nach Valencia statt. Die Häuser und Schiffe
sind festlich geflaggt. Das Wetter ist heiter, aber
etwas windig.
Genua, 19. Nov. Der Kronprinz verließ
Nachmittags zwei Uhr das königliche Palais, um
sich zur Fahrt nach Spanien einzuschiffen. Er
trug die Uniform eines Feldmarschalls mit italie-
nischen Ordensabzeichen. Eine Kompagnie In-
fanterie mit Fahne und Musik hatte sich am Hafen
aufgestellt und machte die militärischen Honneurs.
Dicht an der Landungsbrücke stand eine Abtheilung
Pompiers. Der Kronprinz schritt die Front ab
und lobte die treffliche Haltung. Bei der Verab-
schiedung von den Behörden bemerkte der Kronprinz,
es werde ihm zur Genugthuung gereichen, bei allen
Gelegenheiten seine Freundschaft für Jtalieu und
das Haus Savoyen beweisen zu können. Im
Augenblick, als der Kronprinz an Bord des „Adal-
bert" ging, zogen sämmtliche im Hafen liegenden
deutschen, italienischen und russischen Schiffe die
Galaflaggen aus. Die Matrosen waren in den
Raaen, Musikkorps spielten die italienische und
deutsche Nationalhymne, Artilleriesalven erdröhnten,
die zahlreiche Menge fiel mit enthusiastischem Hurrah-
rufen ein. Eine große Reihe Barken begleitete das
kronprinzliche Schiff noch eine Stunde weit, bis
das deutsche Geschwader unter nochmaligen Artillerie-
salven den Hafen verlassen. Der General Cavara
und Herr v. Keudell hatten den Kronprinzen bis
au Bord des Schiffes begleitet. Die Landungs-
brücke wird zukünftig den Namen des Kronprinzen
führen.
Belgrad, 19. Nov. In der Regierung nahe-
stehenden Kreisen herrscht die Parole: Größte
Milde gegen die Verführten, volle Strenge gegen
die Verführer. Trotzdem diplomatische Einflüsse
thätig sind, um den König zur Milde zu stimmen,
gilt demnach das Schicksal mehrerer Führer der
Radikalen, namentlich Todorovic, in dem man
den Agenten von Karageorgevic sieht und ihn
darum haßt, für besiegelt. Die bisherigen Todes-
urtheile betreffen den Popen Miloje, einen alten
Verschwörer, dann einen Anführer der Insurgenten-
schaar Boljevatz, endlich einen Bauer, der an-
geblich mehrere Personen wegen Verweigerung des
Anschlusses an die Empörung uiederschoß. Die
Regierungskreise wollen unwiderlegliche Jndicien
für die Vorbereitung von sehr langer Hand, für
die sorgfältige Organisation und die militärische
Schulung und Leitung besitzen. Sie beschuldigen
Montenegro und Rußland.
Madrid, 17. Nov. Valencia ist nun endlich
als definitiver Ankunftsort des deutschen Kron-
prinzen bestimmt. Die Presse von Valencia, auch
die republikanische, begrüßt den Kronprinzen höchst
sympathisch. Die Ankunft in Valencia wird am
23. Nov., Morgens, erwartet. Die Deutschen in
Madrid, deren Anzahl sich auf etwa 200 beläuft,
werden dem Kronprinzen nach seiner Ankunft eine
Adresse überreichen.
Madrid, 19. Nov. Der deutsche Gesandte, und
die zum Empfange des deutschen Kronprinzen
bestimmten Persönlichkeiten gehen heute nach
Valencia. Der königliche Hofzug geht
Dienstag dorthin. Eine Batterie Feldartillerie
gibt bei der Landung des Kronprinzen Salutschüsse
ab. Auf dem Quai bilden zehn Bataillone
Infanterie, zwei Regimenter Kavallerie
und ein Regiment Artillerie Spalier.
Kairo, 19. Nov. Der Khedive hat Sultan
Pascha zum Präsidenten des legislativen Rathes
ernannt. Man meldet die vollständige Niederlage
von Moncrieff bei Toka^ Moncrieff selbst ist
todt. Die Araber griffen Suakim an, wurden
aber zurückgeschlagen. In letzterer Stadt herrscht
große Panik.
Verschiedene Nachrichten.
