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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Januar bis Juni)

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Nr. 51-74 (1. März 1902 - 29.März 1902)
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https://doi.org/10.11588/diglit.23860#0545
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die airgriechische Sitte, datz die Kinder dem Stande des
Vaters folgen, wnrde in Attika niemals für längsre Zeit
aufgehoben, und darum haben stets zahlreiche Mischehen
besonders mit Frauen aus den kleinasiatischen Töchter-
Kolonien, stattgefnnden. Dieses Mischblut konnte dann
bei der Kleinheit des Staatskörpers in wenigen Genera-
tionen seine günstige Wirkung ausüben. Wir sind na-
türlich übcr die Zahl dieser Mischehen nicht genau unter-
richtet. Aber Thatsache ist, datz nicht wenige der be-
rühmten Athener, so Bciltiades, Kinron, Themistokles,
Alcibiades, Perikles, Thnkydides, Kleisthenes, Antisthe-
nes, Deinosthenes keine Vollblutathener, sonderir mütter-
licherseits gemischten Blutes waren.

Anfangs waren die Folgen des Ueberwiegens der
Politischen liberalen Charaktere wegen der größeren Be-
weglichkeit der Geister und der Neigung des liberalen
Charakters, den Fortschritt anf allen Gebieten des Staats-
lebens zu befördern nnd zn nnterstühen, in Athen ebenso
giinstig, wie wir das überall beobachten können, wo der
noch gesunde liberale Charakter zur Herrschaft kommt.
E§ war dies die Glanzperiode des attischen Staates nnd
der Charaktertypus dieser Zeit hat einen Prägnantesten
Ausdruck in Perikles gefunden, welcher selbst von müt-
terlicher Seite her Mischblut war, und sich in zweiter
Ehe auch mit der Btilesierin Aspasia verheiratete.

Mit Perikles schied der letzte ausgesprochen liberale
Chärakter aus dem politischen Leben und nun begann
das Zeitalter der Streber, der Sykophanten, kurz, der
charakterlosen Demagogen.

Die Typen dieser Politisch charakterlosen Endperiode
des attischen Staatswe.sens waren ein Alcibiades und ein
Kleon.

Ebenso politisch charakterlos wie die Führer war
das Volk.

Man hat fiir diese so auffallende und sich in wenigen
Generationen nianifestierende Umkehr der früher so vor-
züglichen attischen Charaktere in das Gegenteil — knrz
diesen anffallend raschen Verfall des attischen Staats-
wesens teils dem Reichtum, teils dem verderblichen Ein-
flutz der Lophisten zugeschrieben. Die Athener waren
aber nie reich, auch nicht zur Zeit ihrer Herrschaft über
das ägäische Meer, und die Prachtbauten des Pcrikles
wurden bekanntlich ans dem delischen Schatze bezahlt.
Jn so kurzer Zeit von zwei bis drei Generationen kann
der politische Charakter einer Bevölkernng nur durch eine
eingetretene starke Blutmischung vollständig umgewandelt
werden, und zwar mntz diese Blutmischung auch noch
eine ungünstige, d. h. eine solche mit einem Blute von
sehr weit abstehenden, sehr verschiedenen Charakteren
sein. Tas können wir auch fiir diese.Periode nachweisen.

