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Heidelberger Anzeiger: unparteiische Tageszeitung für jedermann: Heidelberger Anzeiger: unparteiische Tageszeitung für jedermann — 1885

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Nr. 211 - Nr. 220 (10. September - 21. September)
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https://doi.org/10.11588/diglit.42544#0611

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Erigetnt fäglih, Sonntags ausge-

Kommen. Preis monatlich 20 Wg

auit bem Illuſtrierten UnterhaliungSe

blatt 32 fg, — Wirh In der ganzen

Etabt vertellt und an den Straßen-
ecken angeſchlagen.

— — — —

Alle Zuſendungen werden fraute
erbeten.

Für die Aufnahuie von Anzeigen

an beſtinut vorgeſchriehenen Tagen

wird lelne Verantwortlichkeit uber-





Ar 212.

— — Iluftriertes
Nuterhaltungsblatt.

Heidelberger Fchühen⸗herein.
\ — Sonntag, den 13. d. M.,

nachmittags 3 Uhr, wird die
Na zur Feier des 25jährigen
Hubildum8 von den Frauen der Schüßen
Heidelberg8 geſtiftete Ehrenſcheibe, nebſt
den von ihnen geſtifteten Ehrenpreiſen
herausgeſchoſſen.
Hierzu ladet im Auftrag der Damen
ſamtlichẽ Vereinsmitglieder freundlichſt ein
Der Vorſtand.

Central-Kranken- und Sterbekaffe
der Cifdler ett. (E, 4.

Samstag, den 12. September, abends
halb 9 Uhr in der Hormuthei Beitrag-
erhebung. Die Mitglieder, welche 6 Wochen
und länger mit ihren Beiträͤgen im Ruͤck-
ſtande ſind, werden aufgefordert, dieſelben
zu entrichten, indem laut S 6, Abſatz a.
ſämtliche fäumigen Mitglieder ausgeſchloſſen

werden
Die Ortsverwaltung.

Ich bin von meiner
Reise zurückgekehrt und
habe meine Praxis wie-
der übernommen.

* Dr. Nebel.
Bekanntmachung.

Die Erneuerungs⸗ und Erſatzwahlen
zur zweiten Ständekamwer betr.

Die Waͤhlerliſten fuͤr die Wahl der
Wahlmaͤnner zur Wahl eines Abgeordneten
des 48. Wahlbezirla (Stadt Heidelberg in
die IL, Kamnier der Staͤndeverſammlung ſind
aufgeſtellt und liegen während 8 Tagen,
d. vom 7. bi8 mit 14. d8. Vis zu jeder-
mauns Einficht in dem Zimmer Nr. 9 im
2. Stock des Rathauſes offen.

Innerhalb derſelben Friſt koͤnnen Ein-
rachen mit ſofortiger Bezeichnung der
Beweismittel bei uns vorgetragen werden,
paͤhrend ſpaͤtere Einwendungen nicht mehr
beruͤckfichtigt werden duͤrfen!

Heidelberg, den 3. September 1885.

Der Stadtrat: ;

Dr. Wilckens.

Kaufmanıt.

7 Bekanntmachung.

Die Vergebung der Srirägniffe
aus den Gügel-Cajet’jhen Stiftun-
gen in Heidelberg Detr.

Aus den Stiftungen der Anna Sara
Öligel und der Kaͤthaͤrina Gertrude Cajet
find auf den 28. Oklober d. X. die Zinjen
„an einen bebüxftigen, aber ehrbaren und
tüctigen Sohn eines hieſigen refor-
mierten Bürger8“ zu vergeben, welcher
ſch ausfchließli dem Studium der Theo-
Dgle an einer Unibverfität widmet.
Die Zinjen aus der Cajet’jhen Stiftung
ürfen auch an den Sohn eines reformierten
bfälzer (alſo nicht gerade Heidelberger)

ürgers vergeben werden

Wir laden nun diejenigen Studieren
den, welche hiernach Anfpruc auf Beruͤck-
lichtigung Eet der Stipendien=Vergebung
zu haben glauben, Hiermit ein, ihte des
Talfigen Gefuche unter Anjchluß ihrer Zeug-
Mijje innerhalb vierzehn Tagen bei uns
einzureichen.

Heidelberg, den 10 September 1885.

