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Heidelberger Anzeiger: unparteiische Tageszeitung für jedermann: Heidelberger Anzeiger: unparteiische Tageszeitung für jedermann — 1885

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Nr. 241 - Nr. 250 (15. Oktober - 26. Oktober)
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https://doi.org/10.11588/diglit.42544#0703

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8

Erſcheinl taͤglich, Sonutags ausge-

eerruen! Preis monatlich 20 Pfe,,

El bem Illuſtelerien Unterhaliung8e

Blatt 32 Bfg. — Wich in der gauzen

Biinht nerteilt unb un den Strafteu-
ecken augellggelt.



]n



Alle Zuſendungen werden feante
erbeten.

Für die Aufnahnie von Anzeigen

an beſtimmit vorgeichriebenen Tagen

wird keine Verantmortlichkelt über-
nowmen.

Wr. 243

+


Samstag, den 17. Oktober

1885.

— — *


Hauptstrasse 146,
im Hause des Herrn Spitaer.







Hauptstrasse 146,
im Hause des Herrn Spitzer.

Für Mitglieder des Bach-Vereins
5 werden bei Herrn Eugen Pfeiffer
| gegen Vorzeigen der Mitgliedskarte
] für die am Montag stattfindende
Quartett-Soiree Saalkarten zu 8
Mk. 1.25, Sperrsitze zu Mk. 2.25 f
y abgegeben.

Der Vorstand

"QKapitalien

in größeren und kleineren Betraͤgen


ſchaften werden fortwaͤhrend aus-
geliehen von der Sparkaſſe für
dandgemeinden in Heidelberg,
Hauptjtraße 41 und woͤllen Verlag-
IMeine dafelbſt eingereicht werden

Die Zahlung des letzten Vier-
tels der Umlage für 1885 wird
hiermit in Erinnerung gebracht.

Heidelberg, 12. Oktober 1885.

Die Stadkhaſſe
Pfaͤnder Verſteigerung

Mittwoch, 21. Oktober I. J.,
nachmittags 2 Uhr,
Wwerben im ſtaͤdtiſchen Leihhaus dahier die
18 dahin weder ausgeldaͤten noch erneuerten
Bfänder vom Monat Januar 1885 von
Nr 28,051 bi8 Nr. 29,150 oͤffentlich gegen

Barzahlung verfteigert.

Am Beriteigerungstage bletbt die Anſtalt
vormittags geſchloſſen.

Heidelberg / den 14. Oltober 1885.

Städt. ſeihhaus Lermaltuug.
Fahrnis⸗Verſteigerung

Kommenden
Montag, den 19. d. Mts./
morgens 9 Uhr aufangend,
Werden aͤus dem Nachlaſſe des Landwirts
* Peter Hormuth, St. Annagoffe
8
eine Kommode, 1 Schrank, 1 Küchen-
\Orank, 1 Tiſch, verſch. Stuͤhle, Bett-
laden, Federbetiung, Kleider und Weiß-
zeug, eine Kuh, 1 Wagen 1 Karren,
1 Nflug, eine Egge, eine Rübenmühle,
eine Häckfelmaſchine, 2 Heuleitern, Staͤn⸗
der, Faͤſſer und Zuͤber, ferner:
ca. 150 Etr Wein ca. 30 Zentner Stroh,
4 Gaufen Korn, 1 Haufen Dung / ſo-
wie die Ertraͤgniſſe an Kartoffeln und
Dickruͤben von mehrexen Grundſtücken
öffentrich gegen Barzahlung derſteigert
Heidelberg, den 16. Oktober 1885.

Winter,
— Waiſenxichter.
Lobenfelder Niſſer
empfiehlt

_ &. Ackermaun.

Yıltez Ziuar Kanft zum hoͤchſen Preis
Beiler, Sondgafie 6.

Das Fräukein von Birkenweiler,
Roman von A. LütetSburg.

(8 Fortſetzung.

N „Meine Zeit ift jehr in Anſpruch genommen,
elanie,“

„ Ia, ja, ich weiß,“ unterbrach fie ihn mit einer

Qe?nlfigll Ungeduld, „Seit einiger Zeit iſt das bei
W ein ſtehendes Wort.“

m Biſt Du gekommen, mir das zu fagen? Ich
Schte Dic bitten, mich mit dem befannt zu madjen,
%® Zich zu mir führt.“

ein Sie aD ihren Gatten betroffen an, e8 lag
wWas in dem Ton feiner Stimme, was ihr nicht

Sefiel — er ſchien ſehr gereizt.

