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Heidelberger Zeitung (46) — 1904 (Juli bis Dezember)

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Nr. 282 - 307 (1. Dezember 1904 - 31. Dezember 1904)
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Tamstag, 3. Dezembrr 1904.

4K. Iahrgang. — Nr. 284.

arschrint täglich, Sonntags ausgenoimnen. Preis mit Familieirblättern monatlich 50 Pfg. tn's HauS gebracht, bei t>er Expvdition und den Zweigstationen abgeholt 40 lpsG.

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Heidelberger Zeitung u. den städt. Anschlagstellen. Fernspr. 88.

bestimmtcn Tagcn wird kcine Verantwortlichkeit übernommen.

inschlag der Jnserate auf den Plakattafeln der

Beilegung des Slreites von Fameck
und das Zentruw.

»g Der versÄ)nliche AusgMt>g> üen der vom Bischof
i>oi ^ von Metz hernufbeschworene Streit um den Fried-
von Fg-nreck durch die gesetzmüßige Entscherdung des
^etzer Bezirkspräsidenten genommen hat, ist dem Z e n-
^ tti höchst u n w i 11 k o m m e n. Wer die ultra-
ontane Presse weiß Rat. Nach altbewährtem Rezept
auch die friedlichste Handlung, sosevn' sie nur die
dressen der einzelnen Konsessionen irgendwre berührt,
konsessionellen Verhetzmrg drenerr. Diesmal hat sich
^erlrner ultramontane „Germania" das- Verdien'st
Zentrum erworben, 'die AngÄegenheit zur Bemr-

tljx

i^^gnrrg der katholischen Geniiüter ausznbeuten, Zu die-
Zwecke beglertet das Blatt die Entscherdungi des Be-

leirr

>^Präsidenten, wonach dem Antrage auf konfessionelle
^.Ennnng des Friedhoss von Fameck keirre Folge zu geäen
' wit folgesidem Komnrendar:

>>i Sachlage ist also jetzt die, daß hie Kathotiken
.^n Reichslanden genötigt sind, auf ihren eigenen ge-
gr,'nten Fried'hvfen anch die Leichen nicht Nur Anders-
p ,^°tg>er, sondern auch 'solcher, die sich von 'der Kirche, ja
bm ^^tstMtum übechaupt losgesagt häben, rnitten,
^ .^r r,nd neiben den Leichen chrer eigenen Angchörrgen
Und das soll dann Währung, der Gewis-

sreihesi und des lonfessionellen Frredens sern! Läßt

!chs

'N Bezug aus die Frie'dihofssrage eirre u n e r t r ä g-
tiihf ^ ^ eLagesür Katholiken denken? Wer das Ge-
der Erbitterung muß noch gesteigert werden


^'ch den llebermut und den H o h n, mit welchem
n dor vielen Wochen die katholikenfeindliche Presse

p^-..?hhierend verkün'dete, die Eirtscheidung des Bezirks-
»°?!^^en werde so lauten, wie sie jetzt tatsächlich ans-
'Men fst."

Hier wird, wie die „Allg. Ztg." hervochM, zunächst
llan ^ ^ th der Eindruck erweckt, als ob, stch die „Sach-
ij durch die Entscheidu-ng des Bezirkspräsi'denten- g e-
^ " e x ^ hsttte. Das ist jedoch keineswegs der Fall, deun
^tttscheidung e n ts p r i cht g e n a u dein irn Reichs-
sest einem vo-llen Jährhnndert geltenden Artrkel 16
de, .^rialdekrets. Die „unerträgliche Lage", daß neben
rn, ^eichen von Katho-Iiken die Leichen Andersgläuhiger
öestcht also schon Wenschenälter hindurch-

rn

en

N^^rrgen, nnd es ist bisher anch von den dortigen Ka-
^i'o ^ „ertragen" wordeir. Erst dem Berlmer Haupt-
^lan der Partei, die eiust derr Reichstag- mit einem
sm^wnz-Autrage" überraschte, war es vorbehalten, die
sn^^rmikert so wert zu treiben, datz es daraus eine Be-
iP," Eung der Gewissensfreihvit konstruiert. Und was
rn'Zdßlrch dsx beweglick>en Klagen und den Hohn einiger
'lvlst Blätter betrifft, 'der gcwiß nicht löblich ist, so
!ich> das Zentrumsblatt damiit an den Bischof von
^ttden, demr wenn dieser nicht die Grenzen seiner
ls^F^etenz überschritten und sickj rnit den Gesetzen des
nr- Widerspruch gesetzt hätte, wäre anch- der gewitz
bMgende Hohn seiner Gegner unterblieben.

