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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Januar bis Juni)

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Nr. 75-100 (1. April 1902 - 30. April 1902)
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https://doi.org/10.11588/diglit.23860#0654
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MonlliA 7. April 1902. _ Zweites Blatt._44. Jahrgliilg. - 1r. 80.

^rscheint täglich, SonntagS ansgenommen, — PreiS mit Familienbläktern monatlich 50 Psg. in's Haus gebracht, bei der Expedition nnd den Zweigstcllen abgeholt 40 Pfg. Dnrch die Post be-

zogen vierteljährlich 1.35 Mk. ansschlicßlich Znstellgebühr.

^ nz eig enpr ei s: 20 Pfg. fnr die Ispaltige Petitzeile oder deren Ranm. Reklamezeile 40 Pfg. Für hiesige Gcschäfts- nnd Privatanzeigen ermäßigt. — Für die Anfnahme von Anzcigcn »n btstimm.
dvrgeschriebenen Tagcn wird keine Verantwortlichkeit übernommen. — Anschlag der Jnserate anf den Plakattafeln der Heidelberger Zeitung und den städt. Anschlagstellen. Fernsprech-Anschlnß Nr. 82

H>ie Wureneinwanderttng in Südwestafrika.

" Die ReichsregtLrimg steht, nach der „Demtschen Warte",

Zulassung der B n r e n ins dentsche Schnhgebiet im
^llgemeinen recht syinpathisch gegeniider, sobald diese
ssenen Einwanderer gewisse Bedingnngen ersüllt haben,
uber welche üereits srüher berichtet Ivorden ist. Diese sollen
bor nllen Dingen verhindern, das; dnrch den Znzng freni-
s>er Elemente gewissermaszen ein Staat im Staate ent-
Iteht und eher bewirken, daß ein allinähliches Aufgehen
ver Zugezogenen in ihren neuen Mitbürgern statlfindet.
b,Ni allgemeinen wird inan die Seszhaftniachnng dec
Aireneinwanderer auch deshalb mit Z-renden begrüfzen
tonnen, weil mit ihnen ein dem T-entschtuin stammver-
tvandtcs Element in den lwolonieen Eingang findet, dessen
d'irtschaftliche Tüchtigkeit als Farmer und Viehziichter
"uszer Zweifel steht. tleber die sonstigen vortrefflichen
-nasseeigenschasten, die in Bezng anf kraftstrotzende Ge-
iUndheit, Zähigkeit und AuSdauer wohl angenblicklich
'hreS Gleichcn in Enropa suchen, zu reden, hieße Eulen
Uach Athen tragen. Die Verteidignng in Südasrika spricht
hier ani dentlichsten. Daß ein solcher Znzug der Kolonial-
verwaltung nur willkoinmen sein kann, ist klar ersichtlich.
Besonders die vorerwähnte wirtschaftliche Thätigkeit der
Bnreneinwandecer koinmt Deutsch-Sndwestafrika sehr zu-
stnte. Es muß diefe Stellungnahine unserer leitenden
^ireise zn dieser Frage hier besonderS betont werden, da
Uch vielfach Blätter im entgegengesetzten S-inne geänßert
haben, was also der Wahrheit nicht entspricht.

Hinsichtlich der Erwerbung der ReichSangehörigkeit
seitens üer eingewanderten Buren hält die Regierung es
lür zweckmäßig, irgend einen Druck auf die Eiiilvanderer
in dieser Beziehung nicht auszuüben. Aian hofft, daß
biele derselben nüt der Zeit von selbst die öiatnralisiernng
als Teutsche iiachsuchen nnd so einen wertvollen Znwachs
lür die deutsche weitze Bevölkerung in Südwestafrika
bilden werden. Ein Teil von ihnen hat bereits die Reichs-
angehörigkeit erworben: es sind z. M dreizehn Buren irn
Gibeonbezirk natnralijiert. Sobald die Einwanderer
deutsche Reichsangehörige geworden sind, sind sie inner-
halb des Altersf welches für die nnlitärische Dienschflicht
borgeschrieben ist, natnrgemäß zum Militärdienst heran-
SUziehen. Diese Bestiininung dehnt sich natiirlich auch
auf die eben erwähuten Bnren im Gibeon-Bezirk aus, so-
>veit es mit ihrem Alter vereinbar ist. Es wird dies
der erste Fall sein, dasz Buren den Reihen der deutschen
Schntztruppe einverleibt lverden. Äc'an darf hoffen, daß
die folgende Generation bei der im allgemeinen bestehen-
den Neigung der neuen Ansiedler, sich als Deutsche natu-
ralisieren zu lassen, möglichst vollzählig ihrer tNilitär-
bfkicht Geniige leisten wird.

