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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Januar bis Juni)

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Nr. 75-100 (1. April 1902 - 30. April 1902)
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https://doi.org/10.11588/diglit.23860#0812
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Erscheint tüglich, Sonntags auSgenommen. — PreiS mit Familienblätlern monatlich 50 Pfg. in's Haus gebracht, bei der Expedition und den Zweigstellen abgcholt 40 Pfg. Durch die Post de-

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..

Jweites Blatt.

Dienstag, 29. April 1902.

44. JMgang. — ^ir. 99.

König Kduard und der Krönungseidt

Die bezüglich der K r ö n u n gs s e i e r von König
Eduard nnninehr getroffenen endgiltigen Bestimmungen
erregen nicht geringes Aufsehen und in den 5breisen
der anglikanifchen Kirche anch arge „Wallnngen". D-ex
Strich, den der llönig durch einen grofzen Teil der vor-
geschriebenen Gebete und der llitanei gemacht hat, war
schon nicht ganz nach dem Geschmacke der Geistlichkeit;
was aber große Anfregnng nnd selbsl über die Kreise
der anglikanischen Kirche hinaus, vernrsacht hat, ist, daß
König Ednard auch einen Dtrich durch fenen heitz um-
stritlenen Teil deö Krönungseides gemacht hat
der sich gegen die katholische Religion wendete, sie als
Jrrlehre und Götzendienerei bezeichuete nnd selbstver-
ständlich in üen Reihen der Katholiken großes Aerger-
nis hervorrief, wie sich dies auch gleich nach dem Re-
giernngsantritte deS Königs, als er den Eid in der vor-
geschriebenen Form ablegte, im Parlamente und außev-
halb desselben zeigte. Böi der Krömlngsfeierlichkeit
kommt noch hinzn/daß der Herzog von Norfolgk, das
Haupt der englischen Katholiken, bei den Zeremonien
eine der Hauptrollen zn spielen hat, und — der König
mag wohl bei seinem Entschlnsse, die gegen die katho-
lische Religion gerichteten Stellen in der Eidesformel
wegzulassen, auch von der Rücksicht auf die Gesühle des
Herzogs geleitet worden sein. Die Frage ersteht aber,
ob der König aus eigener Machtvollkommenheit eine
solche Aendernng des versassnngsmäßigen Eides vorzu-
zunehmen berechtigt istI Melfach wird das bestritten:
selbst die Behauptung wird aufgestellt, daß durch diese
Weglassung der ganze Krönungsakt hinfällig wird.
Jm Parlamente betrachtet man diese Aendernng des sür
alle Herrscher des protestantischen England bindenden
Eides in gewissen Llreisen anch als einen Willkürakt, der
von weittragenden Folgen sein kann und auch eine Ver-
gewaltigung der beiden Häuser bildet, denen allein die
Macht zusteht, eine solchs Aendernng der Eidesformel
vorzunehmen, die nüt dem H e r r s cherrechte übe-r-
hanpt nach dem Staatsgrundgesetze im Zusammenhang
steht. Daß König Eduard in dieser Frage nnstreitig,
abgesehen von seinen nach Millionen zählenden katholi-
schen Ünterthanen, den ganzen aufgeklärten nnd den
noch größeren Teil des indifferenten protestanüschen
England hinter sich hat, steht außer Zweifel: trotzdem
wird man aber die Sache doch kaum unbeachtet hin-
gehen lassen.

Deutfches Reich.

— Prof. Spahn hat im „Türmer" einen Aufsatz
über Fr. X. Kraus veröffentlicht, worin er sich als Ge-
sinnungsgenosse von Kraus, Schell und Ehrhard bekennt.
Jm Anfang seines Aufsatzes zieht Spahn eine Parallele
zwischen dem politischen und kirchlichen Liberalismus; bei
beiden entsprach die gestaltende Kraft nicht der Jntelli-
genz. Es ist die Tragik des Lebens von Kraus, daß es
in eine tote Zeit gefallen ist. Er schließt die Reihe der
alten Liberalen, dercn Jdeen sich als verfeblt erwicsen hatten,
während ein neues Geschlecht — „wir Jüngeren* — erst
heranwuchs, das neue Wege suchte. Doch durfte er noch
den Anfang der neuen Zeit, das Wiederaufleben der
katholisch-liberalen Bewegung, die 1896 einsetzte, erlcben

Auf abschüssiger Bahn.

