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Heidelberger Zeitung — 1866 (Juli bis Dezember)

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Nr. 283-306 Dezember
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https://doi.org/10.11588/diglit.2833#0604
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leicht hinauSgctrieben wcrden könnten auf daS
wilde Meer einer endlosen Principiendebatte,
und das läge in dem Jnreresse der Regierung
so wenig, wie in dem dieseS HauscS. Die Be-
sorgniß, als könnte eine einfache Annahme deS
MilitäretatS angesehen werden als eine Bewil-
ligung aller gesetzgeberischen Vorschläge, welche
die Regierung jahrelang vergebenS gemacht hat,
ist eitel. Die Regierung will nicht alle Punkte,
die streitig gewesen find, jetzt erledigen — ich
sage: alle Punkte, denn einige würden durch dic
vn blov-Bewilligung allerdings ihre Erledigung
finden. Jch gehe nnnmehr zn den vorliegenden
Amcndements über, in welchen Manches unbe-
denklich ist, aber auch Satze cnthalten sind, die
wieder nichl unbedenklich; die Regiernng erklärt
daher, daß fie, je nach der Entscheidung des
Hauscs, sich durch die betreffenden SLtze nicht
präjudicirt sehen würde. Ein Amendemcnt
Virchows will den Militäretat in Form eines
außerordentlichen Credits bewilligen; daß diese
Form wünschenswerth, glaube ich nicht. Ein
Amendemcnt des Grafen Westarp und*ein sol-
chcs v. d. KnesebeckS sind vollständig unver-
fänglich, und die Regierung würde die An-
nahme derselben mit Freudc dcLrüßen. Ein
Amendement v. Vaersts will im Grunde das-
selbe, aber es will die Vertheilung des zu be-
willigcnden Pauschquantums lediglich der Re-
gierung anheimgcben, und so viel Freiheit
möchte ich nicht haben. Jch habe das nur
anführen wollen, um den Standpunkt der Re-
gierung klär darzulegen. v. Vaerst: Nach
dieser Erklärung stehen wir mit der Regierung
auf einem ganz analogen Standpunkte; wir
wollen ja auch nichts Änderes, als daß festge-
stellt werde, daß die definitive gejctzliche Rege-
lung vorbehalten bleiben soll. Redner empfiehlt
sein Amcndement. Eine der ersten Vorlagen,
die dem norddeutschen Parlamente gemacht wür-
oen, werde sich wohl auf dic Organisation des
Bundeshecres beziehen; er erwarte, daß sich
Alles richten werde nach den bewährten Ein-
richtungen des preußischen HeereS und daß
AlleS: Unisormirung. Bewaffnung und Taktik,
wie aus Einem Guß werde gestaltet werden.
Diescs Haus habe abcr unter solchen Umstän.
den nur noch mehr Bcraniafsnng, in Bezug
auf die Zukunft sich nichtS zu vergeben. Hcise
theilt den Standpunkl dcs Grafen Weftarp.
Virchow: Wir wollen dcr Regierung allcs
bewilligen. was sie chraucht, aber unscrm Ge-
wiffen gegenüber können wir uns in Bezug
auf die Zukunft nicht binden, und darum
bleibt für uns keine andere Bewilligungsform
übrig, als diejenigc des Pauschquantums. Aus
der Thronrede haben wir das Versprechen zu
ersehen geglaubt, daß die Militärlast nunmehr
eine gcringcre werden würde; statt dessen aber
ist Das, waö geschieht, daß unsere Lasten, ohne
Erleichterung für uns, auch auf die neuen
Provinzen übertragen werden. Nach wie vor
müssen wir auch festhalten an der Forderung
der zweijährigen Dienstzeir. Jch hätte ge-
wünscht, daß der Kriegsminister sich klarer
ausgesprochen hätte. Jm Falle der Pausch-
quantumsbewilligung würde er, sagt er, nicht
alle Punkte, abcr doch einige, für erledigt hal-

hesfische Fünf- und Einguldenscheine, so wie königl.
sächfisLe Einthalerscheine auf lithograpbischem Wcge
angefrrtigt und solche theils selbst, theils durch
einige Genoffen am Niederrhein, tbeilS durch seine
Schwester ausgegeben zu haben, wahrend bie Letz-
tere, die auf dem Jahrmarkt in Sandhausen im
Monat August d. I. bei Verausgabung eines fal-

mentlich war die Falschung nicht sofort beim ersten
Anblick zu erkennen, weßhalb auch viele der ge-
falschten Scheine in bas Publikum gelangten. Wie
hoch sich indessen der Bctrag der letzteren belief,
konnte nicht ermittelt wrrden, doch war der Werth
allrr Wahrscheinlichkeit nach kein unbedeutender.
Bri dem Geständniß der Angeklagten machte deren
Vertheidigrr, Herr Anwalt Engelhorn, den vor-
trefffichen Leumund, so wie die VermögenSlofiflkeit
und ben badurch bewirkten Nothstand derselben zu

