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Heidelberger Zeitung — 1900 (Juli bis Dezember)

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Nr. 281-304 (01. Dezember 1900 - 31. Dezember 1900)
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https://doi.org/10.11588/diglit.37614#0750
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seine Pensionirung seit Frühjahr definitiv geworden ist.
Esterhazy bleibt unter der Anklage des Betrugs, verübt
an seinem Letter Christian, und könnte nur nach einer

Freisprechung in die Armee
von der Amnestie und also
ausgenommeu. Von einer

durch welche den Buren
ermöglicht werde.
Gaulois wird aus Meaux
östlich von Paris) berichtet,

zurückkehren. Dreyfus ist
auch von der Reaktivirung
neuen Verwendung der Ge.
ueralc Boisdeffre, Gonse und Negrier kann keine
Rede sein, weil sic selbst die Demission gaben.
Paris, 24. Dec. Ro chefort richtete an mehrere
Blätter des Continents und Amerikas ein Rund-
schreiben, in welchem diese aufgefordert werden, eine
Geldsammlung einzuleiten,
die Fortsetzung ihres Kampfes
Paris, 24. Dec. Dem
(Departement Seine-et-Marne,
daß unter den Offizieren deS 14. Husarenregiments
sehr ernste Zwistigkeiten ausgebrochen find, die be-
reits zu 2 Zweikämpfen geführt haben; 2 Offiziere wurden
dabet verwundet.
Italien. Rom, 24. Dec. Die Ankunft der Kö-
nigin-Wittwe in Rom gestaltete sich zu einer begeisterten
Ovation. Mehr als 80 000 Personen und 100 Vereine
mit ihren Bannern säumten den Weg von der Station
bis zum Palazzo Piombino, dem neuen Heim der Königin,
wo sie von den vornehmsten Damen des Ludovist-Stadt-
viertels empfangen wurde. Die Königin war über die
Herzlichkeit des Empfanges sehr gerührt.
Asien. Peking, 23. Dec. Die Friedensbeding-
ungen wurden heute durch den spanischen Gesandten den
chinesischen Bevollmächtigten Tsching und Lihungtschang zn-
ge stellt. Die vom 22. December datirte Note umfaßt
im französischen Wortlaut etwa 1300 Worte und ist von
elf Vertretern europäischer Mächte in alphabetischer Reihen-
folge unterzeichnet. An der Abfassung des chinesischen
Wortlauts haben alle Dolmetscher der Gesandtschaften mit-
gewirkt.
Afrika. Lord Kitcheners Depesche, vom 20. d. M.
über den Bureneinbruch in die Kapkolonie wirkt
in London hauptsächlich deßhalb beruhigend, weil der
General als kühl abwägender, nichts weniger als opti-
mistischer Beobachter bekannt ist, anderseits hebt man in
Militärkreisen die empfindliche Störung hervor, welche die
Bahnunterbrechung 18 Kilometer südlich De-Aar veran-
lassen müsse. Als unmittelbar beunruhigendes Zeichen
wird von Sachkundigen vermerkt, daß das Kapkabinet
am 23. d. seit kurzem die zweite Sonntagssitzung abhielt,
was nur in ganz ungewöhnlichen Nothfällen geschieht.
Auch der Umstand, daß die Standardbank sämmtliche Bar-
mittel von einigen 30 Zweigstellen in der Kolonie einzieht,
giebt ernstlich zu denken. In einer neueren Depesche aus
Pretoria vom 22. d. meldet Lord Kitcheuer: Soweit
es möglich ist, sich eine Ansicht zu bilden, glaube ich, daß
die Vorwärtsbewegung der Buren! in der Kapkolonie
gescheitert ist. Unsere Truppen haben beide Buren-
kommandos umgangen. Eine weitere Abtheilung ist in
Bildung begriffen und wird sofort abgcsandt werden. Die
Buren finden nicht viel Unterstützung in der Kapkolonie.