Der Stadtrat:

Dr. Wilckens.

— — — — —— —
Das Doktorhaus
(62. Fortſetzung)

Sie waren auf dem Wege, den Paul damals
Vhanden, als er Roſa Manefeld und ſpäter den
Urften und Bertha Gunod traf. Rodolfsberg wollte
U her Hülfte desfelben umfehren. Aber Paul
Tängte ihn weiter, €& war ihm, alS müffe fich
Ort oben, auf der Stelle auf der er die Gräfin
Dja getroffen, wieder etwas Erfreuliches ereignen.
Suf KRodolfsbergs Gedanken eingehend, mit ihm die
Uunft befprechend, z0g er den Freund mit fich fort.
Ö Und wahrlich — al8s fie aus dem jungen Nadel-
Ü?Iä heraustraten auf den Plab, mo man Schloß
und die Ausläufer des Gebirges und die
gecne im Norden überfehauen fann, — da ſahen
8 auf der Bank die beiden Schweitern, die fich
%m‘a?cf)t und errbtend erhoben. Mehr als zehn
Onate waren vergangen, daß fie ſich nicht gejehen.
ms Rodolfsberg eilte zu Helene, ergriff ihre Hand
ND Füßte fie. Bald Hatten fie fich ein wenig entfernt
Md gingen den Waldweg Hinein, aus dem damals
* Hlr mit Bertha SGunod herausgetreten war.
Aul hatte die Komtefje Noja gebeten, fich zu ſetzen
ND fie war dieſer Aufforderung nachgekommen.
N „ IO habe Ihnen noch immer nicht die Photo-
N üphie meiner Sfizze von Manefeld gefendet,“ Jagte
%‘IUI‚ ein wenig vermwirrt, denn das tiefe Exröten
9a8 bei feinem Anbli Hatte fjein Herz ſchueller



d

g”f}gen Jaljen. Aber Sie entſchuldigen mich gewiß,
u“tgfibn.t @8 liegt ja [o viel ziviſchen jenem Tage
eu *

* „30, viel,“ fagte Rofa und ihre ſchönen Augen
en fich. „Den Mann, den wir damals in voller
i{)mft und Rüftigkeit vor uns fahen — Sie haben
* bor Kurzem zu ſeiner letzten Ruheſtätte geleitet.
e? er fjet im Ihren Armen geftorben, in
11Ch.”
eb „Wenn nicht in meinen Armen, doch vor mir,
jem nm mir,“ antwortete Baul ernft. Und auch
* — die uns damals hier auf derſelben Stelle
genüber ftand, hHörte fein lektes Athmen,“
„Wo iſt ſie? Haben Sie von ihr gehoͤrt?“

Freitag, den 11, September

Aufruf.

In kurzer Zeit wird die Vermählung Sr. Königl. Hoheit des Erhgroßhexzogs
und der Durchl. Prinzejfin Hilda von Naſfau ſtattfinden. Alles rüftet HO, um durch
irgend eine Gabe dem Hohen Paare, unſerem künftigen Fuͤrſtenpaare, Liebe und Teil-
naͤhme huldigend zu bezeugen Wohl wird unſere Stadtgemeinde als ſolche ſich an
der Gabe der Staͤdte unſeres Landes beteiligen; aber doch wuͤrde mancher Bewohner
gerne ein Scherflein beiſteuern, um perſönlich ſeinem Gefuͤhle Ausdruck zu gehen.

Der Fraͤuen · Verein wagt es nun, vor aͤllem im Gefuͤhle herzlicher Berpflichtung
gegen ſeine erhabene Schuͤtzerin, die ſicher von dieſer Feier tiefberührt iſt, um ſolche
Gaͤben zu bitten und die8 um ſo mehr als dieſe Gaben, die wir dem exlauchten
Paare zu allerhoͤchſter Verfügung in die Hand legen, zu einem dem ganzen Lande zu
Gute kommenden gemeinnübigen Zwecke des Badiſchen Frauen Vereins beſtimmt
werden ſollen, um damit das Zeſt der Vermaͤhlung der Koͤnigl. Hoheiten zu einem
bleibenden Gedenktag des Segens in unſerem Vereinsleben zu geſtalten! In dieſem
Sinne ſoll auch unjere Gabe Verwendung finden. Gewiß legt damit die kuͤnftige
Fürſtin/ in die Jußtapfen unſerer erhabenen Frau Großherzogin tretend, den Grundſtein
einer gleich wuͤrdigen und geſegneten Zukunft.