II. Mannheim, 18. Novbr. Unter der bewährten
Direktion des Herrn Jsenmann ging gestern Abend
im Concertsaale des Hoftheaters eine Abenbunterhaltnng
der Liedertafel in Scene. Die Männerchöre, ins-
besondere der „Jägerchor" von Fischer und „Deutsches
Bölkergebet" von Jsemann waren von durchschlagender
Wirkung. Orssosnäo, äsorssosnclo und plano kamen in
glänzendster Weise zur Geltung. Auf das Cellospiel des
Herrn Hugo Becker freuten wir uns im Voraus. Herr
Becker erschien aber nicht. Statt dessen fand sich die
Hofopernsängerin, Frl. Feldermann, bewogen, uns
mil einigen Solopartien zu ergötzen. Durch mehrmali-
ges Hervorrufen wurde die Sängerin für ihre herrlichen
Vorträge geehrt. Herr Heinr. Küllmer, mit präch-
tiger Baritonstimme, gab einige Lieder von Schumann
und Jensen zum Besten, welche mit vielem Pathos von
ihm vorgetragen wurden.
— In Mannheim wurden für das dortige Theater
128,000 M. in das Budget eingestellt; 8000 M. sollen
zur Verbesserung der Gehälter der Orchestermitglieder
und anderer gering besoldeter Mitglieder des Hoftheaters
dienen.
— Die Mannheimer Getreidespekulanten haben
solche Massen Frucht angehäuft, daß sie gar nicht wissen,
wo sie diese Ungeheuern Mengen unterbringen. Man
munkelt auch von Klemmen, in denen sich Spekulanten
befinden sollen.
— Inder Aktienbrauerei Schwetzingen
wird gegenwärtig ein neues Kühlschiff aufge-
stellt und sind überhaupt noch weitere Verände-
rungen theils in Angriff, theils in Aussicht ge-
nommen. Die ausgezeichnete Rentabilität dieses
Geschäftes läßt sich daraus schließen, daß der Ge-
winn dieses Jahr über 73,000 Mk. beträgt, wovon
nach mehreren Abschreibungen noch 8sis Prozent
Dividende für die Aktionäre abfallen werden. In
der Ende dieses Monats dahier stattfindenden
Generalversammlung wird zu weiteren Bauten auch
eine Erhöhung des Aktienkapitals um 250,000 Mk.
beantragt werden.
— Ein Bruchsaler Jagdpächter hatte auf der
Jagd bei Heidelsherm das Unglück, durch einen unvor-
sichtigen Schuß zwei auf dem Felde arbeitende Leute
zu verwunden.
Karlsruhe, 19. Novbr. Nach einem Erlaße des
Staatssekretärs des Reichs-Postamts soll es von jetzt
ab versuchsweise gestattet fein, Waarenproben in Rollen-
form zur Beförderung mit der Briefpost gegen Entrich-
tung des für Waarenprobensendungen festgesetzten er-
mäßigten Portos bei den Postanstalten unter den vor-
geschriebenen Bedingungen einzulicfern.
— Aus Ko nsta n z wird unterm 18. ds. der „Bad.
Ldsztg." geschrieben: Mit großer Spannung sah die
hiesige Einwohnerschaft schon lange der gestrigen Stadt-
verordnetensitzung entgegen, in der sich der letzte Akt
der Stromeyer'scheu Tragödie abspielen sollte. Die
Tagesordnung lautete: 1. Die Ersatzansprüche der Spar-
kasse wegen der Verluste an den Bangesellschafts- und
anderen Hypotheken. 2. Die Ersatzansprüche der Stadt-
kasse wegen des Verlustes der 2. Serie der 30,000 M-
Die Stadtkasse hatte nämlich außer der, durch den
Kassir Waldvogel'schen Eingriff in die Kasse erlittenen
Einbuße im Betrage von 20,000 M., durch allzu große
Hypothekdarleihen an die hiesige Baugesellschaft, wofür
ihr die Ziegelfabrik, eine Anzahl Arbeiterhäuser und
Villen versetzt wurden, die bei der Versteigerung nicht
gedeckt wurden, große Verluste erlitten, die den Reserve-
sond im Betrage von 100,000 M. aufzehrten, den die
Stadtgemeinde alsbald wieder vervollständigte. Dafür
wollte man nun den Verwaltungsrath, an der Spitze
Oberbürgermeister Stromeyer, verantwortlich machen.
Nach langer lebhafter Verhandlung wurde dann gestern
folgender Kommissionsantrag einstimmig (mit Ausnahme
des Hrn. Schmidt-Pecht, welcher sich der Abstimmung
enthielt) angenommen: „Wir beantragen, daß die Ersatz-
ansprüche für die Verluste der Sparkasse bei den Dar-
lehen L 0 v der Vorlage I (140,000, 120,000 109,588,
2286 M.) gegen die Mitglieder des Verwaltungsrathes
der Sparkasse geltend gemacht und bei erfolgter Zahl-
ungsverweigerung gerichtlich eingeklagt werden, wobei
der Stadtrath ermächtigt wird, vor Einreichung der
Klage etwaige, in Frist von 3 Wochen an ihn gelangende
Vergleichsangebote der Betheiligten entgegen zu nehmen.
