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Getränke.
„( Fortſetzung.)

Als Würzen und ſcheinbare Kraft werden zuſam-
mengemanſcht: Süßholz, römiſche Kamillen, Reinfarrn,
langer Pfeffer, Saſſafras, Bockholz, Wermuth, Enzian,
Kardobenediktenkraut, Tauſendgüldenkraut, Bertram-
wurzel, Aloe, Quafſia, Paradieskörner, Koloquinten,

Die Verfalſchung der Nahrungsmittel und

isländiſches Moos, Lärchenſchwamm, Taumellolch (Lo-

lium temolentum), wilder Rosmarin oder Sumpfporſt
(Ledum palustre), Schwindel⸗ oder Kokkelskörner, wil-

der Hopfen, Herbſtzeitloſe (Colchicum autumnale), Fie-

berklee, Buxbaum, Bärentraube, Faulbaum, Fichten-
ſproſſen, Krähenaugen, brenzliches Birkenöl (beſonders
für Porter) — alles mehr oder minder giftige, geſund-
heitsſchädliche, Nerventaumel und Stumpfheit hervor⸗—
rufende Mittel! Sauergewordenen Bieren muß Kalk,
Pottaſche Natrum oder auch Kreide wieder aufhelfen.
Schaum wird erzeugt mit Eiſenvitriol, Roſinen, ſchlech-
tem Zucker ꝛc.; Alaun, Schwefelſäure und ſchließlich
das verdünnende Waſſer ſpielen auch ihre Rolle hier,
von allerlei Klärungsmitteln ganz zu ſchweigen. Viele
der obengenannten Stoffe, worunter ſogar noch Lücken,
ſind, wie geſagt, Rauſchkräfte, ſollen dem Bier Stärke,
den Schein von Kraft, Würze, ſowie Glanz verleihen

— vollbringen aber bei wiederkehrendem Genuß nur

tiefeinwurzelnde Ankrankungen im Menſchen. Die an-
deren, die Bitterſtoffe leiſten Erſatz für den theueren
Hopfen, leider nur einen ſehr abſcheulichen.
Die zunehmende Biervöllerei iſt ſo wie ſo ſchon ein
Verderbniß unſeres Volkes. Mit obigen Fälſchungen
aber wird ſie direct zur ſchleichenden Vergiftung.
Wirthſchaftlich, wenn nicht bald reine, leichte und bil-

lige Biere den Giftbrau verdrängen und z. B. Wei-

zenbiere oder Mumme, die ſehr geſund und als wirk-
liche Nahrungsmittel anzuſehen ſind, dafür aufkommen
— wirthſchaftlich ſind Lagerbiere nur betrügeriſche
Geldentwender. Ein Beiſpiel mag dies beweiſen. Vor-
ausgeſchickt ſei, daß die angewandten Getreidearten in
ihren Chemikalien unter der Malzung ganz verſetzt
und verändert werden.
Die Redensart: „Bier iſt aufgelöſtes Brod“ iſt
ehendarum ein ebenſo angeſchwemmter Unſinn, wie
der „Bierbauch“ ſelbſt.
à4 Kreuzer (im Jahr alſo täglich s Schoppen) ſind
im Nahrungswerthe erſt gleich einem guten Brode
zu 18 Kreuzer, während der Fünfſchoppenbruder dafür
7300 Kreuzer ausgibt! Und wäre es für dieſen un-
geheuern Preis doch wenigſteus nur noch rein und ge-
ſund, ſeinen Spiritusgehalt höchſtens aus ſich ſelbſt er-
zeugend auf dem Lager! „Das Lagerbierſaufen —
ſagt Dr. Klencke — wie es jetzt Mode iſt, — gehört
zu den Ausſchweifungen, es macht ſchwülſtig, träge,
geiſtesſtumpf, geſinnungsgemein, ſchamlos, viehiſch“
(ſiehe deſſen Buch: „Die menſchlichen Leidenſchaften“).
Und — ſetzen wir hinzu — es erſetzt nie gänzlich das

