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Heidelberger Tageblatt: unabhängige Zeitung für Nordbaden — 1884

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No. 177 - No. 203 (1. August - 31. August)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44124#0752
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Fraukreich.
Paris, 4. Aug. Grevy trifft heute Abend hier
ein. + Blignieres iſt hier eingetroffen, und hat

. Heute Morgen eine Unterredung mit Jules Ferry

gehabt. Man versichert, die französische Regierung

Hei entſchloſſen, mit dem größten Nachdruck die

Zahlung einer Kriegsentſchädigung für die durch die
Beſchießung Alexandriens geschädigten Franzosen zu

verlangen.

Paris, 4. Aug. In Versailles iſt der Congreß
(Nationalverſammlung), bestehend aus dem Senat
und der Abgeordnetenkammer zusammengetreten und

_ hat bereits ſeine erſte Sitzung abgehalten, die äußerst
_ HHgeräuſchvoll verlaufen iſt, da 7T7TO Mitglieder von

857 anwesend waren.
. England.

_ London, 4. Aug. (Oberhaus.) Granville gab
betreffs der Konferenz ähnliche Erklärungen wie
Gladſtone am Samſtag im Unterhauſe ab. Er



> fügte auf Anfragen der Regierung hinzu, er ſchätze

die Unterſtütung Italiens und der Türkei, habe
aber auch keinerlei Grund, über die neutrale Hal-
tung der anderen Großmächte zu klagen. Die nun-
mehr nothwendigen Schritte seien von der Regie-
rung erwogen worden und er hoffe, den erſten der-
ſelben morgen anzukündigen. Salisbury beglück-

_ wuünſchte die Regierung und das Haus. Die Con-

ferenz ſprach die Hoffnung aus, das engliſch-fran-

- zöſiſche Abkommen werde in einer Weiſe ſchweben

bleiben, daß es niemals wieder hervorgeholt werde.
London, 4. Aug. Die heutigen Morgenblätter
heben hervor, daß durch den Mißerfolg der Konferenz

engliſch-französſiſche Abkommen bezüglich Egyp-

tens annullirt sei und England seine Aktionsfreiheit

in Egypten wiedererlangt habe. „Daily News“

_ agt, England müsse jetzt die Verantwortlichkeiten

übernehmen, welche das Vermächtniß von Tel-el-
Kebir seien. Die „Times“ hofft, die Regierung
werde jetzt mit Muth und Festigkeit handeln.



Aus Nagy und Lern.
* Mannheim, 4. Aug. Ein ſehr bedauerlicher
Unglücksfall hat sich heute Vormittag auf der unteren

> _ Müùühlau in der Nähe der Drehbrücke ereignet. An

der zum Einrammen der Pfähle daſelbſt in Thätig-
keit befindlichen Dampfmaſchine plattte nämlich eine
Röhre, in Folge deſſen der Dampf ‘ausſtrömte und
der Bauunternehmer Bernards, sowie deſſen Sohn
und rin Heizer Namens Gleiß aus Speyer ſchwere

Brandwunden erhielten. Bernards und deſſen Sohn

wurden in ihre Wohnung und Gleiß in's Altg.
Krankenhaus verbracht. - Gestern Nachmittag ſuchte
sich ein junger Mann, Schlosser Carl Stotz aus
Heilbronn, auf dem Milchgut durch einen Revolver-
schuß zu tödten; die Kugel blieb im Kopfe ſtecken
und der Unglückliche wurde noch lebend in das hie-

ige Algemeine Krankenhaus verbracht.

* Schwetzingen, 4. Aug. Gestern Nachmittag
wurde in der hiesigen evangeliſchen Kirche das Be-
zirksfeſt der Guſtav-Adolf-Stiftung für die Diöcese
Oberheidelberg abgehalten. Die ſchön geschmückte
H U!tn groen. Alwynne nahm das Geſpräch
wieder auf.
: „Ich hoffe, daß dies Alles nicht nöthig sein wird
liebſte Mutter; den Fall, von dem alles abhängt,
möge der gütige Himmel noch lange, lange Jahre
hinausſchieben; denn, wie Du weißt, werde ich auf
längere Zeit nicht unbeschränkter Herr meiner Hand-

lungen sein. Meines sterbenden Vaters Wunsch |

war, daß ich jedem Entgegenkommen meines Onkels

_ begegnen ſollte und bin ich erſt unter seiner Macht,

so kann ich kaum wissen, wie die Zukunft sich ge-
ſtalten mag. Aber ich verspreche, ehe ein entscheiden-
der Fall eintreten sollte, den die Zukunft von “