In sofern er sie für annehmbar erachtet, soll dem Aus-
schuß weitere Vorlage gemacht werden." Hinsichtlich
des zweiten Antrags, Ersatz des Verlustes der 2. Serie
von Aktien des Badhotels im Betrage von 30,000 M.,
welche auf Veranlassung des Oberbürgermeisters Stro-
meyer genommen wurden und 685 M. 72 Pf. von ihm
zu viel erhobener Gebühren erfolgte ebenfalls die ein-
stimmige Annahme des Kommissionsantrags: „Wir be-
antragen, daß die Ersatzansprüche, sowohl bezüglich der
30,000 M. aus der 2. Serie der Badhotelaktien, als be-
züglich des Postens von 685 M. 72 Pf. gerichtlich bei-
getrieben werden, wenn nicht seitens des beklagten Theils
innerhalb der Frist von drei Wochen ein annehmbarer
Vorschlag zu einem Vergleiche gemacht wird.
Frankfurt. Ein Stammgast kam am Samstag
Morgen, ganz in der Frühe, in eine Wirthschaft in der
alten Mainzergasse und wurde bei seinem Eintreten von
der Wirthin befragt, ob er denn nicht an dem Leichen-
begängniß des R., welches etwa eine halbe Stunde
später staitfinden werde, sich betheilige- Als der Befragte
hieraus von den anwesenden Leidtragenden hörte, daß
der Verblichene in seinem Testament bestimmt habe, daß
Jeder, der ihm zur letzten Ruhe folge, aus seinem Nach-
lasse 20 Mark zu empfangen habe, entsann er sich, daß
der Verstorbene ein sehr guter Bekannter von ihm ge-
wesen, eilte flugs nach Haus, warf sich in Feierkleider
und war der erste, der am Sterbehause erschien. Nach-
dem die Bestattung stattgehabt, hörte er auf desfallstges
Befragen, daß der ausgesetzte Betrag jedenfalls von den
Hinterbliebenen Angehörigen, welche jetzt noch zusammen
seien, ausbezahlt würde. Der biedere Spenglermeister
aus der Bendergasse, ging hierauf in das Haus, fand
dort auch die Trauernden beisammen und wurde ihm
wohl Kuchen und Wein offerirt, aber von 20 Mk. war
keine Rede. Bei seinen späteren Nachforschungen ent-
deckte er, daß man sich mit ihm ein Scherz erlaubte.
— Ein Dienstmann, welcher noch ein einziges
Loos der Homburger Lotterie übrig hatte, weil er das-
selbe nicht an den Mann bringen konnte, gewann durch
dasselbe den vierten Preis genannter Lotterie.
Eßen, 14. Nov. Aus einem hiesigen Goldwaaren-
geschäft wurden in der Nacht zum letzten Sonntag
Schmucksachen und Uhren im Werthe von zusammen
20,000 Mark gestohlen. Der Dieb hatte sich in das
Haus des Bestohlenen eingeschlichen und daselbst ein-
schließen lassen.
— Die Parsifal-Anfführungkn in Bayreuth
im Jahre 1884 werden, wie aus Wagner-Vereins-
kreisen verlautet, 10 Vorstellungen umfassen und in
der Zeit vom 13. Juli bis 18. August stattfinden.
Die meisten der hierzu eingeladenen Künstler haben
zusagend geantwortet.
— Ermordung einer Convertitin. Der
„Deutschen Ztg." wird aus Czernowitz berichtet:
„An einem Herbsttage des Jahres 1871 wurde in
dem nächst Sadagora gelegenen Dörfchen
Rohozna ein grauenhaftes Verbrechen verübt, das
noch bis zum heutigen Tage in ein undurchdring-
liches Dunkel gehüllt ist. Aus einem Feldbrunuen,
dem plötzlich ein penetranter Fäulnißgeruch entstieg,
zogen mehrere Bauern die Leiche eines noch jungen
unbekannten Mädchens mit auf den Rücken ge-
bundenen Händen und durchschnittenem Halse. Be-
hufs Agnoszirung wurde dieselbe mehrere Tage
hindurch in Sadagora ausgestellt und dann Photo-
graphin, was jedoch resultatlos blieb. Die einge-
leitete Untersuchung blieb ebenfalls ohne den ge-
wünschten Erfolg. Die Spur der Herkunft dieses
Mädchens wurde nach Rußland verfolgt und dort,
tief in Bessarabien, soll dieses Mädchen ihrem
Vater, einem Juden, entlaufen und zum
katholischen Glauben übergetreten sein,
da der Bräutigam des Mädchens, ein
reicher Bauernsohn, nur unter dieser
Bedingung das schöne Judenmädchen
heirathen wollte. Eines Tages — der an-
getraute Gatte war in Geschäften verreist — wurde
Jerena Spiwak, so ihr Name, entführt. An der
Grenze will man drei Männer (Russen) in Gesell-
schaft eines Mädchens gesehen haben, die nach