Roman von B. C o r o n y.

(Fortsetzung.)

Wie von einem betäubenden Schlage getroffen, in halber
Bewutztlosigkeit brachte der Oberförster deu Rest dieses Abends
und die Nacht zu. Er war uufähig, an etwas anderes zu
denken, als daran, datz ihm das liebste und teuerste auf der
Welt genommen war. Dumpf stöhneud vor Verzwetflung
klammerte er sich an das letzte, was ihm von feinem wonnig-
sten Besltze noch kurze Zeit blieb: den erstarrten Körper seines
ivten Weibes. Er licbte Herbert und seine kleine Tochter,
aber jetzt würde er beide hingegeben haben, hätte er damit
Regina noch einmal ins Leben zurückrufen köimen.

Frau vou Felsing war gekommen, hatte sofort mit ficherer
Hand die Zügel des Haushaltes ergriffen und alles uötige
angeordnet.

Regenschwer und düster ürach der nächste Tag an, auch
später erhellie kem Sonnenstrahl die schwarz-grauen Wolken.
Grotze Tropfcn rolkten gleich Thrünen an den Fensterscheiben
nieder. Der Sturm packte und schüttelte die Bäume, datz
fie sich ächzend, wie unter einer rohen Riesenfaust bogen und
neigten und ihre rot und gelb gefärbten Blattcr abwarfen.
Aber trotz des tobendcn Unwetters standen gar viele vor dem
Tore der Oberförsterei und blickten teils neugierig, teils in
wirklicher Trauer zu den Fenstern empor. Die Equipagen
dcs Landadels fuhren vor, Kränze nnd Blumen wurden in
reicher Fülle gebracht.

Jn dem sogenannten Pruukzimmer des alten Hauses lag
die so früh aus dem Leben Geschtedeue aufgebahrt, wie ein
schlafendes Kind, auch jetzt noch das holde Lächelu um die
bleichen Lippen.

Am Kopfende des Sarges stand eine Statue des
segnenden Christus, der seiue Arme liebevoll nach der Ver-

und scinen „Cavour", den er ihr als scin Testament hinter-
ließ, mit fiohem Ausblick in die siegieiche Zukunft des
religiöfen Kalhoiizismus schließen. Kraus beklagt es, daß
die Katholiken sich als besondere politische Partci organistrl
haben und die Kurie immer verblendeter die Frage der
Wiederherstellung des Kirchenstaats zum Angelpunkt ihrer
gesamten kirchlichen Thätigkeit macht. Tllr Katholizismus
hat mehr und mehr das geistige Leben seiner Anhänger in
Bande geschlagen, während es darcmf ankommt, deu
Katholizismus aus der Beschränktheit und Unwahrhaftigkeit
des ultramontanen Prinzips herauszuführen und mit geistiger
Freiheit und weitem Blick der heutigen Kulturwelt, so wie
einst Paulus dem Hellcnismus seiner Zeit, entgegenzutreien.

— Ain 22. d. Mts. ist das sür den N o r d d e ut-
s chen L 1 oyd in Bremen auf der Werft vvn Rickmers
in Geestemünde erbante Schulschiff „Herzogin Cecilie"
von Stapel gelanfen. Dasselbe ist ein großes viel-
mastiges Segelschiff, ganz von Stahl erbaut und mit
allen nwdernen technischen Einrichtungen versehen. Nach
Jnfahrtstellnng dieses Schiffes werden die Kadetten des
Lloyd auf beide Kadetten-Schulschiffe desselben, „Her-
zogin Cecilie" und „Herzogin Sophie Charlotte", ver-
teilt Iverden, sodaß anf jedem Schisfe etwa 60 Kadetten
znr Zlrisbildung gelangen. Der Andrang zu dieser Car-
riere ist anch in diesem Jahre wiedernm ein ganz be-
dentender gewefen, ein Zeichen dafür, daß die Neignng
für den schönen seemännischen Bernf in nnserer Jngend
immer mehr Wnrzel schlägt.

