszahlung der von
Bayern zu leistenbcn KriegSkostcnentschädigung
(10 Mill. gemünztes Silber) nach Berlin ab-
gegangen.

München, 1. Sept. Die „Bayer. Ztg."
schreibt, daß wegen der jüngst in Aschaffenburg
vorgekommenen Exceffe bereitS strenge Unter-
suchung cingeleitet sei.

Berlin, 4. Sept. Die „Kreuzzeitung" be-
stätigt dcn gestcrn ersolgten Friedensschluß mil
Heffen-Darmstadt und bemcrkt, daß dem Ver-
nehtNen nach die ursprünglichen preußischen
Forderungen aufrechterhalten seien. Hcffen-
Darmstadt zahlt drei Millionen und trete einen
Theil deS nördlichen OberhcffcnS ab, wodurch
die Vcrbindung mit Wetzlar hergestcllt werde.
Außerdem werde Homburg abgetreten. — Die
„Nationalztg." theilt mit, Vaß Benedctti nicht
nach Paris, sondern nach Karlsdad gcreist sei.

Stettin, 1. Sept. Auf dem hiesigen
General-Commando ist heute die Anzeige ein-
getroffen. daß die Demobilisirung der Armce
heute in Kraft tritt. Damit fallen von heute
an die MobilisirungSgelder und die Feldzulage
fort. Die Landwehr wird entlaffen, die Linie
dagegen blcibt bis zum 1. Januar in kriegs-
mäßigcr Starke. (St. Z.)

Hannover, 1. Sept. Die Deputation
an den König von Prcußen. bestehend aus den
Hcrren Minister a. D. v. Münchhausen, Vice-
präsident deS O.-App.-Gerichts v. Schlepegrell
und Schatzrath von Rössing, ist aus Berlin
zurückgckehrt mit dcr Ueberzeugung, daß ihr
Schrilk in der vsache völlig vergeblich gewesen
ist. Dcr Gewinn ihrer Neise aber besteht iu
der Gcwißheit, daß nicht, wie die crfinderische
Fama zu verbreitcn liebt, alle Kundgebungen
der Stimmung in den einzuverleibenden Ländern
durch Machinationcn von dem Ohre Sr. Maj.
fern gehalten werden; aus dem Mundc Sr.
Maj. selbst hat die Deputation die Entscheidung
vernommen und die Ueberzeugung geschöpft,
daß nunmehr auch der loyalste Hannoveraner
kcine Wahl und keine andere Pflicht mehr hat,
als die, die neue Ordnung anzuerkennen und
ihr mit allen Consequenzen sich zu unterwerfen.
Jm Uebrigcn haben wir hinzuzufügen, daß die
Deputation aus Unterrcdungen deS Herrn v.
Münchhausen mit dem Ministerpräsidcnten
Grafen v. Bismarck auch dic weiterc Gewißheit
mitgebracht hat, daß u) für bisherige Hand-
lungen hannover'scher Loyalität keinerlei Ahn-
dungen eintreten werdcn; d) daß auch gegen-
über loyalcn Bedenken und Skrupeln hannover'
scher Beamten u. s. w. eine möglichst ausgedehnte

Langwuth werde geübt werden; v) daß der
Kronprinz Friedrich Wilhelm auf längere Zcit
als Vicckönig oder in ähnlicher Stellpng seine
Residenz hier in der Stadt nehmcn werdc.

Oefterreichtsche Monarchie

Wien, I.Sept. Der „Karlsr. Ztg." schreibt
man von hier: Der Aufcnthalt der Kaiserin
von Mrxiko in Miramar ist vorläufig auf zwci
Monate berechnct. Das Anfangs September
von St. Nazaire abgehende Paketboot nimmt
den Bericht dcr Kaiscrin über die Ergebniffe
ihrer Mission mit, und die Antwort darauf
kann erst in zwei Monaten in Europa sein.
Bis daS Eintreffen dieser Antwort stgnalisirt
ist, wird die Kaiserin in Miramar bleiben und
alsdann sich abermals nach Paris verfügcn.
Alles Weitere wird von den Umständen ab-
hängen.