Mitten im Sate brach er ab, als sich die Thüre
öffnete und eine Dame eintrat, deren äußere Er-
îſcheinung glänzend uud ſtattlich, deren Toilette aber,
wenn auch keineswegs geschmacklos, doch etwas zu

überladen war, um mit der verfeinerten Umgebung,

die sie jettt betrat, zu harmoniren. Die Dame war
groß und voll mit etwas prononcirten Gesichtszügen

_ in denen ſich vorwaltend Härte ausdrückte, denen

sie jedoch, wenn es ihr gefiel, ein besondere Weich-
heit und Milde zu geben vermochte. Auch war es
bei Margaret La Grand eigenthümlich, daß Jeder
bei der erſten Begegnung mit ihr, sich von ihrer
Gegenwart und ihrem wirklich schönen Gesicht über-
“t. verminderte sich nicht bei näherer
Bekanntschaft: die Zuvorkommenheit ihrer Manieren

und das Intereſſe, welches sie für alle und jeden

zur Schau trug, welche mit ihr in Berührung kamen
ſowie der Umstand, daß sie die Cousine der Mrs.
Nugent von Temple Nugent war, machte fie zu einer
der geſuchteſten Damen der Gegend. Sie war eine

| pfohlen. Nach dem Rechenſchaftsbericht, den Pfarrer



Kirche war zahlreich beſucht und die Feier wurde |

durch die Mitwirkung des gemischten evang. Kirchen-
chors wesentlich gehoben. Prof. Kneuker, Pfarrer
in Eppelheim, hielt die Feſtvredigt tiber 1. Petri
2, 17 und Pfarrer Fath von Seckenheim eine weitere
Ansprache, das Gleichniß vom Senfkorn auf den
Guſtav-Adolf-Verein anwendend. In beiden Reden
wurde die Sache des Vereins auf's Wärmſte em-

Horn von Rohrbach vortrug, belaufen sich die Bei-
träge der Diöcesangemeinden im letten Jahr auf
1009 Mark und hat gegen das vorhergehende Jahr
eine Vermehrung von 130 Mark stattgefundeu.
* Eberbach, 3. Aug. Die Grunſteinlegung
zur neuen kath. Kirche fand heute dahier in der
programmmäßigen Weise ſtatt. Der Himmel hatte
sein prächtiges Wetter geſandt; die Stadt war auf
der Reichſte mit Blumen, Kränzen und Fahnen ge-
ſchmückt; der Männerchor Liederkranz bot ſseine
prächtigsten Feſtgeſänge; von den umliegenden badi-
schen und heſſiſchen Orten erſchienen über 20 Geiſt-
liche und eine unabsehbare Menge Volks aus Nah
und eine füllte den Festvblazn. Die Feier nahm
nahezu 2 Stunden in Anspruch. Die Feſtpredigt
hielt Herr Pfarrer Zimmermann von Neuntirchen;
die Weihe vollzog Herr Dekan Spiegel von Mosbach
die Verlesung der Grundſteinakten geſchah durch
Herr Stadtpfarrer Volk von hier. Das auf den
Abend im Karsinogarten veranſtaltete Bankett wurde
leider durch ein ſchweres Gewitter gestört ; nachdem
ſich aber die Gesellſchaft im unteren Saale des
Gaſsthauſes zum Leining'ſchen Hofe wieder geſammelt
hatte, ſchwanden die Stunden unter abwechselnden
Gesängen des Liederkranzes und des Männerchors
ſchnell dahin. , j
s + Rappenau, 4. Aug. Wenn auch der Tod
das Sicherſte iſt, das den Menſchen erreicht, so gibt
es dennoch Personen aller Stände, die das richtige
Ende nicht abwarten wollen. Schon wieder bin ich
in der traurigen Lage, Ihnen einen in hieſigem Orte
vorgekommenen Selbstmord berichten zu können. Ein
hiesiger Burſche im Alter von 24 Jahren, Sohn
achtbarer Eltern, wurde diesen Morgen hängend an
der Leiter in der Scheune todt gefunden. Der Be-
dauernswerthe mußte ſchon seit seinem 7. Lebens-
jahre, das durch eine ſchwere Krankheit geraubte
Augenlicht entbehren. Durch letteres mag ihm wohl
schon manchmal sein Leben verleitet gewesen ſein.
Gegen seinen Kameraden äußerte er sich mehrmals,
nicht mehr länger leben zu wollen und wurde diesen
Morgen um 1 Uhr noch 'auf der Straße gesehen.
Die gut berechnete Höhe, wo der Strang an der
Leiter angebracht war, sowie das geschickte anbinden,
laſſen ſchließen, daß die That mit vollem Bewußt-
sein ausgeführt wurde.