Prcuße».

Kattowi tz, 26. April. Als Sainmelpunkt des
o b e rschlesische n Polent u m s soll hier ein
großes polnisches Vereinshans errichtet werden. Bisher
sind dafür 2ä 000 M. gesammelt.

AusLand.

England.

L o n do n, 26. April. Die B ü ck e r haben im Ost-
ende von London, sowie in einigen Provinzstädten mit
einer Päint'tlichkeit, die man sonst gar nicht an ihnen ge-
wöhnt ist, den Preis des großen.Brotes nm einen
Halspenny (ca. 4 .,Z) erhö h t, sowie die Annahme des
voin Schatzkanzler vorgeschlagenen Kornzolles sicher er-
schien. Nächst den ineist der Ilrbeiterklasse angehörenden
LUinden der iiilteriiehmnngslustigen Eastend-Bäcker ist
die Preiserhöhung natürlich denen am iiiiangenehmsten,
die, wie der Schatzkanzler selbst, vorher behanptet hatten,
daß die Einführung eines so niedrigen Kornzolles gar
keinen Einfluß ans den Preis des Brotes haben könnte.
Die tönservntiben Blätter machen daher jetzt den Bäckern
den Vorwnrf, daß sie die Gelegenheit zn einem, unrecht-
mäßigen Profit benutzten nnd giebt der Hoffmmg Aus-
druck, daß die Kontnrrenz im Gewerbe gar bald einen
guten Einflnß geltend machen werde. „Freilich", fügt
die „Daily Mail" vorsichtig hinzn, „steht zu befürchten,
daß bei der voränderten Konstellation der atlantischen
Schiffnhrt die Frnchten nach nnd von Amerika teuerer
werden nnd daß dieser llmstand wieder eine ungünstige
Rücklvirknng anf den Brotpreis ausüben könnte. Selbst-
verständlich würden die Pro-Buren dies für ihre Zwecke
ausnutzen und das Volk zu überreden suchen, der Korn-
zoll sei nn Allem schuld." Daß die tönservative Zeitung

ewigten anszubreiten schienen. Wachskerzen belnchleten die lleb-
liche Gestalt und verliehen ihr durch das Flackern den trüge-
rischen Schein des Lebeus..

Nebeu dern uiüer Blumen uud Kränzcn fast verschwiuden-
den Sarge satz eine Dame mit uoch jugendlichem Gesicht, aber
graumelieriem Haar: Mclitta vou Felsing.

Ab und zu krateu lcise uud audächtig Mäuuer und Fraueu
in das Haus des Todes, brachteu ihre letzte Liebesgabe,
verrichteten eiu stilles Gebet uud verschwanden wieder ebenso
lautlos, wie sie gekommen waren. Niemaud wagte es, ein
Wort des Trostes au Werther zu richtcn, der stumm, wie
zu Steiu erstarrt, iu der Fensteruische tehnte und das Furcht-
bare immer uoch nicht zu begreifen schien.

Bei dem Begräbnis vermochte der kleine Friedhof kaum
die herbeigeströmte Menschenmenge zu fassen. Die junge
Frau hatte nicht einen einzigen Feind gehabt, Ivohl aber ver-
wren viele au ihr eine uuermüdliche Wohlthäterin und Be-
schützeriu. Manche heitze, aufrichtig geweinte Thräne feuchtete
den frischen Erdhügel, und Iver keine tostspiclige Olabe hatte
bringen könncn, der legte wenigstens einen Strautz uuscheiu-
barer Feldblumen oder Taunenzweige darauf nieder.