Wer den Aufsatz über Jnzucht, Blutmischung uud Po-
iitik in diesen Blättern gelesen hat, der wird bei dem Bei-
!piel von Jnzucht, das die Spartaner geboten haben, un-
ivillkürlich an die Buren haben denken niüssen, die in der
Shat gleichfalls ein typisches Beispiel einer Rasse bilden,
die durch lange, strenge Jnzucht eine feste, in ihrem Wesen
>ehr konservatilld Eigenart herausgebildet hat. So lange
dei den Buren keine Blutmischung durch Vermischung mit
vndern Volksstämmen eintritt, so lange werden sie unfähig
iu aufsteigender Entwickelung seiu. Aber die Buren in Deutsch-
füdafrika werden aller Wahrscheinlichkeit nach mit der
dvrtigen deutschen Bevölkerung sehr bald verschmelzen.

«)

Das Zirkuskind.

Iloman von Emma M e r k.
(Fortsetzung.)

Aber je mehr seine Neberzeugiing durchdrmig, desto aü-
icheulicher, desto unerklärlicher schien Jans Benehmen. Man
vesann sich, dasz er niemals dem Gerede ernstlich entgcgen-
kctreten war, daß er die Neckerei sogar mit einer gewissen
ckbsichtlichkcit heransgefordcrt hatte. Lentnant Strützel war
^cr einzige Getrene, der noch an ihn nnd seine Erfolge glnubte;
"cr cinzige anch, dcn der Vorfall mit einer angenehmen Auf-
^gnng erfüllte. Znm erftenmale war er Zeuge eines Ereig-
viffes, das iu dem Leben eines Weltmannes ja vorkommen
chutz, zum erstenmalc spieltc er wenigstens eine Nebenrolle
A einer geheimmsvollen Angelegenheit.

Zwei Tage später fand ln einem naheii Wäldchcn, das
A>n einem hohen Bergrücken überragt, vor den schlnmnsten
^interstürmen gedeckt war, das Dnell statt.

. An dicscm Morgen hatte Adele ihren Arzt rnfcn lassen,
hu cine ihrcr Dienerinnen erkrankt war. Sonst pflegte der
^-oktor gcrne cin Stündchen mif der Villa zu verweilen, denn
^ hatte im Winter keine allzu beschwerliche Praxis, und es
'hat ihni wohl, in dem bchaglichen Raiimc der schöncn Frau
^egenüberzusitzcn. Heutc aber warf er nur rasch sein Rezept
Asi das Papier und schlüpfte sogleich wieder in seinc Pelzhand-
ichnhe.

. „Sie entschuldigen, meine Gnädige, ich bin zu eincr Kon-
Mtation bestellt, und habe Eile. Jch sehe morgcn nach." Dann
ickion an der Thüre, sügte er im Flüstertone hinzn: „Heute
Avrgen hat ein Dnell stattgefundeii zwischen zwei Osfizicren.
AÜtmeister Wildenan ist schwer verwnndct. Ein Schutz in die
?Kust. Jch soll mit meinem Kollegen, dcm Garnisonsarzt, be-
s?ten, ob er ins Lazarett transportiert werden kann. Jch
°Ui dafiir, wenn es irgend geht. Sie haben ihn vorlänfig in seine

Mancher Pionier der deutscheu Kultur dort wird sich um ein
Burenmädchen bewerben, schon aus dem einfachen Grunde,
weil weiße Müdcheu dort selteu find. So wird Buren-
kraft uud Festigkeit mit der größeren geistigeu Lebendigkeit
uud Regsamkeit des Deutscheu zusammeukommeu. Für das
Laud kaun das uach allen geschichtlichen Erfahrungeu uur von
großem Vorteil seiu.

Aie Kinrichtung austrakischer Hssiziere.