Waſſertrinken, legt einen förmlichen Herd an von heim-
tückiſchen Kränkeleien und Krankheiten, welche ſchein-
bar gar nicht auf das Bier zurückweiſen, und wirkt
über allen Zweifel hinaus lebenverkürzend!
E'ſſig kommt als reiner Weineſſig auf nur wenige
Tiſche noch. Ueberwiegend chemiſches Produkt, iſt er
oft das Erzeugniß einer ſchändlich leichtſinnigen Kunſt,
dargeſtellt aus Bleizucker, Salzſäure, Schwefelſäure,
ſpanniſchen und langen Pfeffer, verdorbenem Bier,
ſowie aus anderen Pflanzenſchärfen und Chemikalien.
Je ſchlechter ein Eſſig, deſto leichter kahnt er, das
heißt, er entwickelt Schimmelpilze. Guter Eſſig gibt
keinen oder kaum nennenswerthen und unſchuldigen
Bodenſatz, iſt rein und angenehm ſauer, nie un-
natürkich ſcharf, bitter oder brennend. Verdampft

läßt er nur geringen Rückſtand nach. Schlechter Eſſig

unterminirt die Zähne und erzeugt bösartige Magen-
krankheiten. ö
Kaffee, der auch durch ungeſchicktes Röſten ver-
dorben wird, kann es auch ſchon vorher ſein durch auf-

gerten.

Denn: 1825 Schoppen Bier

genommenes Seewaſſer. Nicht ſelten auch haben die
Bohnen Kupfer durch die Ueberfahrt erhalten, wenn
ſie im unteren Raum eines kupferbodenen Schiffes la-
Ferner preſſen ſchurkiſche Fabrikanten Kaffee-
bohnen aus Thon. Solche Waare verwandelt Reiben
leicht zu Staub. Auch brennen Thonbohnen nicht an der
Flamme wie ächte, geben keine Aſche, ſondern behalten
ihre Geſtalt. Sogar aus Chauſſeeſtaub werden pla-
ſtiſche Bohnen nachgebildet. Auch aus Cichorie nach-
gemachte Bohnen zerfallen im Waſſer. Allem gemahlen
käuflichen Kaffee iſt entſchieden zu mißtrauen. Die
Fälſchungsmittel gepulverter Kaffee's ſind: Cichorie
(die überhaupt nie und nimmer ein Kaffeeerſatz ſein
kann), geröſtetes Bohnen⸗ und Getreidemehl, Kartof-
feln, geröſtete Hülſenfrüchte, Hafer, Karotten, Runkel-
rüben, Erdmandeln, Manglewurzeln, Eicheln. Alle
dieſe Surrogate haben im Trichter, wie als Satz noch
beſonders, ſtets ein ſchlammiges Aus ſehen.
Was den Thee anlangt, ſo nehmen die Betrüge-
reien damit ſchon in China ihren Anfang und werden
in Europa emſig fortgeſetzt. Zuvörderſt iſt das ſehr
gebräuchliche Auffärben ſchon einmal benutzter Thee's
oder ganz falſcher, als Thee in den Handel kommen⸗-
der Blätter, eine ſehr geſundheitsgefährliche Angelegen-
heit. Alle die zahlreichen Theekeſſel Englands liefern
ihren ſchon einmal ausgeſogenen Thee an den Handel
zurück, dem man zunächſt Gerbſtoff (Tamin) zuſetzt.
Berliner Blau (blauſaures Eiſen und ſehr giftig), In-
digo, Kupferſalze, arſenige Grünfarben und Grünſpan,
chromſaures Blei, chromſaures Kali; dann Gyps, Kalk,
Magneſia ꝛc., dienen hierbei auf das Entſetzlichſte
ſolcher Verworfenheit der Theegauner.
(Schluß folgt.)
 
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