Oesterreich fuhren. Zwei dieser Männer sind meh-
rere Tage später nach Rußland zurückgekehrt —
das Mädchen und der Unbekannte scheinen knapp
an der russischen Grenze in Bojan oder Sadagora
zurückgeblieben zu sein. Die vor zwölf Jahren
durchgeführte Untersuchung schloß mit dem End-
resultate: „Ein aus Rußland entführtes Mädchen
wurde höchst wahrscheinlich aus Rache, weil das-
selbe zum christlichen Glauben übergetreten war,
oder aus anderen Gründen von russischen Unter-
thanen ermordet." — Vor zwei Jahren geriethen
ein gewisser Jtzig Danzinger und Leiser Schneider
in der Schenke des Elkmann Schreiber in Rohozna
in Streit und da soll Danzinger dem Schneider
drohend zugerufen haben: „Du Schojchet (Schächter),
Du bist Derjenige, welcher vor mehreren Jahren
das Mädchen aus Rußland hingeschlachtet hat,
warte!" Schneider fiel dem Danziger um den Hals
und bat ihn, zu schweigen; es fand eine Aus-
söhnung statt und bis vor wenigen Tagen herrschte
Ruhe in Rohozna. Heute steigt das Schreckens-
gespenst jenes ermordeten Mädchens wieder aus
dem Grabe und versetzt Rohozna und die Um-
gebung in Unruhe und Aufregung, da der Gen-
darmerie-Wachtmeister aus Sadagora den oben er-
wähnten Leiser Schneider dem hiesigen Landge-
richte überlieferte, mit der Anzeige, dieser sei drin-
gend verdächtig, den Mord im Jahre 1871 voll-
bracht zu haben. Szmigelski will nämlich seit der
vom Danzinger gethaneu drohenden Aeußerung,
also zwei Jahre hindurch, Nachforschungen in jener
Richtung gepflogen haben und auf Grund zahl-
reicher Verdachtsmomente zur Ueberzeugung gelangt
sein, nur Schneider sei der Mörder.
— Ein Kampf mit Nihilisten. Aus Odessa
vom 10. d. wird berichtet: In der Nacht zum 5. Nov.
fand unweit der mittelrussischen Gouvernementsstadt
Charkow ein Kampf zwischen Nihilisten und ebenfalls
bewaffneten Polizei- und Gerichtsbeamten statt. Das
Exkutiv-Comits der Partei „NarodnajaWolja" brauchte
wieder einmal Geld und zu diesem Zwecke beauftragte
es ferne Charkower Genossen, bei der ersten besten Ge
legenheit die zwischen Charkow, Kupiansk u. s. w. ver-
kehrende Geldpost zu berauben. Die Charkower Nihi
fisten trafen sofort alle nöthigen Vorbereitungen und
bestimmten die Ausführung des Raubes für den Abend
des 5. d. Dieser Plan der Charkower Nihilisten wurde
aber von einem ihrer Genossen der Charkower Polizei
verrathen, und auch diese traf ihre Vorbereitungen. Am
Abend des 5. d. wurde der Äeldpostwagen anstatt wie
gewöhnlich mit zwefi mit vier starken Pferden bespannt
und mit zwei bewaffneten Postillonen zum Schutze des
ebenfalls bewaffneten Kutschers besetzt- Üeberdies folgten
dem Wagen in einiger Entfernung zwei Polizeibeamte,
alle beritten und bewaffnet. Der Postwagen fuhr wie
gewöhnlich von Charkow um 9 Uhr abends ab, und
kaum war er etwa eine Meile außerhalb der Stadt, als
mitten auf der Chausse vor den Pferden ein Individuum
auftauchte, die Pferde bei den Halftern packte und
„8tos!" (Halt!) schrie. Sofort fiel auch ein Schuß gegen
die auf dem Bock sitzenden Postillone, die aber unverletzt
blieben und auch ihrerseits drei Schüsse abgaben. Da
stürzten von beiden Seiten der Straße etwa sieben In-
dividuen herbei, und während einige den Wagenkasten
von hinten mit Hacken zu bearbeiten anfingen, schossen
die anderen auf die Postillone. Aber in demselben Augen-
blicke eilten die oben erwähnten Begleiter herbei, und
nun begann ein Kampf mit den Räubern. Von beiden
Seiten wurden zahlreiche Revolverschüsse abgegeben, wo
bei mehrere Pferde getroffen wurden. Endlich mußten
die Räuber der Uebermacht weichen. Auf der Flucht
wurde einer derselben von dem Bürgermeister-Stellver-
treter eingeholt und ergriffen. Dieser wehrte sich aber
mit aller Kraft und vermochte sich, ungeachtet er bereits
verwundet war, zu befreien. Er lief hieraus noch 32
Schritte, stolperte aber und stürzte zusammen. Als der
sind festlich geflaggt. Das Wetter ist heiter, aber
etwas windig.
