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Heidelberger Anzeiger: unparteiische Tageszeitung für jedermann: Heidelberger Anzeiger: unparteiische Tageszeitung für jedermann — 1885

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Nr. 171 - Nr. 180 (25. Juli - 5. August)
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https://doi.org/10.11588/diglit.42544#0527

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Erſchelut täglih, Sonntags ausge-

Kommen, Preis wonatlich 20 Pfg.

Mmit dem Illuſtrlerten Unterhaltungs-

blatt 32 Bfg. — Wird in der ganzen

Stabt verteilt und an den Straßen-
ecken angeſchlagen.

— —


8

Alle Zufendungen werden Franlo
erbeten.

Für die Aufnahme von Anzeigen

an beftimmt vorgeſchriebenen Tagen

wird keine Verantwortlichleit Überr

nowwen.
Buchdruckereĩ und Expedition: Krämergaſſe Ar. t.
Nr. 178. Montag, den 3. Auguſt 1885.
S Frauen Verein Verſteigerung. [|Städt. Pfennig-Sparkafe Heidelberg. | Z o 1n
Monats-Sitzung. Der Cıtrag von 3 Birnbäumen witd| —S onpdeNn Defauft s + e e 0 + + ] 5811 Gtüg | 165,710 Ciüg

Freiwillige Fenerwehr.
Diejenigen Mitglieder unſeres Korp3, welche
den VIMN, Württ. Feuerwehrtag in Heilbronn be-
ſuchen woͤllen merden erfucht, ſich DienStag, den
4, AMuguft, abendSs S uhr zu näherer Be-
Ibrehung im Großen Faß einzufinden,
Der Berwaltungsrat: Yı Keffelbad.

Heidelberger Mililür⸗herein.

Die Kameraden werden nach $ 13 der Satzungen
zu einer
Auherorꝛentl. Geueral-Yerfammlung
für Kftg. Samstag, den 8S, Auguft 1885,
abeuds hakb 9 Uhr in die Konzerthalle berufen.
_ Tagesordnung t Beſchlußfaſſung über den
Eintritt des Heidelberger Militär-BereinzZ in den
Unter dem Proͤtecloral Seiner Koͤntglichen Hoheit
bdem Großherzog ſtehenden Badiſchen Militär-
— rı Sodt GGl
e Wichtigkeit der Sache erheiſcht vollzähliges
Exſcheiuen der Mitglieder.

Der Borftand,

Concordia-Kranken- und

Sterbekasse.
Die Mitglieder werden hiermit erfucht,
ſich Samstag, den 8. d. M., abends halb
9 Uhr, redht zahlreich im Gartenſaal des
remeneck einfinden zu wollen.
Tages· Ordnung:
Bericht-Erftattung über den Ablauf der
erſlen Haͤlfte des Rechnungsjahrs.
Beſprechung von Vereind-Angelegenheiten.
Der Vorſtand.

Niſc erſnn dnn ʒer

Schneider e. .

Heute abend 8 Uhr im Lokal zur alten
Hundtei. Beitrag-Erhebung, Bericht der
Abrechnung vom 2. Quartal, ſowie Bekannt-
Machung des Wahl Ergebniſſes und der An-
räge zur General⸗ Verſemmlung

Um zahlreiches Erſcheinen bittet

Der Vorſtand.

Bekanntmachung.
* VBertilgung der Blutlaus
etr.
Nach Anzetge der mit der Neberwachung
®& Blutlanuzvertilgung betrauten Kommijjfion (der
i‘ierre'n Qorenz Bauer und Midhael Sob) haben zwar
€ hiefigen Gartenbefiger, nicht aber auch die Iu-
über der Feldarundjtücke, die zur Bertilgung der
chädlichen Blutlauz nötigen Schritte gethan,

An die Gigentümer von Feldgrundkücken er-
baher die dringende Mahnung, das Berfäumte
ünerhalb 8 Tagen nachzuuholen, da nach Ablauf
iejer Friſt die Grundftüce von der erwähnten
Ie°mmtifion‚ welche auf Anfuchen die nötige Be-

ıng über die zwecknaßigſte Art der Bertilgung
ene erteilt, einer Rebifion unterzogen und etwaige
ülmige Befiger von ſolchen unnadhfichtlih zUr
NZeige gebracht und beſtraft werden müßten.
Heidelberg den 31. Juli 1885,
Das Bürgermeifteramt ;
Dr. Wilckens.



