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Heidelberger Beobachter: Kampfblatt der Nationalsozialisten für Odenwald und Bauland (1 (Januar-August)) — 1931

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Nr. 81 - Nr. 105 (1. August - 31. August)
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Seite 6 Donnersiag, den 20. Auguſt 1931 1, Jahrg. / Nr. 9


Der Ortsgruppe Pforzheim der N.S.-
DAP. war es gelungen, den durch die
jüdiſche Femehetze allerorts bekannten
Oberleutnaut Schulz für eine Saalbau-
Verſammlung zu gewinnen.

Die Verhandlungen mit dem Stellver-
treter des 3. Zt. beurlaubten Polizei-
direktors dem Regierungsrat Hillengaß,
ließen jedoch von vorneherein erkennen,
daß man die bisher in jeder Beziehung

vorbildlich verlaufenen Saalbauverſamm-
lungen für die Zukunft unmöglich ma-
chen wollte. Man hatte ſofort den Ein-
druck, daß es ſich hier weniger um die
Perſon des Reoͤners handelte, als viel-
mehr darum, auch am hieſigen Platze
den Anfang für zukünftige Verſamm-
lungsverbote zu machen. Die Richtigkeit
unſerer Vermutung findet darin ihre
Beſtätigung, daß ein von uns in Aus-
ſicht geſtellter Erſatz-Redner ſtrikte ab-
gelehnt wurde, ohne daß man hierfür
eine bindende Erklärung abgeben konnte.

Die endgültige Entſcheidung wurde
von ſeiten der Polizeidirektion auffallend
lange hinausgezogen und mit nichtsfa-
genden Erklärungen verſucht, dieſe Stel-
lunanahme zu rechtfertigen.

Am Donnerstag, den 13. d. Mts ging
uns ſolgendes Schreiben der Polizei-
direktion zu:

Pforzheim, 12. Aug. 1931,
Bezirfsamt Poligeidirektion.
Bekämpfuug politiſcher Ausſchreitungen
Die von der NSDAKR. Ortsgruppe Pforz-
heim für Samstag, den 15. Auguſt 1931 ge-
plante Berfammlung im ſtädt. Saalbau in

Pforzheim wird verboten, da den Umitän-

den nach zu befürchten ijt, daß die Oeffent-

liche Sicherheit und Ordnung gefährdet
zirö, ($ 1, Abſ 1, Ziffer 4 der Berord-

* es Reichspräſidenten vom 28, März

2 HUB GillengaB

Auf Grund dieſes Verbotes berief die
Oxtsgruppenleitung eine eſchloſſene
Vtitaſiederverſammlung in den „Bürger-
bräu“ ein.

Die Verſammlungskontrolle wurde
von ſeiten der Ortsgruppe mit aller
Schärfe überwacht, ſodaß nur eingeſchrie-
bene Mitglieder Zutritt hatten, oder
ſolche, die vor Betreten des Saales
ſchriftlich ihren Eintritt in die Partei
vollzogen. Zu allem Ueberfluß geſchah
dies noch unter der ſtändigen Aufſicht
von zwei politiſchen Ueberwachungs-
beamten.

Daß man auch gegen dieſe ausgeſpro-
chene Mitgliederverſammlung einen
Schlag geplant hatte, bewies ſchon ein
Vorgang, welcher ſich im Laufe des
Samstag vormittag abſptelte und der be-
reits ſeine Schatten vorauswarf. Die
Ortsgruppe hatte, um den Mitgliedern
einige kameradſchaftliche Stunden zu be-
reiten, beabſichtigt, die „SS Kapelle“
mitwirken zu laſſen Hierfür wurde am
Samstag vormittag um die erforderliche
Polizeiſtunden⸗Verlängerung von 1 bis
2 Uhr nachgeſucht. Die für die Geneh-
migung zuſtändigen Beamten ließen
ohne weiteres erkennen, daß unſerem

Erſuchen ſelbſtverſtändlich nichts im We-
ge ſtehe, umſomehr, als es ſich um eine
reine Mitgliederverſammlung handle.
Unbegreiflicherweiſe trat auch hier wie-

der der ſtellvertretende Polizeidirektor,

Reg Rat Hillengaß, auf den Plan und
lehnte dieſe harmloſe Ausſchmückung des
Abends ab! /

Es iſt uns einfach unverſtändlich, daß
während des Urlaubs des Rolizeidirek-
tors gleichzeitig auch deſſen fonſtiger
Stellvertreter, Reg.-Rat Densel, ſeit ei-
niger Zeit von Pforzheim abweſend iſt,
ſodaß ſo wichtige Entfcheidungen in einer
politiſch derart geſpannten Zeit von ei-
nem ſo jungen Beamten abhängig find.

