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Heidelberger Anzeiger: unparteiische Tageszeitung für jedermann — 1884

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https://doi.org/10.11588/diglit.42543#0639

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Hei-elbkMl Wiser

Buchdmckerei und Expedition: Krämergaffe Nr. 1.

Dienstag, den 14. Oktober



8


>'

Erstes Blatt.

Erscheint täglich, Sonntags ausge-
nommen. Preis monatlich 20 Pfg.,
Wit dem Illustrierten Unterhaltungs-
blatt 32 Pfg. — Wird in der ganzen
Stadt verteilt und an den Straßen-
ecken angeschlagen.

Hauptstrasse 146,
Liu Hause äes Herrn spitzer.

Alle Zusendungen werden franko
. erb ten.
Für die Aufnahme von Anzeigen
an bestimmt vorgeschriebenen Tagen,
wird keine Verantwortlichkeit über-
nommen.

Anstalt für schwachsinnige Kinder
in Mosbach.
Für Neu reichen Betrag von 746 Mk. für die
westge Anstalt für schwachsinnige Kinder, deren
Empfang ich hiemit bescheinige, sage ich
"llen Gebern im Namen des Aufsichtsrates den
Herzlichsten Dank. Es ist uns ein höchst erfreulicher
Beweis, welche große Teilnahme man unserem
^ebeswerke auch in Heidelberg entgegenbringt.
Nützte, Dekan.
Mit obiger Bescheinigung verbinden wir den
herzlichen Dank für die freundlich bewilligte, unent-
geltliche Aufnahme der bezüglichen Inserate.
._Schellenberg, Dekan.

1884.

im Rathause dahier ist geöffnet:
Aeustag vormittags von 9—12 Uhr.
Mittwoch Norm. v. 9—12 il.Uachm. v. 2—4 Uhr.
Freitag Norm. v. 9—12 u. Uachm. v. 2—4 Uhr.
Zamstag Uormittags von 9—12 Uhr.

Hiermit die ergebene Anz-ige, daß ich die
Gastwirtschaft zum Woten Löwen,
Haspelgasse
übernommen habe und empfehle meinen Freunden und Gönnern anerkannt
gute Küche, Frühstück, Mittag- und Abendessen, sowie rein gehaltene
Weine und gutes Bier aus d:r Brauerei Effi-Haus hier.
OK.

Morgen Mittwoch wird geschlachtet.
Morgens Ouellfleisch; Anstich neuer Ueberrheirrer
(Haupthcrbst).
Mittags Leber, Brat und Griebenwürste, Erbsen
brei und Sauerkraut.
Abends 8'/- Uhr Konzert vom Heidelberger Stodt-OriheAer.

Lsrtkolä Nszrsr,

E v OI «L,
26 llsiiptsteWtz 26.
8x>soj 8,1 ivLU
I-lsersn - blsrrrclsn nsoti IVIsss.

ist in meinen Augen ein Meuch-lmöd-r, und mit
einem solchen sitze ich nicht an demselben Tisch!"
Der Rentier blickte dem Davoneilendcn befrem-
det nach, tann schüttelte er sein kahles Haupt mit
einer Miene, als ob er sagen wollte, er verstehe
das Alles nicht.
„Ein sonderbarer Kauz!" meinte Garnier achsel-
zuckend. „Ich traf in Metz mit ihm zusammen,
er war damals Offizier und machte mir Vorwürfe
darüber, daß ich im Kriege an der Spitze einer
Schaar Franktireurs stand."
„Das ist Alles, was Sie verbrochen haben?"
„Weiter nichts! Kennen Sie den Mann?"
„Natürlich; es war der beste Freund des Ver-
lobten meiner Tochter, der Rechtsanwalt Hubert
Grunau."
„So, so, Advokat? Weshalb er nur gerade
mich mit seinem Hatz verfolgt."
„Sein Freund ist von Franktireurs überfallen
und getötet worden."
Garnier horchte auf.
„Derselbe, der mit Ihrem Fräulein Tochter
verlobt war?"
„Ja, der Sohn jenes verurteilten Weimar."
„Und wo geschah der U-berfall?"
„In der Nähe eines Schloss, s — warten Sie
einmal —"
„Chateau Monterau?"
„Jawohl, so hieß es," nickte Unger.
Jean Garnier war im höchsten Grade bestürzt,
er dachte an den Korrespondenten Didier's. Aber
dieser hieß ja Winter und war vor dem Kriege
in Lyon gewesen. „War der junge Weimar Offi-
zier?" fragte er.
„Nein!" Der Rentier ahnte nichl, welch' großes
Interesse Garnier an dieser Frage nahm und wollte
selbst an Theobald nicht mehr erinnert sein. „Ver-
derben Sie sich doch die Laune nicht mit diesem
dummen Zeug. Weimar ist tot, und sein guter
Freund, der Advokat, kann mir gestohlen werden."
Garnier winkte dem Kellner, sein Glos zu