Webel.

7 Verfleigerung
— 4. Auguſt 1885,
—— morgens 9 Uhr

rde ich

Bergheimerſtraße 41 hier:
1 Sofa, 1 Chiffonnier, 1 Kommode, ein
Waſchtiſch mit Marmorplatte, ovale und
Leckige Tiſche, !a Otzd. Rohrſtuͤhle, ein
Schrank, Kuͤchenſchkank, Beitladen mit
Und ohne Roſt, Matratzen, Federbettung,
1 Spiegel.

Ferner:

1 Rarren, eine Wurſtſpritze, verſchiedene

Wurfiklöße, 4 Ständer und verſchiedenes
— — —
ffenllich gegen Barzahlung verſteigern.

Heidelderg, 31. Inli 1885.

Winter,

— WaijenridHter.

Cin gut erhaltener, größerer Raſſen-

IOranr zu faufen gefucht. Wo, fagt die
— —


Waͤhrend dem Monat Auguſt wird nicht
genäht werden

Ziegenfehafts -Verfieigerung.
Auf Antrag der Beteiligten und mit ober-
vormundſchaftlicher Genehmigung wird am
Mittwoch, den 5. Auguſft d. J./
nachmtttags 3 Uhr
in dem Geſchaftszimmer des Unterzeichneten
(in dem Haͤuſe Nöfter’8 Bank 2 Treppen
dahter), das im Mittelpunkt der hiefigen
Stadt, Auguſtinergaſſe 9 zwiſchen Univer-
fität und Mujeum frei gelegene, in gutem
Zuſtande befindliche —— beſtehend
au8 dreiſtbckigem, maſſiven Borderhaufe,
Nebenhaus und Hintergebäuden mit großen
Hofräumen, Einfahrtethor, eigenen laufen-
den Brunnen, Waſſerleitung in allen
Raͤumen, Badezimmer, Garten, Stallung,
Kemiſe, das Ganze 7 Ar 1 Mtr. Maß
Haltend, bffentlich verſteigert, wobet der
Zuſchlag erfolgt, wenn der Schůtzungopreiꝰ
mit 80,000 Mk.
oder mehr geboten wird.

Das gaunze Anweſen eignet ſich ver-
möge ſeiner großen Räume mit großen ge-
wölbten Kellern zu einem geſchaͤftlichen
Unternehmen und wird außerdem durch
anſehulichen Mietsertrag ſehr rentahel,

Die Bedingungen kfönnen bei Unter-
zeichnetem jederzeit eingeſehen werden.

Heidelberg, den 17. Juli 1885.

Großh. Notar:

A. Starck.

Fahrnis ⸗ Verſteigerung
Ini Auftrage werden die zum Nachlafje
der + Eliſabetha Blochmann Wive.,
Iugrunſtraße Nr. 4 hier gehbrigen Fahr-
niſſe am
Bieustag, den 4. Auguſt d. I
naͤchmittags Z Uhr
öffenklich gegen gleich bare Zahlung ver-
fteigert :
1 Sefretäx, 1 Chijffonnier, 1 Sofa, eine
Waͤſchkommode, Stühle, Tijdhe, Nacht-
tiſch, eine Kommode, 1 Fautenil, 1 voll-
jtändiges Bett, 1 Wajchtijch, Spiegel,
Bilder, 1 Kuͤchenſchrank, 2 Wanduhren,
Meißzeug, Kuͤchengeſchirr und fonſt ver-
ſchiedene Gegenſtäyde
A. W. Helwerth/
; Waiſenrichter.
Heidelberg, den 31. Juli 1885.

Wein Verſteigerung.

Im Auftrage verſteigert der Unter-
zeichnete die zum Nachlaſſe des verſtorbenen
Gaſtwiites Wilh. Buſſemer, Haupt-
jtzaße 127, hier geHörigen, nachſtehend ver-
zeiQneten Weine, dfjfentlih gegen gleich
bare Zahlung am


vormittags 9 Uhr
Bordeaux-, Bfälzger-, Moſelweine, ſowie
deulſche Schaͤumiweine, Punſcheſſenz in
Flaſchen.