Denlsches Reich.

— Der Kaiser - Wi l h eIm - Kana l hat rm
Rechnungsjähr 1903 zum erstenmal seit seinem Bestchen
eirren Ueberschntz erzrelt, der 57 824 Mk. beträgt. Jm
Jähr 1896 belief 'der FeWetrag stch auf über cine Mil-
lion Mark, 1900 hatte er erne Höhe von 315 000 Mk.,
und noch fü-r das Rechnnngsjähr 1902 war ein Zrrschnß
vorr 226 000 Mk. notwendig.

— Die neue Stndrenordnnng für die Z ahnärzte
mit dem Witurientenexamerr als Vovbildnng wird, wie
die „Dentsche Zahnärztl. Wochenschr." mitteilt, am 1. Okt.
1906 in Kraft treten.

— Wenn man auch durch den Abbrnch der Han-
d e l sv e r tr a g s v e r h a n d l u n g e n nrit O e st e r-
r ei ch sich nicht braucht ersckMttern zn lassen, so ist duirch
denselben doch eine wirtschastlich ernste Lage geschaffen,
denn Oestecreich-Ungarn nimmt für nnsere Aüsfuhr den
zwerten Platz ein, .unmittelbar nach England. Nächi den
statistischen Ausweisen für 1903 Letrng unsere Ausfuhr
in Million-en Mär-k nach England 987,7 (Prozentsatz a-n
der Gesamtansftchr 19,3 Prozent), nach Oesterreich-
Ungarrr 530,6 (10,3 Prozent), nach den Vereinigten
Staaten 469,4 (9,1 Prozent), nach Rnßiland (einschließ-
lich Jinnlands) 413 (8,1 Prozent). Oesterreich-Ungarn-
kommt a-Iso für nnsere Ausftchr sehr stark in Betracht.

— Der „Vorwärts-" eirtnimMt den Auslassungen der
Pressc rnit -Bekürnnrernis, daß die Annährne der M r I i-
tär v o r l a g e „rin ganzen Umsange öder in chren
wesentlichen Tei-leu gesichert ist". Während das sozial-
'demokratisch-e Zentralorgan diese Meinun-g aüssprach,
hatte die Zeritrumspresse noch fast gar nicht Stellung
genommen, so daß der „Vorwärts" vermuten durfte, das
Zentrnm werde stch nüch bekannter Weise zunächst ein
wenig zieren. Jetzt 'haben sich mehrere leitende Zentrums-
orgaue zur Mi'litärvorlage vernemuei! lassen', uud ihre
Haltung berech-tigt zu der Schlußfolgerung, daß das
ZentrniN aus jene Ziererei entweder ganz verzichten oder
ste doch wenigstens mir im bescheidensten Maßstabe Men
werde.

— S o z i a l d e m o k r a t i s ch e r Terroris -
m n s. Bei den Stadtverordnetenwahlen in Mühl-
hausen i. Th. stnd die Sozialdemokraten vollständrg
unterlegen. Mit welchen Mittekln die Sozialdeniokraten
im- Wah-Ikampf arbeiteten, ergibt stch aus einem ihter
Flugblätter, in denr es hieß: „Sollte wider Erwarten
diessr oder jener kleine Bürger, Handwerker oder' Ge-
iverbetreibende nnserem Kandrdaten seine' Stimme ver-
sagen, so muß auch- -er sich gewärtig sein, daß uuscrerseits
von eruer Unterstützung ihm gegenüber auf denr Gebiet
des wirtschaftlichen Lebens sütderhin nicht mehr
die Rede sein' kann. Deiin wer nicÄ w.it nns ist, der ist
wider uns!

Krel, 1. Dez. Die „Kielec Neuest. Nachr." veröf.
fentlichen nachstehendes, ihnen vom Präsidenten Löwe
des karserlichen Kanalamts in Kiel anf ihre An°
frage zugegangenes Schreiben: Aüs Jhre gckfl. Ansrage
vonr 25. Novernber teile ich- der Redaktion ergebenst mit,

'daß in der Nacht vom 8. zum 9. Oktober 1904 eur als
Lrrftjacht deklarierter, mit ordnungsmäßigenr englischen
Meßbrref verschener Tnrbinendampfer unter englischer
HandÄsslagge üen Kaiser Wilhel-m--Kanal ostwärts pas-
sierte. Dieser Dampser führte den Namen „Karolure"
nnd h-atte seinem Aenßeren nach große Aehnlichkeit mit
einem zu anderen als Kriegszwecken aptierten Torpe-
d o b o o t, wie z. B. 'die Stastonsjachten der Marine. Die
„Karoline" hatte keine Armierung an Bord. Ueber dre
werteren, ans diäsen Fall bezüglichen, durch die Presse
verbreiteterr Ausführungen ist hier nichts bekannt.