Wir zweifeln nun nichi und der biaherige Erfolg beſtätigt in erfreulicher Weiſe
unſere Annaͤhme, daß im Hinblick auf dieſen finnigen Doppelzweck auch unſer Heidel
berg nicht zurüchbleiben und gerne wie immer in die Vorderreihe edler Liebesthaͤtigkeit
trelen und damit zugleich unſerem erhabenen Fürſtenhauſe einen Huldigungsgruß
bringen wird. Wir ditten darum, die Sammlungen auch weiterhin freundlich auf-

Höhere Mädch

D Anmeldungen zum Eintritt in die Schule nimmt der Unterzeichnete Montag,
den 14. September, zwiſchen 8 und 10 Uhr vormittags entgegen. Die Prüfung der
neu eintretenden Schuͤlerinnen findet an demſelben Tage um 10 Uhr ſtatt.

) Alle Schuͤlerinnen haben ſich Dienstag, den 15. September, vormittags 10 Uhr
in ihren Klaſſenzimmern einzufinden.

Großh. Direktion:

D. A 'Chorbecke.

Heidelbera, den. 10 September 1885.

Harmonie.

Samstag, den 12. September
Tanz-Unterhaltung.

Anfang 8 Uhr.
Zie Hallilireſifion.

F. Krönlein’s


nehmen und unterſtuͤtzen zu wollen.
Heidelberg, im Auguſt 1885.


Cath.




Gymnasial- und

Anlage


Real-Vorschule
Nr. 30.

Anmeldungen

von 25 Bouteillen an.




ganzen Flafde BO Pig, und der halben 20 o
eb 8!&?!« — in Baden, *

Bändern In Räe.x\.
Die Keferung des Stein-
Materials

zu den Rhetubauten im Bezirke des
unterfertigten Auites, d. i von der elſaſſiſch-
bayeriſchen bis bayeriſch⸗ heſſiſchen Grenze
für die Jahre 1886 mit 1889, wird auf
dem Wege der allgemeinen ſchriftlichen
Submijfion vergeben und liegen Bedin-
gungen und Loseinteilung von hente an in
der Anitskanzlei dahier zur Einſicht auf,
woſelbſt auch Subimiſſionsfarmulare in
Empfang zu nehmen ſind. Die Angebote
muͤſſen derſchloſſen bis Iänaltens
Samstag, den 10. Ottober 1885,
vormittags 10 Uhr
eingelaufen ſein, zu welcher Zeit die Sub-
miffions⸗ Erbffnung ſtattfindet.
Speyer, den 9. September 1885.

Königl, Straßen- und kluſjbauamt
Reverdy.

Wiederholte

Litgeuſthufts⸗Verſteigerung.

Nachdem in heuliger Tagfahrt der
Schätzungoͤprels nicht geboten worden iſt
wird da3 in Nr, 187 d. BL näher beſchriebene,
der Chefrau des Schloſſermeiſters Philipp
Walz/ Louiſe geb. Kraufz und der
entmünbigten Babette Krauß hier, ge-
meinſchaftlich gehörige Wohnhaus, Buſſemer-
gaſſe 11 biex, am
Dienstag, 22. September 1885,

inittaas? Uhr

im hieſigen Rathaus wiederholt verſteigert
und vorbehaltlich der Genehmigung der
Beteiligten und bezw. deren Vertreter,
ſowie der Obervormundſchafts⸗ Behoͤrde zu-
geſchlagen, wenn mit dem hbchſten Gebot
der Schaͤtzungspreis von M 9000.— auch
nicht erreicht wird.

Heidelberg, den 7. September 1885.

Winter,
Waiſenrichter.

