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J. M. Heberle (H. Lempertz' Söhne) [Hrsg.]
Versteigerung zu Köln / J. M. Heberle (H. Lempertz' Söhne): Katalog der hervorragenden, reichhaltigen Alt-China-Sammlung des Herrn J. J. Wilgaard zu Apenrade: Arbeiten in Bronze: Götterfiguren, Vasen, Räucherschalen, Altarleuchter, Tempelgeräth, Spiegel : Arbeiten in Holz: ... : Arbeiten in Porzellan: ... : Arbeiten in Stein: ... : Waffen, Textile, Kakemonos, Tempelbilder, genealogische Tafeln und Bücher, Silberarbeiten : Versteigerung zu Köln den 16. bis 19. December 1901 — Köln, 1901

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https://doi.org/10.11588/diglit.30331#0012
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Das Verfahren heim Giessen der Bronzen in China ist von Alters her der Guss in ver-
lorener Form. Auch viele Arten schmückender Metallarheit kannten imd pflegten die Chinesen.
Sie wendeten beide Arten der Damascirung- der Bronze oder des Eisens mit Gold oder Silber
an: die ältere, bei welcher das Grundmetal] ausgestochen oder ausgehoben, das Edelmetall
als Draht oder Plättchen in die Vertiefungen eingehämmert; die jiingere, indische, bei welcher
das Edclmetall durch Hämmem auf die feilenartig aufgerissene Grundfläche befestig-t wird.
Eigenthümlich ist ihren Bronzen das Vorkommen unregelmässig eingesprengter goldfarbener
oder goldener Flecken von meist unbestimmter Form, aber von schöner Farbenwirkung neben
der alten Patina des Grundmetalles; nicht selten wenden sie die Feuervergoldung an. Im
15. Jahrhundert und nochmals zu Anfang des 17. Jahrhunderts unter Kaisern der Ming-
Dynastie traten Bliithezeiten des Erzgusses ein. Unter der Tartaren-Dynastie der Thsing im
17. Jahrhundert erreichte diese Kunst ihre höchste Stufe imd erhielt sich auf ihr während
der langen Kegierungszeit des Kaisers Kien-Lung bis gegen Ende des 18. dahrhunderts.u

Die Sammlung Wilgaard gibt nacli allen Richtungen hin fiir alle Bedeutungen der chinesischen
Bronzen ein imgemein reizvolles und belehrendes Spiegelbild, nicht nur in chronologischer oder den
Cultus betreffender Hinsicht, sondern namentlich aucli in technischen und kunstgewerblichen Bezie-
lumgen. Die Sammlung muss auch auf jeden Laien einen eigenartigen Reiz ausüben, der durch ihren
abwechselmigsvollen Reichthum der Formen hervorgerufen wird, neben einer Bewunderung der stets
vorgeschrittenen Technik und aucli der decorativen Wirkung der einzelnen Stücke. Man hat sofort
die Empfindung, dass man es mit einer hochbedeutenden imd hochinteressanten Sammlung zu thim
hat, die in den frühesten und urältesten Zeiten anhebt und durch alle Epochen bis zur neuesten
Periode durchgeht und bei ihrer grossen Mannigfaltigkeit auch wieder ein einheitliches Bild abgibt.

Die chronologische Bestinnnung der einzelnen Stiicke dürfte selbst fiir die Eingeweihtesten mit
den grössten Schwierigkeiten verbmiden sein. Herr Wilgaard stützt sich bei den Zeitbestimmungen
auf Vergleiche, die er im Enstehungslande selbst mit beziiglich ihres Alters festbestimmten Analogen
gemacht hat; dabei hat er in dankenswerther Ergänzung fast durchgängig den Ort beigefiigt, von dem
das einzelne Stück stammt, und wenn eben thunlich, den Ternpel angegeben, dem dasselbe friiher als
Sclimuck gedient.

Als eine sehr willkommene Abrundung der weniger nach der ethnographischen als vorwiegend
der kunstgewerblichcn Seite hin hochinteressanten Sammlung der Bronzen dienen vor Allem eine grosse
Peihc von Holzarbeiten, als: Götzenbilder, Ahnentafeln, denen sich hervorragende Porzellane, wenn
auc-h in geringerer Anzahl, eine Reihe reizender Silbergegenstände, Gewebe, Arbeiten in Stein mit bild-
hauerischem und gemaltem Decor, Waffen und Anderes, bei dem vor Allem hervorragende Rollbilder
zum Wandschmuck, anschliessen.

Es ist sehr zu bedauern, dass die mit so vielem Fleiss und Verständniss zusammengetragene
Sammlung zerstreut wird; sie wäre eine Zierde für jedes Museum gewesen. Bei der Zerstückelung wird
nicht nur der Specialsammler, sondern auch der Freund aparter und interessanter vornehmer 'Aus-
s'tättung ungemein viele Stücke finden, deren Erwerbmig ihm wiinschenswerth erscheinen dürfte.

Was die Abfassung des Katalogs betrifft, so ist es im Allgemeinen vermieden worden, lobende
Kritik auszuiiben, die bei der Mehrzahl der Stücke am Platze gewesen wäre; statt dessen wird ein
Blick auf die dem Katalog beigegebenen Tafeln Jedem die Ueberzeugung aufzwingen, dass wir es
hier mit einer wohl einzig dastehenden Sammlung zu thun haben. Zum Schlusse sei noch bemerkt,
dass der Besitzer der Sammlung sich in entgegenkommendster Weise ausdriicklich bereit erklärt hat,
jede weitere gewxmschte Auskunft iiber Provenienz etc. zu geben, namentlich aber auch die Ueber-
tragung, Auslegung und Uebersetzung der auf den einzelnen Gegenständen befindlichen Inschriften,
soweit. solche noch nicht vorhanden sind, den p. p. Erwerbern auf Wunsch zu besorgen.

Köln, 1. December 1901.

J. M. HEBERLE (H. Lempertz’ Söline).
 
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