* Auerbach, 1. Aug. Gestern erſchoß ſich auf
unserem Schloſſe ein Herr G ...... gqgus Darmſtadt.
Er stammt qus einer der besten dortigen Familien
Die Leiche wird nach Darmstadt verbracht werden.
Die Motive, welch dem Manne die Piſtole in die
Hand drückten, sind nicht bekannt geworden.



deren freundlichen Einfluß und Bemühungen war
es dem armen kämpfenden Arzt, den Margaret, als
sie, eine arme Gouvernante in einem entlegenen
Dorf, sich abmühte, als eine gute Partie ansah, ge-
lungen, eine anständige Praxis in der Nachbarschaft
der reichen Verwandten ſeiner Frau zu erwerben.

„Meine liebe Constanze, wie geht es Dir heute?
fragte die Dame, „aber ich brauche kaum die Frage
an Dich zu richten, Du ſiehſt ſo blühend aus und
Deine Augen glänzen.“ :

Mrs. Nugent lachte: „Du hättest ein Mann
sein ſollen, ſo gut verſtehhnt Du Komplimente zu
machen.“ ]

. keiner verſteht das weniger als ich, im
Gegentheil ist es gerade mein Fehler, zu offen zu

ſein, ich kann nie die Wahrheit verbergen, auch dann |

nicht, wenn es nöthig iſt, und nur mit der größten
Wachsamkeit über mich ſelbſt, vermag ich meinem
“tuts Louis die Gefahr, in welcher er schwebt, zu
verhehlen.“
„Dann kennen Sie die Gefahr ?“ fragte Alwynne.
„Gewiß, wie können Sie glauben, daß ich das
nicht sehen ſollte, was für jeden sichtbar iſt!“ ant-
wortete sie mit einer Schärfe in ihrer Stimme, die
ihr ſonſt fremd war. j “t
gpÖSicher nicht, nur glaubte Mr. La Grand, daß
Sie keine Ahnung von der Gefahr ſeines Zustandes
haben,“ entgegnete er bedeutungsvoll.
Sie erröthete ein wenig, als sie erwiderte : „Es
iſt ein glücklicher Porzug bei den Kranken, daß sie
oft ſo denken und oft da, wo plötzliche Gefahr des

vom Bock geſchleudert, beſinnungslos, stark blutend

zahlreicher Betheiligung aus dem ganzen badischen

| männer vertreten. Oberamtmann Geil nahm auf

Z25ijährige Bienſleiſtung vor, seitens der Stadt
meinde erhielten dieselben Divlome ausgestellt.

entfernte Verwandte von Constanze Nugent und durch | Constanze ?“ Mrs. Nugent ſchwieg einige Augen

der Grange zurückgekehrt, denn wir durften ihn nicht ]

trocknet werden.“

. Sympathien verſchwendet.

sagte Mrs. Nugent.

ich vermuthe, daß Ellinor sich die Trennung mehr



Todes vorhanden ist, das Vorhandensein der Krank-
heit selbſt ignoriren. Glaubst Du nicht auch so,












* Billigheim, 4. Aug. Ein ſehr betlag
werther Unfall hat sich am leßten Samstag Nachmittas
dahier zugetragen. Dem raſch mit einem Reiſewagen
gegen Alfeld fahrenden gräfl. lein. Kutscher A. Belle,
wich ein vorausgehender Fuhrmann ordnungsgemäl
aus. Zwei Pferde indeſſen, die diesem Gefährte
hinten angebunden frei folgten, begannen in den
Augenblicke quer gegen die Wagenpferde auszuü“
schlagen, als diese cben den Vorrang nehmen follten.
Hiedurch erschreckt und ſcheu zur Seite ſpringeny
riſſen ſie den eigenen Wagen mit solcher Gewall
gegen einen Schutzpfeiler, daß der Kutſcher kopfüber

und für todt auf der Straße liegen blieb. Der
Verunglückte wurde durch den Straßenwart Speichert
von Allfeld und durch Landwirth Kratzmann vont
Billigheim mit aller Vorſicht zu Wagen nach Hauſt |
verbracht und der beſten Pflege übergeben. Ist auch .
Hoffnung vorhanden, ſein Leben zu retten, ſo it.
doch bis heute ſein Zuſtand immerhin bedenklieana.