Zır verkaufen ein gut erhaltenes Minderbetts
— ——— —

Wiederholte

Rochdem fuͤr die den Erben des Biex
brauers Jakob Majer von hiex unab
geteilt gemeinſchaftlich gehörige, in Nr. 187

bergftzaße 11(Majer’3Bierkellex)in heutigem
Termin der Anſchlag von M 60,000.— |
nicht geboten worden iſt, wird ſolche am
DiensStag, 22. September 1885,
mittags 3 Uhr
im hieſigen Rathans einer nochmaligen
Verſteigerung ausgeſetzt, wobei, vorbehalt-
lich der Genehmigung der Beteiligten und der
Obervormundſchaͤfts Behorde der Zuſchlag
erteilt wird, wenn der Schätzungspreis auch
nicht erreicht werden ſollte.
Heidelberg, den 7 September 1885.
Winter,
Waijenrigter,

Reichskrone.
Morgen Samstag
wird geſchlachtet.

Morgens Wellfleiſch, abends
haus gemachte Burſt und

Zauerkraut.
Brachetto.

Goldener Auker

Exerzierplatz
empfiehlt Welßweine von 15 Pfag. ab
per !4 Ltr., Pfälzer: u. Rheinweine;
in Flaſchen und Gebinden entſprechender
Rabatt; ſowie prima Heidelberger
Attien⸗Bier (vorm. Kleinlein.)
Hofmann.

Kaffee, Mittag- und Abend-Cild,

Auguſtinergaſſe 1.
Zu verkaufen

ein Tafel⸗ eiavier von Lipp, gut erhalten, Lud-
wiasplatz Nr, 16.






es Cott dem Allmächtigen gefallen

hat, unſern lieben unvergeßlichen






Dies ſtatt beſonderer Anzeige.


framioh

ner-Drün,



Möbel- und Tapezier-Geschäft von


(Gegründet 1855.)

— —



Gegenſtaͤnde denken zu wollen.

Iriedr. Aug.
—— —

Zuanfen gefucht ein großer Gau!ovf-l


Hochachtend

Grün, Hauptſtr. 100.

2

hoͤchſten reis

Aſtes Zinn tauft zum
Meikler, Sandaafſe B,

2 chrichen
Sie ift nach Stalien gereift. Sie ſchrieh mir, daß
fie. nicht vergeffen füönne und nicht vergefjen
wolle, vaß fie ihr Geſchick dem Himmel anheimftelle.
Sie hat den Todten wahrhaft und aufrichtig geliebt.“
Ich glaube e85,“ fagte Roja leiſe und ihr
Nuge wurde feucht. „Wie Fommt eS, Herr Arno,
daß der Fürft in Bezug auf Sie ſo ganz bejonders
auszeichnende Beftimmungen in ſeinem Teſtament
feſtgeſebt Hat? Waren Sie denn ſo innig befreundet?
?amalß ſchien e& mir, al3 ob fie einander fremd
eten.“

„Darüber, verehrte Sräfin, darf ich nicht ſpre-
chen,“ antwortete Paul ernft. Doch ich habe ganz
vergeſſen wie gehtes Ihrem Herrn Vater? Erinnert
er ſich meiner noch und darf ich ihm vielleicht einınal
einen Beſuch abftatten 3“

Die Maren. Augen der jungen Sräfin richteten
ſich voll und fragend auf Baul.

Nehnen Sie Intereſſe an meinen Vaͤter?“
fragte fie.

„Sewiß,” antwortete Paul lebhaft.

„Dann fann ich Ihnen nur erwidern, daß es
meinem Vater nicht gut geht,“ fagte Roſa traurig.
Wahrſcheinlich wiſſen Sie, daß er ein Gegner
LreußenS ift. Die Sreignifje des lepten Zahres
haben feinen Geiſt erjhüttert. Das, was er für
unmöglich Hhielt, iſt geſchehen! Der Staat, den er
vor Allem Haßt, iſt triumphierend aus dieſem Kampf
hervorgegangen. Ich fürchte -— ich fürchte — flgte
ſie leije hinzu ımd legte die Hand vor die Augen
— bie Enttäufgung hat einen entſcheidenden und
unfeligen Einfluß auf ſein SGemüt und ſeinen VBer-
{tand gelibt. Wir verſtehen ihn nicht mehr. . Er
ſpricht zuweilen Dinge, die un ſo fremd ſind — “

Ihre Stimme war weich geworden.

Ich bitte, ich beſchwore Sie, entfernen Sie
dieſe traurigen Gedanfen,“ rief Paul. „Ihr Vater
wird das üherwinden!