Schon Perikles hatte durch Wiederaufnahme der Ko-
lonisation und Aussendung zahlreicher Kleruchien das
attische Vollblut geschwächt. Eine noch stärkere Schwäch-
ung erfuhr das noch mehr konservative, attische Voll-
blut, als die Pest viele Tausende (4000—5000) von den
attischen Bauern, die während der Belagerung hinter den
llanpen Mauern kampierten, hinwegraffte. Den stärksten
Aderlatz aber erlitt das attische Vollblut dnrch die sizi-
lianischen Abenteuer. Droysen berechnet die Verluste der
Athener auf 60 000. Wieviel davon attisches Vollblut
waren, läßt sich natürlich nicht bestimmen, aber daß die
Derlustc desselben bci der verhältnisniäßig kleinen Zahl
der eigentlichen Bürger enorm waren, ist einleuchtend.
Dazu kamen die großen übrigcn Verluste der vielen
Schlachten des peloponnesischen Krieges. Da wir aber
direkt von einer Abnalnne der Biirgerzahl nichts hören,
Beloch sogar annimmt, daß die Zcihl der Bürger am Ende
des peloponnesischen Krieges am höchsten war, die Gene-
rationen damals aber nicht schneller heranwnchsen als
heute, so bllibt kcin anderer Schlutz, als daß diese enor-
men Verluste des attischcn Vollblntcs durch Aufnahme
von Vrctiöken und Sklaven fortwährend ersetzt wnrden.
Das war anch thatsächlich dcr Fall. Ein solcher starker
Bluteinschlag von den verschiedensten Charakteren mußte
schon in einer Generation eine enorme Wirkung in
Bezug auf die Verändeung der Politischen Cbaraktere
der attischen Bürgersckiaft hcrvorrufen. Da nm dicse Zeit
der Demos ganz dis Macht in Händen hatte und in der
attischenAristokratie die konservativen henimenden Charak-
tere a la Nikias, auch immer seltener wurden, so rollte
nun das Staatswesen, von charakterlosen Führern geleitet
und von einer cbenso charakterlosen Mcnge beraten, nn-
aufhaltsam seinem Ilbgrunde zu.

Zur öevorstehenden Kreisversammkung.

i.

Allgemeincr Geschiiftsbericht für das Jahr 1901

erstattet vom Kreisausschutz.

Der Bericht gedcnkt zunächst des 70. Geburtstages dcr

in Toulouse fortdauernd unterrichtet bin. Herr Williams ist
andauernd krank und meistenteils bettlägerig. Wiederholt
wollte cr schon die Reise nach Hamburg antreten, aber jedes-
mal hat ihn die Aufregung so arg mitgenommen, daß er
schlimme Rückfälle bekam. Nun lvtll er warten, bis er ganz
wieder zu Kräften gekommen sein wird, was aber, wie Jose-
phine schreibt, wohk niemals eiutreten dürfte. Aus diesem
Grunde lag auch für mich keine Veranlassuna vor, Gerard mit
diesen Dingen fortwährend zu behelligeu."

„Bewundern Sie dieses Mannes unerreichbare Menschcn-
freundlichkeit," schaltete Gerard ein, indem er seinem Schwa-
ger zunickte. „Wie edel und rücksichtsvolll Aber so eine pla-
tonische Liebe entwickelt freilich die tugendhaftesten Triebe des
Menschenherzens."

Friedrichsen lachte ein wenig befangen und fuhr dann fort:

„Als dann Gerard mir von dem Vermögen, das Juanita
zugefallen ist, Miteilung machte, fiel mir sofort ein, daß nach
meiner Kcnntnis dcr Dinge mindestens ein Teil des Geldes
wahrscheinlich Herrn Anatole Dessoudre, die Hälfte aber ge-
witz Fräulcin Josephine zukommt. Denn es scheint mir aus-
geschlossen, datz das Geld von der Frau Juanita Williams
herstammen könnnte."

„Kurzum," setzte hier wieder Gerard cin, „das Lange und
Breite von der Sache ist, datz wir beschlossen haben, Fried-
richsen wieder nach Toulouse zu entsenden. Brieflich lassen sich
solche Dinge nun einmal nicht abmachen. ?lber wir wollten
Fhre Ankunft abwarten, ehe wir diesen Beschlutz ausführten."

„Das war sehr recht. Jch reise mit", erklärte Zarnow.

Einer der Lehrlinge kam hcrein und überbrachte ein Tele-
gramm.

Gerard riß es auf und iudem er den Jnhalt rasch überflog.
breitete sich tiefer Ernst über seine Züge. Er reichte es wort-
los Zarnow und dieser las:

„Williams liegt im Sterben. Nächster Anfall unbedingt
tötlich. Kommen Sie, ihn zu sehen, er wünscht es sehr. Jose-
phine Dessoudre."

Zarrww überlegte rasch. „Wir diirfen keine Zeit ber-

Herrn Dr. Blum und Professor Dr. Eisenlohr nnd
macht dmin Mitteilung über die vorgekommenen Personal-
verändcrimgen.