De Wet befindet sich in der Nähe von Senckal — General
French meldet, er sei mit den Kommandos von Beyer
und Delarey in den letzten zwei Tagen südlich von Maga-
liesburg zusammcngetroffen und in Verfolgung des Feindes
begriffen, der große Verluste erlitten habe. Kommandant
Krause und einige andere Buren wurden gefangen ge-
nommen. (Die Bcurtheilung der Lage in der Kapkolonie
durch Kitchener scheint optimistisch zu sein; wenigstens wird
von nicht amtlicher Seite gemeldet, daß sich zur Zeit vier
Burcnkolonnen in der Kapkolonie befinden.)

fischen eingebürgerten Fremdwörtern aus dem Französischen und
nur gelegentlicher Anwendung eines französischen Wortes durch
den einen oder andern Autor und wo der Verfasser sich bei
solchen Entlehnungen im Sinne eines wirklichen Fremdworts ent-
scheidet, sind die Gründe, die er vorbringt, wohl erwogen und
beifallswerth. Die Erörterungen des Verfassers über die Kri-
terien für die Ausscheidung d r französischen Lehnwörter aus dem
altprovenzalischcn Wortschatz zeigen ein Matz von^ Kennt,iiß auf
dem Gebiete französischer und provenzaltscher Sprachgeschichte,
wie es nur durch eine ernste und eindringende Beschäftigung mit
den beiden in Frage stehenden Gebieten erworben werden kann.
Einige Versehen und Fehler, weiche die Arbeit im Einzelnen frei,
lich aufweist, dazu mancherlei Unebenheiten im Ausdruck sind
nickt derart, daß durch sie die Arbeit als Ganzes genommen an
Werth verliert. Die philosophische Fakultät hat daher die Arbeit
für des Preises würdig erklärt." — Der außerordentliche Pro-
fessor und Proscktor am anatomischen Institut der hiesigen Uni-
versität, Dr. Maurer, ist als ordentlicher Professor der
Anatomie an die Universität Jena berufen worden. Professor
Maurer wird dort der Nachfolger des zu Ostern hierher berufenen
Professors Dr. Fürbringer.
O Besuch bei den Opfern der Eisenbahnkatastrophe. Die
Patienten, welche bei der Eisenbahnkatastrophe vom 7. Oktober
d. I- verletzt wurden und sich noch in den hiesigen Kliniken be-
finden : die Herren Karl Glenzer, stud. Spitz, F. Speck und Mar-
tin Münch, Frau Jda Schifferdecker uud Fräulein Kölling, Hof-
mann und Stegmaier in der chirurgischen Klinik des Herrn Geh.
Raths Professor Dr. Czeruy sowie die Herren Köhler und Nagel
in der Klinik des Herrn Dr. Vulpius, wurden am Weihnachts-
tage von den Herren Oberbürgermeister Dr. Wilckcns und
Bürgermeister Dr. W alz besucht, welche ihnen Namens der Stadt
Blumenspcnden überreichten. Erfreulicher Weise ist das Befinden
sämmtlicher Verletzten ein verhältnißmäßig günstiges.
)l( Weihnachtsfeier in der Herberae zur Heimath. Am
ersten Weihnachtsfeiertage Morgens um 7 Uhr versammelten sich
102 Handwerksgesellen, welche im Hause übernachtet chatten, mit

Aus Stadt und Land.
Heidelberg, 27. December.
* Von der Universität. Die Festrede, welche der gegen-
wärtige Prorektor GH. Bergrath Roscnbusch bei der Unioersi-
tätsfeter gehalten hat, ist jetzt im Druck bei I. Hörning hier er-
schienen. Die Rede hehandelte, wie s. Z. mitgetheilt, die geolo-
gischen Verhältnisse unserer Gegend und ist als ausgezeichneter
Führer einem Jeden zu empfehlen, der sich mit der Geschichte
des geologischen Aufbaues der Umgegend Heidelbergs bekannt
machen will. Wer sich den Inhalt des Vortrags gründlich an-
eignet, dem werden Spaziergänge und Ausflüge in unsere Um-
gegend einen erhöhten Reiz gewähren. - Da es das erste Mal ist,
daß bei dem genannten Universitätsfest ein Abiturient der hiesi-
gen Oberreal schule, die bekanntlich erst vor wenigen Jahren
zu einer solchen ausgebaut worden ist, einen akademischen
Pr eis gewonnen hat, so wollen wir das Urtheil der philosophischen
Fakultät über die Arbeit des Preisgewinners, des Herrn cand. phtl.
