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Verschiedene Nachrichten.
's Bruchsal, 16. Okt. Die Vorstellungen der
hiesigen Theatergesellschaft haben ein urplötzliches
Ende gefunden. Heute Mittag, als am Gagetage,
versammelte der jugendliche Direktor die ganze Ge-
sellschaft und erklärte derselben seine Zahlungs-
unfähigkeit. Einzelne der Mitglieder, die durch
diese Mittheilung aus allen ihren Himmeln ge-
stürzt wurden, gingen hiermit nicht ganz zärtlich
mit dem Herrn Direktor um.
Schwabach (Bayern), 10. Okt. Der Besitzer des
Gasthofes „zum goldenen Engel", Herr Jakob Steinmetz,
verletzte sich bei der Operation eines Hühnerauges und
mußte an Blutvergiftung sterben.
Wolfratshausen, (Bayern), 10. Okt. (Raubmörder.)
Der Gendarmerie ist es vor einigen Tagen gelungen,
den Maurer Johann Leis von hier, welcher vor acht
Tagen eine 72jährige Frau in Nantwein ermordete, be-
raubte und dann in die Loifach warf, in seinem Ver-
stecke zu überraschen; er ergriff jedoch die Flucht und
sprang in die Loifach, wo er alsbald ertrank.
Köln, 14. Okt. Der Versuch zu entfliehen hat
gestern einem desertirten, aber wieder eingefangenen
und auf der Hauptwache inhaftirten Artilleristen das
Leben gekostet. Derselbe hatte bereits mehrfach zu ent-
kommen versucht. Gestern Morgen um 6 Uhr bat er,
austreten zu dürfen; zwei Leute der Wache begleiteten
ihn. Als er zurückkehrte und wieder an der Thüre der
Hauptwache ankam, entsprang er plötzlich. Seine Be-
gleiter setzten ihm nach und riefen ihm wiederholt zu,
stehen zu bleiben. Da er nicht Folge leistete, legte einer
das Gewehr auf ihn an uud streckte ihn durch einen
Schuß in den Kopf nieder. Er war sofort todt.
Danzig, 13. Okt. Ein ruchloses Attentat ist
vor einigen Tagen gegen den Stadtverordneten
Skibbe dahier verübt worden. Als er in sein Haus
eintreten wollte, bemerkte er dort vier vor seiner
Hausthüre stehende Männer. Auf seine Frage,
was sie wollten, erhielt er ohne Weiteres von einem
derselben mit solcher Wucht einen Schlag ins Ge-
sicht, daß er besinnungslos zu Boden stürzte. Ein
Auge war durch den Schlag so schwer verletzt
worden, daß es zur Höhle heraushing und noch
in derselben Nacht ausgeschnitten werden mußte.
Schweidnitz. Am Montag nachmittag ließ sich
von dem nach Reichenberg gehenden Zuge die 17-
jährige Tochter eines Generals überfahren. Der
Körper wurde gräßlich verstümmelt und die Un-
glückliche starb nach stundenlangem Leiden.
— Der amtliche Bericht des amerikanischen
Generalkonsuls in Bordeaux an die Regierung
in Washington enthält folgende Stelle: „Die
Verheerungen der Phylloxera in den ausgebreiteten
Weingärten von Bordeaux sind derart, daß die
Zufuhr der Traube» zu den Pressen alljährlich in
bedauernswerther Weise gesunken ist und noch sinkt.
Doch ist dies ein schon bekanntes Faktum; selbst
die Mittheilung ist nicht mehr neu, daß die Hälfte
des exportirten Weines aus Bordeaux nur aus
Mischungen von ungarischen, spanischen und
italienischen Weinen besteht. Dieselben werden in
genügender Menge mit Wasser vermischt, mit chemi-
schen Essenzen — da ja Bouquet erforderlich ist
— wohlriechend gemacht und dann mit großen An-
preisungen als „Söve de Mödoc", als „Bouquet
Mödocam", „Poudre Anglaise" re. verkauft. Bis-
her ist es aber noch weniger bekannt, daß die für-
sorgliche französische Regierung, während sie den
Verkauf verfälschter Weine in Frankreich verbietet
und ihr möglichstes thut, um denselben zu ver-
hindern, gegen das Verfahren, durch welches die
Verfälschung bewirkt wird, niemals einschreitet.
