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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Januar bis Juni)

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Nr. 101-124 (1. Mai 1902 - 31. Mai 1902)
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sich gewiß noch andere bisherige Opponenten anschließen.
Da die Regierung sich auf die von der Tarifkommission
gewünschte Einführung des 2 Pfennig-Tarifs für die
dritte Klasse durchaus nicht einläßsi bleibt nur dieser
Weg übrig, um dem dringenden Verlangen des Publi-
kums nach einer Verbilligung des Eisenbaynpersonenver-
kehrs zu entsprechen. Die Redner der Voltspartei und
Sozialdemokratie, K. Haußmann und Hilöenbrand, spra-
chen sich gegen Kienes Einschwenkung aus; es ist aber
fraglich, ob sie fernerhin auf ihrer Opposition gegen die
vierte Klasse beharren. Die Kommission beschloß, Ends
Mai nochmals zusammenzutreten, dann nach Vorlegung
genauer Berechnungen der Generaldirektion über die fi-
nanziellen Wirkungen der Einführung der vierten Klasse
die Sache nochmals zu erörtern und über Kienes Antrag
abzusümmen. Jn einem längeren Artikel bemerkt der
„Schwäb. Merkur" zu der Kommissionsverhandlung:
„Der Antrag Kiene ist schon deshalb zu begrüßen, weil
er ein weiterer Schritt dazu ist, auf dem Bahngebiet
durch ganz Deutschland gleiche Einrichtungew herbeizu-
führen. Das Bestehen der vierten Klasse bei uns dürfte
auch die östlichen und westlichen Nachbarn zu der gleicheu
Maßregel veranlassen. Württemberg hat Gelegenheit,
mit einem Fortschritt voranzugehen. Manche trennende
Vorurteile wären beseitigt und eines der Argumente
würde damit hinfällig, mit denen man so gern südlich
wie nördlich dss Mains gegen den Zusammenschlutz der
deutschen Bahnen agitiert. Zwar ist dieser Tarifgleichheit
keine übergroße Bedeutung beizulegen, denn viel wichti-
ger und matzgebender sind die sonstigen Vorteile einer
Vereinheitlichung des Bahnwesens, immerhin ist es ein
erster Schritt, der die Hoffnung bestärkt, daß allmählich
die vernünftige Lösung der bisherigen Bahnzersplitte-
rung eintreten werde. Es giebt nun nur zu wünschen,
Laß der Antrag auch die Zustimmung der Kammer und
Ler Regierung erlange. — Sollte Württemberg wirklich
die vierte Klasse einführen, dann wird allerdings Baden
nichts übrig bleiben, als den gleichen Schritl zu thun..
dann wjrd man für 2 Pfennig den Kilometer stehend
absahren können, statt, wie die Eisenbahnreformer wiin-
fchen, im Sitzen.

Bade«.

— Nach dem vorläufigen Abschlutz des Reichsrech-
nungsjahres 1901 (1. April 1901 bis 31. März
1902) hat sich bei den sogenannten Ueberweisungssteuern
gegenüber dem Voranschlag zu Lasten der Einzelstaaten
ein Ausfall von rund 14 Millionen Mark ergeben, wo-
von annähernd eine halbe Million Mark auf das Groß-
herzogtum Baden entfällt. In dem eigenen Reichs-
haushalt ist nach den neuesten Schätzungen — ganz ge-
naue Zahlenangaben können zur Zeit noch nicht gemacht
werden — für das Rechnungsjahr 1901 durch Mehraus-
gaben und Mindereinnahmen mit einem Fehlbetrag von
etwa 61 Mllionen Mark zu rechnen, zu dessen Deckung
Mittel im Reichsetat für 1903 vorgesehen werden.

Braunschweig.

— Der welfische Landesgerichtspräsident Dede-
kind wurde mit einem Verweise bestraft und zur Tra-
gung der Kosten des Verfahrens verurteilt.

Ausland.

Eugland.