ten. Welches sind diesc Pnnkte. Redner kri-
tisirt sodann die von der rechten Seite des
HauseS gestellten Amendements, auf welche man
unmöglich eingehen könne, und kommt dann
abermals auf die Nothwendigkeit einer Abkür-
zung der Dienstzeit zurück. Wäre man ihm
gefolgt, so würde man ganz Anderes erreicht
haben. (Gelächtcr rechts). Sie lachen, aber
daS geschieht eben nur, weil Sie von nationa- !
ler Begeisterung und von einem nationalen
Aufschwunge gar keinen Begriff haben! (Bei-
fall links.) Wagener: Jch stimme für den
Antrag deS Grafen Westarp und (nach linkS)
ersuche Sie, eS auch zu thun, denn indem Sie es
thnn, thun Sie nichts AndereS, als was Sie in
der JndemnitätSertheilung bereitS gethan. Ginge
die Regierung auf Jhre Vorschläge ein, so würde
sie sich wieder zurück- und hinunteriqerfen laffen
aus dcr Position, die sie bereitS gewonnen hat.
Jn Bezug auf die Dienstzeit vergeben Sie sich
dadurch auch nichts, und ob Jemand 2 Jahre
früher und länger Landwehrmann und Rescr-
vist genannt wcrden soll, darüber kann auch
spätcr entschieden werden. Die Hinweise auf
das norddeutsche Parlament können auch nicht
verfangen. denn das Parlamcnt wird zunächst
ein constituircndes sein, und mit der Armee-
frage sich noch lange nicht beschäftigen können.
Wenn Sie hinter Dem, was Sie sagen, keine
Hintergedanken habeu, können Sie sehr gut
str 'unsern Antrag stimmen. Das Parlament,
auf welches Sie verweiscn, ist nicht gegründct
durch einc Rede Schulzes, oder durch eine Re-
solution Virchows, es ist gegründet durch die
gcgen Jhrcn Willen organisirte Armee. Die
Geschichte hat die Vordcrsätze Jhrer politischen
Logik durchgestrichen; hören Sie auf, Sturm
zu laufen auf den Felsen, auf welchcn die
Größe Preußens gegründet ist, und wenn Vir-
chow zum Schlusse noch auf die Bedeutung
der nationalen Kräfte hingewiesen hat, so bc-
mcrkc ich ihm darauf, daß die Führer dieser
Kräfte nicht auf Ih^en Bänken, sondern(auf die
Ministerbank deutcnd) stets auf diesen BLnkcn
da gesessen haben und noch sitzen! Gneist
wendet sich zunachst gegen den Vorredner. Mit
Animosität und fortgcsetzter persönlicher Vcr-
letzung fei der Sache doch gewiß auch nicht
gedient. Redner führt dann aus, wie der
Kriegsminister mit einer Pauschquantumsbe-
willigung recht wohl zufrieden sein könne.
Einen provisorischen Charakter habe am Ende
jedeS Budget, weil es eben nur auf cin Jahr
bewilligt werve. Ferner sei auch der Zustand,
in welchem wir unö befinden, ein provisori-
scher: Preußen sei größer geworven und wir
hätten in diesem Augenblicke bereits neuc Re-
gimenter, die im Etat pro 1867 noch gar nicht
stünden. Unter solchen Umständen sollc man
kein oreäo, keinen starren Glaubcnsartikel auf-
stellen in Bezug auf cinzelne Punkte des Mili-
tärgesetzes, sondern mit Zurücklassung der hinter
uns liegenden Vergangenheit das Weitere ein-
fach der Zukunft überlaffen. von Vincke
(Olbendorf): Wir haben jetzt nur noch mehr
Neider und Haffer, als vorher; eine Erlcichte-
rung der Militärlast wird eintreten , aber es
kann nicht früher geschehen, als bis ganz I

von 6 Iahren verurtheilt. (B. Lztg.) j

M h ' 13 D-Di h t' Sch ^

vollendeten Versuchs deS Kindsmords bestimmt.
Die Angeklagte hatte am 29. Sept. d. I. ihr neu-
grborneS uneheliches Kind vom Speicher aus in

ihrer Eltern und dem Nachbarhause hinabgeworfen,
eS daselbst bis zum Morgen dcs andern Tags lie-
gen laffen und an diesem Morgen mit einem zu-
gespitzten Bohnenstecken mehrere Stöße nach ihm
geführt, da fie durch das Geschrei des Ktndes enr-
deckt zu werden befürchtete; hierbei wurde fie von
den Hausbcwohnern betreten und daS übrigens
mehrfach durch Stichwunden verletzte Kind gerettet.
Seitens der vom Gr. Staatsanwalt v. Neubronn