Genua, 19. Nov. Der Kronprinz verließ
Nachmittags zwei Uhr das königliche Palais, um
sich zur Fahrt nach Spanien einzuschiffen. Er
trug die Uniform eines Feldmarschalls mit italie-
nischen Ordensabzeichen. Eine Kompagnie In-
fanterie mit Fahne und Musik hatte sich am Hafen
aufgestellt und machte die militärischen Honneurs.
Dicht an der Landungsbrücke stand eine Abtheilung
Pompiers. Der Kronprinz schritt die Front ab
und lobte die treffliche Haltung. Bei der Verab-
schiedung von den Behörden bemerkte der Kronprinz,
es werde ihm zur Genugthuung gereichen, bei allen
Gelegenheiten seine Freundschaft für Jtalieu und
das Haus Savoyen beweisen zu können. Im
Augenblick, als der Kronprinz an Bord des „Adal-
bert" ging, zogen sämmtliche im Hafen liegenden
deutschen, italienischen und russischen Schiffe die
Galaflaggen aus. Die Matrosen waren in den
Raaen, Musikkorps spielten die italienische und
deutsche Nationalhymne, Artilleriesalven erdröhnten,
die zahlreiche Menge fiel mit enthusiastischem Hurrah-
rufen ein. Eine große Reihe Barken begleitete das
kronprinzliche Schiff noch eine Stunde weit, bis
das deutsche Geschwader unter nochmaligen Artillerie-
salven den Hafen verlassen. Der General Cavara
und Herr v. Keudell hatten den Kronprinzen bis
au Bord des Schiffes begleitet. Die Landungs-
brücke wird zukünftig den Namen des Kronprinzen
führen.
Belgrad, 19. Nov. In der Regierung nahe-
stehenden Kreisen herrscht die Parole: Größte
Milde gegen die Verführten, volle Strenge gegen
die Verführer. Trotzdem diplomatische Einflüsse
thätig sind, um den König zur Milde zu stimmen,
gilt demnach das Schicksal mehrerer Führer der
Radikalen, namentlich Todorovic, in dem man
den Agenten von Karageorgevic sieht und ihn
darum haßt, für besiegelt. Die bisherigen Todes-
urtheile betreffen den Popen Miloje, einen alten
Verschwörer, dann einen Anführer der Insurgenten-
schaar Boljevatz, endlich einen Bauer, der an-
geblich mehrere Personen wegen Verweigerung des
Anschlusses an die Empörung uiederschoß. Die
Regierungskreise wollen unwiderlegliche Jndicien
für die Vorbereitung von sehr langer Hand, für
die sorgfältige Organisation und die militärische
Schulung und Leitung besitzen. Sie beschuldigen
Montenegro und Rußland.
Madrid, 17. Nov. Valencia ist nun endlich
als definitiver Ankunftsort des deutschen Kron-
prinzen bestimmt. Die Presse von Valencia, auch
die republikanische, begrüßt den Kronprinzen höchst
sympathisch. Die Ankunft in Valencia wird am
23. Nov., Morgens, erwartet. Die Deutschen in
Madrid, deren Anzahl sich auf etwa 200 beläuft,
werden dem Kronprinzen nach seiner Ankunft eine
Adresse überreichen.
Madrid, 19. Nov. Der deutsche Gesandte, und
die zum Empfange des deutschen Kronprinzen
bestimmten Persönlichkeiten gehen heute nach
Valencia. Der königliche Hofzug geht
Dienstag dorthin. Eine Batterie Feldartillerie
gibt bei der Landung des Kronprinzen Salutschüsse
ab. Auf dem Quai bilden zehn Bataillone
Infanterie, zwei Regimenter Kavallerie
und ein Regiment Artillerie Spalier.
Kairo, 19. Nov. Der Khedive hat Sultan
Pascha zum Präsidenten des legislativen Rathes
ernannt. Man meldet die vollständige Niederlage
von Moncrieff bei Toka^ Moncrieff selbst ist
todt. Die Araber griffen Suakim an, wurden
aber zurückgeschlagen. In letzterer Stadt herrscht
große Panik.
Verschiedene Nachrichten.
II. Mannheim, 18. Novbr. Unter der bewährten
Direktion des Herrn Jsenmann ging gestern Abend
im Concertsaale des Hoftheaters eine Abenbunterhaltnng
der Liedertafel in Scene. Die Männerchöre, ins-
besondere der „Jägerchor" von Fischer und „Deutsches
Bölkergebet" von Jsemann waren von durchschlagender
Wirkung. Orssosnäo, äsorssosnclo und plano kamen in
glänzendster Weise zur Geltung. Auf das Cellospiel des
Herrn Hugo Becker freuten wir uns im Voraus. Herr
Becker erschien aber nicht. Statt dessen fand sich die
Hofopernsängerin, Frl. Feldermann, bewogen, uns
mil einigen Solopartien zu ergötzen. Durch mehrmali-
ges Hervorrufen wurde die Sängerin für ihre herrlichen
Vorträge geehrt. Herr Heinr. Küllmer, mit präch-
tiger Baritonstimme, gab einige Lieder von Schumann
und Jensen zum Besten, welche mit vielem Pathos von
ihm vorgetragen wurden.