StchkruiM -AMildWng.
In Folge richterlicher Verfügung wird
oer Friedrich Loren; Witwe, Anna
Maria geb. Kraft in Dosfenheim folgende
Liegenschaft in dortiger Gemarkung:
36 Ruten neu bad. Mß. Wiesen in den
kleinen Wiesen, eins. Gg. Schork, anders.
Friedrich Lorenz Kinder.
Tax 800 Mk.
am
Donnerstag, den 16. Oktober 1884,
Wittags 3 Uhr
Rathause zu Dossenheim öffentlich ver-
steigert und zu Eigentum zugeschlagen, wenn
oie Taxe oder mehr gebot-n wird.
Heidelberg, den 10. Oktober 1884.
Der Vollstreckungsbeamte
Großh. Notar:
Lugo.

Vermißt!
Roman von Ewald Aug. König.
(35. Fortsetzung.)
... „Parbleu, diese Begleitung könnte allerdings
saftig werden!" scherzte Garnier, und ein Blick
steifte dabei lauernd das rote Gesicht seines Be-
stellers. „Wissen Sie was? Ich schreibe Ihnen
o?" Brüssel aus einen Bries und schlage Ihnen
Ist großes geschäftliches Unternehmen mit der sicheren
Aussicht auf einen enormen Gewinn vor. Sie
vstgen diesen Brief Ihrer Frau Gemahlin und
^sprechen ihr, sie nachkommen zu lassen, wenn
°as Geschäft erledigt ist."
„Wahrhaftig eine gute Idee!" sagte Unger
stfreut. „Ich habe mich zwar von allen Geschäf-
stu zurückgezogen, aber wenn es sich um einen
snormen Gewinn handelt, werde ich's meiner Frau
Mn plausibel machen, dah ich ihn witnehmen muß.
Mr sprechen darüber noch. Wie lange gedenken
hstr zu bleiben?"
„Nur einige Tage."
„Dann kehren Sie nach Brüssel zurück?"
, „Jawohl, und nach meiner Rückkehr werde ich
wsort an Sie schreiben. Sie haben damals noch
stnge nicht Alles genossen; die Zeit Ihrer Anwesen-
stsst in Brüssel war zu kurz. Ich bin wieder Ihr
Cuhrer."
y, „Sehr freundlich! Es wird allerdings in Ihrem
mrib hoch gespielt —"
„Bah, man kann nicht nur verlieren, sondern
"Uch gewinnen," unterbrach Garnier ihn so gering-
Mtzsnd, als ob er über Millionen zu verfügen
Me. „Alles im Allem genommen, rechne ich
Gewinn als Verlust heraus. Sie werden
pW das Geld wiederholen, was Sie damals Ver-
ben haben -»
„Und wenn nicht, so liegt auch nichts daran,
st/an darf nicht kargen, wenn man das Leben ge-
rueßeri will."

ilm.
OionstuZ ^.dooä 7 Mr im
Wien 8uulo äos Nusoums krodo
2llr Nolusino kür äio Vamvv.
leli ditto um. voII^üdliMs Dr-
^edtzmou. Vovll.

Hier in?6nsion6n rvoinmncje k'rsmcks können an <1on Vergnügungen unserer
Oesellsebakt nur ieilnebrnen, zvenn sie Llitglieüer geworden sinä.
Jninelciungon inü88vir ,nin<I«8t«n8 3 vor ckei zeuoiliFen Ver^nÜAiinp;
tzlvAtzreieltl 8vin, 6a Oieseiden 6em Julsiedlsra! z.ur Oenetumgung vorgeiegi rvercien.
Vie viroktiou.