Robert Karch hier in dem jetzt gedruckt vor uns liegenden Wort-
laut Wiedersehen. Es zeigt, daß man auch auf dem Weg durch
die Oberrealschule zu selbständigen und erfolgreichen wissenschaft-
lichen Arbeiten gelangen kann. Das Urtheil lautet: „Die mit
dem Motto: „6ou sai gas tot gu»nt katr ss cirsitr uisno" ein-
aereichte Lösung der von der philosophischen Fakultät gestellten
Preisaufgabe „Die nordfranzösischen Elemente im Altprovenza-
lischen" muß als eine im Ganzen gelungene bezeichnet werden,
Der Verfasser bat einen ganz außerordentlichen, rühmenswerthen
Fleiß auf die Beschaffung des nicht immer leicht zu erreichenden
Materials verwandt. Die Auswahl sowohl wie die Art der Be-
Nutzung der Quellen, die Anordnung des Stoffes und die Ver-
arbeitung desselben verdienen Lob und legen von guter wissen-
schaftlicher Methode Zeugniß ab. Bei der Bcurtheilung des aus
dem Altfranzösischen entlehnten provenzalischen Sprachgutes
scheidet der Verfasser verständig zwischen wirklich im Provenza-
in der am kaiserlichen Hofe seit Jahren üblichen Form. Auf
langen, weißgedeckten Tafeln im Halbkreis waren die Gaben für
die Mitglieder der kaiserlichen Familie und die geladenen Damen
und Herren der Umgebung ausgebreitet, zwei gewaltig große
Tannen für das Kaiserpaar und sieben kleinere Weihnachtsbäume
für die Prinzen und die Prinzessin, in der Größe nach dem
Lebensalter derselben abgestuft, prangten im Lichteischmuck. Vor-
her hatte in den Gemächern der Kaiserin eine Bescheerung der
Dienerschaft stattgefunden.
— Eine originelle Anzeige enthielt die Nummer 2l6 der
Internationalen Arltsten-Zeitung Sie lautet: „Entlobungs-
Anzeige. Meine bevorstehende Verlobung mit Fräulein Elly
Bachmann, erste aktuelle Soubrette, mit Franz Pfemfert'schen
Schlagern, findet nicht statt. Beileidsanzeigen und Glückwünsche
verbeten. Franz Pfemfert." Mehr kann man nicht verlangen
als die öffentliche Ankündigung des Nichtzustandekommens einer
erst bevorstehenden Verlobung.

den: Hauspersonal im Speisesaal beim brennenden Ehristbau'u.
Mit Gesang und Gebet wurde die Feier eröffnet, dann hielt Herr
Stadtmisstonar Ruprecht eine herzliche Ansprache und schloß
mit einem Weihnachtslied. Der Posaunenchor des Jünglings-
Vereins wirkte in erhebender Weise bei der schlichten Feier mit.
Die Gäste wurden hierauf mit Eßwaaren und Kaffee reichlich be-
wirthet. Die Geschenke bestanden in Hemden, Unterkleidern,
Socken, Kragen, Halsbinden, Tüchern u. dergl., sowie einem
neuen Testament. Es sei auch an dieser Stelle herzlich den
freundlichen Gebern gedankt, welche diese Bescheerung er-
möglichten.
O Weihnachtsfest des Waisen- und Erziehungsbauses. Das
Fest der Freude, das Wechnachtsfest, warf auch seinen Glanz zu
denen, die die Aermstcn unter den Armen sind, zu den Waisen.
Die Mildtbätigkcit der Bürgerschaft ermöglichte es auch dieses
Jahr wieder, ihnen in reichem Maße Geschenke zu übergeben.