— In Mannheim wurden für das dortige Theater
128,000 M. in das Budget eingestellt; 8000 M. sollen
zur Verbesserung der Gehälter der Orchestermitglieder
und anderer gering besoldeter Mitglieder des Hoftheaters
dienen.
— Die Mannheimer Getreidespekulanten haben
solche Massen Frucht angehäuft, daß sie gar nicht wissen,
wo sie diese Ungeheuern Mengen unterbringen. Man
munkelt auch von Klemmen, in denen sich Spekulanten
befinden sollen.
— Inder Aktienbrauerei Schwetzingen
wird gegenwärtig ein neues Kühlschiff aufge-
stellt und sind überhaupt noch weitere Verände-
rungen theils in Angriff, theils in Aussicht ge-
nommen. Die ausgezeichnete Rentabilität dieses
Geschäftes läßt sich daraus schließen, daß der Ge-
winn dieses Jahr über 73,000 Mk. beträgt, wovon
nach mehreren Abschreibungen noch 8sis Prozent
Dividende für die Aktionäre abfallen werden. In
der Ende dieses Monats dahier stattfindenden
Generalversammlung wird zu weiteren Bauten auch
eine Erhöhung des Aktienkapitals um 250,000 Mk.
beantragt werden.
— Ein Bruchsaler Jagdpächter hatte auf der
Jagd bei Heidelsherm das Unglück, durch einen unvor-
sichtigen Schuß zwei auf dem Felde arbeitende Leute
zu verwunden.
Karlsruhe, 19. Novbr. Nach einem Erlaße des
Staatssekretärs des Reichs-Postamts soll es von jetzt
ab versuchsweise gestattet fein, Waarenproben in Rollen-
form zur Beförderung mit der Briefpost gegen Entrich-
tung des für Waarenprobensendungen festgesetzten er-
mäßigten Portos bei den Postanstalten unter den vor-
geschriebenen Bedingungen einzulicfern.
— Aus Ko nsta n z wird unterm 18. ds. der „Bad.
Ldsztg." geschrieben: Mit großer Spannung sah die
hiesige Einwohnerschaft schon lange der gestrigen Stadt-
verordnetensitzung entgegen, in der sich der letzte Akt
der Stromeyer'scheu Tragödie abspielen sollte. Die
Tagesordnung lautete: 1. Die Ersatzansprüche der Spar-
kasse wegen der Verluste an den Bangesellschafts- und
anderen Hypotheken. 2. Die Ersatzansprüche der Stadt-
kasse wegen des Verlustes der 2. Serie der 30,000 M-
Die Stadtkasse hatte nämlich außer der, durch den
Kassir Waldvogel'schen Eingriff in die Kasse erlittenen
Einbuße im Betrage von 20,000 M., durch allzu große
Hypothekdarleihen an die hiesige Baugesellschaft, wofür
ihr die Ziegelfabrik, eine Anzahl Arbeiterhäuser und
Villen versetzt wurden, die bei der Versteigerung nicht
gedeckt wurden, große Verluste erlitten, die den Reserve-
sond im Betrage von 100,000 M. aufzehrten, den die
Stadtgemeinde alsbald wieder vervollständigte. Dafür
wollte man nun den Verwaltungsrath, an der Spitze
Oberbürgermeister Stromeyer, verantwortlich machen.
Nach langer lebhafter Verhandlung wurde dann gestern
folgender Kommissionsantrag einstimmig (mit Ausnahme
des Hrn. Schmidt-Pecht, welcher sich der Abstimmung
enthielt) angenommen: „Wir beantragen, daß die Ersatz-
ansprüche für die Verluste der Sparkasse bei den Dar-
lehen L 0 v der Vorlage I (140,000, 120,000 109,588,
2286 M.) gegen die Mitglieder des Verwaltungsrathes
der Sparkasse geltend gemacht und bei erfolgter Zahl-
ungsverweigerung gerichtlich eingeklagt werden, wobei
der Stadtrath ermächtigt wird, vor Einreichung der
Klage etwaige, in Frist von 3 Wochen an ihn gelangende
Vergleichsangebote der Betheiligten entgegen zu nehmen.