Badrn.

—- Datz dre Nationalliberalen ernen Pakr mft den
Sozialdemokrateir ab'lchnten, findet die Mannhermer
„V o lk sst i m me" begterslich Sie sagt: „Zu einem
Bündnis gchören mindestens Wei, und dieje zwei wären
im vorliegenden istcht vorhanden- gewesen, da sür die bad.
So-zialdenwkratre jede Wmachnng mit den Nationallibe-
ralen vollkommen ansgeschlossen ist". Was 'die frei-
wiIlige Stinrmäbgab-e für nationalliberale Kandidaieu
rnr Kainpf mit dem Zentrnm betrifst, so sagt das Mannh.
Soziälistenblatt: „Die Nastonalliberalen haberr es darouf
abgeschen, uns durch die Wahl zwischen Liberalen und
Klvrikalen- in einen Gewrssensko n s 'I i k t zu trei-
beu, aus dem sie ohne Gegenleistung Nutzen zrehen köu-
ueu." Dieser Konflstt ist dnrch- bie Lage in Baden ge-
gchen, nicht willkürlich von den NationallKeralen ge--
schasfen. Wol-len die Sozialdemokraten eine Zen-
trumsmehcheit in der Kamrner, so inögen sie sie haben.
nnd ihr Zustandekommen verantworten. Die Liberalen
'lverden ein Zentrumsregiment sch-on so lange aushalten
können, als es voraussichtlrch bestehen wird. Jhr Weizen
wird dabei ins BMHen kornnr-en.

Preußcn.

K i e l, 29. 9kov. Die Positiven wollen keinen Gene-
ralsuperintendenten, sondern einen B r s ch o s an der
Spitze der sckücs-wig-hdlsteirstschen Landeskirck>e. Dmnit
Ivir'd eine Bewegung wachgerufen, die einst aus yi-erarchi°
schcn Gelüsten bervorging. Die Resorma-tion schte an> die
Stelle der kath-olischen Bischöse evangelischö General-
strperiitten-denten. Einen sprachlickien Fortschritt wird
niernmrd iir dieser Aenderung fin-den. Jn dogmengläu-
bigen Krersen liat chr neue TitÄ äus ßrckllickien Gründen
niemals Antlairg -gestrnden. Fcht treten die Positiven
rnit großor En-tschredenheit für dic Einsichrung des
Bischosstitels ein. Sie erklären, daß strr sie keine hier-
archischen Beswebmigen- besstmmend seien, vielmehr solle
die Landeskirche eine Volkskirche imt einem Bischof an den
Spitze werden. Die kirchlich-Positiven Blätter haben zu°
ineist schon seit längerni das Wort Gen-eralsuperintendent
ausgemerzt und durch Bischof ersetzt. Der publizistische
Vertreter dieser Rrchtung, Pastor Soiimier-sNusütt, emp-
siehlt, auch auf 'der Kanzel nnd in Versanrinlungeii nur
deu Titel Bischos zu gebrvuchen. Vorläufig Iverde der
Tstel GeneralsMerintendeist im b'ureaistratischen Verkehr
bestehen bleiben! iir wenigen Jahren werde sich dev
Bischvfstitel eingebürgvrt häben.

Meme ZeitNNg.

SchancNioüe Geschichte. Ueber ein> geheimnis-
V'kMäbnis berichtet das „B. T.": Mtternacht! Ein
Haus aüf dem Hausotterplan in Reinickeüüors
^ Berlin. Ein Mädchen aus' 'dev Bürgerstratze, das
schläsen gehen wi!ll, hört eine Droschke über das
sch^?Ü>staster rasseln. Pkötzlrch- hält der Wagen. Neugierig
.. Fräulein herans. O -Grauen! Eine schüvarz-
^.^Ndejg Darne steigt ans der Droschke, zwei Männer
^ür ^ttten folgen, graben aus deni- Platz eirr Loch, kehren
s<hd T^bschke zurück und schleppen einen länglichen, men-
Gegenstand rn das G-räb. Noch- drei Hände
i„ ^de, äsx geheimnisvo-llen Menschen verschwinden
»v^?^ttnt dem Wagen spurtos. Anr andern Morgeir
H<ru? das Gerücht von einem! Morde von Haus zu
rs^sH' Die PoliM vernimmt es und rnacht stch mit erner
Mn Menschenmenge -anf, um Nachsorschnngen äbzu-
Sie findet das frisch aufgeschnttete Erdreich.
^gt den ersten Spaterrsstch 'zu tun. Endlrch
ein paar Verwegene. Sie graben nach, sie
^ Körper, ein Schrei des Entsetzens dnrch-
T«. dre Menge. Jetzt.. jetzt wird die Lei-che hervor»
. Biele schließen die Augen vor Furcht. Einige
dinzusehen und- sehen die Leiche — eines großen
A'e w' Män iächt. Wer da gcht es nichts zu lackjen.
4?enge ist klnger, ste rrstt: Die Leiche ist hier in ern