Den französischen Zollbehörden sind zwar tüchtige
analytische Chemiker beigegeben, welche alle nach
Frankreich eingehende Weine genau zu untersuchen
haben, aber jede noch so giftige Mischung aus dem
Lande auszuführen gestatten, ja welche diese Aus-
fuhr seitens der Regierung sogar begünstigen, weil
dieselbe froh ist, diese „Weine" außer Land zu
bringen, weil dieselben bisweilen mit höchst gefähr-
lichen Säften versetzt sind. Der Bericht empfiehlt
eben deshalb den amerikanischen Behörden, an jedem
Zollamte Chemiker anzustellen, damit die Einfuhr
solcher schädlichen, gefälschten Weine verhindert
werde."
— Aus einer statistischen Tabelle, welche die
Handelskammer von Rheims veröffentlicht hat, er-
fährt man, daß im Verlaufe von 10 Jahren, und
zwar in der Decade von 1870 bis 1880, nicht
weniger als 174,313,120 Bouteillen Champagner
versendet wurden.
— Ueber das mehrfach erwähnte Erdbeben von
Krakatau entnimmt das „B. T." dem Briefe
eines in Batavia lebenden Deutschen Folgendes:
In der Nacht zum Montag (27. August) begannen
die wirklichen Eruptionen. Von 4 bis 8 Uhr
Sonntags Nachmittag hörten wir starke Detonatio-
nen, und da der Himmel sich zu gleicher Zeit um-
wölkte und es regnete, so hielten wir es einfach
für ein Gewitter. Ich hatte am Abend Besuch

und legte mich dann gegen 11 Uhr zu Bett. Kaum
hatte ich eine halbe Stunde geschlafen, als ich durch
einen heftigen Knall aufgeweckt wurde; erschreckt
fuhr ich aus dem Bett; ich hatte die Empfindung,
als ob man dicht vor meinem Fenster eine große
Kanone abgefeuert hatte. Ich zähle neun solcher
Schläge und merkte nun erst, daß die Detationen
von einer vulkanischen Eruption herrühren müßten.
Entsetzt wollte ich das Fenster aufreißen, aber die
Scheiben flogen mir in's Gesicht. Das nun fol-
gende Getöse spottete jeder Beschreibung. Alle
Fenster barsten, der Kalk fiel von den Wänden,
die Lampen verlöschten, das ganze Haus bebte.
Um 2 Uhr Nachts war das Getöse am furcht-
barsten. Man unterschied deutlich das Geräusch
der Explosionen und dasjenige des Niederfallens
der Erd- und Lavamassen. Das Geräusch folgte
einander wie der Donner dem Blitz. Gegen Mor-
gen ging das Getöse in ein unaufhörliches Rollen
über. Das Wetter war hell und klar, es herrschte
eine unerklärliche Kälte. Die geängstigte Thierwelt
geberdete sich wie wahnsinnig. Was fliegen konnte,
schwirrte in der Luft umher, so daß der Himmel
fast verdüstert war. Milliarden von Insekten,
Ameisen, Kröten, Bienen re. krochen aus dem
heißen bebenden Boden hervor. Das Fürchterlichste
war uns noch Vorbehalten. Ich begab mich mit
B. zur Stadt. Uni neun Uhr fing es plötzlich an
finster zu werden. Wir mußten die Lampen an-
zünden. Nach einer halben Stunde war der Him-
mel pechschwarz. Eine Panik ergriff die ganze Be-
völkerung. Mit polterndem Geräusch stürzten plötz-
lich ungeheure Aschenmassen hernieder, die in einem
Augenblick den Boden drei dis vier Fuß hoch be-
deckten. Alles was Beine hatte, floh. An den
nach Buitenzarg abgehenden Eisenbahnzug klammer-
ten sich die Leute verzweiflungsvoll an. Die Ein-
geborenen flohen heulend die Berge hinauf nach
dem Innern. Es herrschte schwarze Nacht. Die
Luft war zum Ersticken. Der herabfallende Schwefel
entzündete sich in der Luft, blaue Flämmchen zuck-
ten hin und her, der Schwcfeldampf war fürchter-
lich. Die Knie wankten uns, wir waren einer
Ohnmacht nahe. Der Aschenregen dauerte bis
gegen sechs Uhr Abends. Allinälig klärte sich die
Luft auf, doch der gelbe Schwefeldampf verpestet
noch heute die Atmosphäre. Am Montag Abend
herrschte eine furchtbare Kälte, so daß wir unsere
dicken Jacken hervorsuchen mußten. Wir hatten
das Gefühl, als wenn wir aus dem heißesten
Sommer urplötzlich en den strengsten Winter ver-
setzt worden wären. Batavia glich einer Winter-
landschaft. Die Blumen, von. der Hitze entlaubt
uud kahl, waren mit einer grauen Masse bedeckt.