Itach al dem kam uns der weitere Ver-
lauf des Abends nicht mehr überraſchend:

Als der Ortsgruppenleiter, Pa. Fehl-
mann, die äußerſt ſtark beſuchte Mitalie-
derverſammlung eröffnet hatte, erteilte
er ſofort dem Redner des Abends Ka

Oberleutnant Schulz, das Wort.

. o Schulz verſtand es, durch ſeine in
zeder Beziehung ſtrena ſachlichen Aus-

führungen, die Zuhörer in atemtofer

Stille zu halten. Faſt Sag für Sag ſei-

ner Darlegungen konnte er durch ge-

richtsnotoriſch feſtliegende Akten, die er
teilweiſe im Wortlaut verlas, belegen.

Der Redner mochte wohl eine ſtarke
halbe Stunde geſprochen haben, als die
vorbildliche Ruhe der Zuhörer durch das
plötzliche Erſcheinen des Leiters der po-
litiſchen Polizei, Inſpektor Dreher, wel-
cher mit dem Rufe: „Achtung! die Ver-
ſammlung iſt polizetlich geſchloſſen! im
Saale erſchien, geſtört wurde und einer
ungeheueren Erregung Platz machte Die
berechtigte Empörung der Anweſenden
über ein ſolch unbegreifliches Vorgehen
der Polizei löſte einen Entrüſtungsſturm
aus, wie wir ihn in Pforzheim bet poli-
tiſchen Verſammlungen noch nie erlebt
hatten.

Nachdem der Pol nſpektor Dreher
die Auflöſung der Verſammlung be-
kannt gegeben hatte, folgte unbegreifli-
cherweiſe ſofort ein Teil der vor dem
Bürgerbräu bereitgeſtellten Hundert-
ſchaft Schupo ihm auf dem Fuße, um die
Erregung der Maſſen noch zu vergrö-
ßern.

Im Gegenſatz zu dem bisher hier im-
mer gewohnten taktvollen Benehmen der
politiſchen Ueberwachungsbeamten fiel
hier ſofort das überſtürzte Vorgehen der
Polizeimannſchaften unter Führung ei-
nes kopflos gewordenen Oberleutnants
auf. Daß es ſich hier um eine Mitalie-
derverſammlung mit Wirtſchaftsbetrieb
handelte, überſah in ſeiner unbegründe-
ten Aufregung der Herr Polizei-Ober-
leutnant dadurch, daß er die Anweſen-
den aus dem Saale treiben laſſen wollte,
bevor ſie Gelegenheit hatten, thre Zeche
zu begleichen. Wenn durch dteſes rigo-
roſe Vorgehen des verantwortlichen
Oberleutnants ehrenwerte Pforzheimer
Bürger in den Verdacht der Zechprellerei
kommen ſollten, ſo fällt dies ausſchließ-
lich auf das Konto des unternehmungs-
luſtigen Polizei-ODberleutnants, der hier
anſcheinend ſeine erſten Sporen verdie-
nen wollte. Dieſes kopfloſe Vorgehen
des Führers übertrug ſich ohne weiteres
auf einen Teil ſeiner Mannſchaften, von
denen einzelne bereits die Stunde gekom-
men ſahen, über wehrloſe Verſamm-
lungsteilnehmern, darunter zahlreiche
Frauen, den Gummiknüppel zu ſchwin-
gen. \

Erſt durch das Dazwiſchentreten unſe-
res ſtellvertretenden Ortsgruppenlei-

ters, welcher den Herrn Polizei-Ober-
leutnant auf das unſinnige ſeines Vor-
gehens aufmerkſam machte und ihn bat,
den Anweſenden Gelegenheit zum Be-
zahlen zu geben, wurde dieſer aus dem
Häuschen gekommene Herr wieder eini-
germaßen zur Vernunft gebracht.