Hundesell eingenäht. An Ort mrd Stelle wird eine Ob-
duktion vorgenonrrnen, nnd srehe, es ist und bleibt alles
durch und dnrch Hund. Man ging beruhigt n-ach Hause
und konnte wieder schilafeir.

— Ein crbender Redaktenr. Es dürste gewiß nicht
oft vorkonunen, daß ein Redakteur aus der Mstte seiues
LeserPub-lÄums herans eine Aneisteimung erhält, wie sie
in diesen Tagen dem Redakteur einer Zestung in dem
Gochaischen Landstädchen Tennstedt zuteil gewordeir ist.
Der Redakteur war vor einer Rei'he von Jahren wegen
Beleidigung eines Superirrterrdersten zu erner beträcht-
lichen Geldstrase verurteilt. Als jetzt ern vermögender
Landwirt in Tennstedt gestostben war, fand man in seinem
Testament 'die BesümnMng: „Dem Redäkteur M. sind,
werl er s-o tren zu seiner Partei gestanden hat, die wsgerr
Beleidignng usw. entstandenen Gerichtskösten im Betrage
von 110 Mark aus meiuern Nachlasse zu ersetzen." — Es
gibt doch noch grste Leute!

Ein Kampf zwischen einem Mraschen «nd rstiem
Affen. Am Montag Wend hatte ein Tierbändiger stn
Londoner HiPPödrom einen wilden und gesäh-stlick)e.n
Kariipf mit einem riefigeii Asfen zu bestehen. Das Tier,
das erst Freitag Nacht von Hagenbeck eingelausen war.
ist stehend 1,05 Meter hoch uNd b-esitzt dre Kräfte zweier
Mäuner. Die ersten- Dres'sierversuche gelangeni über Er-
ttrarten grst. Als aber der Bändiger am Montag- Abend
den Käfig betrat, sprang der Asso, völüg unerwarteter

Wsise gegen ihn an. Ein -geschickter Fausstchlag tvars
das Tier zwar zurück, dock) schon rm nächsten Augeichlicke
packte es das rechte Bein des Mannes, rrß das Beinkleid
str Stücke und vergrub seine Zähne ties in das- F'leisch des
vor Schm-erz fast ohnmächtig werdenden' Bändigers. Jn
diesem kritischen Monrente gelangi es dem Manne, den
Afien an der Gurgel zu packen. Er drückte ihnr den Hals
zu rrnd schlug rhn mßl voller Krast ins Genick, bis das
Tier ausheulend vou ihm äbließ. Nuu hielt der Bäudigev
a-ber seinerr Gegner an üer Kehle, 'Lis die Bestie bewußtlos
liegen blreb. Als das Tier wieder zu sich kam, hiefi der
Bändiger ihm beide Hän'de sest uird sah chm scharf ins
Ange. Nockunal-:- verstrchte 'der Affv gegen seineir Meister
arrzuspriugen, doch ein scharser Blrck rmd ein schneller
Grisf nach der Kehle des Treres, ließen es sick) Au- den
Mßen sestres Besregers znsam-menkanern. Der furchtbare
Kampf danerte im ga-nzen eine Viertelsstnrde.

Wintertag.

Ueber schne.obcdccktcr Erdc

Blckut dcr Hinnnel, cha-rvcht der Föhn —

Ewig jung ist n-ur di-e Sonne!

Sic nllein ist ewig schlön !

.Hente steigt fie spät <mi- Hinnncl
Und am Himmöl sinkt sie kxckd,

Wic das Mück und wrc dic Liebe,

Hinter dem cntlaubtcn Wald.

K. F. Meyer.

Die heutige Nummer rrmfaht fünf Brätter, znsamme« 22 Seite«.
 
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