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Heidelberger Zeitung (43) — 1901 (Juli bis Dezember)

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vorgeschriebencn Tagen wird keine Verantwortlichkeit übernommen. — A nschlag der Inserate auf den Plakattafeln der Heidelberger Zeitung und den Plakatsäulen. Fernsprech-Anschluß Nr. 82.

Freitag, 27. Dezember Ml. _Zweites Blatt. 43. Jahrgang. - Sr. 302.

Die Kreditgenossenschaft und die Kand-
rverker.
Bekanntlich verlangt man von jenen, die zu allein
„Ja und Amen" sägen, selten die Begründung w a r u irr
sie „Ja und Amen" sagten, während man von jedem,
dessen Ansichten etwas divergieren, sofort eine Begrün-
dung verlangt, die dieser aber meist eher zu geben in
der Lage sein wird, wie die ersteren. So geht es ge-
wissermaßen in dieser Sache auch mir. Ich Mtte nun
nicht erwartet von Herrn Max May einen Vorwurf des
halb zu bekommen, weil ich mich mit der einschlägigen Lij-
tcratur vertraut gemacht habe und dann, diese mit meinen
eigenen Beobachtungen komponierend, dazu gekommen
bin Mängel zu besprechen, die auch schon von anderer
Seite hervorgehoben worden sind. Es dient einer Sache
wenig, wenn man an offenkundigen Miszständen mit
verbundenen Augen vorbeigeht, sondern der S a ch e
nützt man, meines Erachtens eher und besser, wenn man,
ohne jedes persönliche Interesse und ohne jede Voreinge-
nommenheit Anregungen zur Sprache bringt, die man
verantworten kann und d a s nur habe ich gethan.
Der Aussatz in Nr. 299 dieser Zeitung nötigt mich,
zu weiteren Ausführungen, die, wie ich hoffe und wünsche,
dem Genossenschaftswesen dienlich und för-
derlich sein werden.
Herr Max May bringt eingangs seiner Darstellung
einen Sah, wonach ich gesagt haben soll: „es gehörten von
etwa 800 000 deutschen Handwerkern nur etwa 300 000
je einer Kreditgenossenschaft an." Diesen Satz und diese
Zahlen habe ich gar nicht angeführt und daher sind alle
daraus gezogenen Folgerungen unzutreffend. Gestützt
auf mein Konzept, bin ich jederzeit und«jederorts in der
Lage zu wissen was und wie ich etwas ausführte und
glaube das Recht zu haben Ansichten und Meinungen
— auch in dieser Angelegenheit — zu vertreten, wenn
sie die Zustimmung und die Billigung des Herrn Max
May auch nicht finden können. In der Kredit ange-
legenheit ist für den Handwerker die Hauptsache, daß ihm
zu mäßige m Zinsfuß ein genügender umfangreicher
Kredit in bequemer Weise gewährt wird. Aber so gut
wie der dividentenberechtigte Kapitalist auf 1 Prozent
Dividende mehr oder weniger schaut, sieht auch der Hand-
werker mit Recht darauf, ob der Zinsfuß 1/2 oder 1 Pro-
zent höher oder niedriger ist. Es ist und bleibt Aufgabe
der G e n 0 s s e n s ch a f t e n, den Kredit so billig als
möglich zu gestalten. Sogut die Hamburger Volksbank
im Jahre 1896, trotz des schlechten Geschäftsganges, bil-
ligere Zinsen gefordert hat als der Diskont des Geld-
marktes dies jeweils zuließ, so gut eine Anzahl Kredit-
vereine in Belgien die Mitglieder nach Maßgabe des
Geschäftsguthabens und des aufgenommenen Kredits,
am Reingewinn teilnehmen lassen, ebensogut kann, mit
gutem Willen, das auch anderorts geschehen. Dr. A.
Retzbach sagt in seiner Schrift „Die Handwerker und die
Kreditgenossenschaften" Seite 63: „Freilich fällt bei der
Dividendenverteilung auch den Kreditkunden nach Höhe
ihrer Geschäftsguthaben ein Anteil am Gewinne zu;
ober das ist doch ein ungenügender Ausgleich für die
zu hohen Zinsen. Wenn der Gewinn nur als Dividende
auf die Geschäftsguthaben verteilt wirch erhalten die-
jenigen Genossen unter limständM am meisten Anteil
vom Gewinn, die keine oder fast keine Kreditgeschäfte mit
dem Verein machen; wird aber bei der Gewinnverteilung