* Heckfeld, 2. Aug. Altrathſchreibr Georg
Schweitzer erlitt vor kurzer Zeit eine Verlesung aM
Auge und war genöthigt, ärztliche Hilfe zu ſuchen.
Er ging denn am verfloſſenen Donnerſtag morgens,
nach Lauda, um den Augenarzt N. von Heidelbeenzt
zu Rathe zu ziehen. Auf dem Heimwege über dêée
sogettannte Galgensteig nach Heckfeld bekam er ale
Anſchein nach einen Schlaganfall, ſo daß er vm
Donnerſtaz Abend bis Samstag Morgen, ohne jenn.
Hilfe unter freien Himmel auf offenem Felde liegen.
blieb. Seine Schwester, welche im Hauſe bei ihn
wohnt, machte erſt Anzeige von seinem Ausbleiben
am Freitag Abend und Samſtag morgens. Sein
Nachbarsmann machte sich in aller Frühe auf, un
ihn aufzusuchen. Er fand ihn auch nach langem
Suchen in einem Waldgraben liegend, dem Tode
nahe. Da kein Fuhrwerk vorhanden war, nahm
ihn der brave Mann auf den Rücken und trug ihn
so bis wenige Schritte vom Orte entfernt.
seiner Behauſung angekommen, verschied er nach §
wt SR; ges, 3. Aug. Unter überaus

Lande nahm der 10. badiſche Feuerwehrtag beſt
Verlauf, wozu das herrliche Sommerwetter ni
wenig beitrug. In dem Feſtzuge, der heute Nach
mittag 2'/, Uhr durch die beflaggten Straßen zog,
waren etwa 150 Corps mit über 2000 Wehr-

dem Feſtplatze die Vertheilung der vom Großherz
geſtifteten Ehrenzeichen an 31 Feuerwehrmänner fi



Vermiſchtes. , ;

~ [Vom Schützenfest in Leipzig] wrd
der „Fränk. Tagesp.“ folgende Episode geschildert:
„Einer unserer Schütenbrüder hatte im Hauſe einn
Brauers- und Wirthswittwe, welche zwei allerliebſe..
Töchter im Alter von 17 und 18 Jahren beſits
ein höchſt komfortables Quartier gefunden. AM

blicke, dann erwiderte sie ruhig : „Nein, Margare,e
ich glaube, es wäre kein glücklicher Vorzug, wnun
es ſo wäre, und ich meine, Du biſt im JIrrthumn,
"tt Zu. so anſiehſte. + Doch wo iſt Elinn.
iſt sie wohl ?“ .
„O ja, ich danke Dir, fie iſt mit Deinem Manne
der im Begriff war, meinen Mann zu beſuchen, nah

das einſame Haus allein aufsuchen laſſen, wo nun
der Kranke ihn empfangen konnte. Ich wäre mit
ihm zurückgekehrt, hätte ich nicht lieber Alwynne zu
seinem Glücke gratuliren wollen, den wir Alle fehr
vermiſſen werden, und ich weiß, daß bei seinem
Scheiden Thränen fließen, die ſo bald nicht ge-

Alwynne aber hatte das Zimmer verlaſſen un
soweit es ihn anging, hatte die gute Dame ihre.

„Ja, wir werden ihn ſehr vermiſſen, Clara von
Allen wird nicht zu tröſten sein, und Alwynne ſelbſt.
wird seine kleine Spielgefährtin sehr entbehren,.

„Clara? o ja, gewiß, aber -- entre luauea u

zu Herzen nehmen wird, als sie eingeſtehn man.
Sie iſt sehr stolz, doch kann ich bemerken, daß AU
wynne's unausgeſetzte Aufmerksamkeit ihr ganzes
Herz gewonnen hat. Ich mache mir Vorwürfe, nicht.
vorsichtiger gewesen zu sein; aber er erschien mir ſ0
jung und da Ellinor immer sehr korrekt. in ihret
Handlungen ist, ſo ſah ich in ihrem Zusammensein.
keine Gefahr.“ ;

(Fortsetzung folgt.)




 
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