Mittags? Uhr
Pfaͤlzer⸗I88ler, 83er und Söer, Bor-
deaux-, Markgraͤfler⸗ und Rotwein, zu-

jammen eirca 8800 Etr. im Faß und
Faͤßchen Cognak. Proben werden am
Verfteigerungstage verabreicht.
Heidelberg, den 3. Auguſt 1885.
A. W. Helwerth,
Waiſenrichter.

Mittag- und Abendtifd

für {fändige Abonnenten zu ermäßigten Preiſen.


naͤchſten Mittwoch, mittag 5 Uhr ver-
eigert. Zaſammenkunft Ecke der Römer-
und Kaiſerſtraße.

Hüfner, Ober Feldhuͤter

Auction
Oelgemälden

Hauptstrasse 162 (vormals Simon Reiss).
Dienstag, den 4. August d. J.,
5” nur ein Tag *M
vormittags 10'%2 Uhr beginnend

sollen die noch vorhandenen

132 Oelremälde,

um die Rüsktransportkosten zu vermeiden,
zum grössten Teile
ä tout prix

in öffentlicher Versteigerung meistbietend
verkauft werden.

Sämtliche Gemälde, worunter Werke
von Prof, L. Gedlek, Prof. Alb. Zimmer-
mann, Chevalier de à Corronelli, Prof,
Reiter, F.Kaulbach, Ehrmans, E.Hoed, |
Küpper, A. Riger ete. ete. sind von
heute ab zur allgemeinen Ansicht gegen ’
freien Eintritt ausgestellt.

J. Weiss,

Hauptstrasse Nr. 162,

liebtes Kind
Dietrich

entriſſen worden iſt.
Um ſtille Teilnahme bittet
Die trauernde Familie:
D, Müller, Criminal⸗Schutzmann.
Heidelberg, den 3. Auguſt 1885.

Bierbrauerei

empfiehlt :

feinstes Lagerbier

in Flaschen,

Heidelberger Bier
1„ Flaschen, per Dutzend Mk. 2.40

1 > » >5 132

2 »
Pilsener Brauart
1ı Flaschen, per Dutzend Mk. 3.—
2 » » > » 1.56
exel. Flaschen frei in’s Haus geliefert.
Verkaufsstellen bei
C. Maehler, Rohrbacherstrasse 16.
Gg. Hofmann, Bergheimerstrasse 15.
Mittelbadgasse 1




ſtets friſch zu haben bei

Friſchen Honig

von meiner eigenen Bienenzucht
empfehle.

¶. Garbrechl.
— — —

Neue Einlagebuͤcher ausgeſtellt

4l
656 At.

15,210 Mark,

Gingeleat durh Sparkarten &a 2 ME, 5
* 1

Heute Montag


Aufaug S Uhe.


‚ den 3. Auguſt

Militär⸗Kapelle.

Entree 30 Vłg.


Die Wirtſchaft iſt auf

einige Tage geſchloſſen.



Pilſener


Münchener


Kalte



Zeige meinen werten Kunden ergebenſt an,

daß die Grab-Arbeit het der Kanaliſirung beendet

und das Waͤſfer wieder ganz rein iſt.








Joseph Trilling.




empfiehlt zu den billigſten Preiſen:
Buchenſcheitholz I. Sorte, gemeſſen,

ditto 2 geſchaitten und
geſpalten,


Forlenſcheitholz I. Sorte, gelchnitten und
geſpalten.
Eichenſcheitholz I Sorte, gemeffen,
ditto I. geſchnitten und
geſpalten,




Nuhrſtückkohlen, Ruhrer gew.


tkohlen,Sinterfetiwüurfel-
fur amelik und andere Füllbfen. Prima ©
zuchene Holzkohlen, Lohtuchen und


Rohlſcheider Sinterſtuck-
Authracitkohlen
ascoats, Braunutohſen Briquettes,
tanınen Aufeuerholz in Drahigebinden.

Angekommen die erwarteten Porz

enan:Waren, befte Qualität, worunter


zu halben Preiſen.

L. Münnich, Schiffgaſe Nr. 3.




Das Doktorhaus.