Steigerungs-Anzeige.
Kowlnenden
Mittwoch, der» 15. l. Mts.,
morgens 10 Uhr
beginnend, wird der gesamte Hausrat —
ftstt Ausnahme von Kleidern und Weiß-
zeug — des verstorbenen Hauptlehrers
Brettle in Sandhaufen einer öffentlichen
Versteigerung gegen Barzahlung ausgeboten.
GoldknerNömer.
im Abonnement 60—80 Pfg.

8a,rmoiii6-E686ll86lia,kt.
Samstag, den 18. Oktober
Konzert «nd Tanz - Unterhaltung.
Anfang abends 8 Uhr.


Kiirzcrlilhtt IiibilSlims-Aussckuß.
Nach dem Beschlüsse des von der Einwohnerschaft gewählten Siebziger Aus-
schusses, legen wir nunmehr weiteren Kreisen die Bitte um Beiträge für die Jubel-
feier unserer Universität vor.
Wir sind zwar noch nicht in der Lage, ein festes Programm der Feier mitzu-
teilen, weil die Behörden das ihrige noch nicht endgiltig festgestellt haben. Soviel
ab-r läßt sich jetzt schon mit Bestimmtheit übersehen, daß bedeutende Mittel nötig
sein werden, um eine würdige Beteiligung der Einwohnerschaft an der Jubelfeier zu
ermöglichen. Die Erbauung der großen Festhalle freilich wird nicht unfere Sache
sein; die uns zur Verfügung gestellten Mittel können zu diesem Bau nicht verwendet
werden, vielmehr wird diese Aufgabe der Staatsregierung in Verbindung mit der
Stadtbehörde zufallen. Hingegen wird die Veranstaltung eines Festspieles, wenn
möglich eines Festzuges, eines Sängerabends, eines Fackelzuges, vor allem
die Beschaffung der nötigen Wohnungen und vieles Andere unserer Thätigkeit
überwiesen bleiben.
So umfassende Aufgaben sind nur dann zu lösen, wenn, woran wir keinen
Augenblick zweifeln, die Einwohnerschaft ihre vielfach ausgesprochene warme Teilnahme
an der Jubelfeier durch Zeichnung beträchtlicher Mittel bethätigt, damit das Fest in
einer, unserer schönen altberühmtcn Stadt würdigen Weise gefeiert werde.
Wir bitten, die Herren, welche sich der Mühe der Sammlung unterziehen,
freundlich aufzunehmen.
Heidelberg, im Oktober 1884.
Der geschästsführeiide Ausschuß:
K. Z. Ammauu. G. Kecker. K. Kchazhcl. H. A. Kilabcl. K. Nitteney. K. Erdmamsdörffer.
L. Fischer. U. Keime. U. Heubach. M. Klinget. K. Köster. M. Köster. M. Zandftird.
E. Kobstei«. A. Mays. F. Mittermaier. I. Otto. L. Urch. K. v. Scherer. I. Schloß.
K. Spitzer. F. Wolff.

Zeiluugs-Makulotm,
^"ige Zentner abzugebm bei
Julius Otto.

Danksagung
Allen Freunden und Bekannten sprechen wir hiermit für
die vielen Beweise herzlicher Teilnahme bei dem schweren Ver-
luste unserer innigstgeliebten, unvergeßlichen Mutter, Groß-
und Schwiegermutter, Tante und Schwester
krau Lopliis lVIs^sr Wws
geb. Sieder,
besonders auch für die vielen BlumensMden und zahlreiche
Leichenbegleitung, sowie für die tröstenden Worte des Herrn
Stadtpfarrer Hönig am Grabe, unfern tiefgefühlten Dank aus.
Die tmimidr Familie Spinner.
Heidelberg, den 14. Oktober 1884.

III. ^VintorduII.
IvonMrt 6os Instrumental-Vereins kür die Mitglieder.
Uaslrendall.
Reunion.
Vie Vbenäe, an rveleken Vüeater-VuMürunZen, der. lebende
6iI6er stattünüen, verölen .sezveils besonders bekannt Fesseben ^verüen.
Ilie VerMKWM-kMimWioii.