— Lord Rosebery war während der Feiertzage
G a st desKönigs in Windsor. Man bringt dies
abermals mit dem angeblich nach der Krönung bevor-
ftehenden Rücktritte Lord Salisburys in Zusammenhang.
Wie bekannt, ist Lord Rosebsry eine persona gratissima
beim Könige und wäre diesem niemand lieber als
Premierminister, als der schottische Lord. Da nun Lord
Rosebery thatsächlich seit seiner Absage von der Hums-
Rule-Politik und in der südafrik'anischen Frage de facto
zu einem libsralen Unionisten geworden ist, so würde der
König nichts lieber sehen, als wenn Lord Rosebery sich
osfen dazu bekennen wollte, um ihm so den Eintritt ins
Kabinet zu ermöglichen. Das „Wie" soll nun der Haupt-
gegenstand der in Windsor gepflogenen Unteredungen ge-
bildet haben. Mr. Chamberlain, der selbst hochfliegends
Pläne für den Fall des Rücktritts Lord Salisburys hegt,
ist freilich nichts weniger als geneigt, Lord Rosebery die
„goldene Brücke" zum Ilebertritt ins unionistische Lager
zu bauen, und Lord Rosebery wieder hat keine grotzen
Sympathien für Mr. Chamberlain. Der Einfluß des
Königs reicht aber weiter, als man allgemein anzuneh-

„Und du beugst die deimgen zu selten vor dem All-
rnächtigen."

„Jch habe ihn schon oft genug ganze Nächte hindurch an-
gefleht, aber er scheint mich nicht erhören zu wollen."

„Das ist frevelhaft gesprochen!"

„Jch spreche, wie ich denke. Soll ich etwa lügen?"

„Du sollst glauben!"

„Wenn ich es nur könntel"

„Du trägst seit deiner Kindheit ein heiliges geweihtes
Shmbol der göttlichen Barmherzigkeit auf der Brust. Jch
legte es damals auf dein nur noch schwach und unruhig schla-
gendes Herz, mit Worten, die du nicht verstandest, die ich dir
aber seitdem oft wiederholte und an die ich dich auch jetzt
tmeder mahne. Sie lauten: „Fn diesem Zeichen wirst du
siegen l Erinnere dich ihrer!"

Lautlos ging die schwarzgekleidete Gestalt hinaus.

Konstanze starrte noch lange wie gebannt nach der Thüre,
hinter welcher sie berschwunden war, dann warf sie sich auf
die Knie, zog das funkelnde Kreuz hervor und flehte inbrün-
stig:

„O Gott, gieb und erhalte mir Herberts Liebe! Nicht
nach himmlischen Wonnen verlange ich, sondern nach Er-
füllung meines heißesten Lebenswunsches. Gewähre mir
diese und wäre es nur für eine kurze Dauer — dann mag
mit dem Leib auch die Seele sterben, dann verzichte ich gern
auf bie strahlende Herrlichkeit des Jenseits und mein ganzes
Sein soll in Nichts vergehen."

Sie fühlte selbst, daß dieses Gebet kein frommes, er-
gebungsvolles war, fand aber keine anderen Worte. Jhr
Herz, ihre Seele, ihre Sinne waren mit unzerreißbaren
Keiten an das Jrdische geschmiedet. Gott, die Welt — alles,
alles stand nur in des geliebten Mannes Gestalt bor ihren
Augen, und es gab nur eine Macht, unter der sie sich besiegt
und willenlos beugte: die Leidenschaft.

« > r .- ^

men geneigt ist und unerwartete Eutwicklungen sind nilllt
ausgeschlossen. Trotzdem aber ist eine Verwirklichung
der Wünsche des Königs, falls es nicht zu Neuwahlen
kommt, sehr fraglich.

Spanien.

Madrid, 20. Nkai. Die B l u m e n s ch I a ch t im
Retiro verlief heute Nachmittag trotz bedeckten Himmels
äußerst lebhaft. Der König beteiligte sich von der
im Zentrnm aufgeschlagenen Tribüne eifrigst daran.
Hunderte Prächtig geschmückter Wagen sowie auch die
Bahn waren mit Fahnen- und Blumen- und Laubge-
winden schön verziert. — Gestern war auf der d e u t-
schen Botschaft ein großes Frühstück zu Ehren des
Prinzen Albrecht, der mit Gefolge teilnahm, ferner wa-
ren anwesend der Minister des Aeußern Hsrzog von AI-
modovar, der Marineminister Herzog von Veragua,
General Espinosa und alle Herren, die vor zwei Jahren
den Prinzen Albrecht in Braunschweig besuchten. Morgen
findet in der deutschen Botschaft ein Festmahl zu Ehren
des Prinzen Nikolaus von Griechenland, übermorgen
ein Festmahl zu Ehren der türkischen Abgesandten, in
Erinnerung an den langen Aufenthalt des Botschasters in
Konstantinopel statt.

Zur KarLsricher Wahuhofsfrage.