In sofern er sie für annehmbar erachtet, soll dem Aus-
schuß weitere Vorlage gemacht werden." Hinsichtlich
des zweiten Antrags, Ersatz des Verlustes der 2. Serie
von Aktien des Badhotels im Betrage von 30,000 M.,
welche auf Veranlassung des Oberbürgermeisters Stro-
meyer genommen wurden und 685 M. 72 Pf. von ihm
zu viel erhobener Gebühren erfolgte ebenfalls die ein-
stimmige Annahme des Kommissionsantrags: „Wir be-
antragen, daß die Ersatzansprüche, sowohl bezüglich der
30,000 M. aus der 2. Serie der Badhotelaktien, als be-
züglich des Postens von 685 M. 72 Pf. gerichtlich bei-
getrieben werden, wenn nicht seitens des beklagten Theils
innerhalb der Frist von drei Wochen ein annehmbarer
Vorschlag zu einem Vergleiche gemacht wird.
Frankfurt. Ein Stammgast kam am Samstag
Morgen, ganz in der Frühe, in eine Wirthschaft in der
alten Mainzergasse und wurde bei seinem Eintreten von
der Wirthin befragt, ob er denn nicht an dem Leichen-
begängniß des R., welches etwa eine halbe Stunde
später staitfinden werde, sich betheilige- Als der Befragte
hieraus von den anwesenden Leidtragenden hörte, daß
der Verblichene in seinem Testament bestimmt habe, daß
Jeder, der ihm zur letzten Ruhe folge, aus seinem Nach-
lasse 20 Mark zu empfangen habe, entsann er sich, daß
der Verstorbene ein sehr guter Bekannter von ihm ge-
wesen, eilte flugs nach Haus, warf sich in Feierkleider
und war der erste, der am Sterbehause erschien. Nach-
dem die Bestattung stattgehabt, hörte er auf desfallstges
Befragen, daß der ausgesetzte Betrag jedenfalls von den
Hinterbliebenen Angehörigen, welche jetzt noch zusammen
seien, ausbezahlt würde. Der biedere Spenglermeister
aus der Bendergasse, ging hierauf in das Haus, fand
dort auch die Trauernden beisammen und wurde ihm
wohl Kuchen und Wein offerirt, aber von 20 Mk. war
keine Rede. Bei seinen späteren Nachforschungen ent-
deckte er, daß man sich mit ihm ein Scherz erlaubte.
— Ein Dienstmann, welcher noch ein einziges
Loos der Homburger Lotterie übrig hatte, weil er das-
selbe nicht an den Mann bringen konnte, gewann durch
dasselbe den vierten Preis genannter Lotterie.
Eßen, 14. Nov. Aus einem hiesigen Goldwaaren-
geschäft wurden in der Nacht zum letzten Sonntag
Schmucksachen und Uhren im Werthe von zusammen
20,000 Mark gestohlen. Der Dieb hatte sich in das
Haus des Bestohlenen eingeschlichen und daselbst ein-
schließen lassen.
— Die Parsifal-Anfführungkn in Bayreuth
im Jahre 1884 werden, wie aus Wagner-Vereins-
kreisen verlautet, 10 Vorstellungen umfassen und in
der Zeit vom 13. Juli bis 18. August stattfinden.
Die meisten der hierzu eingeladenen Künstler haben
zusagend geantwortet.
— Ermordung einer Convertitin. Der
„Deutschen Ztg." wird aus Czernowitz berichtet:
„An einem Herbsttage des Jahres 1871 wurde in
dem nächst Sadagora gelegenen Dörfchen
Rohozna ein grauenhaftes Verbrechen verübt, das
noch bis zum heutigen Tage in ein undurchdring-
liches Dunkel gehüllt ist. Aus einem Feldbrunuen,
dem plötzlich ein penetranter Fäulnißgeruch entstieg,
zogen mehrere Bauern die Leiche eines noch jungen
unbekannten Mädchens mit auf den Rücken ge-
bundenen Händen und durchschnittenem Halse. Be-
hufs Agnoszirung wurde dieselbe mehrere Tage
hindurch in Sadagora ausgestellt und dann Photo-
graphin, was jedoch resultatlos blieb. Die einge-
leitete Untersuchung blieb ebenfalls ohne den ge-
wünschten Erfolg. Die Spur der Herkunft dieses
Mädchens wurde nach Rußland verfolgt und dort,
tief in Bessarabien, soll dieses Mädchen ihrem
Vater, einem Juden, entlaufen und zum
katholischen Glauben übergetreten sein,
da der Bräutigam des Mädchens, ein
reicher Bauernsohn, nur unter dieser
Bedingung das schöne Judenmädchen
heirathen wollte. Eines Tages — der an-
getraute Gatte war in Geschäften verreist — wurde
Jerena Spiwak, so ihr Name, entführt. An der
Grenze will man drei Männer (Russen) in Gesell-