Billig zu verkaufen gebrauchte Oefen; daselbst
wird ein gebrauchter Schraubstock zu kaufen ge- Zustande zu kaufen gesucht. Von wem, sagt die
sucht, Rohrbacherstraße 59, Schloff r-i._ " ' '
nicht Offizier gewesen wär, beruhigte ryn; er konnre
ja unter den bei Chateau Monterau gefallenen Hu¬
saren gewesen sein. Dennoch — der Offizier in
Metz hatte sich nach dem Führer der Patrouille
erkundigt, und der Korrespondent Didiers war
jener Führer. Sobald er wieder in Brüssel war,
wollte er sich Gewißheit verschaffen. Grunau hätte
ihm dieselbe geben können, aber mit ihm mochte
er nicht mehr zusammentreffen. Auch an Unger rich¬
tete er keine weiteren Fragen, um ihn nicht auf¬
merksam zu machen. Hatte der junge Weimar sich
Wirklich unter falschem Namen bei Didier einge¬
schlichen, dann sollten auch seine Freunde keine
Kenntnis davon erhalten, damit sie später ihm
nicht rachforschen konnten.
Das Hirn Garnier's durchkreuzten schon jetzt
tückische Pläne, die er nur mit Henri Didier be¬
sprechen konnte. „Sie find also auch kein Freund des
Advokaten?" fragte er nach einer Pause.
„Nichts weniger als das!" brummte der Ren¬
tier. „Er soh, daß Sie mit mir kamen, da wußte
er schon aus Rücksicht auf mich sich jeder beleidigen¬
den Aeuß rung enthalten."
„Und aus Rücksicht auf Sie habe ich mit der
Antwort zurückgehalten, die ihm gebührt hätte,"
erwiderte Garnier, aus dessen dunklen Augen die
Glut des Haffes loderte. Begegnet er mir noch
einmal, wird er nicht so gnädig wegkommen."
„Na, reden wir nicht mehr davon; wenn d.r
Krieg beendet ist, muß Alles vergessen sein, was
im Kriege geschah."
Unger sprach von etwas Anderem, und Garnier
ging bereitwillig darauf ein; auf Theobald und sein
Prozeß gegen dessen Vater kamen sie nicht mehr
zurück, — so blieb das Geheimnis noch vorläufig ge¬
wahrt. AIS sie eine Stunde spärer die Restauration
verießen, waren sie die besten Freunde geworden.
Eine nnangenehme Begegnung.
Leontine war fast zugleich mit Garnier in
ihrer Vaterstadt angekommen und bei phrcr An-
kunst auf dem Bahnhöfe von dem Bruder in Em-

Eme Badewanne für Erwachsene in gutem
Erved. d. Bl.
In der seyrbeichcldeuen, aber trautichcNÄjoh-
nung der Mutter fühlte sie sich bald wieder heimisch,
und der erste Tag wurde nur gegenseitigen Mit-
teilungen gewidmet.
Ferdinand verlangte gonaue Auskunft über den
Ueberfall. und Leontine mußte auf jedes ihrer
Worte achten, um nicht das Geheimnis Theobald's
zu verraten. Der Bruder bat sie dann, ihn am
nächsten Tage zum Recht? an walt Grunau zu be-
gleiten, und eingedenk der Bitte Theobald's, er-
klärte sie sich dazu b.reit.
Ihre Absicht, nach Brüssel zurückzukchren, wurde
von der Mutter mit Klagen und Vorwürfen aus-
genommen. Die alte Frau sah Wohl ein, daß
ihre eigenen bescheidenen Mittel >hr nicht gestalteten,
die Tochter bei sich zu behalten, aber sie meinte,
diese könne nun auch in ihrer Heimat, oder doch in
der Nähe eine Stelle finden.
Das eben wollte Leontine nicht, so lieb sie
die alte Frau hatte; auch ließ die Erinnerung an
Theobald ihr keine Ruhe; sie mußte nach Brüssel
zurück, wo der geliebte Freund aus ihren Beistand
rechnete.
Ja, sie liebte ihn, sie sagte es sich, so oft sie
au ihn dachte, und wußte auch, daß cs eine hoff-
nungslose Liehe war. Sie betrachtete sich als seine
Verbündete, bis seine Aufgabe gelöst war, dann
erst trennten ihre Wege sich wieder, und ihr blieb
nur das Bewußtsein einer guten That.
Sie beharrte bei ihrem Entschluß, den Ferdi-
nand ihres besseren Fortkommens wegen billigte,
und die alte Frau fügte sich iu das Unabänder-
liche, nur mußte Leontine geloben, einige Wochen
bei ihr zu bleiben.
Am anderen Tage gingen die K.schwister zu
Hubert, der über den Besuch s.hr erfreut war.
Leontine antwortete ihm auf seine Fragen
nach dem Freunde dasselbe, was sie ihrem Bruder
gesagt hatte, und knüpfte daran die Bitte, über
die früheren Schicksale Weimar's etwas Näheres
zu erfahren. __

