Heidelberger Jamilienblätter.
W 115. NMittwoch, den 27. Septenber 1865.
Der ſchwarze Bettler
— von Paul Féval.
(Fortſetzung.)
Der junge Menſch bemerkte nicht einmal die Abweſenheit ſeines Ge-
fährten. Er ſpielte mit außerordentlicher Leidenſchaft, mit raſender Hitze.
In ſeiner Unerfahrenheit 0 er die tollſten Sätze, und beinahe immer
krönte ein glücklicher Erfolg f eine Kühnheit. Nach Verlauf einer halben
Stunde lag bereits ein Haufen Gold und Bankbillets vor ihm. Die an-
dern Spieler ſahen ihm neidiſch zu, und Herr Moutet ſelbſt verfolgte ſein
Spiel mit offenbarem Intereſſe. Die Croupiers allein, jene gefühtloſen
Maſchinen, welche dem Zufall als Dolmetſcher dienen, ohne unter deſſen
Wechſelfällen zu leiden, fuhren fort, das Spiel mit ihrer gewöhnlichen
Gleichgültigkeit zu leiten.. ö
Xavier hatte den Kopf verloren. Sein Geſicht war blutroth. Je
mehr ſein Schatz zunahm, je höher ſtieg der fieberhafte Wahnſinn in ſei-
nem Kopfe.
„Ich ſetze das Alles . . . Alles das auf einmal!“ rief er endlich aus,
indem er ſeinen ganzen Gewinn vor ſich hinſchob.
Es waren wenigſtens dreißigtauſend Franken.
Der Croupier befragte Herrn Moutet mit den Augen, ob er den
ganzen Einſatz halten ſollte. Herr Moutet winkte bejahend.
Die andern Spieler zogen ihre Einſätze zurück und Jeder neigte ſich
herüber, um das Reſultat dieſes Hauptzugs abzuwarten.
Der Banquier ſetzte die Roulette in Bewegung.
Aber in dieſem Augenblicke ſtieß Herr Moutet, deſſen Blick ſich nach
der Thüre gerichtet hatte, einen dumpfen Schrei aus. Einige Spieler ho-
ben den Kopf in die Hoͤhe und wiederholten denſelben Ruf. Ein allge-
meiner Schauder und Schrecken erfaßte die dreifache Reihe der Spieler.
Xavier allein ſchenkte ſeine ganze Aufmerkſamkeit der Bewegung der Rou-
lette. Er ſah, er hoͤrte Nichts.
Wir haben bereits bemerkt, daß ein 30 ſüell aben Ereigniß nöthig
war, um die Aufmerkſamkeit der Spieler ſo ſchnell abzulenken: entweder
der Einſturz der Decke oder die unheilverkündende Erſcheinung eines Po-
lizeicommiſſärs.
Eine der beiden Kataſtrophen war eingetroffen: der ſchwarz gekleidete
Mann mit der weißen Schärpe ſtand auf der Thürſchwelle. ö
Herrn Moutet's Geſicht hatte beim Anblick des Polizeicommiſſärs ein
ganz zerknirſchtes Ausſehen bekommen.
„Ich bin zu Grunde gerichtet,“ rief er mit kläglicher Stimme aus.
Die Spieler machten Miene zu entrinnen, aber der Commiſſär ver-
ſperrte ihnen den Weg. ö
W 115. NMittwoch, den 27. Septenber 1865.
Der ſchwarze Bettler
— von Paul Féval.
(Fortſetzung.)
Der junge Menſch bemerkte nicht einmal die Abweſenheit ſeines Ge-
fährten. Er ſpielte mit außerordentlicher Leidenſchaft, mit raſender Hitze.
In ſeiner Unerfahrenheit 0 er die tollſten Sätze, und beinahe immer
krönte ein glücklicher Erfolg f eine Kühnheit. Nach Verlauf einer halben
Stunde lag bereits ein Haufen Gold und Bankbillets vor ihm. Die an-
dern Spieler ſahen ihm neidiſch zu, und Herr Moutet ſelbſt verfolgte ſein
Spiel mit offenbarem Intereſſe. Die Croupiers allein, jene gefühtloſen
Maſchinen, welche dem Zufall als Dolmetſcher dienen, ohne unter deſſen
Wechſelfällen zu leiden, fuhren fort, das Spiel mit ihrer gewöhnlichen
Gleichgültigkeit zu leiten.. ö
Xavier hatte den Kopf verloren. Sein Geſicht war blutroth. Je
mehr ſein Schatz zunahm, je höher ſtieg der fieberhafte Wahnſinn in ſei-
nem Kopfe.
„Ich ſetze das Alles . . . Alles das auf einmal!“ rief er endlich aus,
indem er ſeinen ganzen Gewinn vor ſich hinſchob.
Es waren wenigſtens dreißigtauſend Franken.
Der Croupier befragte Herrn Moutet mit den Augen, ob er den
ganzen Einſatz halten ſollte. Herr Moutet winkte bejahend.
Die andern Spieler zogen ihre Einſätze zurück und Jeder neigte ſich
herüber, um das Reſultat dieſes Hauptzugs abzuwarten.
Der Banquier ſetzte die Roulette in Bewegung.
Aber in dieſem Augenblicke ſtieß Herr Moutet, deſſen Blick ſich nach
der Thüre gerichtet hatte, einen dumpfen Schrei aus. Einige Spieler ho-
ben den Kopf in die Hoͤhe und wiederholten denſelben Ruf. Ein allge-
meiner Schauder und Schrecken erfaßte die dreifache Reihe der Spieler.
Xavier allein ſchenkte ſeine ganze Aufmerkſamkeit der Bewegung der Rou-
lette. Er ſah, er hoͤrte Nichts.
Wir haben bereits bemerkt, daß ein 30 ſüell aben Ereigniß nöthig
war, um die Aufmerkſamkeit der Spieler ſo ſchnell abzulenken: entweder
der Einſturz der Decke oder die unheilverkündende Erſcheinung eines Po-
lizeicommiſſärs.
Eine der beiden Kataſtrophen war eingetroffen: der ſchwarz gekleidete
Mann mit der weißen Schärpe ſtand auf der Thürſchwelle. ö
Herrn Moutet's Geſicht hatte beim Anblick des Polizeicommiſſärs ein
ganz zerknirſchtes Ausſehen bekommen.
„Ich bin zu Grunde gerichtet,“ rief er mit kläglicher Stimme aus.
Die Spieler machten Miene zu entrinnen, aber der Commiſſär ver-
ſperrte ihnen den Weg. ö