Als die Stimmen der Schulkinder das Lied: „Es ist be-
stimmt in Gottes Rat!" zu srugen begannen, da schluchzte
Werther laut auf, fühlte aüer m demselüen Augenblick seinen
Arm Pst erfatzt.

„So schwach darfst du dich vor den Leuten nicht zeigenl"
flüsterte Melitta. „Weine dich nachher aus, Iveun es niemand
sieht. Weitzt du deun, ob der Mörder nicht etwa unter
dieser Meuge ist und sich an deinem Schmerze weidet?"

„Ja, ja — o Gott, wemi ihn mir nur einer zeigen lönnte I
Crdrosseln, tot trcten würde ich ihn au dieser hciligen Stätte l
Wer war es, wer war es? Wer konnte meine Regiua morden,
die jedem nur Gutes crlvies?"

„Du vergitzt, datz die Migel nicht ihr, soudern dir galt,
datz sich Regina, wie du selbst sagtest, schützend über dich
geworfeu hatte."

bie Gegner ües Koriizolles auch schon als ProiBiiren zn
brandmarken sucht, ist inindestens originell. Es ist be-
kannt, daß Chamberlain stch mit der Idee eines Korn-
zolles nnr sehr schwer befreunden t'onnte.

Rußland.

P etersb n r g, 26. Ilpril. Es verlantei, Ser
ällinister des Jnnern, b. P I e h w e, habe sich nach Mos-
kan begeben, nm sich dem dortigen Generalgonverneur;
dem Großsürsten Sergei Alexcmdrowitsch, vorzustellen,
und mit ihm Rücksprache über die Lage im General-
gouvernement Moskau zu nehmen. Von dort begebe
sich der Minister des Jnnern nach dem Gonvernement
Pnltaiva und Chartöw, wo seit längerem bereits ernste
Bauernunrnhen ansgebrochen sind. Ilnßer den Be-
sitznngen des Herzogs von Mecklenbnrg sollen anch die
Besitzungen deS Fürsten Kotschubei, des Generals Dnr-
nowo nnd andere arg verwüstet worden sein. Die Be-
wegung scheint lediglich die Folge eines in den dortigen
Gebieten herrschenden Notstandes zu sein. Die Banern
haben kein oder nicht genügendes Saatgetreide, anch
nichts zu leben. Ein politisches Motiv scheint den Un-
richen nicht zu Grnnde zn liegen. ebensowenig ist in
ihnen ein plötziich ausbrechender Widerstand gegen die
bestehenden Verhältnisse zn erkennen. Natürlich haben
gewisseniose Agitatoren sich den N'otstand
nnd die Klagen der Banern zmmtze gemacht unö diese
gegen die Obrigkeit anfgehetzt. Ursprünglich handelte es
sich aber nur uin gewaltsame Beschafstmg von Saat-
getreide: nachdem Militär znr Niederlverfung der
aufrührerischen Bauern herangezogen nnd r ü ck sicht s-
los eingeschritte n war, ftammte erst der tlnmnt
der Banern gegen die Behörde auf, und nnmnehr z e r-
st örten sie in bIinder W n t, was ihnen in
die Hände t a m. Nach zuverlässigen Berichten be-
sinden sich znr Zeit in den Gonvernements Pnltaiva
mid Charkow über 18 000 Banern nndZArbeiter in Auf-
ruhr: bedentende Trnppenverstärkuiigen sind in jene Ge-
bietsteite entsandt worden, imd der Generalgouverneur
von Kiew, Generaladjutant Dragomirow ist ebensallS
in das Nufruhrgebiet abgereist, uni die militärischen
Maßnahmen persönlich zn leiten.

Aus Stadt und Land.