Wien, 2. Sept. Die Verhandlungen zwischen
der Regierung und den ungarischen Führern
habcn bisher einen Abschluß noch nicht gefunden.
Ein verantwortliches ungarisches Ministerium,
sowie die Parität gegenüber den übrigen Reichs-
theilen ist die Regicrung den Ungarn zu bewil-
ligen bereit, doch verlangt sie dagegen, daß in
dcr Staatsschuldenfrage die Ungarn sich billig
sinden laffen sollen. Graf Mcnsdorf und Bclcredi
befürwortew auch eine möglichst vollkommene
und dauerhafte Versöhnung mit Jtalien, und
wollen, um ein vollständiges Einvernehmen nach
dieser Scite hin herzustellen, Abtretung des
Trientiner GebietS an Jtalien gegen angemeffene
Geldentschädigung. Doch zweifclt man, daß
diese Ansichten an entscheidender Stelle geneigteS
Gehör sinden werden. (N. D. Ztg.)

Wien, 3. Sept. Die österrcichischen Ge-
neralkonsuln von Belgrad und Bucharest sind
zur Berichterstattung hierher bcschieden. — Die
sächsischcn Truppcn haben gestern neue Licfe-
rungen für zwei Monate abgeschloffen.

F r a n k r e i ch.

Paris, 2. Scpt. Ueber die Bedeutung
deS Ministerwechsels schreibt die Jndep. belge:
„Nach Allem scheint eö sich zu bestätigen, daß
derselbe eine friedliche Bedeutung hat, zumal
nnter dcm Gesichtspunkt der Beziehungen Frank-
reichs zu Preußen. D.ouyn de Lhuys war
in dcn deutschen Angelegenhciten allzusehr enga-
girt, allzufreundlich für Oesterreich, allzu feind-
selig gegen die von Preußen in Deptschland
hervorgerufenen Vcränderungen, als daß er der
strcng neutralcn Haltung hätte getreu bleibcn
können, die der Kaiser bis jetzt beobachtet hat,
und die er auch ferner beobachten will. Aber
noch eine andere Bedeutung wird der Ersetzung
des Hrn. Drouyn de Lhuys durch de Moustier
beigclegt: nämlich, daß der Kaiser, die deutschen
Fragen bei Seite liegen lassend, das demnächstige
Wiederauftauchen der orientalischen Frage voraus-
fühlt und bereit sein will, ihr in allcn ihren
Phasen zu folgen. Jn dieser Beziehung ist die
Wahl de Moustier's besonders bezeichnend. Die
Ereignisse auf Candia, die Aufrcgung in ganz
Griechenland, Epirus uud Macedonien, die
Haltung Serbiens, die sinanzielle Bedrängniß
der Türkei rechtfertigen diesc Vermuthung und

sund und munter fortgehen sehen, jetzt das tödt- ^
liche Gift in seinen Eingeweiden, vielleicht schon
in den nächsten Stunden umstanden fie wehklagend ^
seine Leiche. — Kalter Schweiß stand ihm auf der i
Stirne. —

AlS fie nun fast die Stätte der Heimath wieder !

Freund zu trösten, und alS der Zug endlich hielt, !
nabm er ihm alle Angst und Furcht vor dem nahen
Tod durch Vergiftung mit drr Moral: „Mußt mir
in Zukunft keinrn Possen mehr spielen und mich
überlisten woSen; denn du hast diesmal, wie im-
mer, den Kürzeren gezogen. Zu deinem Troste
wiffe: die Milchbrode waren so unschädlich wie
srisches Quellwasser, und deine Bosheit, mtr einen
unschuldigen Genuß zu rauben, ist gebührend be-
straft!"

Zeit oft in den Zeitungen gelesenen Ausdrücke
„Ehauvin,Chauvinismus,chauvinistisch"
eine krankhafte politische Richtung in Frankreich,

welche die Eroberungen und den kriegerischen Ruhm
des ersten Kaiserreichs in unsern Lagen um jeden
Preis wiederholen möchtr. Weniger bekannt möchte
die Entstehung dieses politischen Spitznamens srin.
Die Bezeichnung „Ehauvin" stammt aus einem
Lustspiel Scribe's: „l,e Solöst Isdoreur," in wel-
ckem ein alter Soldat Namens Ehauvin, der unter
Napoleon gedient hat nnd fick durch eine lächerliche
und maßlose Bewunderung der Kriegsthatrn des
großcn Kaisers hervorthut, die Hauptrolle spielt.
Dtese Figur ist zum Typus gewordeu, und wie
Tartüffe den Heuchler, George Dandin den un-

digen, eingebildeten und kenntnißlosen franzöfischen
Politikcr geworden, wie die „Gloire" ein tägliches
Bedürfniß geworden ist.