Roman von Adolf Mügßelburg,
(50. Fortſetzung)
Es trat eine Pauſe ein. Die Luft im Zimmer
* zZum Grftiden, der Donner grollte in der Ferne.
OTA Harfer Ton, wie wenn man auf eine Elocke
quf“ßt‚ zitterte darch die Schwille, Der Fürft HorYte
hi, Derfelbe Ton wiederholle ſich [Hırell einige Male
Ceinander,
* „Nun, was will denn der Alte? ſagte der Fürft.
“QB muß wichtig fein.” Und er berührte den
Opf einer Klingel,
ß ofort tirat der alte Lorenz ein mit einem
Wert in der Hand.
mi‚\.bngb‚ringenb‚ fehr dringend/ Durchlaucht, ſonſt
e ich nicht gewagt haben — “
— gut. — BVerzeihen Sie einen Augenblick
X Aıno,“ Und er las.
Tanı Ctivas, wie ein unterbrücter Ruf oder Stöhnen,
Über feine Lippen, e& MNang wie Erleichterung.
„Cndlih Luft] Luft!“ rief er.
* 2 in dem Augenblick brach auch draußen
zu b‚turm 108, Die Fenfterflüigel flogen auf und
8 5 Wetter-RNouleaur flatterten wie Segel Lorenz
zte nad) den Fenftern, um Drdnung zu ſchaffen.
Bobe „Endlich,“ wiederholte der Fürf und feine ganze
al Seftalt richtete fich auf und firecte fich, gleichfam,
— er wieder zum Leben. Leſen Sie, Herr
8 ı das macdht aller Not ein Ende. E3 ift eine
© 7 meinem Freunde, dem Grafen Arlesberg.
ul 1as;
fietet{'&er’“ Hugo, der Krieg ift ertlärt. Wir mobili-
1obays und riücken in den nächften Tagen aus, Komm
Deute al8 möglich. Offizielle Nachricht erhältſt Du
Jind Noch. Ke eher Du hier bift, Defto befjer. Wir
Alle außer Rand und Band.“ Dein Karl.
zur — rief der Fuͤrſt dem Diener zu. Alles
M em?‚“fe fertig machen. €8 geht in’8 Feld, der Krieg
Mit pa il I0 reite Heute abend noch nach W., um
— Nachtzuge zu fahren. Mein Gepäd fönnt Jhr
Nach[Hiden. — Das kommt zur rechten Zeit.“

„Durchlaucht, i wünfhe Jhnen Chre und Ruhm
in den ſchweren Tagen, die uns bevorftehen. Kehren
Sie glüclih zurücß und vergeffen Sie waͤhrend der
Aufregungen, die Sie bald umgeben werbden, Das,
was heute hier geſprochen!

Raul’s Stimme klang bewegt, der Fürſt reichte
ihm die Hand.

Ich danke Ihnen! ſagte er mit einem trüben
Qächeln. „Bergeffen wird nicht gut möglich ſein,
doͤch — weg damit. Sind Sie auch Soldat?“

„Nein, Durdhlaucdht. In dem kleinen Staate,
in dem ich erzogen binr, gab e8 keine allgemeine
Wehrpflicht. Mein Adoptivvater kanfte mich frei,
damit ich meine Studien nicht zu unterbrechen hätte,
Kebt thut e8 mir leib, ich zöge gern mit, Vicheich
fann ich nich auf andere Weije nützlich madhen.”

„Recht j0,“ rief der Fürft. Adien denn, ich ſehe
Sie noch ganz beftimmt. IGH fomme zu Ihnen,
Herr Urno. Treife i Sie Nadmittag ?*

Ich bleibe zu Haufe, aber — *

„Sein Aber, ich fomme. Doch in dieſen Wetter
duͤrfel Sie nicht gehen. Hören Sie den Sturm 7“

„D, i kenne anderes Wetter,“ antwortete Paul
ruhig. Es vegnet ja nicht einmal — ein wenig Wind.“

Der Fürft reichte Ynı nochmals die Hand und
geleitete ihır bis über die Zhlir hinaus. Dann Tehrte
er in {ein Zimmer zurück und drücte die Hände vor
die glühende Stirn.