Daß d e Stadtverwaltung in treuer Fürsorge und Liebe sich ihrer
annimmt, konnten sie daraus ersehen, daß deren Leiter an dem
Feste der Bescheerung sich betheiltgten. Die Herren Oberbürger-
meister Dr. Wilckens, Bürgermeister Dr. Walz und mehrere
Stadträthe fanden sich zu der Feier ein. Nachdem ein Advends-
lied verklungen, ergriff Herr Stadtpfarrer Dr. Stubenvoll das
Wort, um in schlichter Weise die Kinder auf die Bedeutung der
Feier hinzuweisen. Er erinnerte daran, daß er vor einigen
Jahren den Weihnachtsbaum als deutschen Baum gefeiert, und
stellte ihnen nun den Baum in christlichem Sinne dar. Mit
warmen Worten ermahnte er sie, auch später darauf bedacht zu
sein, der Anstalt, in welcher sie so viele Liebe und Pflege
empfangen, Ehre zu machen dadurch, daß sie brave, fromme
Menschen würden. Zwei gut vorgetragene Gedichte und zwei
Weihnachtslieder beschlossen die Einleitung der kleinen Feier und
nun konnten die Kinder die ihnen bestimmten Gaben in Empfang
nehmen. Die anwesenden Herren nahmen an der Freude der
Kinder theil und unterhielten sich in leutseliger Weise mir ihnen.
Besonderen Dank verdienen sich aber die Leiter der Anstalt, Herr
Hübner und dessen wackere Gattin, welche die Elternstelle bei
den Armen übernommen haben und mit väterlicher Liebe und
mütterlicher Sorge sich ihrer annebmen.
b. Die Weihnachtsfeier des Liederkranz war so zahlreich be-
sucht, daß kein Apfel oder, um einen naheliegenden Vergleich zu
gebrauchen, kein Tannenzapfen, keine Nadel des mächtigen Tannen-
baumes, welcher den Festsaal schmückte, hätte zu Boden fallen
können. Mit den elcktrisirenden Klängen des als Nr. 1 des
Programms verzeichnten Eröffnungsmarsches wurde auch diese
stolze Tanne elektrisch; rings aus den dunklen Zweigen und von
der schlanken Spitze herab flammte elektrisches Licht, eine zauber-
hafte Beleuchtung aus „Tausend und eine Nacht", aber so hell,
so kalt, daß man Sehnsucht bekam nach dem traulich-stillen mär-
chenhaften Halbdunkel des altgewohnten Kerzenschimmers. Das
traumhaft-süße Wiegenlied von Brahms, mit welchem der treff-
liche Männcrchor des Liederkranz nach den einlertenden Orchester-
stücken etnsetzte, hatte doppelt wirkungsvoll geklungen bei dem
heimlichen Knistern duftend »erklimmender Tannennadeln. Aber
auf Flügeln des Gesanges entschwebte man au» dem Reiche.des
elektrischen Lichtes in weite, sonnige Fernen, wo es keine mo-
dernisirten Weihnachtsbüume gibt, in das Reich des Frühlings,
dessen Zeichen Herr C. Wcidt so trefflich zu deuten versteht.
„FrühlingSzeichen" — ein wirkungsvoll gesetzter Männerchoc voller
Frühlingsjubel uud Sonnenschein. Dann wandelten wir „im
blühenden Garten" und lauschten dem Gesang der Nachtigall.
Nachtigallen gleich, süß und voll, klang die stimme des Fräul.
Betz, leicht, mühelos, spielten die Töne in die höchsten Register
hinaus. Lieder wie „Sandmännchen" und das herzige „Kinder-
lieb" waren ordentlich eine Wahlthat für das durch den Weih-
nachtsgcschäflstrubet arg mißhandelte Ohr, und „der muß taub
sein", wie der Titel des flott gespielten Schwankes am Schluffe
des Abends lautete, der dies- Töue nicht mit Wohlbehagen auf
sich hat einwirken lassen. Zwischen den einzelnen Nummern des
sehr reichhaltigen und gediegenen Programmes, unter denen noch
das prächtige Baritonsolo des Herrn Dürr hervorzubcben ist, waren
drei „allegorische Bilder" eingeschaltet, die )as „Älterthum", das
„Mittelalter" und die „Neuzeit" zum Thema halten, effektvolle
Gruppenbilder, die dem Dekorations- und Compositionr-Talent
des Herrn H. Hoffmann das glänzendste Zeugniß ausstellten.
