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Die Nag glmaiern.
Gott ſei 57
Dank. Unſer
Feier- un —
mit Reſchbekt
zu ſage —
Freßdäg ſinn
iwerſchtanne.
Ich meegt die
verdorwene
Mäge nit
zähle, die's
gewe hott. —
Ich kenn mein
Leit! Es gibt
aah alte Kin-
ner, die die
Kaumaſchin
iwer ſo zwee
Feierdäg nit
zum Schtill-
ſchtand brin-
ge. Vun un-

ſerer Männer

N
mag ich gar
nit redde. Wer —
zählt die Fei⸗ ——
erdagsſchopppe — ————

die ſeit vorgeſchtern hinner d'r Krawatt nunner ge-
loffe ſinn? E Volkszählung is nix dagege. — Wo her
ich die Zeit iwer die zwee Feierdäg zu meim gewehn-
liche Samſtdagkapittl hab hernemme ſolle, weeß ich nit,
Leitcher. Ihr mißt alſo for heit mitere „Wochemark-
bedrachtung“, die ich ſchunn for ſo unvorherg'ſehene
Fäll im Peddo hab verlieb nemme. Un die laut uff
gut Hochdeitſch: ö
„Der Kampf um Beſeitigung des ſog. Vorkaufs
auf dem Wochenmarkte iſt ſchon längſt vorüber. Trotz
der Anwendung journaliſtiſcher Zündnadeln, Chaſſepot's,
Vorderladern und Kugelſpritzen iſt das billige Verlan-
gen total unterlegen gegen die ebenſo vielumworbene,
als vielgeſchmähte Jungfrau Gewerbefreiheit.
Kinder der Natur mit ihrem einfach ſchlichten Verſtand
wiſſen jetzt ſoviel, daß noch eine Zeit kommen muß und
wird, wo es wieder eine ſichere Grenze gibt, über
welche hinaus von keiner Seite gegangen werden darf.
Doch für heute ſchweigen wir von der Gewerbefreiheit
und bleiben bei dem Thema, dem täglichen Wochen-
markte. Schon 50 nund mehr Jahre beſucht Einſender
dieſer Zeilen den Markt, ſei es mitunter auch nur auf
einige Minuten. Früher konnte man jedes halbge-
wachſene, unerfahrene Kind zum Einkaufe dahin ſchicken.
Jetzt iſt es ganz anders geworden. Dermalen heißt
es: die Augen auf und die Ohren nicht minder und

nochmals auf und wach alle Sinnen, ſonſt geht es tief

in die Taſche, tief in den Geldbeutel. Die Verkäufer
ſind andere Leute wie früher. Sie ſind klug und
weiſe und gewaſchen mit allen Waſſern; ſie haben alle

Vortheile los. Es ſind da wenig Landleute zu finden,
welche ihre Produkte ſelbſt noch feilbieten. Durchweg
ſind es faſt lauter Händler. So ein Verkäufer, ſol un-
ſchuldig er ſich auch oftmals ſtellen mag, hat ſein Hand-
werk gründlich ſtudirt, ſich tüchtige Menſchenkenntniß
erworben, ſieht daher ſchon auf längere Strecken den
Kaufluſtigen an, auf welche Art und Weiſe er ſeine
Waare anpreiſen und wie viel er in jedem einzelnen
Fall dafür fordern kann.
Selbſtverſtändlich ſind auch die Käufer gegen frü-
her anders, aber noch lange nicht ſo routinirt, wie
die Verkäufer geworden. Beweiſe dieſer Behauptung
können faſt bei jedem Markttage geliefert werden; je-
doch iſt der Zweck dieſes Aufſatzes lediglich und allein
nur der, vorerſt auf einen einzigen, aber nicht un-
wichtigen Umſtand frei und unbefangen aufmerkſam zu
machen, welchen viele Einkäufer, die ſelber ſchon Jahre
hindurch den Markt beſuchen, doch noch nicht kennen
und darum auch' ſicher ſchon übervortheilt worden ſind.
Einkauf wie Verkauf iſt ſchlechtveg Handel, und der
Markt iſt der Ort, wo gehandelt wird. Wir wiſſen
recht gut, der Verkäufer will gut verkaufen, der Käu⸗—
fer billig einkaufen. Da kommt nun aber eine Kauf-
tuſtige, fragt den Verkäufer, was ſeine Kochet Bohnen,
die Büſcheln Gelbrüben, das Reſtle Kartoffeln, oder
die paar Köpfe Salat u. ſ. w. koſten ſollen. Der
Verkäufer fordert ſo und ſo viel dafür, die Kaufluſtige
bietet nur ſo und ſo viel daranf, geht aber dann ge⸗—
wöhnlich zugleich mit dem Gebote des Weges weiter.
Iſt dieſe nun eine gewiſſe Anzahl Schritte vom Ver⸗—
käufer entfernt, dann wird ihr nachgerufen, ſie ſolle
es haben. Sie kehrt zurück, nimmt die Waare zu ſich
und bezahlt dafür den gebotenen Preis voll und rich⸗—
tig bei Heller und Pfennig, natürlich in der beſten
Meinung, ſie hätte auch all Dasjenige, auf welches ſie
ſoeben ihr Gebot gethan. Dem iſt aber durchaus nicht
immer ſo. Für ihr Geld erhält ſie oft kaum die
Hälfte von der Waare. Zwiſchen Angebot und Zu-
ſchlag lag die Zeit, in welcher die Quantität der Waare
verringert und kleiner gemacht wurde. Fälle dieſer
Art ſtehen wie geſagt durchaus nicht vereinzelt da,
ſie kommen häufiger vor, als man glaubt und von
denjenigen aus neueſter Zeit ſoll ſchließlich noch ein
Fall als Beiſpiel dienen. Vor Wochon nämlich hielt
ein Händler mit einem Reſtchen Trauben feil. Eine
Dame trat an den Korb, beſah deſſen Inhalt und
fragte um den Preis. Die Forderung war ihr zu
hoch und ſie bot im Fortgehen etwas weniger. Kaum
hatte die Käuferin den Rücken gekehrt, als der Händ-
ler haſtig von den Trauben in ſeine Taſchen und Kappe
ſteckte. Erſt hierauf rief er der Dame nach, ſie ſolle
die Trauben mitnehmen; dieſe nahm nun auch das
Reſtchen ohne aber das Manco zu bemerken. Durch
die Dazwiſchenkunft des Schreibers dieſer Zeilen mußte
jedoch der Verſäufer auch das verſteckte Gut mit in den
Kauf geben. So wird auf dem Markte manipulirt.

Wer dieſes einmal weiß, mag auch wiſſen, was er
thun muß, um ſich vor Uebervortheilung zu ſchützen.“

Druck und Verlag von G. Geiſendörfer.
 
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