auch eine Dividende auf die Kreditsummen, die entnom-
men worden sind, gezahlt, so wird den kreditnehmenden
Genossen um somehr zurückbezahlt, je mehr Zins sie ent-
richtet haben." Diesen Satz und anderes führe ich
deshalb wörtlich an, weil das gleiche, was ich darüber
sageir^würde in kürzester Weise am besten ausgedrückt
ist. Soviel von Zinsfuß und Dividentenverteilung. Bei
den Kreditfristen sind ja Prolongationen — also
Verlängerungen der einmal gegebenen Fristen zulässig.
Gewiß! Aber es ist doch ein Unterschied insofern,als bei
längerer Frist keine Proiongations g e b ü h r e n ent-
stehen und auch die einmal vorhandene Bürgschaft für
längere Zeit giltig ist. Bei Verlängerung der Kreditfrist
müssen die Bürgen zuerst wieder gefragt werden,
ob sie die Bürgschaft auch für die Verlängerung zu über-
nehmen bereit sind. Wäre es da nicht möglich, anstatt
nur in einzelnen Fällen Fristverlängerungen — die
Kosten und Uebequemlichkeiten verursachen — von vorn-
herein in vorsichtiger Weise Kredit für sechs, zwölf Mo-
nate zn gewähren, was für kleine Handwerker mit einer
im Zahlen säumigen Kundschaft eine Erleichterung be-
deuten würde? Was Herr May über das Borgen im
Handwerk sagt, ist wohl zutreffend und mir auch bekannt;
aber gerade weil dies mir bekannt ist und trotz den
Bemühungen von allein Seiten noch lange nicht aus der
Welt geschafft wird könnte die Genossenschaft durch Ge-
währung von längeren Kreditfristen von vornherein, dem
Handwerker beistehen. Wenn ich nun die vom Gewerbe-
verein und Handwerkerverband Mannheim kürzlich für
Handwerker gegründete Bank noch besonders an-
führte so hat dies feinen Grund nicht allein darin,
weil sie auf „beschränkter" Haftpflicht anfgebaut ist,
sondern auch deswegen, weil bei ihr die Sicherheit bei
Kreditgewährung auch dadurch geleistet werden kann:
daß in geeigneten F ä I l e n a u ch der blo ß e N a ch-
weis sicherer G e s ch ä f t s u m st ä n d e als
zur Einräumung eines Kredits angesehen
w i r d, was im gewissen Sinne dem Gedanken der Dis-
kontierung der Handwerkerrechnung entspricht, lieber
die Kreditgenossenschaften enthält der Jahresbericht des
Großh. Bad. Ministeriums des Innern für die
Jahre 1889 bis 1896 folgenden Satz:
„es ist zu beklagen, daß sie die ihnen bei ihrer Grün-
dung meist in erster Reihe zugedachte Aufgabe, als
leicht zugängliche und billige Kreditinstitute für die
Gewerbetreibenden zu dienen, vielfach ganz vernach-
lässigen und sich vorzugsweise der Erwerbsthä-
tigkeit zugunsten ihrer Mitglieder widmen."
Ob und wie weit dieser Satz eine Widerlegung er-
fahren hat, ist mir allerdings zur Zeit nicht bekannt,
aber wenn meine Ausführungen auf so großen Wider-
stand stoßen, wäre es sehr wichtig zu wissen, was hier-
gegen gethan wurde.
Zweifellos bezwecken dieser satz und die Darstellungen
des Herrn Mar May das G e n 0 s s e n s ch a f t s -
w e s e n zu förüe r n und den gleichen Anspruch er-
hebe ich auch für meine Ausführungen, wenn sie auch
nicht überall Unklang finden.
Ob meine Vorträae schädlich vder nützlich sind, da-
rüber entschdil ^ in
Herr Mar M ^ n,
die den Vortr ^ sü