Deutschland geeinigt ist. UebrigenS ist die
Armeereorganisation auch keine Mehrbelastung,
sondern im Gegcntheil nur eine Erleichtcrung
für daS Land. Er sei im verfloffenen Som-
mer in Jtalieu gewesen und habe dic Bcgeiste-
rung gesehen, dic dort geherrscht und sich be-
thätigt in allen Opsern; cr habe bedauert, daß
diese Begeisterung in seinem eigencn Vatcrlande
! nicht geherrscht. Ohne Opfer kein Preis; er
fordere das Haus auf, der Regierung Alles
ohne jeden Vorbehalt zu bewilligen. Miche-
lis spricht unter großer Unruhe und Heiter-
keit der Rechlen für die Resolutionen der Lin-
ken, indem er gleichzeitig ausführt. wie aus
der neueren Politik Preußens nichts kommen
könne, als Krieg und CäsariSmus. Wit seien
gegenwärtig in die Zustände eines Vehmgerichts
hineingerathen. Abstimmung, zunächft über
die von Waldeck, v. Carlowitz und Rei-
chensperger beaiztragte Resolution, daß das
Budgel nur einen provisorischen Charakter
habe, und daß das Gesetz von 1814 noch rechts-
beständig sei. Angenommen mil 165 gegen
151 Stimmen. Es folgt Abstimmung über
den Antrag Virchows, nach welchem statt
der nach den einzelnen Titeln für die Militär--
verwaltung geforderten Beträge von beziehungs-
weise 41.574.348 Thlr. und 2,497.131 Thlr.
für die Zwecke der Militärverwaltung pro 1867
ein Pauschquantum von 44.071,479 Thalern
als außerordentlicher Credit bewilligt werden
soll. Abgelehnt mit 163 gegen 153 Stimmen.
Es folgt dcr Antrag Reichenheims, wel-
cher, in Ucbereinstimiöung mit der Regiernngs-
forderung, dahin gcht, daß das Hans für die
Zwecke der Militärv^waltung im Ordinarium
41,574,348 Thlr., darunter künftig wegfallend
118,201 Thlr., bewilligen solle. Dieser An-
trag, mit welchem sich auch der Kriegsminister
einverstanden erklärt, wird angenommen. Auf
den Antrag Reichenheims genehmigt das
Haus sodann auch die außerordentlichen Aus-
gaben mit 2,497,191 Thaler, sowie auch die
eigenen Einnahmen des Kriegsministeriums mit
1,113,191 Thlr. Hierdurch sind alle anderen
Anträge erledigl. Schließlich gelangt noch ein
Antrag von Jansen und Virchow quf
Aufbeffcrung des Gehaltes der Militärärzte
unter Zustimmung der Regierung zur An-
nahme.

Berlin, 13. Dec. Jn der hcütigen Siz-
zung des Abgeordnetenhauscs überreichte der
Finanzminister einen Gesetzentwurf, betreffend
die Ermächtigung zur Aufhebung des Salz-
monopols, eventuell auch ohne die Zustim-
mung der süddeutschen Regicrungen.

Berlin, 14. Dcc. Jn der heutigen Siz-
zung des Abgeordnetenhauses wurde die Be-
rathung bis zur Annahme des Etatsgesehes ge-
führt. Der Minister der Finanzen erklarte di'e
Aenderung des directen.Steuersystems für un-
thunlich. NLchsten Montag erfolgt die Bera-
thung übcr das Genoffenschaftswesen und bis
Dienstag die Schlußberathung des EtatS.

Oefterreichische Monarchie.

Pefth, 8. Dcc. Aus der Rcde Deak's
I bei Gelegenheit der Adreßdebatte möge nach-

vertretenen Anklage wurde überdies behauptet, daß,
nach allen Umständen des Falls, die Angeklagte
! schon vor ihrer Entbtndung den Entschluß zur
i Tödtung dcs Kindes gefaßt habe. Die Geschwore-
nen vernetnten die in letzterer Beziehung gestellte
Frage, bcjahten aber die rückfichtlich der Thäter-
j schaft der Angeklagten und der Vollendung des
! Versuchs gestellte. Der Schwurgerichtshof verur-
theilte auf Grund diescs Wahrspruchs die Ange-
klagte zu 5 Iahren Zuchthaus. (M. I.)

Die „Gesellschaft Iesu" besteht dermalen aus
7529 Mitgliedern, welche fich in 19 Ordenspro-
vinzen verthetlen. Von ibnen find 1395 in allen
Theilen der Erde als Missionäre, 333 Mitglieder
zählt dte österreichtsche Provinz, deren Provinzial
der tyroler Pater Georg Patiß ist, General des
gesammten Ordens ist der bclgische Pater Peter
Bekr.

Laut einem New-Yorker Blatte geht mit näch-
stem Jahr ein regelmäßiger Dampfcurs um dte
Erde.
 
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