Die Gefahr war vorüber, die Verwüstungen aber
entsetzlich. Auf dem Boden des Meeres hatten sich
Vulkane geöffnet und ungeheure Wassermassen auf
Batavia gewälzt. Es regnete Haifische und Kro-
kodile. Drei furchtbare Wogen setzten den unteren
Theil von Batavia auf zwei bis zehn Minuten
unter Wasser. Kleinere Dampfboote und Scha-
luppen wurden mitten aus die Straße gesetzt. Tele-
gramme melden, daß die ganze Insel Krakatau, die
so groß war wie Irland, untergegangen ist. Das
Festland der Insel gegenüber ist total verwüstet.
Ganze Städte, Wälder und Felder sind verschwun-
den. Die Zahl der verunglückten Europäer allein
schätzt man auf zwei- bis dreihundert.

Lokales.
IV. Heidelberg, 16. Okt. Ein Anschlag am schwarzen
Brette hiesiger Universität kündigt an, daß auf
Samstag den 20. Oktober, Nachmittags 3 Uhr,
Tagfahrt behufs Vornahme der ersten Immatri-
kulation anberaumt worden ist.— Herr Geheimerath
Prof. vr.jur. Renaud wird im bevorstehenden Winter-
semester über „Deutsches Reichscivilprozeßrecht" mit
Einschluß des Concursrechtes sowie über „Französisches
Civilrecht (Bad. Landrechte)" lesen. — Herr Prof. vr.
Nohl lrest über „Geschichte der Musik bis zu Seb. Bach"
und über „C. M. von Weber und die deutsche Oper."
IV. Heidelberg, 16. Okt. Heute Nachmittag halb
3 Uhr sand die alljährliche Inspektion des
hiesigen Feuerwehr-Korps statt. Unter Musik-
begleitung und mit fliegender Fahne war das Korps
vom Spritzenhause abmarschirt und hatte sich nach dem
Ludwigsplatze bewegt, wo es Aufstellung nahm. Daselbst
befanden sich Herr Stadtdirektor v. Scherer, sowie die
Herren Oberbürgermeister Bilabel, Bezirksamtmann
vr. Wilckens, Altoberbürgermeister Kraus mann,
Stadtbaumeister Schaber, Polizeiamtmann Nebe und
eine Deputation des hiesigen Stadtrathes. Sämmtliche
Geräthschaften waren am Ludwigsplatze aufgestellt. Nach
der Besichtigung der letzteren verfügte sich das Korps
nach dem Steigerhause an dem Neckar, wo es seine
Uebungen mit großer Präcision ausführte. Nach Schluß
der letzteren drückte Herr Stadtdirektor von Scherer
seine besondere Befriedigung über die vorzüglichen Lei-
stungen des Korps aus und beauftragte den 1. Komman-
danten, Herrn Weißgerber, seine volle Anerkennung
der gejammten Mannschaft sofort mitzutheilen. Darauf

defilirte die Feuerwehr beim Rathhause vorbei und ging
im Hofe des Spritzenhauses auseinander. Abends 8 Uhr
fand ein allgemeines Banket im „Faulen Pelze" statt.

Gerichtszeitung.
Mannheim, 12.Okt. Strafkammer. (Fortsetzung.)
4) Johann Valentin Baumann, 64 Jahr alt, Schuh-
macher von Rohrbach und dessen Sohn Johann Joseph
Baumann 27 Jahr alt von dort, wurden vom Schöffen-
gericht Sinsheim der Bedrohung des Lehrers Jakob
Keller von Rohrbach wegen ersterer in eine Gefängniß-
strafe von 8 Tagen, letzterer in eine solche von 4 Wochen
vernrtheilt und legten dagegen Berufung ein. Die Be-
rufung des Valentin Baumann wird als unbegründet
verworfen; bei Josef Baumann jedoch die ursprüngliche
Gefängnißstrafe von 4 Wochen auf 18 Tage ermäßigt.
5) Friedrich Blechschmibt, 36jähr. Eisengießer von
Mannheim, wurde vom Schöffengericht Sinsheim von
der erhobenen Anklage der Beleidigung freigesprochen.
Der Privatkläger legte Berufung ein, erschien aber nicht
zur Verhandlung, weßhalb die Berufung als unbegründet
verworfen wird.
Frankfurt, 15. Okt. Das heute verkündete Ur-
theil des Landgerichts in der Berufungsinstanz
spricht Frohme und Geiser von der Beschuldigung
des Mißbrauchs von Eisenbahnkarten frei, da die
dolose Absicht fehle.