schaft eines Mädchens gesehen haben, die nach
Oesterreich fuhren. Zwei dieser Männer sind meh-
rere Tage später nach Rußland zurückgekehrt —
das Mädchen und der Unbekannte scheinen knapp
an der russischen Grenze in Bojan oder Sadagora
zurückgeblieben zu sein. Die vor zwölf Jahren
durchgeführte Untersuchung schloß mit dem End-
resultate: „Ein aus Rußland entführtes Mädchen
wurde höchst wahrscheinlich aus Rache, weil das-
selbe zum christlichen Glauben übergetreten war,
oder aus anderen Gründen von russischen Unter-
thanen ermordet." — Vor zwei Jahren geriethen
ein gewisser Jtzig Danzinger und Leiser Schneider
in der Schenke des Elkmann Schreiber in Rohozna
in Streit und da soll Danzinger dem Schneider
drohend zugerufen haben: „Du Schojchet (Schächter),
Du bist Derjenige, welcher vor mehreren Jahren
das Mädchen aus Rußland hingeschlachtet hat,
warte!" Schneider fiel dem Danziger um den Hals
und bat ihn, zu schweigen; es fand eine Aus-
söhnung statt und bis vor wenigen Tagen herrschte
Ruhe in Rohozna. Heute steigt das Schreckens-
gespenst jenes ermordeten Mädchens wieder aus
dem Grabe und versetzt Rohozna und die Um-
gebung in Unruhe und Aufregung, da der Gen-
darmerie-Wachtmeister aus Sadagora den oben er-
wähnten Leiser Schneider dem hiesigen Landge-
richte überlieferte, mit der Anzeige, dieser sei drin-
gend verdächtig, den Mord im Jahre 1871 voll-
bracht zu haben. Szmigelski will nämlich seit der
vom Danzinger gethaneu drohenden Aeußerung,
also zwei Jahre hindurch, Nachforschungen in jener
Richtung gepflogen haben und auf Grund zahl-
reicher Verdachtsmomente zur Ueberzeugung gelangt
sein, nur Schneider sei der Mörder.
— Ein Kampf mit Nihilisten. Aus Odessa
vom 10. d. wird berichtet: In der Nacht zum 5. Nov.
fand unweit der mittelrussischen Gouvernementsstadt
Charkow ein Kampf zwischen Nihilisten und ebenfalls
bewaffneten Polizei- und Gerichtsbeamten statt. Das
Exkutiv-Comits der Partei „NarodnajaWolja" brauchte
wieder einmal Geld und zu diesem Zwecke beauftragte
es ferne Charkower Genossen, bei der ersten besten Ge
legenheit die zwischen Charkow, Kupiansk u. s. w. ver-
kehrende Geldpost zu berauben. Die Charkower Nihi
fisten trafen sofort alle nöthigen Vorbereitungen und
bestimmten die Ausführung des Raubes für den Abend
des 5. d. Dieser Plan der Charkower Nihilisten wurde
aber von einem ihrer Genossen der Charkower Polizei
verrathen, und auch diese traf ihre Vorbereitungen. Am
Abend des 5. d. wurde der Äeldpostwagen anstatt wie
gewöhnlich mit zwefi mit vier starken Pferden bespannt
und mit zwei bewaffneten Postillonen zum Schutze des
ebenfalls bewaffneten Kutschers besetzt- Üeberdies folgten
dem Wagen in einiger Entfernung zwei Polizeibeamte,
alle beritten und bewaffnet. Der Postwagen fuhr wie
gewöhnlich von Charkow um 9 Uhr abends ab, und
kaum war er etwa eine Meile außerhalb der Stadt, als
mitten auf der Chausse vor den Pferden ein Individuum
auftauchte, die Pferde bei den Halftern packte und
„8tos!" (Halt!) schrie. Sofort fiel auch ein Schuß gegen
die auf dem Bock sitzenden Postillone, die aber unverletzt
blieben und auch ihrerseits drei Schüsse abgaben. Da
stürzten von beiden Seiten der Straße etwa sieben In-
dividuen herbei, und während einige den Wagenkasten
von hinten mit Hacken zu bearbeiten anfingen, schossen
die anderen auf die Postillone. Aber in demselben Augen-
blicke eilten die oben erwähnten Begleiter herbei, und
nun begann ein Kampf mit den Räubern. Von beiden
Seiten wurden zahlreiche Revolverschüsse abgegeben, wo
bei mehrere Pferde getroffen wurden. Endlich mußten
die Räuber der Uebermacht weichen. Auf der Flucht
wurde einer derselben von dem Bürgermeister-Stellver-
treter eingeholt und ergriffen. Dieser wehrte sich aber
mit aller Kraft und vermochte sich, ungeachtet er bereits
verwundet war, zu befreien. Er lief hieraus noch 32
Schritte, stolperte aber und stürzte zusammen. Als der