Während den Zwischenpausen wurde eine schwungvolle Ver-
loosung von niedlichen und nietlichen Sachen betrieben, den
Herren Hohmeister, Schäfer Langer und Sendete aber brachte der
Abend noch die allgemeine begeisterte Anerkennung ihrer lang-
jährigen treuen Mitgliedschaft, den üblichen „Sängerring" und die
Ehrenmitglieds-Urkunden, die Herr Dc. Keller im Namen des
Liederkranz mit warmempfundenen Worten überreichte.
ob. Weihnachtsfeier der Harmonie. Wenn man auf die
gestrige Weihnachtsfeier den Blick zurückschweisen läßt, so ist man
in Verlegenheit, wo man mit dem Lob beginnen soll. So bleibe
den Damen der Vortritt mit dem schönen Gesang des in so
stattlicher Zahl neu aufgestellten Frauenchors, der unter Sah-
lender's Leitung sowohl in dem Choral für gemischten Chor
„Ehre sei Gott in der Höhe", wie in dem reizenden, für das
zarte Geschlecht starke Anstrengung erfordernden Märchen „Hänsel
und Gretel" Vorzügliches leistete. Dann sei die aus drucke volle
Wiedergabe des Prologs und des das Märchempiel verbindenden
Textes seitens Fräulein Geiger erwähnt Mit großem Beifall
ausgenommen wurde ferner besonders das reizende Violinspiel
von Fräulein Müller, die die aufme>ksam lauschenden Zu-
hörer durch zwei Stücke von Vieuxlemps und Seitz erfreute.
Doch nun schnell noch zu den Herren. Auch sie hatten wiederum
ihre tüchtigsten Kräfte in den Dienst der Gesellschaft gestellt!
Herr Löffler und Herr Heierling, welcher Harmonie-
besucher dächte nicht gern an die Stunden zurück, in der sie
durch ihre Sangesgabe alle Herzen eioderlenl Die Gewngs-
abthetlung hielt sich wacker und zeigte wiederum der Gesellschaft,
wie sie selbst und ihre einzelnen Mitglieder doch das eigentlich

belebende Element bei Gelegenheit von Unterhaliungsabenden
sind. Der Weihnachtsmann des Abends hatte sich, wie es schien,
durch die draußen herrschende Frühlingsstimmung anstecken lassen.
Unendlich viele scherzhaften Gaben packte er aus und begleitete
seine dankbare Aufgabe nicht mit finsteren eiskalten Worten, nein,
mit niedlichen Berschen tänzelnden Schrittes hatte er in Kürze
auch des Aengstfichsten Liebe gewonnen. Den Schluß des Abends
bildete ein tadellos gespielter Schwank „Klepromanie" von
Hartung, in dem die tüchtigsten Kräfte der Gesellschaft die
lohnendste Beschäftigung gefunden hatten.
(N Heidelberger Adreßbuch für 1901. Während die NeuauS-
gabe des Heidelberger Adreßbuchs sonst jeweils erst nach Neujahr
erschienen ist, hat die V-rlagsfirma I. Hörning diesmal das
Publikum zu Weihnachten mit der Herausgabe des nächstjährigen
Adreßbuchs überrascht. Das Adreßbuch ist im Laufe der Zeit zu
einem stattlichen Band von 500 Seiten (ohne die Jnseratenseiten)
herangewachsen. Seine übersichtliche Anordnung und seine Zu-
verlässigkeit sind anerkannt. Außer dem Personen- und Straßen-
verzeichuiß enthält das Büchlein zahlreiche statistische Angaben aller
Art, sowie solche gesetzliche Bestimmungen, Verordnungen und
ortspolizeiliche Vorschriften, die im allgemeinen Interesse sind.
Der Preis des unentbehrlichen Buches, schön gebunden, beträgt
3.S0 Mark.
** Vesitzwechsel. Das dem Küfer Franz Mai jun. gehörige
zu 101000 Mk geschätzt- Gasthaus „Zum goldenen Her?"
Hauptstraße Nr. 183, ,ammt Inventar im Anschlag von 5085 Mk
wurde bei der Zwangsversteigerung der Firma Uebcrle m
Ritzhaupt um ihr Angebot von 93000 Mk. zugeschlagen.
rchöfiengerichitstPung vom 24 D-cdr. 1) Sebastian
Simon aus Viernheim, z. Zi. in Haft hl«, erhielt weoen Unter-
schlagung 8 Tage Gefänglich. 2 Georg Werner aus Rüdesheim,
z. Zt. in Haft hier, wegen Uebertretung des § 360 R St G B.