‘ „D, ich weiß nicht e& iſt auch noch Anderes,
das ihn beſchaͤftigt das ihın keine Ruhe 1äßt,“ ſagte
Koja. „Ih fpreche zu Inen, — i weiß nicht
we8halb — wie zu einem Freunde. Ich habe gehört,

. Ragte Roſfa.

daß er, wenn er ruhelo3 in ſeinem Zimmer auf

und ab geht, audh Ihrem Namen nennt. Haben
Sie denn Herr Arno, Jemals Beziehungen zu meinem
Vater gehabt ?“ }

Sie erhob den Kopf, den fie geſenkt hatte und
blickte ihn wieder voll und treuherzig an.

„Sa,“ antmwortete Paul ruhig. „AWber ich kann
und darf Ihnen nichts Näheres jagen, ſo wenig,
wie uͤber meine Beziehungen zum Fürſten Golden-
burg. — Muß ih min aus alledem entnehmen,
meine verehrte SGräfin, daß Ihr Herr Bater über-
haupt nicht zu fprechen ſei?

„DO nein, das nicht,“ rief Roja. Er iſt immer
noch der entſchloſſene eigenwillige herriſche Mann,
der Jedermann zur Rede ſteht! Er wird Sie gewiß
empfangen, er geht wenig aus — in der Woche
vielleicht ein oder zwei Mal reitet er auf ſeine Gliter,
Möchten Sie ihn |prechen ?“

„Sa,“ erwiderte Paul. „IH werde mir erlauben,
ſchon morgen einen Beſuch in Manefeld abzuftatten.“

„Dann werden wir Sie alſo offiziell jehen,”
ſagte Roſa mit ihrer früheren Unbefangenheit. „Die
Heutige Zufammenfunft dürfte wohl beffer mit Schwei-
gen Üübergangen werden. — Doch da kommen Ro-
dolfsberg und Helene, E3 ift auch hohe Zeit, daß
wir gehen.“

Helenens Augen waren feucht und doch ſtrahlte
ihr Geſicht vor inniger Frende Zum erften Mal
füßte fie beim Abſchied Rodolfsberg

Was auch geſchehen möge, ich folge Deinem
Rufe,“ ſagte ſie.

„Wenn wir Sie wiederſehen haben Sie uns
noch ſehr viel zu erzählen,“ fagte Roja, Paul die
kleine Hand reichend. Sie muͤſſen viel im Kriege
erlebt haben, Heute habe ich eigentlich gar nichts
recht Huͤbſches und Intereſſantes von Ihnen gehött.“

@8 ging Paul warm durchs Herz, als ſie ihn
dabei ſo ſchelmiſch anblidte. Er Hipte ihre Hand,
die ſie ihm nur langſam entzog. Dann gingen die
Damen den Berg Hinab dem Schloſſe zu und Paul
und der Baron kehrten nach Markſtein zurüc.

+ ®

|

Paul hatte Rodolfsberg nichts von ſeinem Be-
ſuche bei dem Grafen Manefeld gejagt. Er hatte

Ofen. Heumarkt 6,

— —

benußen fönne und die Frage war, wie immer, be:l
jahend beantwortet worden. So ritt er denn um
elf Nhr Morgens hinüber nach Manefeld.

Wohl erinnerte er fich jenes Tages, an weldhem
er im vergangenen Jahr diefen Weg halb wahn-
finnig zurücfprengte, al8 der Graf ihm gelagt, er
jet der Sohn des Fürften und einer Amts[Hreiber-
frau. Wie oft Hatte er daran gedacht, was Fürſt
Hugo gelitten Haben müffe, als ſich ihm dencher
zeugung aufdrängte, er {ei dieſes Kind. FZür in
mußte ja diefer SGedanke noch qualvoller fein, als
für jeden andern Menſchen. Ia, Manefelds Mit-
teilung halte den Fürften in den Zod getrieben. Paul
Hurchblicte jeßt Mar den Zujammenhang.

Sn Manefeld angefommen, ließ er fich [ofort
bei dem Grafen melden, der, wie er Hörte, zu Haufe
jei, Sr wuͤrde angenommen. Von einem Valkon
au8 grüßten ihn 3zwei freundliche Sefichter — er
nahm e8 al8 gute Borbedeutung, daß er die beiden
Schweftern vorher gefehen und trat nach einigen
Minuten in das Zimmer des Grafen.