s iſt fo, e8 ift {o,“ ſagte der Furſt vor ſich
hin. „AUrno weiß Ales aber er will e8 nicht wiljen.
MNber ich, ih muß hinab, wenn auch nur mit meinen
Gedankfen. Mir ift das Leben vergiftet, für immer,
KNun, o Gott will, auf nicht zu lange Beit, &8
wird eine tolle Jagd werden dort am Rhein. Ie
toller, je beſſer.“

Paul war der Erfte, der die Naͤchricht von der
Kriegserflärung in die „Wilde Zaube“ brachte, die
dadurch in nicht geringe Aufregung geriet. Herr
Riedel jammerte; das Sommergefchäft war nun,
wie er wohl nidht mit Unrecht behauptete, verloren,

Die Säfte, die ſich ſchon in beträchtlicher Anzahl aus


lands eingefunden hatten, ſprachen von jofortiger
Nboreife. Die Männer machten ernfte Sefichter ; die
Frauen, die Söhne bei der Armee hHatten, zerdrlicten
heimliche Thränen. Sine tiefe Berfiörung war mitten
in den fommerlidhen Frieden Hineingefahren, In-
zwifchen mußte die Nachricht auch ſchon im Städtchen
befannt gewoͤrden fein. Man ſah die Leutein Gruppen
auf der Straße ftehen, die Offtziere der Heinen Sar
nifon ſchritten vor der Wache auf dem Marktplage
hin und her — man konnte das Alle8 von der
Wilden Taube? aus deutlich ſehen und nun kam
auch die Poft mit dem Srirablatt, das Alles be-
{tätigte. Ein Zweifel war nicht mehr möglic.

aul dachte nicht mehr ans Schlafen. Cr
fühlte noch eine eigentümliche nervöſe Abipannung,
aber zu ſchlafen Hätte er doch nicht vermocht. Er
{prad) mit Diejem oder Jenem, dazwiſchen ſchweiften
ſeine Gedanken immer wieder zu der Unterredung
mit dem Fürften zurüc. Hatte er auch nicht zu viel
gefagt? Und was hatte der Fürft von dem Grafen Mane-
feld erfahren? Immer feſter ſetzte ſich in Pauls Seele
der Gedaͤnke fejt, in Zukunft hHartnädig zu ſchweigen,
jede Verbindung mit der Anzeige des ODr. Engelmann
abzuleugnen, zu thım, als ob er ſich geitrt. Er
wußte ja genug, um zufrieden zu fein. Yır wenn
Paul beharılich ſchwieg Fonnte der Fürſt in Un-
gewißheit erhalten werden und mußte zulegt glauben,
e8 liege ein Irrtum vor, mochte Yın nın auch Mane-
feld viel oder wenig gefagt Haben. Iraute doch
ohnehin der Fürſt dem Srafen nicht

Der Sturm Hatte bald nachgelaffen, das Gewitter
grollte in der Ferne, nach der Segend von Manefeld
zu. Paul ſtand noch vor der Lhuͤr und {prad mit
einem GSafte, als Rodolfsberg die Chauffee herauf-
geſprengt fam.

Ich kann e8 nicht aushalten,“ rief er dem
Freunde ſchon von weitem zu, „Ife8 richtig? Il
der Krieg erflärt?“”

aul nickte ihm zu und half ihm bein Abfteigen.

„Nun, dann willich Alles heule noch in Ordnung
bringen,“ ſagte der Baron.

„Bei meiner Entlaſſung wurde mir bewilligt,
daß ich jeder Zeit mit deiſelhen Range wieder ein-
trelen fönne und die Gelegenheit, dem Übermütigen
Franzmann einen Denfkzettel zu geben, wird wohl
fein Deutjher voruͤbergehen lafjen, der mit der Walfe
Beſcheid weiß. E3 thıt mir leid, lieber Freund,
daß wir nicht zujammen nach Paris reiten fönnen.“

Der ernite Mann war heute Iuftig und guter
Dinge. Paul bemerkte wohl, daß ein geheimer Schmerz
dahinter verborgen war, aber er Hütete fih, an die
Wunde zu rühren. Sie ſpeiſten zufammen und der
ganze Saal erdröhnte von Jubel und Gläſerklingen,
al8s Rodolfaberg den Toaſt ausbrachte auf „den
erſten Sieg der deutſchen Waffen.“ Die Offiziere,
die ſich jonft immer etwas erkluſiv zeigten, ſchüttelten
heule jedem Civiliften die Hand — fie filditen, daß
fie Alie zu einer Familie gehörten.