Nur der bei den Nationalſozialiſten
gewohnten Partei⸗Disziplin war es zu
verdanken, daß es nicht zu ſchlimmeren
Auswirkungen kam. In erſter Linie
verdient hier noch der Reoͤner des
Abends, Pg. Oblt. Schulz, hervorgeho-
ben zu werden, deſſen vorbiloͤliche Ruhe
ſich allmählich auch auf die von der Po-
lizei herausgeforderten Verſammlungs-
teilnehmer übertrug. Seine Aufforde-
rung zum Berlaſſen des Saales wurde
auch alsbald befolgt. Den Höhepunkt
bildete es, als die Polizei — bezw. die
politiſchen Beamten dazu Übergingen,
eine Beſchlagnahme der vrdnungsgemäß
am Saaleingang getätigten Neu⸗Aufnah-
men vorzunehmen. !! Dieſe Handlung
ſtellt einen unerhörten Eingriff in die
inneren Angelegenhetten der Partei daͤr.
Sollte diejes Vorgehen etwa dazu die-
nen, die vielleicht auf der hieſtgen Poli-
zeidirektion vorliegende Mitgliederliſte
der N. S. D. A. P. auf billige und bequeme
Art zu ergänzen?? Wir werden
ſtrengſtens darüber wachen, daß durch
dieſe Beſchlagnahme kein Mißbrauch
bzw. wirtſchaftliche Schädigung der betr.
Perſonen betrteben werden kann.

Ueber die Perſon des Oberleutnants
Schulz wäre noch für die Allgemeinheit
von Intereffe, zu hören, daß ſelbſt der
derzeitige Reichskanzler Dr Brüniug ſich
mit ſeiner Perſon für deſſen Beanadi-
gung einſetzte und Schulz perſönlich ſei-
ner Wertſchätzung als hochachtbaren, ide-
alen Freiheitskämpfer für die Intereſ-
ſen unſeres damals von allen Seiten be-
drohten Vaterlandes verſicherte.

Für die unfreiwillig geleiſtete Propa-
ganda möchten wir nicht unterlaſſen, dem
eigentlichen Urheber der ganzen Vor-
kommniſſe, dem Regierungsrat Hillen-
gaß, noch unſeren beſonderen Dank aus-
zuſprechen. Wer heute noch glaubt, den
Siegeszug des Nationalſozialismus mit
ſolchen Mitteln aufhalten zu können,
verdient unſer aufrichtiges Bedauern.

Nun erſt recht!


Ja, warum

Im Spätjahr 1930 wurden in Steinach
Kinzigtal) nattonalſoztaliſtiſche VBer-
ſammlungsplakate auf Veraulaffung des
inzwiſchen verſetzten Vikars Schuh ab-
geriſſen.

Es wurde damals ſeitens der Natio-
nalſozialiſten Anzeige erſtattet, auf wel
che die Offenburger Staatsanwaltſchaft
folgenden Beſcheid gab:

Staatsanwaltſchaft
Offenbursg
Offenburg, den Otktober 1930.
Anzeige gegen den
Vikar Schuh in Steinach
SH (Wo) 47190 wegen Sachbeſchädigung
L Von der Erhebung der öffentlichen Klage
wird abaeſehen
an der Strafverfolgung beſteht nicht
2 Hiervon gebe ich Nachricht.
€ bleibt Ihnen überlafien, gegen den
Beſchuldigten im Wege der Privatklage
vorzugehen.
Der Amtsanwalt Ib,
gez Unterſchrift
Staatsanwalt. *
Herrn Norbert Emrich
Hauſach i . N

Die Weltgeſchichte pflegt ſich bekannt-
lich in großen Zügen zu wiederholen,
und ſo kam es, daß vor kurzem in Wel-
ſchenſteinach (Xinzigtal) wiederum nativ-


den, und zwar vom dortigen Meßner Io-



denn nicht?

Die Nationalſozialiſten erſtatteten
ebenfalls wiederum — wie das ihr gutes
Recht iſt — Angeige, und wieder erwi-
derte die Offenburger Staatsanmalt-
ſchaft:
Staatsanwaltſchaft

Offenburg.

Offenburg, den 28. Juli 1931.
Anzeige gegen Mesner


SA (Wo) 341/31. wegen Anſtiftung
L Von der Erhebung der öffentlichen Klage
wird abgeſehen.
an der Strafverfolgung beſteht nicht,
2 Hiervon gebe ich Nachricht.