3 Tag- Haft und 3 Wochen Gefängniß, 3) Johann Schleicher
aus Nußloch wegen Bedrohung 10^ Geldstrafe ev 4 Tage Hast
4) Wegen Körperverletzung erhielten Christof Renner aus Leimen
2 Wochen Gefängniß. Georg Hartmann von da 20 Geldstrafe
«veut 4 Tage Haft, Philipp Florp von da 15 Geldstrafe
event.L Toge Haft 5) Philipp Ludwig aus Waldwimmersbach
erhielt wegen Beleidigung 30 ^ Geldstrafe event 6 Tage Haft.
** Schwere Körperverletzung. Vergangenen Montag Abend
kurz nach 8 Uhr holte das Dienstmädchen einer im 2 Stockwerk
der Hauses Schiffgasse Nr. 2 wohnende» Familie Bier in einer
benachbarten Wirtschaft. In dem Gastloktte laß der nahezu 20
Jahre alte stark angetrunkene Schreinergeselle Volk, der das
Mädchen beim Nachhausegehen scherzweise bis in den Flur des
obengenannten Hauses verfolgte. Auf den Lärm, den di- Beiden
verunachten. trat der die Wirthschaft ohne geistige Getränke
fuhren-»- Friedrich Flößer auf den Hausflur, um Ruhe zu
schaffen. Der betrunkene Schreiner wollte sich aber eine Zurecht-
weisung Nicht gefallen lasten, zog sein Taschenmesser und versetzte
genanntem Wirth -inen lebensgefährlichen Stich in die Brust;
dem mit Flößer auf den Hausflur getretenen Prediger Schilling
verletzte der Unhold die Hans. Die Schutzmannschaft brachte den
betrun cn-n Menschen, der im nüchiern-n Zustand ein ruhiger und
ordentlicher Meroch ist, in sicheren Gewahrsam. DasBefinden des
verletzten Gastwirths ist sehr bedenklich. Durch den Bluterguß
nach Junen ist eine Rippenfellentzündung hcrvorgcrufen worden;
vermuthlich wird ein operativer Eingriff bei dem Schwerverletz-
ten acwagt werben müssen.
2-lbstmord. Am Montag Abend zwischen 6 und 7 Uhr
entlewte sich durch Erschießen in seiner elterlichen Wohnung in
der Romerstraße der 21;ahrige Kaufmann Bernhard Hirsch. Motiv
unbekannt.
Polizeibericht. Verhaftet wurden ein Techniker wegen
Fälschung seiner L-gttimationspapiere. Bettclns und Landstreichern,
ein Schlosser wegen Bettelns und ein Kaufmann wegen Diebstahls.
Zur Anzeige kamen zwei Personen wegen Körperverletzung und
zehn wegen Unsugs.
6. dl. Plankstadt, 26. Dez. Bei der am Samstag vor-
o-nommenen B ür g e rM ei ste r w a hl wurde der seitherige Ge-
mervderechn«. Herr P-t« H-iml in g. Cigarrensabrikauk. zum
Bürgermeister gewählt und zwar mit 51 von 55 abgegebenen
Stimmen.

Mannheim, 26. Dec. Ein Zusammenstoß zweier
Guter züge erfolgte in der Nacht vom 24. auf 25. ds. Mts.
bei der Abzweigung in den Rangirbahnhof zwischen hier und
Seckenheim. Es rannte der Eilgüterzug 601 auf den Güterzug
745 weil der Führer des ersteren Zuges das auf „Halt" ge-
standene Signal nicht beachtete. Infolge des Ausstoßes entgleisten
13 Wagen und wurden theilweise zertrümmert. 3 den Eilgüter-
zug begleitende Bahnbeamte, Schaffner Burger von hier und
zwei Wagenwärter aus Karlsruhe, erlitten unbedeutende Ver-
letzungen. Durch den Unfall wurde der Verkehr gesperrt und
konnte nur durch Umsteigen aufrecht erhalten werden. Der Material-
schaden ist sehr bedeutend. — Von seinem Bierfuhrwerk über-
fahren und getödtet wurde gestern der ledige 50 Jahre alte
Bierkutscher Johann Volk ans Windischbuch, in der „Badischen
Brauerei" dahier bedienstet. Die zwei Pferde des Bierfuhrwerks
waren durchgcgangen, Volk blieb in den Zügeln der Pferde hängen
und wurde einige Straßen weit geschleift.
