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Heidelberger Familienblätter — 1862

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Nr. 27 - Nr. 39 (2. März - 30. März)
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Heidelberger Familienblätter.

Nr. 29. Freitag, den 7. März ö 1862.

Mozart bei der Kaiſerkrönung.

Hiſtoriſch⸗ romantiſches Zeitti b G. AWifer Vergangenheit im Jahre 7⁰⁰
fei

(Fortſetzung.)

Der Zug aber ſetzte ſich demnächſt auf's Neue in Bewegung, dem
nun ſofort die glänzenden Kaiſerlichen Nobelgarden zu Pferde und noch
viele reichgekleidete Dienerſchaft ſich anreihten. Endlich kam noch der
Reichspoſtmeiſter mit fünfzig blaſenden Poſtillons, worauf der hochedle
Rath mit ſeinen zwanzig Staatskutſchen den Beſchluß machte.
Ungeheueres Vivatrufen der außerordentlichen Volksmenge erſchütterte
unterdeſſen die Luft alſo, daß die von der unfernen Stadt herüberwallen-
den Töne ſämmtlicher Glocken, ſowie der fortwährende Donner des auf
den Wäallen abgefeuerten ſchweren Geſchützes ſich kaum vernehmbar machen
konnten.
Kran hatte, waͤhrend der bunte Prachtzug wie flimmernde optiſche
Bilder vorüberglitt, nur Angen für dieſen; Mozart dagegen an ähnliche
Pracht und Spektakelſtücke aus früheren Erfahrungen ſchon gewöhnt,
konnte während deſſelben nicht unterlaſſen, ſeine Blicke auf Cäeilie zu
richten. Schweigend ſaß dieſelbe in der Wagenecke und ihr Auge war
auf die pruukende Einzugsmenge gerichtet, aber es entging dem Beobach-
tenden nicht, daß der Blick häufig, ja ſehr oft mit flüchtiger Schnelle ſich
an den Wagen Wyngard's hing und an den, in welchem die gefürchtete
ſchöne und ſtolze Anng in vornehmer Haltung das Haupt emporhob. Wech-
ſelnde Farbe und leiſe Falten der Stirne ließen die innere Bewegung er-
rathen und ſogleich eine Thoilnahme an jener Jungfrau Anna und ſogar
an dem, in deren Nähe haltenden ſchmucken Dragoneroffiziere, welche die
Aufmerkſamkeit aunf den Kaiſerlichen Einzug weit überragte.
Endlich waren die Letzten des feierlichen Aufzuges vorüber und die
zuſchauende Menge ſetzte ſich nach der Stadt hin in Bewegung.
Der Wagen des Kobmans und der Wyngards waren den Blicken
bald entſchwunden und Kran mit dem ſeinigen folgte, durch die Menſchen-
maſſe genöthigt, langſam. Als Letzterer endlich durch das wogende Ge-
dränge auf der Mainbrücke, ſowie in den Straßen, nach langer Zeit an
ſeinem Wohnhauſe anlangte, war der Kaiſer bereits nach dem Dome ge-
zogen, um dort ſein Gebet zu verrichten und die aufgeſtellte Wahleapitu-
lation zu beſchwören. Nachdem dieſes geſchehen, verfügte ſich die Majeſtät
nach ihrem, in dem Cronſtettiſchen Stifte auf dem Roßmarkte aufgeſchla-
genen Hoflager.
Die Kaiſerin und der König von Neapel, Ferdinand IV., letzterer
mit Familie, welche alle Tags zuvor nach Franffurt gekommen und im
Kaiſerlichen Hoflager ebenfalls abgeſtiegen waren, empfingen hier den
aus dem Dome Heimkehrenden, worauf die geſammte bewaffnete Bürger-
 
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