Es war einige Tage vor der Schlacht bei Custozza,
als Erzherzog Albrecht, wie öfters, ohne Begleitung
die Vorpostenlinie besuckte und an einer wicktigeren
Stelle den österreichischen Vorposten crschossen fand.
Dtc Ncthwendigkett, daß diese Stclle bewacht wer-
den müsse, crsehend, nahm Se. kaiserliche Hoheit

verleihen dem, was in Oesterreich für dte Re-
organisation dieses ReichS geschieht, ein ganz
besondercS Jntereffe." Ein Corr. deffelben
Blattes sagt, daß die Erncnnung de Moustier'S
! ohne Zwcifel in Wien und St. Petersburg wenig
! gefaüen werde.

Paris, 3. Sept. Der „Temps" versichert,
Benedetti, der Botschafter in Berlin,'sei zum
Nachfolger de Moustier's in Konstantinopel
bestimmt.

E p a u i e n

Mndrid, 30. Aug. Die amtliche Zeitung
zeigt an, daß die schwebcnde Schuld sich am
1. Juli auf 1 Milliarde 545 Millionen Realen
und am 1. August auf eine Milliarde 606
Millionen Realen belief.

R u ß l a n r»

Petersburg, 2. Sept. Eine Privatcorre-
spondenz aus Suchumkale vom 1. August
mcldet: 7000 Abadsechen haben Suchumkale
angegriffen und daffelbe am 27. Juli cingcnom-
men. Jn Suchumkale waren 600 Russen als
Garnison; alS erste Verstärkung wurden 1100
Ruffen abgeschickt, welche den Feind aus der
Stadt verdrängten; der Feind greift fast täglich
die Stadt an, obgleich er stets mit großem Ver-
lust zurückgeschlagen wird. Suchumkale erwartet
Verstärkung.

Petersburg, 2. Tept. Die officielle
„Nordpost" beleuchtet den signalisirten Artikel
deS „Journ. de St. Petersbrg." und sagt,
Rußland wollte die Abhaltung eines Congresses,
„um dcr Jdee des Rechtes das Uebergewicht
über die physische Gcwalt zu verschaffen."

A m e r i k a.

Jn Matamoras hat eine politische Revolution
stattgefunden. Die Negierung Carvajal'S ist
geftürzt. Carvajal hat stch nach BrownSville
gcflüchtet.

Aus Baden. Bei einer in Mannheim
gehaltenen Privatversammlung von Wahlmän-
nern wurde für die erledigtc Stelle eines Ab-
geordneten für die zweite Kammer der Großh.
Bezirksrath Hr. Hoff in Aussicht genommen.
— Am 2. Lreptember ist daS 1. badische Füsilier-
bataillon, nach neunwöchentlicher Abwefenheit,
wieder in Mannheim cingerückt. An der Gemar-
kungsgrenze wurde daffelbc von den beiven
Bürgermcistern begrüßt, und von der daselbst
aufgestellten Feucrwehr und einem großen
Theile der Einwohnerschaft Mannheims in die
mit Fahnen geschmückte Stadt gcleitet. — Der
Präsident dcr Ministerien der Justiz und des
Jnnern, Hr. Jolly, ist auf einer Reise in's
Obcrland begriffcn und in Waldshut eingetroffen.

Friedensvertrag zwischen Preußen
und Oesterreich vom 23. Aug 1866.

Läiidern die Wohlthaten deS FriedenS wiederzugeben,
haben beschlossen^die zu Nikolsburg am 26. ^uli 1866

- das Gewehr anS den kalten Händen des Todten,
! setzte fich dessen Ezako auf und wartete, bis die
j andertbalb Stunden später die Vorposten control-
^ lirende Patrouille eintraf. - Man kann fich dte
! Ueberraschung des Patrouillenführers vorstellen, alS
er seinen Feldhcrrn, dessen Abwesenheit aus dem
Hauptquartier bereits Besorgnisse erregt hatte, alS
Vorposten sah.

Linthal. Die Lciche des Dr. Hugo Wislice-
nuS wurde Sonntags auf dem Bifertengrad ge-
funden. Wahrscheinlich sei er durch herabrollendeS
Gestein erschlagen worden.

' Literarisches.

Die von Herrn A. Wolf beim Dalberg-Fest in
Mannheim gehaltene Festrede ist im Druck erschie-
nen und sckildert, so überfichtlick eS in dem eng
bemessenen Raum möglich ist, dic überaus thätige
Wirksamkeit drs Freiherrn von Dalberg als Jn-
tendanten des Mannbeimer Hoftheaters. — Der
Herr Verfasser hat das aus dem Reinertrag ihm
zufließende Honorar der Stiftung für die Wtttwen
unr- Waisen der Mitglieder des Mannheimer Hof-
theaters gewtdmet.
 
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