L ift Karlsruhe. 26. Dec. Gestein Abend fand vor der
Wirtbichafi zum Promcuadebaus eine Schlägerei statt, wobei
der 23 Jahre alte ledige Graveur Jakob Wagner aus Azeerhofen,
Bezirksamt Bergzabern, erstochen wurde. Wagner erhielt einen
Messerstich in die rechte Brustseite, der Tod trat nach wenigen
Minuten ein. Die Leiche wurde noch in der Nacht noch der
Leichenhalle überführt. Als der Thal verdächtig wurden ver-
kästet: ein Hüfner aus Stuttgart, ein Maschinenarbeit« aus
Linkeuhcim, ein Schneider aus Berwaugen, ein Bicrführer aus
Rothenfelde» und ein Bieiführ« ans Appenweier.
ö.kl. Baden-Baden, 26 Dec. Sonntag Nachmittag feuerte
ein hi-sigec Tagiöhner auf seine Liebste, ein Dienstmädchen,
welche das Veehäitniß auflösen wollte, 3 Schüsse ab. ohne
jedoch das Mädchen lebensgefährlich zu verletzen. Der Thäler,
der nach der Tbat den Reooloer w-gwarf. begleitete die Ver-
wundete auf »hre Bitten noch in ihre Wohnung und wurde
Abends von der Gendarmerie verhaftet.
m Kehl, 26 Dec. Die jetzige Besitzerin der hiesigen Cellu»
loscufabrik, Krau Agnes Trick, machte zum Besten der Arbeiter
der Fabrik eine Stiftung im Betrage von 30 000 Mark unter
dem Namen Ludwig Trickst che Arbeiterstiftung. Von den Zinsen
sollen in Noch gcratbene Arbeiter Unterstützungen erhalten.^
8.0. Freiburg, 26. Dec. Das Projekt einer Eisenbahn
durch das Hexenthal über Staufen nach dem Münsterthal und
von da auf die Höhe des Belchen wird ernstlich erwogen. Bisher
konnte der Belchen nur zu Fuß oder mit kostspieliger Wagenfahrt
erreicht werden. Nun beabsichtigt ein Konsortium erster Schweizer
Firmen in Verbindung mit einer Berliner Firma, eine Adhäsions-
bahn Fretburg—Staufen—Nenmühle—Rothenbuck und von da
eine Zahnradbahn auf den Belchen zu erbauen. Als
Stationen und Haltestellen sind vorgesehen: Josefsbergle, Merz-
hausen, Au, Wittenau-Bitzighofen, Sölden, Bolschweil, Ehren-
stetten-Kirchhofen, Staufen, Etzenbach, Wasen, Neumühle-Rothen-
buck; auf der eigentlichen Belchenbahn: Teufelsloch, Hohkelch und
Belchenhaus. Am Hohkelch ist ein Sanatorium für erholungs-
bedürftige Bahnbedienstete vorgesehen. Mit den direkten Zügen
erreicht man den Belchen von Freibnrg aus in 1 Stunde und
35 Minuten. Spater soll eventuell vom Belchen durch das klein-
Wiesenthal nach Schopfheim oder nach Schönau Anschluß an die
Wiesenthalbahn gesucht werden. Wie bekannt, steht der Landtag
j dem Projekt sympathisch gegenüber, so daß die Konzession ii»
kommenden Herbst zu erwarten ist. — Im kleinen Wies enthal
ist eine Bewegung im Gange zu Gunsten einer Bahn, die von
Schopfheim mitD urchbo hrun g des Belchens nach Staufen
führen soll. Dieses Projekt dürfte unseres Erachtens auf große
Schwierigkeiten stoßen.
 
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