Jm Sonderausschuß für den Obstbau trat in so weit
erne Aendcrung ein, als Herr Landwirt Adam Schieck in
Neckarbischofsheim aus Gesundheitsrücksichten scin Amt als
Sonderausschutzmitglied nicdcrlegte und an dessen Stelle das
Sonderausschutzmitglied, Herr Viktor Graf vou Helmstatt,> die
Funktionen als Kreisbaumwart-Respizient für den Bezirk
Neckarbischofsheim provisorisch Lbernahm.

Für das aus dem Sondcrausschutz für die Kreispflcgean-
stalt Sinsheim ausgetretene Mitglied, Herrn Moritz
Freiherr von Göler, wurde Herr Bürgermeister
V i e l h a u e r in Eppingen vom Kreisausschutz in den Sonder-
ausschutz gcwählt.

Der Vorstand dcr Kreispflegeanstalt Sinsheim, Herr
Medizinalrat v. Langsdorff wurde, nachdem seine lange
und schwcre Ertrankung ihm die Leitung der Anstalt fernerhin
unmöglich gcmacht hatre, auf sein Ansuchen bom Kreisausschntz
unter Ancrkennung seiner langjährigen treuen Dienste auf den

1. Oktobcr 1901 in deu Ruhestand versetzt. Leider hat derselbe
seine verdiente Ruhe uicht lange genietzen können, da er schon
am 15. Oktober 1901 starb. Mit dem Wechsel der Anstaltslei-
tung ist einc umfassende und schon längerc Zeit beabsichtigte
Rcorganisation der Anstalt eingeleitet, über welche in dem
Jahrcsberichte der Anstalt das Nähere cnthalten ist.

Der erst seit 1. Dezembcr 1900 als Kreisdiener an-
gcstellte Anfscher a. D. Karl F r i e d r. T e x t o r wurde
auf 17. Septcmber 1901 auf Ansucheu seiner Stelle enthoben,
um eine ihm bei der Rhcinischeu Hypothekenbank in Mannheim
überiragenc Stelle übernehmen zu können. FLr denselbeu
wurde Gendarm a. D. Blasius Götz hier unter den glei-
chcn Bedmgungen und Bezügen bom 18. Novcmbcr 1901 mi
zum Kreisdiener ernannt.

Die Ll a n d es 0 e r s a m m l u n g d e r V e r t r e t e r d e r
K r e i s 0 e r w a l t u n gen fand am 4. Juni 1901 dahier
statt. Eine eingehcnde Besprechung erführ dabei die Frage
dcr Staatsnntcrstützung füx Kr e i s st r a tz e n und G e-
m c i n d e w e g c. Das Ergebnis war, datz sich sämtliche
KreisanSschüsse darin einig erklärten, datz es zu einer grotzen
Förderung unseres Wegbauwesens führen und zugleich die
Gemeinden wie die Kreise namhaft entlasten würdc, wenn
der Staat, wenn cs sich um den Neubau oder die Haupt-
berbesserung vou Gcmeindewegen handelt, künftighin — statt
des z. Zt. üblichen Driitels — allgemein die HLlfte des Auf-
wandes übcrnchmen und cs der Gemeinde und dem Kreis
überlassen würde, die andere Hälfte unter sich in ange-
messcncr Wcise zu verteilcn und datz dicser, für die Gcmeinden
und Kreise günstigcre Verteilungsmatzstab für das ganze Land
eingcführt Iverdcn sollte.

Autzerdem sollten abcr den Kreisen, deren Leistungsfähig-
keit gering ist und die im Straßenbau entweder vor grötzeren
Aufgaben stehen oder solche in der letzten Zeit durchgeführt
haben, ohuc jedoch bis jeht die damit verbundencn finanziellen
Verpflichtungcn habeu erfüllcn zu können, noch besondere staat-
lichc Bcihilfeii gewährt werden.