Nr. 241._— - - - - - _,,
i 1884 8L
Sämtliche erschienenen Neuheiten in Dcrmen-WänteLn sind m größter Auswahl eingetroffen und zur gefl. Ansicht ausgestellt.
Auch in dieser Saison wird meine ganz besondere Aufmerksamkeit darauf gerichtet sein, nur das Allerneueste vom einfachsten bis zum elegantesten Genre bei
äußerst billigen Preisen zum Verkauf zu bringen.
Bestellungen nach Maß werden in bekamtte^, solider Weise prompt angefertigt.
—. Hauptstrasse 146,
iiu llauso Nos Herrn 8pitxor.
DM- Tricot-Haillen in allen Farben "von 5 Mark an. "MZ_

SS MN8SNIIL.
liViuter -VsrKLÜKUQAsn:
28. Oktodor: Lon^ort mit Restauration.
6. Vovomdor: I. >ViutordaII.
20. „ Oramatisodo VorlosunZ von krolossor 8trakosod.
11. OoMuidor: II. Mntordall.
15. llauuar:
2. IVdruar:
12.
26.

Werner Unger führte seinen Begleiter in eine
Bierhalle. Die großen Säle waren überfüllt; zur
Zeit der Mittagsstunde fand man in diesem stark
besuchten Lokal selten einen freien Stuhl. Endlich
entdeckte Unger in einem kleinen Seitenzimmer ein
Tischchen, an dem nur ein Herr saß, der den Ein-
tretenden den Rücken wandte; dort waren noch zwei
Stühle unbesetzt. Die Beiden schritten rasch darauf
zu, damit kein anderer Gast ihnen zuvor käme.
Der Rentier zog die Stirn kraus, als er Gru-
nau erkannte; aher es war kein anderer Platz
vorhanden.
Auch Garnier stutzte, als er den Husarenoffizier
erkannte, der ihm in Metz so feindlich begegnet war.
„Wie, Sie wagen es, hierher zu kommen?"
fragte Hubert in drohendem Tone, ohne von der
Uebrrraschung Unger'S Notiz zu nehmen.
„Wer will es mir verbieten?" erwiderte Gar-
nier. „Der Krieg ist zu Ende, Sie sind nicht mehr
in Uniform, und ich stehe nicht mehr in den Dien-
sten der französischen Regierung."
Hubert erbitterte die trotzige Ruhe Garnier's
nur noch mehr. „Jedem französischen Offizier,
der im Kampfe mir gegenüber gestanden hat, würde
ich ohne Zögern meine Hand reichen; Sie aber
dürfen auf ein solches Vergessen und Vergeben
keinen Anspruch machen."
„Parbleu, es ist wohl an uns, ob wir vergessen
und vergeben wollen," höhnte Garnier, in dessen
tückischen Augen nun auch der Zorn aufblitzte. „Im
Uebrigen bin ich belgischer Unterthan, und unser
Konsul wird mich zu schützen wissen."
„Na, na, halten Sie Frieden, meine Herren,"
mahnte Werner Unger. „Lassen Sie doch die
Kricgserinnerungen ruhen."
Hubert hatte sein Glas hastig ausgetrunken,
er erhob sich und nahm seinen Hut.
„Solche Erinnerungen vergißt man nicht,"
erwidert- er mit bebender Stimme, und abermals
heftete sich sein zornglühcnder Blick auf das Ant-
itz Garnier's, der mit scheinbarem Gleichmut den
 
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