„Das alte Fränlein war hier,“ fagte fie Kırrz.
„Die Tante?“ fuhr ev jäh auf. „Was il

?“kf)ef)en? Was fann fie bewegen, zu dieſer Zeit
e Klauſe zu verlaffen ?“

v Es ift auch etwas geſchehen und zwar etwas,
Dir wenig angenehm ſein wird.“

2 „Belieht e8 Dir, mich auf die Folter zu ſpannen?

* kann nichts Gutes fein, was von der Alten
mmt“

In 8 ſoll ein zweites Teſtament vorhanden ſein,“
gte fie mit gezwungener Ruhe.

„Cin zweites Teſtament??

8 Ein Teftament, das vor zwei Jahren gemacht

hié 9ermlttI1cI) damals, als Dein Bater {o oft in

* Stadt fuhr. In demfelben ſoll Paul in ſeine
Ün‘lbmten Rechte eingefegt fein und nicht allein er,
5 * auch ſeine Frau, etwaige Kinder und Rechts-

ger.“

Franz war totenbleich geworden ; ſeine Gemahlin

ihn wanfen,

„Und wo iſt das Teſtament??

„E8. ift im Duplicat vorhanden; das eine iſt
Befiß des alten Fränleins.“

„Und das andere ?“

Ich weiß e8 nicht.“

Der Freiherr ſchien furchtbar erregt, feine Ge-

in Hatte idn nod niemal8 in einem ſolchen

ſah

nah {


an alle Freunde




E, Anderst. K. Erckenbrecht. E. Schuck.

A, Ammann. O. Holsten. L, Schwarzbeck.
0. Bezzenberger. D. Meyer. M. Thibaut.

J. Bohrmann. M. Pfeiffer. K. Milekons.

M. v. Bulmerincq. L. Schulze. A, Zittel.

nachmittags 5 Uhr, auf dem
Heidelberg, den 10. Oktober 1885.



20. Oktober d. J.


Im

Karten-Verkauf bei Eugen Pfeiffer.

8

‘ MB B

1) Quartett in A-dur ,
2) S in B-dur . .
3) „ in Es-dur (op.127)

E

S Üulertöke, ſowie eine
D A
* Caillen
Z empfiehlt

S







Rob. Schumann.

Joh. Brahms.

L. v. Beethoven.

Sperrsitz à 3 Mark, Saal ä 2 Mark.






S EEꝘ

große Auswahl Critot-

nuynuꝛby uen

von den Billigſten bis zu den Feinſten.




jeder Zimmerausſtattung paſſend,

Rohrbacherſtraße 34.

ſowie einfache, gute, bürgerlich-



M. Burckhardt, Ingrimſtraße 8.

Alte ſteinerne Platten

zu D — — 99.

Parquettböden mwrden gewichlt und
MÖöbel aufpoliert bei maßiger Berehnung, Untere-
nedarfirake Nr, 5. .

wird

ihren Ausverkauf in

fortſetzen.

Hierzu ladet freundlichſt ein

kriſch gefdıladhtet.







und Knaben-


Pas Direktorium :

Handjchuhsheim.



R. Brauer.


Roſengarten,

Es ladet ein

Handſchuhsheim.




ſowie gute Speiſeu 2 2 geſorgt.
B. Könninger.

Aufang 3 Uhr.




Th. Oberfeld.

Gutbesetzte

und gute Küche empfichit beſtens



Tanz-Musik


E. Pfaff, zur Traube.


sow:e im Abonnemeni.

Unterzeichneter wohnt von
haͤlt ſich bet allen vorlommenden



Peter Beck, Schreinermeiſter


blieb er vor ihr ſtehen.

Das Teſtament darf nicht an8 Tageslicht
Tommen,“ fagte er feſt und beſtimmt.

Die Freiherrin konnte ein ſpöttiſches Lächeln nicht
unterdrücken.

„Und Du Hältft e8 wurlich für möglidh, diefe
alte Berfon in Deinem Sinne zu beftimmen ?“

Wieder begann er feine raſtloſe Wanderung
durch das Gemach. Die Worte ſeiner Gemahlin
hatten ihm mit einem Male alle Schwierigkeiten
fMargelegt, die fich ihm in den Weg ftellen würden,
Nein, e& war abſolut unmöglich, dieferart auf das
alte Fräulein einzuwirken, das ihm gerade zÜürnte,
weil er den Haß zwiſchen Bater und Sohn geſchürt
haͤtte! Was aber war zu thun? Nicht allein Paul war
in ſeine Rechte eingejebt, auch deſſen Erben und —
hHatte die Frau nicdht von einem Kinde geſprochen?