Wenn abcr auf diesem Wege in der That ein namhafter
Fortschritt erzielt werden sollte. wurde allgemein für erfor-
derlich gehaltcn, daß dic Staatsunterstühung für Kreisstraßen
nnd Gemcindclvcge, welche für die Jahre 1900—1901 von
früheren 110 000 M. auf 250 000 M. gesteigert worben ist,
anf mindestens 500 000 M, pro Budgei - Periode gebracht
wcrdc,

Das K r e i s s e k r e t a r i a t hatte im Jahre 1901
3528 Geschäftseinläufe (8821 im Jahre 1900) zu erledigen.

Sitzungen des K r eis a u s s ch u s s e s wurden 12 ab-
gehalten (darunter 1 Sihung mit dem Sonderausschutz für
dic Kreispflegcanstalt am 18. Juni 1901 in Sinsheim), bei
wclchen 257 Gegenstände zur Beratung und Beschluhfassung
kamen.

Dcr Sonderausschuß für Laudwirtschaft hielt

2, jcner für Obstbau 1 Sitzung ab.

II.

Bericht über die Armenkinderpflege des Kreises,
crstattet von Prof. Fr. Eisenlohr.

Währeud die Familiciipflege die Regel bildet, war die folgende
Zahl von Kindern iu Anstalten für Blinde, Taubstiimme, Schwach-
simiige, sittlich Verwahrloste und sonstigen Erziehungsanstalten
untergebracht:

im Bezirk Eppingen 0

Heidelberg Stadt 36 mit Mk. 2216.41 Kreisbeitrag

„ Land


247.50

Neckargemttnd

2

185.—

Neckarbischofsheim

1 „

100 -

Sinsheim

0 „ „



Wiesloch

5 „ ..

325.—

Kreis 47 mit Mk. 3103.91 Kreisbeitrag.

Die Ausgaben blieben mit 22 488 Mk. 77 Pfg. um 1111 Mk.

23 Pfg. unter dem Voranschlag, welcher eine Ausgabe von

24 000 Mk. und eine Einnahme von 400 Mk. vorsah, also eine
Nettoausgabe von 23 600 Mk.

Fnr 1902 beantragt der Kreisausschnß demnach eine Ausgabe
von 23400 Mk. nnd eine Einnahme von 409 Mk. in den Vor-
anschlag aufzunehmcn.

III.

Bericht über die Kreisabteilung der Luisenheilanstaltz

erstattet von Prof. F r. Eisenlohr.

Der Kreis bezahlt für arme Kiirder, welche in der Luisen-

liereu und müssen noch den Abendzug benützen," sagte er. „Viel-
leicht hat Williams doch noch irgend eine wichtige Mitteilung
zu machen."

Alle waren einverstanden und am Abend reisten Friedrichsen
und Zarnow mit dem Kölner Schnellzuge nach dem Süden
ab. -—

Wieder an einem Abend trafen die beiden Reisenden in
Toulouse ein, und ohne Zeitverlust verfügten sie sich nach der
Rue de la Garonne Nr. 125. Mit lebhafter Freude empfing
Jasephine, mit echt französischer Höflichkeit Anatole Dessoudre
ihren alten Beaknnten und dessen Begleiter. Williams schlief
schon; aber sein Befinden hatte sich wieder etwas gebesfert,
und ein Aufschub des freilich unabwendbaren Endes um einige
Tage war wahrscheinlich.

Auch Zarnow war überrascht von der Aehnlichkeit Josephi-
nens mit Juanitä, wenn jene auch im Punkte der Schönheit
mit seiner Verlobten nicht verglichen werden konnte. Aber
ein höchst anmutiges und graziöses MLdchen war auch sie.

Jndem Zarnow Francois Dessoudre begrüßte, der in seiner
stillen und höflichen Weise herankam, kämpften in seiner Brust
Abneigung und Widerwillen mit milderen Regungen, die er
dem Vater Juauitas nicht versagen konnte. Jn seiner Gegen-
warte mochte er die Angelegenheit, die ihn herführte, nicht zur
Sprache bringen; demi er hatte den Eiudruck, als wenn der
Jrre ihrem Gespräch mit einer Aufmerksamkeit folgie, die mit
der Schilderung Friedrichsens nicht ganz im Einklange stand.