Faͤſt beftürzt blieb Paul ftehen, als fih der
Sraf vor ihm aus feinem Seſſel aufrichtete. Das
war nicht der Manefeld des vorigen Yahres, der
jein Alter mit bewundernswerter Slaftizität trug,
das war ein Greis im vollſten Sinne des Wortes,
hHinfällig, mit gefrümmtem Rücken, faſt erloſchenen
Augen. Sollte Baul dieſem Greiſe gegenüber, in der
{Hroffen Weife vorgehen, die er dem Manne gegenüber,
den er von früher lannte, für nötig gehalten Hatte,
Er zögerte.

„Herr Aıno Bekanntſchaft vom vorigen
SKabhre, nicht wahr fragte der Graf. Bitte Platz
zu nehmen. Was fuͤhrt Sie zu mir ?“

Nicht in den Worten — im Tone lag etwas,
das Baul fofort reizte. Diefer Mann that wirklich-
al8 beherr{chte er die Verhältniffe und wolle jeden
Andern nur fo weit an ſich herankammen laffen,
als ihm dies recht fei. Die Art, wie er Paul empfing,
war faſt beleidigend.

Was mich zu Ihnen führh Herr Graf, iſt ſehr
einfach,“ ſagte er, entſchloſſen bei ſeiner erſten Ab-

fiht zu verharren und dieſen Hartgefottenen Sünder

nut gefragt, ob er den Braunen zum Ausreiten

nicht zu {honen. „IJH Fomme, um Sie zu fragen,

weldhe Ent|Hädigung Sie mir dafür bieten wollen,
daß Sie frevelnd in den Gang meines Lebens ein-
gegriffen und mir die Stellung genommen, die mir
im Leben gebührte? Sie wiſſen daß ich das Kind bin,
welches Sie am 21. Juni 1835 der fürſtlichen Wiege
entnommen und Landſtreichern übergeben haben.
Welche Entſchädigung gedenken Sie mir für dieſen
Raub an meinem Leben und meinen Rechten zu
bieten?“

Die Wirkung auf den Grafen war eine nieder
ſchmetternde Er Bückte ſich in ſeinem Seſſel al8
fürchte er, Paul werde ihn ſchlagen; er ſtarrte ihn
an, als wäre er ein Geſpenſt! Er wollte ſprechen
vermochte aber nicht die Lippen zu Sffnen., Doch
diefer erſte Schrecken ging bald vorüber. Dieſer
Mann befaß nöch eine ungemein ſtarke Willenskraft;
er richtete ſich allmälig empor, ſeine Augen begannen
unheimlidh zu funfehr und ein höhniſcher Zug lagerte
ſich über ſein Geſicht

Mein Herr,. ſind Sie wahnfinnig?“ waren
die erſten Worte, die er ſprach.

Glauben Sie nicht, mir durch Abläugnen und
Ausweichen, zu entgehen,“ ſagte Paul ſo rtuhig, als
idm möglich war.. „Wenn ein Mann, wie I, zu
Ihuen Fommt und derartige Worte {pricht, [o hat
er Beweiſe.“

Das letzte/ ſtark betonte Wort ſchien wieder
Eindruͤck auf den Grafen zu machen ſeine Miene
wurde mehr überlegend

„Beweife,“ wiederholte er, mit ſeinen knöchernen
Fingern auf die Lehne des Seſſels trommelndFite
etwaß, das, wie Sie Jagen, vor ſo vielen Jahren
gefchehen fein foll, nüßen lelhſt Beweije nichts mehr.“

Abet ich kann geftüßt auf dieſe Beweije, den
Thäter al8 Dasjenige vor die Deffentlichkeit ftellen,
was er ift,“ antmortete Paul. „IMH Fann ſeinen
Namen ruinieren für alle Zeiten, Wüßte die Welt,
waͤs geſchehen Niemand wuͤrde zu Ihnen ein Wort
ſprechen Herr Sraf.“

„Sie ſaͤgen mir das Alles in meinem Zimmer ?“
antmortete Manefeld, in deſſen Miene es jeßt wieder
hohnbol und finſter aufleuchtete, „ CS dürfte wohl
das Befte fein, wenn ich Sie hHinausführen Iaffe.“

(Schluß folgt.)
 
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