KarIsruhe, 21. Mai. Der „Schwäbische Merk."
veröffentlicht Auszüge aus dem Gutachten von Professor
Baumeister, wodurch bestätigt wird, daß dieser her-
vorragende Sachverständige sehr nachdrücklich die
Höherlegung des Bahnhofes an seiner jetzigen
Stelle empfiehlt, während Minister von Brauer sich be-
kanutlich sehr stark für die Verlegung engagiert hat.
Wir lassen hier folgen, was Professor Baumeister über
das Projekt L (Höherlegung am jetzigen Platz) gegen-
über dem Projekt (Verlegung) ausführt.

k>. B ach nch o f e n t w u r f auf dem jetzi-
gen Platze. Zwischen der Vorderfront des jetzigen
Aufnahmegebäudes und der Bahnhofstraße steht eine
Breite von 146 Meter zur Verfügung. Hiervon sind im
Entwurf 10 Meter auf Zurücksetzen des zukünftigen
Aufnahmgebäudes verwendet, um einen stattlicheren Vor-
platz zu schaffen. Jn die übrigen 136 Meter paßt genau
die -Anordnung der Baulichkeiten, Bahnsteige usw. von
welche demnach hier unverändert wiederkehrt und 12
Zugplätze liefert. VerschieLen erscheint nur die neue
Eilgutanlage, welche auf dem Platz der jetzigen hergestellt,
übrigens ebenso reichlich wie in ausgestattet werden
soll. Jnfolgedessen sind 6 Tunnels quer durch den
Bahnhof erforderlich, je einer für ankommende, ab-
gehende Reisende, Gepäck, Post- und Expreßgut, Eilgut. -
Außerdem wird der Bahnhof durch Nnterführung ge-
kreuzt für.die Rüppurrerstraße, Wilhelmstraße, und Ett-
lingerstraße, wozu noch zwei weitere Nnterführungen
durch die westlichen Bahnlinien für die Gartenstraße
und den Tiergartenweg kommen. Der Lokalgüterbahn-
hof würde von den Nmbauten noch nicht berührt und mit
dem hochgelegenen Planum durch ein ansteigendes Geleis
bei der Wolfahrtsweirerstraße in Verbindung gesetzt.
Eine bedenkliche Folge Zeigt der Entwurf bei dem Geleis-
system westlich von der Ettlingerstraße. Für die hier be-
findlichen zahlreichen Kurven ist als Grundsatz cmgenom-
men, daß die Halbmesser nicht unter 460 Meter betra-
gen (ausgenommen eine kurze Strecke des südlichen Ge-
leises mit 360 Meter) und weiter außen, ungefähr
bei der Gartenstraße, in solche von 600 Meter übergehen.
Hierzu wäre eine Fläche erforderlich, welche zwar den
Stadtgarten unberührt läßt, aber die Anlagen neben der
Beiertheimer Allee bis zur Südendstraße hinaus fast
ganz verschlingt. Zudem müßte eine beträchtliche Strecke
der Beiertheimer Allee mit einer etwa fünf Meter hohen
Mauer singefaßt werden, welche die reizvolle Lage der
gegenüberliegenden Häuser stark beeinträchtigt.

Jst dies alles unvermeidlich? So wohlbegründet die
Rücksicht auf das jetzt gebräuchliche schnelle Einfahren
in die Bahnhöfe ist und deshalb die jetzt vorhandene
Krümmung an der Ettlinger Landstraße mit 360 Meter
Krümmung thunlich verbefsert werden muß, so brauchen
doch nicht gerade 460 Meter als Minimum gesetzt zu
werden. Wir finden selbst bei den neuesten Bahnhöfen
unter örtlichem Zwang viel schärfere Kurven, so bei dem
Projekt für Heidelberg auf eine lange Strecke der Oden-
waldbahn 420 Meter, bei dem Hamburger Zentralbahn-
hof 300 Meter, in Dresden 260 Meter, alles für Schnell-
zugsverkehr. Wenn nun die für Karlsruhe projektierten

Der junge Werther studiertc fleißig. Seine reichen,
geistigen Anlagen und sein ausgezeichnetes Gedächtnis erleich-
terten ihm das Arbeiten sehr. Er brauchte nicht, wie viele
seiner Studiengcnoffen, mit nerbenzerrüttendem Eifer bis in
die späte Nacht hinein zu arbeiten; es blieb ihm immer noch
viel freie Zeit, die er mit Bekannten verbrachte, von denen
ihm die hellersten die liebsten waren.