Zur Hinrichtittig der beideii mistralischen Offiziere in
Südafrika schreibt die konservative „St. Jame's Gazette":

„Umlagert von böswilligen Nerlenmderii, wie es im-
ser Land in allen Teilen der Welt ist, hal die N'ation
mit tiefem Schmerze von der brutalen Versündigimg
gegen das Grundgesetz der Menschlichkeit gehört, die zur
Hsnrichtung zweier Qsfiziere eineS in «üdafrika dienen-
den Korps irregulärer Tnippen nnd zur Verurteiliiiig
anderer zu lebeiisiänglicher Ziichthmisstcafe geführt hat.
Die Regierung wird gut beraten sein, weim sie sobald
als möglich die gmize Sache üer Oeffeiitlichkeit über-
giebt .... DaS gläuzende Schild der Ehre unserer
Llrmee wird dadurch nicht besleckt, dasz es uiiter den
250 000 Mmm, die wir, - mit vieleu uiidiSziplinierten

Truppen darunter, . iin Felde halten, eine Handvoll

von Schiirken giebt. Wemi die Buren der Verübung
von Brutalitäten miget'lagt wurden, haben wir immer
sorgfältig die Schiild Einzelner und die Ehre der Buren-
iiatioii miseinandergehalten. Wir haben stets zur Ent-
schuldigung General Louis Bothas imd der mideren
Führer betont, daS eS unmöglich sei, eine undisziplinierte
Annee fest in der Hand zu halten. Zn nnserer Schmach
hat es sich jetzt gezeigt, daß es in unseren eigenen Reihen
Aienschen gab, die sähig waren, Scheußlichkeitm zu ver-
üben, die selbst die Ermordimg imserer Verwundeten
bei Vlakfontein weit übertresfen. Zu imserer Ehre da-
gegen muß gesagt werden, daß keine Bedeiiken die stra-
sende Hand der Gerechtigkeit ziirückzuhalten vermochten.
Der grmienhaste Zivischeiifatt wird selüstverstäiidlich vvn
unseren Verleimiderii zimi Kapitel der „barbarischen
stNethoden" inöglichst miSgeüeutet werden. Der Versnch
nnrd aber fehlschlagen, denn der Stern der britischen
Ehre lenchtet nur desto heller durch die Wolken. Ein
Diug abnr wüiischen wir zu seben: die auSgesProchene
Billigung des gefäUte» llrteilS in allen Teilen des Rei-
cheS. Ohne noch die näheren llmstände zu l'emieu, wisseii
wir doch heute schon, dasz es zivei Schufte waren, die mis
Grund des kriegSgerichtlichen Urteils erschosseu wur-
deu. Die Ebre des ReicheS verlaugt es, dasz alle Briten
dieses llrteil -illigen . . . (ES ist dies nach Australien
gesprochen, wo die Hinrichtimg der beiden Ofsiziere große
Anfregung hervorgerusen hat.)

Anch die Freitag-M o r g e n b l ä t t e r - mit ?lus-
nahme der Regierungsorgane, die nußer deu Depeschen
der euglischeu TelegrapheiiT'lgeutiireii keine Nachrichten
bringen und sich prmzipiell so lange misznschweigen
scheiiieu, ehe nicht vou ossizieller Seite das Wort dazu
ergrisfeii wird — nehmen recht lebhaft zn dem Thema
Stellung. Die liberale „Daily News" ist sicher, das;
Lord Kitchener die Begebenheit >md die näheren Nni°
stände deni Kriegsamt initgeteilt halie, das aber imklug
handelte mid nicht den Mut hatte, offen mit eiuer Er°
klärrmg hervorzutreten oder die Thatsacheii, wie es dies

OZarsoiilvohiimiiz gebracht, aber da kann er nicht ordentlicli
gepflegt werden. Die Geschichte ist jcdenfalls langwierig —"

Der Arzt sprach in seinem Berufseifer in trockenem Tonc
bor sich hin. Es war wie ein lcnitcs Denken. Er bemerkte
nicht, ioelchcii Eindruck seine Worte auf Adele machten. Aber sie
legte ihm plötzlich die Hand fest auf den Arm, er sah sie
schwanken, als wolle sie im nächsten Moment umsinken, sah em
totcnblasses Gesicht, mit weitgeöffnetcn Augen.

„Nicht ins Lazarett — hicrher in mein Haus follen'' Sie
ihn bringen lassen. Suchen Sie sich ein Zimmer aus — dns
beste — irgend welches", siammelte sie, mühsam ihre Sinne
beherrschcnd.