Beſchuldigten auf dem Wege der Privat-
klage vorzugehen. { d
Der Amtsanwalt Ib,
Hemele
Staatsanwalt.
Herrn Wilhelm Krafft *
in Haslach i X

Schön Alſo kein Interelfe.

Nun aber erinnern wir uns zufällig
zur Unzeit eines Erlaſſes des Badiſchen
Innenminiſtertums 3, 3t. des letzten
Reichstagswahlkampfes, wonach die Be-
hörden angewieſen werden, mit aller
Strenge, unnachſichtlich und ohne An-
ſehen der Perſon gegen Uebeltäter einzu-
ſchreiten, welche Plakate

verſuchen. Der Erlaß wurde auch allent-




plakatierten Schwindel dadurch Luft
machte daß er gegen das an ſich un-
ſchuldige Papier einſchritt, weiß ein
Liedlein zu ſingen von der Schärfe des
Geſetzes.

Nun auf einmal ſcheint an derartigen
Straftaten /kein Intereſſe“ mehr vorzu-
liegen. Warum?

Iſt der innenminiſterielle Erlaß bei
der Offenburger Staatsanwaltſchaft in
Vergeſſenheit geraten?

Oder iſt er ſtillſchweigend inzwiſchen
eingeſchlafen, weil überhaupt nur noch
nationalſozialiſtiſche Plakate zu finden
ſind, während die andern ſich nicht mehr
an die Oeffentlichkeit trauen und ſomit
nicht mehr beſchädigt werden können?

Oder aber war im genannten Erlaß
von vornherein nicht vorgeſehen, daß
einmal ein Nicht⸗Nattonalſozialiſt, zu
denen der Vikar von Steinach und der
Meßner von Welſchenſteinach doch ſicher
zu rechnen ſind, ſich auch am unſchuldi-
gen Papier vergreift?

Wir wiſſen es nicht. Wir wollen es
auch nicht unterfuchen Mögen die Grün-
de liegen, wie ſie wollen, wir haben
„kein Interefje”. Wir ſtellen nur die
Tatſache feſt — und werden uns zur ge-
gebenen Zeit zu erinnern wiſſen!

Rimpf
Das M. G.

Ein leſenswertes Blatt iſt der „Dort-
munder SGeneralanzeiger“. Nicht nur,
weil er die Belange der Demokratie und
der Demokraten unentwegt und genau ſo
vertritt, als ob es beides noch gäbe, ſon-
dern auch aufgrund ſeiner journatlliſti-
ſchen Spitzenleiſtungen im Kampf gegen
alles, was auch nur entfernt nach bewuß-
tem Deutſchtum vder Wehrwillen aus-
ſieht.

Im „Führer“ war vor wenigen Ta-
gen ein Bild zu ſehen von den Manö-
vern der Reichswehr: Ein ſchweres Ma-
ſchinengewehr in Deckung eine Anzahl
Kinder ſehen aufmerkſam und intereſſtert
zu.

Der „Dortmunder Generalanzeiger“
bringt nunmehr das gleiche Bild — —
und was ſchreibt er darunter?

„Bei Züllichau an der Oder fanden

Manöver des Reichswehrkavallertere-

giments Nr. 10 ſtatt, die in einem

ſchwierigen Flußübergang ihren Höhe-
punkt fanden. (Iſt es richtig, daß die
deutſche Jugend zuſehen darf?)

So iſt recht! Nur immer möglichſt
ſaudumm gefragt! Natürlich iſt es nicht
richtig, denn wo ſollen die Demokraten
und der Pazifismus hinkommen, wenn
unſere Jugend zu aufrechten Männern

heranwächſt, anſtatt zu paztfiſtiſchen
Jammerlappen? Woher ſoll ſich das
Reichsbanner rekrutieren, wenn dieſe

Jugend Freude am Soldatenhandwerk
gewinnt?

Da wäre es doch viel zweckmäßiger,
man ließe die Jugend zuſehen, wie ſich
die Redakteure vom „Dortmunder Ge-
neralanzeiger! ihre blödſinnigen Bild-
unterſchriften und Artikeln aus den Fin-
gern ſaugt! Nur befürchten wir, daß bei
der deutſchen Iugend für den Werde- .
gang dieſes Geſeichels ebenſowenig Fn-
tereſſe beſteht, wie für die Produkte jel-
Der. —

_ . BLÄTTER DER
\NATIONALSOZIALISTISCHEN
BETRIEBSZELLEN.



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— — M — *
 
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