O. Hridclbcrg, 22. Npril. (S t r a f k a m m e r. > Vor-
sitzender: Landgerichtsdlrcktor Dr. W e st. Vertreter der Gr.
Staatsbehörde: Staatsanwalt Dr. Sebold. 1. Der Tag-
löhner Johann Mathias Beisel von Ziegelhausen suchte
von der Sparkasse Phlllppsburg ein Darlehen dadurch zu
erreichen, datz er uuter eineu Schuldschein übcr 220 M. die
Namen verschiedener Personen als Bürgen sctztc und auch die
Beglaubigung durch den Bürgermeister fälschte. Er roird
wcgeu llrkuudeufälschuug uuter Annahme mildernder llm-
stände mit zwei Monaten Gcfäugnis bestraft. — Jm zweiten
Fall eifchelnt ein würdigcs Kleeblatt auf der Auklagcbank, der
26 Jahre alte Musikcr Josef Röder, der 31 Fahre alte
Schirmflicker Lorenz K i r u, beidc aus Kliuguau, uud der
zwanzigjährige Schirmflicker Adam Schmidt von tzlerchs-
hcim. Dte Verhandlung wirft ein grelles Licht auf die Zu-
stände unter diesem herumziehenden Volk. 5tirn ist dem
Röder gram, weil ihm dieser die Frau cntführte. Das hindcrte
jcdoch dic beiden nicht, am lO. März im „Grünen Hof" in
Eppingen mit dcm dritten Angcklagten Schmidt zusammen
Schnaps zu trinken. Sie gerieten jedoch bald in Wortwechsel
und Ktrn bedrohte den Röder, woranf sich die drei Angeklagten
in den Hof bcgaben, um cinen Strautz auszufechtcn.

„Ja — o Gott, ein Teusel mutz dem Schurken zur Seite
gestanden und ihm gezcigt haben, wie er mich am schioersten
und unheilbarsteu treffen tann. Verflucht sei der Llende,
tansendfach versluchtl Mein armer, armer Liebling!"

„Weshalb bcdauerst du sie? Sie war glücklich üis Zu
ihrem lctzten Augenblick. Dessen können sich ivcnige rühmen.
Jch beneide Regina."

„Ach du — du hast kein Herzl Soust wäre es dir läugst gc-
brocheu!"

„Sage liebcr, ich bin — ob zu meinem Heil oder zu meinem
llnheil, das dkeibe dahingcstellt — mit mehr Widerstaiidskrast
geseguet, als audere — Dich nicht ausgenommen. Stcrben
ist nicht das schwcrstc, wohl aber lebeu zn müssen, mit
cinem beständigen, uagenden Wch im Herzen. Doch lassen
wir das, es ist ja überwundcn. Abcr ich will nicht, datz du
dich so schwach und gebrochen zcigst. Komml Weinc deinen
Schmerz daheim aus, abcr nicht oor dieser nengierig gaffendcn
Menge."

Es gab doch etwas in dem Wescu des euergischcn Wcibes,
ivas ihn beherrschte, wcnigstens jetzt, wo seine eigene Willens-
kraft völlig gebrochen schicn.

Er ließ sich voii ihr fortziehen, stieg in den Wagen und
hörte ihren stirzen Befehl: „Nach der Oberförstereil"

Das Haupt zurückgewandt, lehnte er in den Ktssen, so
lange, bis der kleine Friedhos seinen Blicken cntsckwunden
Ivar. Als man zn Hausc anlangte, trat Werther schwankend
wie ein Trnnkener, über die Schwelle, die Reginas leichter
Futz uie mehr überschreiten sollte. Melitta aber zog ihn mit
einer Kraft vorwärts, die man einem Weibe kaum zugetraut
hätte. Willenlos, wie vom Fieber geschüttelt, folgre er ihr.

„Fasse dichl" raunte sie ihm hart zu.

„Jch kann es nicht — denke nnd handle du für michl"
erwiderte er, in Regiuas Zimmer wankend und den Kopf in
die Kissen des Ruhebettes wühlend, auf dcm sie immer so geru
gelegen hatte.

Tage vergingen, ehe seiue starke Natur sich wcnigsteus nach
 
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