Die Stunden vergingen ſchnell in aufregendem
GSelpräc, im Austaufdh von Bermutungen, Plänen,
Hoffnungen und Befürchtungen Ungefähr um fünf
Uhr erfchien auch Herr v. Staudinger. Sein Sejicht
war geröteter als je und er ſah ſehr unwirſch aus,
Cr ſetzie fiH an einen Tijh, zu einigen Offizieren
und ſprach ſehr wenig.

Bald darauf hoͤrte man helles Rufen, Der
Fürſt in voller Uniform, "aber in der Feldmütze,
fam in furzem Trabe vom Schloß Her geritten, Die
aufregende Nachricht hatte die Feffeln Dder Ctiquette
gefprengt. Man grüßte ihn enthuͤßeſtiſch und rief
ihm zu. Alles erhob ſich von den Pläßen.

„Sott mit Khnen, Durchlaucht, Adieu. Leben
Sie wohl! Kehren Sie glüclih zurück!“ tönte es
von allen Seiten. Die Frauen wehten mit den
Tüchern, die Herren ſchwenkten die Hlite.

Cr fah ſehr ſtattlich auS, der hohe Fräftige
Mann auf dem praͤchtigen Rappen, wie ein Kriegs-
gott. Freundlich dankte er, aber der Untergrund jeiner
Stimmung war fehr ernft, das fah man wohl.

„Sft e8 nicht, al ob er gealtert hHätte? E3
{Geint ihn doch ſehr zu erregen? Man ſollte meinen,



T. Eruft Aupprecht

SIn gemefjener Entfernung folgten ihın ein Reitz
fnecht und ein Diener, der einen großen Mantelſack
hinter ſich aufs Pferd geſchnallt hHatte. Der Zürft
blicte fich um und winkte dann Herın Riedel. Paul,
der die Abficht des Fürſten ahnte und dem das
Herz ſchneller fhlug, trat auZ dem Sarten, in dem
er fich gerade befand, hervor.

Der Fürft ſprach einige Worte zUu Heren Riedel,
der naͤch dem Sarten geftüirzt kam.

Herr Profeſſor —

Baul ging ſchon auf den Fürften zu, der, ernft
geüßend, fajt mit einer gewiſſen Feierlichkeit die Mütze
berührte.

Verzeihen Sie, lieber Herr Arno,? ſagte er,
ich hörte, daß Sie im Garten feien. E€8 würde
vielleicht Auffehen erregen, wenn wir auf Ihr Zimmer
gingen. Kommen Sie einige Schritte weiter.“

Er behielt Paul’3 Hand in der feinigen. AlS
ſle weit aus Hörweite waren, ſagte er hHaftig : „I
hHabe nur wenige Worte mit Ihnen zu ſprechen Sie
werden von mir hHören. IO ſchreibe auf Jeden Fall
einige Zeilen für Sie nieder. Komme ich nicht zurüc
und das iſt ja ziemlich fiher, nun, ſo handeln Sie
ganz nad) Fhrimn Ermeſſen. Komme ich zurück,
nun, dann verfiändigen wir uns — vder vielmehr,
Sie verftändigen ſich mit mir, wie es ſich für Sie
geziemt. Leben Sie wohl!“

„Sott fei mit Jhnen,“ fagte Baul, ihın treu
und ernft in die Augen blidend. Der Furſt wandte
einen Moment das Geſicht ab, dann reichte er ihm
wieder die Hand. Es war ein ſtarker, fefter, inniger
Händedruck. NochH einmal blickten fie ſich in die
Augen. Dann ritt der Fürß weiter. Paufl, ſeiner Be-
wegung faum Herr, ging langſan auf das Haus zu.

@8 war eine Scene, die ale Soldenburger
iaufß höchſte erregte. Was hatte der Fürſt noch im
lebten Moment eineS ſo eriften ScheidenS mit dem
fremden Maler, der ihm ſo feltfam ähnlich {ah, 3zu
ſvrechen? SS fonnte kein Zweifel jein, zwiſchen.
‘ diefen Beiden beſtanden Beziehungen, von denen man
* pisher nur einen geringen Zeil geahnt hatte.
(Fortjepung folgt.)
 
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