Die hellen Schweißtropfen waren ihm vor die
Stirn getreten, indem er des Kindes gedacht! Aber
wer wußte von der Eriſtenz dieſes Kindes? wußte
gar das alte Fräulein davon?

Der Refrain von Allem war: das Teſtament
durfte nicht an’8 Tageslicht und das ſprach er auch
noch einnial {einer Gemabhlin gegenüber aus, Dann
aber bat er fie, über die ganze Angelegenheit vor-
Täufig das tieffte Stillſchweigen zu beobachten und
in allein zu laffen, .

Die Freiherrin kehrte verftimmt in ihre Gemächer
zurläc; die furze Unterredung mit ihrem Gemaͤhl
hHatte fie nur noch mehr beunzuhigt, denn mit [Harfem
Blic erkannte fie, daß derſelbe die Angelegenheit
jehr ernft auffaßte und daß wohl ein SGrund zu
ernſtlichen Beſorgniſſen vorhanden ſein mußte, Sie
fonnte den Gedanken nicht 108 werden, daß ihre
Todfeindin noch über fie triumphieren werde

Der Freiherr Fam weder zum Mittageſſen, noch
Jieß er fih überhaupt den Tag hindurch ſehen
Cr hatte ſich das Eſſen wieder auf ſein Zimmer
bringen lajjen, aber die Speiſen wurden underührt
hinweggetragen und nur einige Glas ſchweren Weines
hatte er haftig nad) einander hinabgeſtürzt.

— — — — —

So viel war ihm im Laufe des Tages Mar
geworden:; mit Gewalt ließ ſich hier nichts maͤchen
Zunächſt mußte das Terrain ſondiert werden, ob
das alte Fräulein in irgend welchen Beziehungen
zu Raul und deſſen Sattin geftanden Hatte, ob ſie
Awaͤs Räheres von den Verhältnifjen derſelben wußte.
Es gab allerdings eine Möglichfeit, daß dies nicht der
Fall war. Das alte Fräulein war ſeit Jahren
mit der Familie des Freiherrn zerfallen und ſeitden
Hatte fie fih auch nicht um ſie gefümmert, fie gab
ſich den Anfjdhein, alS fei die Famine Birken-
weiler überhaupt fuͤr fie nicht mehr in der Welt.

Darauf mußte Franz feinen Plan gründen,
weil er einen anderen Ausweg nicht fand. Das
alte Fräulein wußte von dem Fode ſeines Bruders,
vielleicht Kieß fie ſich bewegen, die Angelegenheit in
aller Stille zu erlebigen und inzwiſchen wollte er
ſich mit der Witwe ſeines Bruders in’S Einvernehmen
jeßen, die ja überhaupt froh fein mußte, nur eine
jährlidhe Rente zu befommen, Ddie fie vor abjolutem
Mangel ſchützen würde.

So war auch Franz ruhiger geworden, aber
doch nicht {o, um ſich völlig von der ſchweren Laſt
befreit zu fühlen. Ihni ſtand Überhaupt eine große
UnanneHmlichteit bevor, denn er durfte nicht zögern,
dem alten Fräulein von Birkenweiler ſogleich einen
Befuch zu machen, ehe fie ſich zu einem unbeſonnenen
Schritt verleiten ließ.

Die Behaufung des alten Fräuleins war ienſeits
des Barkes, mehr im Thale gelegen, beinahe am
Fuße der langgezogenen Höhe, auf welcher ſich Schloß
Birkenweiler erhob. €$ mwar Kaum mehr al8 ein
alte8, verwittertes Gartenhaus, welches auf einem
Vorfprung gebaut war und Schuß dürch eine Fels
wand Hatte, Bis zum Eingang des Hänschens
führte ein {Hmaler Fußpfabd, auf dem nicht mehr
als zwei Menfchen neben einander gehen Fonnten
und das unſcheinbare Gebäude verdiente mit großem
Rechte den Namen „Klaufe.“

Sm Nebrigen Hatte die Klauſe eine reizende
Lage. Zu ihren Füßen breiteten ſich faftgrüne Wieſen


die Natur zu beleben. Jenfeits am Fuße der bewaldeten
Höhen fahH man reizende Ortſchaften mit ſchmucken
KirdHtürmen und freundlichen Häufjern und an ſtillen
Sommerabenden Hörte man die Slocken friedlich und
hHarmonifdh zujammenflingen. Sonft fam kein anderer
Qaut in dieje Köftlihe Eindde, als das Singen und
Zwitſchern beftederter Sänger und das Rauſchen
und Braufen in den Zweißen der uralten Bäume
des Parkes,

Die Maufe felbft war baufällig; bei genauerer
Befichtigung konnten die großen Riffe in den Mauern
nicht verborgen bleihen und man hätte meinen Jollen,
ein arger Windftoß fönne ſich hier als ſehr verderben-
bringend erweifen. Dennoch hatte das alte Fräulein
niemal8 eine Reparatur daran vornehmen laffen,
auZ Furcht, die üppig wuchernden SHlingpflanzen,
welde die Wüände des däuschens bekleideten, in ihrem
WahHstum zu ftören.