München, 14. Okt. Der Schenkkellner Karl
Schwarz von Ellingen stand heute vor dem Land-
gericht I, angeklagt des Vergehens gegen das Nah-
rungsmittelgesetz. Derselbe war als Schenkkellner
1 ein halb Monat lang in der Gabelsberger Braue-
rei dahier bedienstet und hatte die üble Gewohn-
heit, die . Maßkrüge, welche an die Gäste durch die
Kellnerin gefüllt abgegeben werden, unter der
Schenke aufzustellen und in dieselben altes Neig-
bier in verschieden Quantitäten einzutheilen, so daß
die Gäste, welche das Bier durch die Kellnerin be-
kamen, etwas Neigbier, ob rein oder unrein, zu ge-
nießen bekamen. Herr Inspektor Zapf bekam von
diesem Neigbier auch zu trinken, hielt eine Visitation
und fand die Maßkrüge in der oben beschriebenen
Art vor. Heute erklärte der Beschuldigte, daß
sämmtliche Schenkkellner (!) dahier die Neiglein
verwenden. Das Urtheil lautete auf 70 Mark
Geldstrafe, eventuell 7 Tage Gefängniß.

Handelsberichte.
— In Rothwell am Kaiserstuhl hat man mit dem
Herbst begonnen. Der Wein wird dem 1878er annäh-
rend gleich kommen. Käufe wurden abgeschlossen zu
48—54 M. Per Öhm. Gewicht 65—90 Grab. — In
Niederri m singen am Tuniberg ist der Herbst seit
dem 12. ds. M. im Gang. Qualität gut, Quantität
Mittelherbst.
— In Horn am Untersee, wo der Herbst mit dieser
Woche beginnt, erwartet man einen Drittelsherbst. Der
Wein wird zu den bessern Jahrgängen zählen. — In
Allensbach hat die Weinlese am 11. ds. begonnen,
Nach den vorläufigen Ergebnissen ist ein ordentlicher
haltbarer weißer Mittclwein und ein vorzüglicher Roth
wein, der demjenigen aus bessern Jahrgängen anzureihen
ist, in Aussicht zu nehmen. Die Quantität ist sehr ver-
schieden; im allgemeinen wird man das Ergebniß mit
einem halben Herbst bezeichnen dürfen.
— Rheinweiler ist das Erträgniß kaum ein
Drittelsherbst, Qualität gut. Käufe wurden noch nicht
abgeschlossen. Die Käufer erwarten mit Recht den Herbst
an jenen Orten ab, deren Weinproduzenten den Herbst
nicht übereilten.
— Der augenblickliche Obstmarkt zu Heilbronn
gestaltet sich folgendermaßen: Aepfel 4.60—5.30 M.,
Birnen 4.80—6 M. pr. Ztr., gebroch. Obst 6.20—50 pr.
Ztr. — Konstanz 12. Ökt. Mostbirnen 8—11 M., Most-
äpfel 6—7 M. per Doppelztr.
— Nürnberg, 11. Ökt. (Marktbericht.) Zu den
vom Dienstagsmarkt unverkauft gebliebenen etwa 400
Säcken Hopfen kam gestern eine weitere Zufuhr vom
Lande von beiläufig 250 Säcken; das Geschäft eröffnete
in ruhiger Haltung, doch wurde im Laufe des Tages
ein Umfang von etwa 800 Ballen erzielt, wobei Preise
im Allgemeinen gleich blieben. Preise: Marktwaare,
prima 148—152 M., mittel 136—142 M., Aisch- und
Zenngründer prima 148—152 M., mittel 135—140 M,
Altdorfer und Hersbrucker Gebirgshopfen 155—160 M.,
Hallertauer Siegelgut prima 165—175 M., mittel 150
bis 155 M., Spalter Land, schwere Lagen 220—225 M.,
Württemberger, prima 160—170 M., badischer, mittel
130—142 M., Elsäßer, prima 140—145 M, mittel 130
bis 135 M.
— Mit Beginn der nun abgelaufenen Woche hat sich
in Rottenburg das Hopfengeschäft recht lebhaft ge-
staltet, da die zurückhaltenden Händler nicht blos durch
mehr Kauflust, sondern auch durch bessere Preise unseren
Hopfenproduzenten entgegenkamen und so verschiedene
Eigner, des Hinwartens auf namhaft bessere Preise
müde, williger absetzten.
Verantwortl. Redakteur: vr. H. Wayder in Heidelberg.
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Otto Sammler, Schreibmat.-Handl., Hauptstraße 2.
vis-L-vis Darmstädter Hof.
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