Der Arzt schüttelte den Kopf, nahm ihren Arm und führte
sie zum Sofa zurück.

„Verzeihen Sic, das tvar nichts fllr Jhre Nervcn. Jch
sehe, ich verlerne mit Damen umzugcheul So, setzeu Sie sich,
meine Gnädige." Dauu die Angen auf ihr Gesicht hcftend,
fügte er lciser hiuzu:

„Sie habeu mich miszverstandeu. Dcr audere, Oberlcut-
naut Stzezauek ist so ziemlich heil dabou gekoniiueu; uur eiu
leichter Schutz ius Bein. Es isk nicht nötig, datz Sie deu auf
die Villa briugen lasseu."

Adele berstand ihu uicht gleich; dauu aber spraug sic hcftig
auf:

„Auch Sie, Doktor, auch Sie glaubeu also —"

„Dasz Sie mit Herru Oberleutnant Stzezauek — bc-
freuudet sind, nichts weiter," beschwichtigte sie der Arzt, nicht
ohue Verlegenheit.

Adcle sah starr bor sich hiu.

„Er hatte recht. Dieses Lügengcwebe war fest nud dicht
um mich gespouueu. llm es zu zerreitzen, hat er sein Leben
gewagt. Ilnd das ist die Gerechtigkeit dieses Gottesurtcils.
Er rmgt mit dem Todc uud der audere ist heil und gesund!"

Sie murmelte die Worte mit blasscn Lippeu bor sich hin,
in heitzer Angst die Häude iueiuauder krampfeud. Dauu
wendete sie sich mit eiuem festeu Blick uud mit einem fast

sci sonst init deu Depeschen des euglischen Oberbesehls-
habers in Südafrita zu halten Pslegte, zu verösfeiitlichen.
Lord KitchenerS Ruf als gerechter und surchtloser Feld-
herr sei durch seiu scharfeS Vorgeheii imr noch erhöht
wordeii. ES liegt nichts in dem Vorsalle, was geheim
gehalteu zu werdeu verdiene, sondern vielmehr mauches,
was nicht aussührlich geuug dem Publikiim bekamit ge-
gebeu iverdeu köiiiie. Das erfordere die Ehre Englaiids
uud die Würde AnstralienS .... Nach „mehr Licht!"
ruft auch der „Expretz". Die GeheimiiiSkrämerei des
KriegSamteS sei verständlich, aber es wäre zu ermarten
geweseu, daß ein derartiger Vorfall nicht anS der Welt
geschafst werden koinite. Das hätten sich die Herren in
Pall Mall doch wohl sagen tonnen. DaS Blatt verlangt
von der Regieriing eine sofortige Ert'läriing, ob es wahr
sei, daß ein deutscher Biissioiiar erschossen worden, daß
Eingeborene ermordet imd ob die That der hingerichteten
Offiziere aus bNotiven der Rachsucht oder der Raiiblust
geschah. . . . Die „Daily Mail" wüuscht ebensalls reinen
Wein eingeschäiikt zu erhalten, obwohl sie nicht im ge-
riiigsten daran zweifelt, daß den ausrralischen Offizieren
Oierechtigkeit widerfahren sei.

Deutsches Reich.

— Wie aiis der S ch w e i z berichtet wird, hat die
s ch w eizeris ch e P o stv e r m altu n g ihre Post-
stellen angewiesen, die Befördermig von Zeitungen init
Fiiseraten odec im Tert besindlichen Aiipreistmgen von
Lotterieii, welche von einer tompetenten Schweizer
Behörde nicht bewilligt sind, zu beaustaiiden. — Eine sol-
che Maßregel erscheiut in einem Laude, welches vorzngS-
weise auf deii Fremdenverkehr angewieseu ist, gauz im-
begreiflich. Diese Nsaßregel richtet sich wohl in erster
Linie gegen denksche Zeitimgen: sie verhängt geradezu
eine Sperre gegeu die denlsche Pressc. Deittschlaiiö stellt
das Hauptkoutiiigeiit dec Tonristeii sür die Schweiz. ?llle
Hotels müsseii deshalb deuksche Zeitungeu halteu. Die
Perfüguiig der schlveizcrischeii Postbehörde erregt stu
der Lchweiz selbst Verwmideruiig und Niißbilligimg, imd
iiiau weist dort darauf hin, daß Deutschland leichk gegen
schweizerische Blntker Repressalieii ergreiseu köime, da
in Schweizer Blätkern vielsach Geheimmittel angepriesen
werden, diesin Deutschlaiid uicht iu Zeitimgeu inseriert
Iverden dürfen. — Hvsfeiitlicki kommt es aber nicht zu
eiiiem solcheu „ZeitimgSkrieg" zwischen der Schlveiz und
Deutschlaud, soiidern es ist vielmehr zu erwarteii, daß
die schiveizerische Postverwaltung auf ernste Vorftellimg
vou geeigneter Stetle aus ihre übereilte Verfügung auf-
hebeii wird.