Hier führte daz alte Fräulein von Birkenweiler
ein ftilles, beſchauliches Dafein, verſtoßen von den
Menfchen, die ſie lieben ſollten aber dafür hoch geehrt
von denen, die jemals einen tieferen Blick in ihr
edle8, menſchenfreundliches Herz gethan. Selten
verließ ſie ihre einfjame Behaufung, aber wenn fie
e8 that, trieb gewiß irgend eine Gntthat fie in die
Welt hinaus.

Au am vorhergehenden Tage hatte das alte
Fräulein, um eine Heilige Pflicht zu erfüllen, die
Klaufe verlaffen. Bei einem Kranfenbefuche, den fie
im Dorfe gemadht, hatte ſie in Erfahrung gebracht,
daß das Tejtament des alten Freiherrn eröffnet war
und zugleich von der Enterbung des älteften Sohnes
gehört. Da rollte das träger gewordene Dlut noch
einmal raſch duͤrch die Adern. Dem Himmel fei
Dank! Das Unrecht, das hier geſchehen war, Fonnte
ausgeglichen werden.

Und nun faß fie an dem Fenſter ihres kleinen
Gemaͤches und ſchaute mit ihren klugen Augen in
die jonnenbeglänzte Fruͤhlingslandſchaft hinaus Wie
war bocd die Welt noch {Hön! Mandhes bittere

und gejegnefe Fluren aus, durch welchẽ das Waſſer

Herzeleid hatte ſich wohl jäh an fie heraugedrůngt/

aber jie war doch nicht unzufrieden und mifmutig
dabei geworden. Sie freute ſich noch heute über
jeden Sonnenfirahl, der ihr einfames Dafein erhellte
und wo ſie [elbft Feine Freuden fand, da Fonnte fie
wenigſtens Freuden austeilen und dadurch ſelbſt
froh und mit ihrem einſamen Lofe zufrieden werden.

Der Frühlingsfiurm Hatte in der Nacht auch
an ihkem Häuschen gerüttelt, aber nun lachte wieder
die Sonne vom tiefblauen Himmel und das alte
Fräulein war ſo recht innerlich froh. Was fie ſeit
einer langen Reihe von Jahren nicht mehr gethan Hatte,
that fie jeßt: fie machte Pläne. Nad) dem Tode
de8 alten Freiherrn wars ihr doch nadhgerade zU
einſam geworden und fie hatte ſich wiederholt gefragt,
ob fie niht noch einmal in die Welt Hinauz lkoͤnne
zu Menfjdhen, mit denen fie nicht auf dem Kriegs-
juße {tehen würde, wie dies mit den Bewohnern
yon Birfenweiler der Fall geweſen und noch war.
Sie daͤchte dabei an Pauls Sattin. Marianne
deſtoq war {ihr Fein fremder MName, Sie hatte
Mariannen8 Mutter gekannt; dieſelbe war ihr einft
eine treue Freundin gewefjen, bi8 das Schickfal fie
on einander trennte. Paul war tot und fein junges
Meib eine Witwe, vielleicht gar Hilflos und verlaſſen.
Wenn fie dem jungen Weibe eine Stüte werden
konnte!

Der Gedaͤnke beſchaͤftigte das alte Fraulein oft
und immer Öfter und auch in dieſen Augenblick
hHatte fie ſich in ihn vertieft. Sie fühlte ſich ſo leicht
und. feelenfroh dürch das Bewußtlein, der jungen
Frau zu ihrem Rechie verhelfen zu Fönnen, 8 würde
ihr gewiß doch ein Troſt in dieſer trüben Zeit ſein.
Der alte Freiherr hatte ſeine Schwiegertochter nicht
allein als foldje anerfannt, fondern {idr auch in
dent giltigen Teſtament die Rechte der SGemahlin
ſeines Erſigeboxenen eingeräumt und ihre Zufunft
völlig ſicher geſtellt

Daz alte Fraͤulein Jäcdelte über ihre eigenen
Träumereien. Sie ging zu weit — ihre Phantafie
führte ihr Dinge vor die Augen, die ſich niemals
verwirklichen wuͤrden

Gortſetung folgt).
 
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