Dr. Orb weilte mit seiner Braut, die seit mehreren Mo-
naten bedenklich kränkelte, und mit seinem zukünftigen Schwie-
gervater in Jtalien. Aller Wahrscheinlichkeit nach mußte ein
späterer Termin für die Vermählung festgesetzt werden, und
Herbert einstweilen Breuers Schuldner bleiben. Ganz un-
vermutet aber trafen eines Tages'die fünfhundert Mark ein.
Orb schrieb unter anderem:

„Jch schicke dir hier das bersprochene Geld, alter Junge.
Seit vierzehn Tagen bin ich mit Erna verheiratet. Es war
keine fröhliche Hochzeit. Meine arme, kleine lustige Gold-
amsel ist recht krank, Lngstigte sich und wollte mir angehören.
Der gute Spangenberg schlägt seinem Kinde keinen Wunsch
ab, jetzt weniger als je. Was ihr Freude machen und sie
beruhigen kann, geschieht. Und so ist sie denn meine Frau
geworden — auf wie lange? — Diese Frage wage ich
mir gar nicht vorzulegen. Wir pflegen und verhätscheln
unsern Liebling, der sogar zuweilen wieder seine alten
Späßchen versucht. Aber das klingt dann, wie wenn ein
sterbendes Vögelchen noch einmal zwitschern will und nicht
kann. Jch miißte doch ein elender Stümper sein, wenn
ich dieses teure Leben nicht doch noch zu retten vermöchte.
Du wirst vielleicht lange nichts mehr von mir hören. Zurück
komme ich sobald nicht."

„Ach Gott, der arme Kerll Er hat so viel echtes, warmes
Gemütl" murmelte Herbert. Es that ihm wirklich aufrichtig
leid. Er legte die fünf Banknoten in seine Brieftasche und
machte sich zum Ausgehen fertig, um sie sofort an Ort und
Stelle zu bringen.

„Hollah! Wo denn hin in solcher Eile?" rief jemand,
als er die Treppe hinabstürmte.

.Kurveir am Beginn (Ettlinger Straße) nur um ein Ge^
ringes schärfer gekrümmt oder ihre Tangentenpunkte ein
wenig verschoben werden, so läßt sich die allgemeine Rich°°
tung des Geleisbündels so weit drehen, daß neben der
Beiertheimer Allee ein Streifen von 20 bis 30 Metec
Breite verbleibt, welcher den freundlichen Eindruck dec
Anlage großentheils aufrecht erhält. Daß auf der ent-
gegengesetzten Seite nm ebensoviel in den Stadtgarten
eingeschnitten werden muß, hat wenig zu bedeuten, weil
es sich nur um eine vorspringende, selten betretene Ecke
handelt. Das Pflanzenhaus wäre zu versetzen.

Während der Ausführung des Projektes 11 ist nach
Ansicht der großherzoglichen Eisenbahnverwaltung ein
p r o v i s o r i s ch e r P e r s o n e n b a h n h o f an an-
Lerer Stelle unumgänglich. Man hat dafür die Fläche
zwischen Wiesenstraße und Rangierbahnhof ausersehen
und bereits einen eytsprechenden Entwurf aufgestellt-
Von der N o t w e n d i g k e i t dieser Maßregel hat der
Verfasser sich jedoch keineswegs überzeugen
können, sondern er hält es für wohlausführbar, die
Hochlegung am Platze selbst in zwei Perioden oorzuneh-
men. Der jetzt mit Bahnsteigen und Zugplätzen besetzte
Raum besitzt nämlich 50 Meter Breite, dahintev befindet
sich nach Abreißen der Wert'stätten usw. noch eine freie
Breite von 78 Meter. Bei der Ausführung würde
nun zuerst dieser hintere Streifen erhöht; er kann die
hintersten drei Bahnsteige des Entwurfes 11 nebst Ge-
päcksteigen aufnehmen, gewährt also fast ebensoviele Zug-
plätze als jetzt vorhanden sind. Nachdem sodann der Be-
trieb dahinauf übertragen, käme der vordere Streifeü
zur Hochlegung. Ein provisorisches Aufnahmegebäude
ließe sich, während das gegenwärtige durch ein nenes
ersetzt wird, westlich davon anlegen. Natürlich würden
auch auf diesem Wege gewisse Kosten für Uebergangszu-
stände erwachsen, aber doch bei weitem nicht die Höhe
erreichen, wie ein vollständiges Provisorium an anderer
Stelle. Jn anderen Städten sind bei BahnhofneubauteN
viel schwierigere örtliche Verhältnisse überwunden wor-
den, wobei neben der vorhandenen nur eine schmale
Fläche zur Verfügung stand und die Hochlegung dock)
hälftig vorgenommen wurde, zum Beispiel in Köliu
Essen, Münster, Dresden, bevorstehend in Nürnberg-
Die badische Eisenbahnverwaltung selbst hat bei ihreU
Entwürfen vor 1898 das geschilderte Verfahren zu
Grunde gelegt und die damaligen Sachverständigen hat
ben es gebilligt. Allein die Betriebsverwaltung hat
entschieden erklärt, wegen des seither gewachsenen Ver-
kehrs die Verantwortung für Bau und Betrieb neben
einander nicht übernehmen zu können, und hiermit muß
selbstverständlich gerechnet werden.