Karlsr S


Diutsche« Reich.
Bade«.
— Zur Arbeitslose n-D eba tt e in der zwei-
ten Kammer schreibt man dem „Schw. Viert.": Das ein-
zige Ergebnis der Arbeitslosendebatte ist die völlige
Niederlage der Sozialdemokratie, die in sol-
chem Maße niemand erwartet hätte. Der größte Fehler
der Sozialdemokratie war, daß sie einen Neuling und ei-
nen Draufgänger wie Eichhorn losließen. Seine un-
überlegte Herausforderung am zweiten Tage verdarben,
alles, was Geiß am ersten gut gemacht hatte, denn nun
standen sämtliche Fraktionen auf, uni Abrechnung zu hal-
ten. Wie gestern Zehnter seitens des Zentrums, so streckte
heute Wilckeüs seitens der Nationall. in. einer fein zuge-
stntzten Entgegnung den Angreifer in den Sand. Dann
kam der vielangegriffene Wittum selbst mit einer ruhigen
und würdigen Antwort. In ihrer Not begingen die
Sozialdemokraten den weitere)) Fehler, daß sie Eichhorn
nochmals redwi ließen, statt seineVerteidigung einem an-
deren Fraktionsmitgliede zu übertragen. Eichhorn war
vor die Wahl gestellt, entweder mit rücksichtslosem Feuer
wie in der ersten Rede vorzugehen, oder die Uebertrei-
bungen derselbe)) zu vermeiden. Er versuchte letzteres,,
aber nun kam alles so heraus, als fühle er selbst, daß er
zu weit gegangen und als hätten ihn die Entgegnun-
gen herabgestimmt. Es war eine Chamade, keine Fan-
fare. Von dem Minister Dr. Schenkel wurde alsbald auf
den großen Unterschied in der Temperatur der beiden
Eichhornschen Reden hingewiesen. Und nun erst Wacker!
Innerlich erregt, aber äußerlich ruhig, unerbittlich wie
ei)) Großinquisitor, ließ das Haupt der Zentrumsfraktioik
seine schneidenden Worte gleich Säbelhieben auf die So-
zialdemokraten herabsanse». Er sprach beständig gegen
Eichhorn gewandt, den er mehrmals direkt anredete. Die
Niederlage war selbst verschuldet und ihre Folgen sind
weitgehend. Die Sozialdemokratie ist in der parlamenta-
rischen Arena verloren, sobald sie sich in die Defensive
drängen läßt, wie es ihr hier geschab. Nun ist ihr
Nimbus gründlich zerzaust worden. Wie eindringlich
Wacker sprach, beweist das vielleicht noch nie dagewefsne
Ereignis, daß er auf allen Seiten des Hauses, auch von
seinen Hauptgegnern der nationalliberalen Bänke, lau-
ten Beifall erntete. Zuletzt erhielt Dreesbach das Wort,
der sein ganzes dialektisches Geschick aufbot, um den ver-
fahrenen Karre)) wieder ans dem Sumpfe herauszu-
ziehen, aber diese Aufgabe überstieg seine Kräfte und der
Eesamteindruck des vorausgegangenen Strafgerichts ließ
sich nicht mehr verwischen. Nur leise soll angedeutet
werden, daß anscheinend das Tischtuch zwischen Zentrum
und Sozialdemokratie gänzlich zerschnitten ist.

Aus Stadt und Land.
I. Strafkammer. Vorsitzender Landgerichtsdirektor Dr.
West; Vertreter der Grotzh. Staatsbehörde: Staatsanwalt Dr»
Sebold.
1. Buchbinder Joh. Ludwig Kirsch von Handschuhsheim
gab eine mit wertlosem Inhalt gefüllte Kiste als Nachnahme-
sendung auf der hiesigen Gütcrexpedition auf, quittierte den auf
12.80 Mark lautenden Nachnahmeschein und versetzte den-
selben für eine Mark. Wegen Urkundenfälschung und Betrugs
wird er zu 3 Monaten und 1 Woche Gefängnis verurteilt.
2, Der wegen eines Sittlichkeitsverbrechens angeklagte 15
Jahre alte Schreinerlehrling Friedrich Steigleder von
Schönau wird, da ein Beweis für die ihm zur Last gelegte