Sie verabredeten mit Herrn Anatole für morgen eine Zu-
sammenkunft in ihrem Gasthof und wollten sich dann verab-
schieden. Als sie eben ausaestanden waren, winkte Francois
dem Dr. Zarnow mit den Augen; dieser folgte bereitwilligst
der stummen Aufforderung, obgleich die anderen diese ganz un-
gewohnte Handlung mit einiger Besorgnis betrachteten.

Francois führte Zarnow in die Kaminecke, wo er gewöhnlich
saß, und flüsterte rhm hier mit einem schlauen Blick auf
die anderen zu:

„Nicht wahr, mein Herr, Sie kommen von dem Marguis
de Velez-Rubio?"

heilanstalt verpflegt werden, täglich 1 M., wobei der AufnahMe-
und der Entlasiungstag mitgezählt werden, außerdem die Ko-°
sten für Diphthsrieheilscrum und einen Pauschbeitrag von
3000 M.; er hat zum Jnventar einen einmaligen unverzins-
lichen Beitrag von 3000 M. gegeben, wogegen den Kreiskranken
durchschnittlich 24 Betten zur Verfügung stehen sollen.

Von den aus dem vorigcn Jahre übrigen 22 Pfleglingen
wurden 3 nachträglich von Gemeiuden übernommeu, so daß 10
Pfleglinge, ivelche vor 1901 an H68 Tagen oder durchschnitt-
lich 29,9 Tagen verpflegt wordeu waren, übrig blieben.

Hiezu kamen im Jahre 1901 485; es traten ans 473; dio
Zahl der Pfeglinge betrng 10 111.

Von den 473 Entlassenen Ivarcn 296 geheilt, 107 gebessert,
20 ungeheilt, 60 starben. Dieselben wurden im Ganzen au
9853 Tagcn oder durchschnittlich an 28,3 Tagen verpflegu
die 31 in der Anstalr Verblicbenen an 826 Taqen oder durch-
schnittlich 26,6.

Die Anstalt wurde im vergaugenen Jahre in außerordent-
lich gesteigertcm Maße in Anspruch genommen, so daß die ZaP
der Pflegctage gegcn das Vorjahr um 1483 Tage stieg und
die Zahl der belegten Betten statt der bedungenen 24 durch^
schnittlich fast 28 bctrug.

Die Luiscnhcilanstalt erklärte angesichts der gestetgerten
Lebensmittelpreise und Heilkosten die Verpflegung nicht meh'-
zu dcm früheren Satze von 1 M. leisten zu können, ohne
Verluste zu erleiden, sie verlangte eine Erhöhung von 1.20 M-'
und der Kreisausschuß schlägt vor, diese Erhöhung sofort, d. h-
mit dem 1. April d. I. eintreten zu lasseu, da er sich dem Ge-
wichte der angeführtcu Gründe nicht verschließen kmm. El
bcantragt dcmnach:

1. die Ucberschreitung des Voranschlags um 1918
(13618 statt 11 700 M.) nachträglich zu genehmigen-

2. in den Boranschlag für 1902 für 2500 Pflegetage i^
1. Vierteljahr 2600 M.. für 7500 Tage in den 3 letzten
Quartalen 9000 M., für Heilserum und chirurgisw^
Apparate 400 M., Pauschzahluug 8000 M., also Zn-
sammen 14 900 M. aufzunchmen.

IV.

Bericht übcr die Berpflegung von Kreisangebörige»
in der nkademischen Aügenklinik.

erstattet von Prof. Fr. EisenIohr.

Die akademische Augenklinik verpslegt unbemittelte Kranst
aus dem Kreise Heidelberg für 1 M. täglich, Kinder mit Be-
gleitung für 1 M. 60 Pfg. Von nicht ganz crrmen KrankeN
erhcbt dcr Kreis je nach Vcrmögcn im crsten Fallc 30 oder
70 Pfennig, im zlveitcn Falle 60 Pfennig oder 1 Mark. Außer-
deni erhalten ini Amüulatorium der Anstalt arme Augen-
kranke uncntgeltlich Rat und Arzneien.