Zum Schluß sei noch erwähnt: Abgesehen von deu
schweren Schädigungen, die der Grund- und Häuserbesitz
in der Altstadt durch die Verlegung hinter den Lauter-
berg erleiden würde, berechnet Baumeister den Zeit-
und Geldverlust durch die Mehrlünge des Weges
auf jährlich 100 000 Mark, entsprschend einem Kapitw
von 6 Millionen. Er gelangt so zu der Forderung, daß,
wenn Regierung und Stände entgegen den Jnteresseu
von sieben Achtel der Einwohnerschaft die Verlegung be-
schließen, sie billigerweise als Entschädigung das aut
44/2 Millionen gewertete frei werdende Gelände des
alten Bahnhofes unentgeItlich an die Stadt ab-
treten müßten.

Kleine Zeitung.

— Lcipzig, 17. Mai. Das Stadtverordnetenkollegiuw
stimmte den Verträgen zwischen der preußischen uiid
sächsischen Regierung sowie der Stadtgemeinde LeipM
Lezüglich der Erbauung des Zentralbahnhofes
zu. Sachsen und Preußen zahlen je 63 Millionen Mark'
Leipzig den Rest von ca. 18 Millionen Mark für die 12»
Millionen Mark betragenden Kosten des Bahnhofsbaues-

— Bcrlin, 20. Mai. Jn den Kreissn der Univer^
sitätsprofessoren wird eine urheberrechtlichd
Entsch e i dung, die Voraussichtlich morgen beiw
Landgerichte 1 gesällt werden wird, mit einer gewisM
Spannung erwartet. Die „Nationalzeitungn" teilt dw
rüber mit: Es handelt sich um die Frage, ob und inwie'
weit es gestattet ist, aus Universitätsvorlesungen etwas
zu veröffentlichen. Prosessor Schmoller hatte in seinerN
letzten nationalökonomischen Kolleg am Schlusse des
Winterhalbjahres auch die Frage des neuen Zolltariu
gestreift. Er sprach sich im Sinne des RegierungseUÜ

„Jch habe einen wrchtigen Gang vor," erwiderte er dcU>
Referendar von Klaußnick, der eben die Stufen heraufkam.

„Jch wollte dich gerade abholen."

„Sehr freundlich von dir, aber —"

„Steineck, Halden, von Brauns und noch verschiedene ai>(
dere warteten auf uns. Jch habe versprochen, dich mitzU"
bringen. Sei doch kein Philister l"

„Du hörst ja, eine dringende Angelegenheit —"

„Lieber Freund, jetzt ist es halb acht. Du wirst die be^
treffende Angelegenheit auch morgen erledigen können." „

„Es giebt Dinge, die man lieber gleich aus der
schafftl"

„Wo es aber doch auf ein paar Stunden gewiß nE
ankommtl Oder bist du morgen nicht mehr im stande, dem
Vorhaben auszuführen?"

„Das wohl —"

„Also?"

„Jch ziehe dennoch vor —"

„Ach, Unsinnl Seinen Freunden muß man auch etwas
Liebe thun. Jch ging eine Wette ein, daß ich dir herbe^
schaffen würde. Willst dn mich in die unangenehme Law
bringen, sechs Flaschen Sekt zu bezahlen? Jch denke,
trinken sie lieber auf Kosten der Gegenpartei. Also kowsi
mit. Mein Wort darauf, daß bu einen köstlichen Abend vec^
leben wirst."

„Was habt ihr denn vor?" .

„Das ist bis auf Weiteres mein Geheimnis. Jch fübf
dich wohin, wo dn dich famos amüsieren sollst. Leidet dm
Geschichte wirklich keinen Aufschub?"

„Ach — am Ende —"

„Nun siehst dul Da hätte ich dich ja, wo ich di>
wolltel Also vorwärtsl Du wirst wahrlich nicht
unsere Einladung angenommen zu haben. Unten wartet
eine Droschke.

(Fortsetzung folgt.)

h habe"
bereue^
 
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