Fein gesponnen
oder
74) Das Fastnachtsgeheimnis.
Triminal-Roman von Lawrence F. Lynch. — Deutsch von E. Kramer.
(Fortsetzung.)
Und trüge sie die doppelte Sündenlast — jetzt ist sic ge-
straft. Niemals wird sie einen so wehen Schmerz empfinden,
wie jetzt, wo der Mann, den sie in wenigen Wochen lieben
gelernt hat, wie sie nie etwas auf der Welt lieben zu können
geglaubt hat, gleich einem Racheengel vor ihr steht und die
große Verachtung, die er Hegen sie fühlt, aus jedem seiner
Züge spricht. , . .
Sie erhob sich und heftete die Augen starr in die seinen.
„Ja, ich bin schuldig — alles dessen schuldig, was Sie mir
vorwerfen, aber mit Ellen Jermynghams Ermordung habe
ich nichts zu thnn! O, dieser Lügner und Mörder! Ich sehne
mich danach, Ihnen alles zu sagen. Den einzigen Wunsch,
den ich noch habe, ist, ihn gerichtet zu sehen — die schleichende,
glcihnerischc Schlange!"
Ihre aufgestrecktcn Hände sinken herab, es schien, als wolle
sie von neuem eine Ohnmacht befallen; aber sie biß in krank-
hafter Energie die Zähne zusammen, und Susan geleitete die
Taumelnde, in einen Lehnstuhl.
In Steinhoff glomm beim Anblick ihres bleichen Gesichts
mit den düster brennenden Augen eine sanftere Regung auf.
„Geht es besser?'d fragte er, sich zu ihr niederbeugend.
„Ja, ich danke Ihnen," sie nahm auf dem Stuhl Platz und
ließ sich in die Polster zurücksinkcn.
„Wenn einer von Ihnen weiß," hob sie langsam an,
„was es bedeutet, eine Bahn des Betruges und der Täuschung
zn betreten in dem Wahn, daß man anderen nicht schaden
und selber nur Vorteil und Vergnügen davon haben wird,

und dann zu sek
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das heißt, einen Man» von Welt, einen feingebildeten, ele-
ganten Herr» mit tadellosen Manieren und glatter Zunge.
Er war Zeuge meiner Zusammenkunft mit Joe gewesen; hin-
ter einem Busch kauernd, hatte er uns belauscht. Er wußte so
vertrauenswürdig, so ehrerbietig zu sprechen, mir seine Hilfe
mit solchem Zartgefühl anznbieten, und ich — ich steckte voll
romantischer Ideen, war eitel, ehrgeizig und unternehmungs-
lustig und gelehrt worden, mich für eine Schönheit zu halten."
Die letzten Worte entschlüpften ihr in bitterer Selbst-
verachtung, und wie beschämt senkte sie den Kopf auf die
Brust. Nach einer Pause, die niemand unterbrochen, fuhr sie
fort:
„Also dieser Mann versprach mir seinen Beistand — er
zeigte mir einen Weg zur Freiheit, und ich ergriff seine Hand
ohne Besinnen. Er hielt sich fern von jeder Schmeichelei oder
Zudringlichkeit, so daß ich überzeugt war, es käme ihm ledig-
lich darauf an, mir einen Dienst zu erweisen. Ich Thörin
glaubte damals wirklich fest, er wäre ein edler Mensch von
auserlesener Einfachheit und Offenheit. In meinem Dünkel
bildete ich mir ein, ich hätte in ihm gerade das richtige Werk-
zeug für meine Pläne gefunden, und ich dachte ihn als solches
zu benutzen."
„Nachdem wir uns einigemale am Todtenfels getroffen
hatten, bemerkte ich, daß er mich oft in einer eigentümlich
aufmerksamen Art und Weise betrachtete. Natürlich war mir
das in meiner kindlichen Eitelkeit ein Beweis für den starken
Eindruck, de» ich ans ihn gemacht."
„Es enttäuschte mich daher einigermaßen, als er mir
eines Tages gestand, ich erinnerte ihn ganz außerordentlich
an eine Dame, die er gut kenne, an eine liebe Ferundin, die
ihm so teuer sei, daß er'mir zum Teil auch um dieser Ähnlich-
keit willen seine Hilfe angeboten habe. Damals ließ mich
verletzte Eigenliebe das glauben; später erfuhr ich, wie häß-
lich er die Wahrheit verzerrt hatte."
Sie hielt wieder imie, seufzte und wandte sich dann
an Stcinhoff:
 
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