Jm Jahre 1901 wurden verpflegt 125 Kranke an 212"
Tagen zu 2158 M. Von diesen waren 93 geheilt, 26
bessert, 6 ungeheilt.

Von der Verwaltung der akademischen Krankenhäuser ist
der Vertrag auf 1. Januar gekündigt und eine Erhöhung des
Pflegegcldes auf das Doppelte oder 2 M. in Aussicht gesteln
worden. Der Kreisausschuß hat unter Hinweis darauf, dav
der Vertrag auf 1. Jan. 1904 gekündigt und eine Erhöhung dc--
nommcn habc, im öffentlicheu Jnteresse, damit die Auge>^
kranken früh genug die Hilfe des Krankenhauscs aufsuchew,
an das Großh. Ministerium der Justiz und des Unterrickst-k
das Ersuchen gerichtet, jenen Pflegesatz statt auf 2 M. nur auf
1.60 M, zu erhöhen, und erivartet nun der Entscheidung.

Er ersucht die Kreisversamnilung: ,

1. die Ueberschreitung des Voranschlags um 251 M. 40 Pb
nachträglich zu genehmigen;

2. tn den Voranschlag für 1902: 2000 M. in Ansgabe
und 200 M. in Einnahme aufzunehmen.

Wete LeuLe gtauöen,

eS sei vorteilhaft, eine billige Sorte
Kaffee ;u kaufen. Das ist ader ein
großer Irrtum! Man nehme lieber
einen guten Kaffee und setze biS V-
Kathreiners Malzkaffee hinzu. DaS
giebt ein vvrzüglicheS, wohl-
schmeckendes und fehr bekömmlicheS
Getränk zu mäßigem Preise.

Kleine Zeitung.

— Die Handelshochschnlc in Leipzig wurde im Wintei'
semester von 363 Studierenden und 64 Hörern besuw^

„Woraus schließen Sie das?" fragte Zarnow rasch besonnen
„O ich kann es mir wohl denken. Sonst kommt ja b
ein Mensch zu uns. Denn wir sind arm, wirklich ganz arv'
Aber sagen Sie mir, ivas verlangt der Marquis?"

„Jch weiß es nicht, ob ich es Jhnen verraten darf", erN
derte Zarnow mit tastender Vorsicht.

„Aber Sie kommen von ihm?"

„Wollen Sie nicht Mitleid haben, mein Herr?" fraö
Francois und angswolle Bitte malte sich in seinen
Wie diese Augen trotz ihres unsichereren Scheines den sckÄ
dunkelblauen Augen Juanitas glichen! Jhr ängstlicher Av
druck ging Zarnow zu Herzen.

„Fürchten Sie nichts, Herr Dessoudre," sagte er.
werden Sie schonen." .:z

„Ah, mich — davon ist nicht die Rede", versetzte Frastkb,
betrübt. „Könnte ich mit meinem Herzblut und mit wC'Veii
Fleisch, mit meinen Sehnen und Knochen Jhren Verlust CM,
ich würde sagen: „N'ehmt, nehmt, nehmtl Aber es nützt
das wissen Sie ja — es liegt alles auf dem Boden
Meeres'" — er fing an, unverständlich zu murmeln.

Zarnow war in peinlicher Verlegenheit, er hätte gern
mehr gehört, aber andererseits hielt er es für imzorr-
Jrren auszuhorchen. . ^^gi

„Hören Siel" sprach Francois plötzlich wieder lauter,
er Zarnow, der sich abwenden wollte, durch eine bittende "Agö
festhielt. „Mein Bruder ist arm, ganz arm —

Jhnen nichts geben — wirklich nichts. — O, ich besw^ ^
Sie, schonen Sie ihn — aber mich brauchen Sie ruws,
schonen — nehmen Sie mich und lassen Sie mich als Tagw« >
auf Jhren Feldern arbeiten — ich verlange keinen Lsch'CjA
auch keiu Essen und Trinken, ich sinde schon, was fur
ausreicht — aber lassen Sie Anatole in Friedenl"

Zarnow war tief bewegt.

(Fortsetzung folgt.)
 
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