— ,Die F a P a n e r Mori, Nakansira und ?lsahina,
melche sich anderthalb Fahre i,i Deiitschland ausgehalten
haben, imi hiesige Regierimgs- und Verwaltuiigsforiiien
keimen zu lernen, haben setzt die Rückreise nach Fapan
angetreten, imi die Verwaltung in Formosa zn über-
iiehmeii.

Hessen.

Einem wichtigen Zweige der hessischen Forstwirr-
schaft ist endlich daS Todesiirteil gesprochen worden. Von
diesem Fabre ab läßt der Staat in seineni Waldbesitz
„V." die E i ch e n r i n d e n n i ch k m e h r s ch ä ! e n.
D!e Privatwaldbesitzer, deren eS in Rheinhessen eiiie?Nenge
gibt, haben schon seit Fahreii L>chwierigkeiteu beim Ber-
kanf ihrer Rsiiden imd siud diese iu diesem Iahre über-

stiengea Ton au den Arzt, der nngeduldig weiterstrebie und
die erregte Frau doch nichk allzu schnell verlassen wollre:

„Riitmeister Wikdenan mutz hierher geüracht werden! —-
Herr Doktor, wrnn Sie mich nicht tief unglücklich machen wol-
len, so geben Sie die Weisnng."

„Gern, meine licbe gnädige Frau — uur dürfie ich Zhnen
bielleicht dvch zn bedenken geben: überlegen Sie diesen Ent
schlntz. Rittmeister Wildenan hat einen Schntz dnrch die
Brnst nnd wird, wenn er sich übcrhanpt wieder erholr, langer
Pflege bedürfen. Die Leute iverden redcn!"

„Die Lente!" rief Adeke berächtlich. „Dicse selbcn Leute
die grnndlose Lügen übcr mich glanbtcn' Mögen sie doch! Hier
handelt es sich nm eine Pflicht, um eine Schnld der Dank-
barkeit, die ich bezahlen will. Gott gebe, datz ich e-- kannl"

Äls dnnn cine Stnnde spätcr die Tragbahre mit dem
,ch!ver Bcrwundetcu in der Villa anlangte, meinte sie sreilich,
sie müsse zusammenbrechen vor Schmerz. Bleich mir Schat-
ten des Todes unter den geschlosseuen Angen, fieberkrnnk,
mit schwer atmender Brust, lag nuu der Mann vor ihr, der
sic so kühn und stolzbewegt, in solchcr Lebensfülle verlassen, für
dcn sich in ihrem Herzcn ein sützeS, leises Erwachen geregt
hatte.

„Um Deinetwillenl llm Deinetwillcnl" Sie brachrc den
fiirchtbnr guälenden Gedanken in den n»n folgcnden Tagen
nnd Nächten der Angst und Sorge nicht ans dem Sinn, während
über dcm Krankenzimmer der TodeSengel schwebtc und schou
seine schwarzcn Fittiche über Leo brcitete.

Stzezaneks Kngel war zur rechte» Seitc in die Brnst
eingedrungen, und aus dem Rücken entfernt worden. Die-
sellie muhte eine innere Berletzung bcrursacht habeu, denn
heftige Fiebererscheimmgeu äugstigten die Aerzte und lietzen
iu dcu ersten. Tagen das Schlimmste befürchten. Aber Leos
Natur entwickelte eine Staunen erregeudc Hcilkraft. Es war,
als hieltc cin Iauber den halb berloreuen Ma»u am Lebeu
fest. War's der Blick mis den überwachten, bangen Franen-
angen, der sich so flehend nnf ihn heftcte? War es die iveiche
 
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