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Zonunerſtag,
Werantwortl. Mebaktenr BHilipp Klananer in Seivelberg.
erſchemt täglig aufer Montag, Avonnerientoyreis für
Heivaberg: monatlih 45 Pig, nıit Trägerlohn, durch die
Tofi Hezogen vierteljähr!, . 1,25 ohne Huftelungsgebühr.
Mnzeigen: die valtige Petitzeile oder veren Raum 5 Pfay
für auswaͤrte 10 Pfg. Bei mehrmaligent Erſcheinen Rabatt,
bach, Lrlarbiſche
— Mbonnements-Cinladung,
Mit dem 1. Januar beginnt ein neues Yuartal
auf das
„Heidelberger Tageblatt
¶General⸗Anzeiger)
nebſt dem wöchentlich einmal erſcheinenden
illuſtrirken Anterhaltungs- Blatt
weshalb wir zu recht zahlreichen Beſtel—
lungen höflichſt einladen. Der Preis beträgt bei
der Poſt abgeholt nur L Mt. 25 Pf./ durch den
Brieftraͤger in's Haus gebracht 1 Mt. 65 Pf. Bei
unſeren bekannten Agenturen LMt. 50 Pf. pro
Quartal. In Heidelberg und nächſter Umgebung,
monatlich 45 Pfg. Beſtellungen nehmen alle Pofi⸗
anſtalten und Landbrieftraͤget, ſowie unſere Herren
Agenten jederzeit entgegen. Die Expedition.
Zum neuen Sabre.
Es zittert durch die ſtille Nacht
Des Greiſes letzter Hauch,
Der ſeinen irdiſchen Lauf voll bracht
Und ſeine Mulhen auch.
Er hat gerungen ritterlich,
Wie einſt des Herren Sohn,
Auf ſeinem Antlitz ſpiegelt ſich
Der Friede Gottes ſchon.
Un ſeine Kaichen Lippen liegt
Begraben mancher Schmerz,
Und eiſig-kalt, im Kampf beſiegt,
Iſt nun ſein armes Herz. —
Ein Jüngling ſtehet ihm zur Seit',
Der drückt das Aug’ ihm zu
Und leitet aus dem ird'ſchen Streit
Ihn in die ew'ge Ruh'.
Er greifet nach dem Pilgerſtab
In jugendlichem Muth,
Den ſcheidend ihm der Alte gab,
Als noch gerollt ſein Blut,
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1885,
Und ſpricht: „O Schoͤpfer, ſtärke mich,
Du, der auch mich erſchuf,
Damit, wie er, ich ritterlich,
Mich ſtähle im Beruf.
Damit, wie er, ich pilgern mag,
Wie auch der Würfel fällt,
Ob Gram/ ob Leid, ob Ungemach
Wich treff auf dieſer Welt!“ —
Und in des Greiſes Tode ſchaut
Des alten Jahres Schluß,
Im Jungling, der auf Gott vertraut,
Des neuen Jahtes Gruß. —
Teutſches Reich.
Limburg, 30. Dez. Biſchef Blum iſt um 4
Uhr heute Nachmittag geſtörben. Peter Joſeph
Blum war am 10. April 1808 zu Geiſenheim g°
boren, erhielt nach znrückgelegtem Studium der
Theologie die Prieſterweihe am I7. Mai 1832,
wurde nach einander Domviear in Limburg, Lehrer
am Prieſterſeminar daſelbſt, Pfarrer zu Oberbrechen,
Pfarrer und Ehrendomherr zu Limburg und be—
reits im Jahre 1842 Biſchof ebendaſelbſt. Im
Jahr 1877 verließ er in Folge des Culturkampfes
ſeine Diöceſe und lebte bis zum Jahre 1883 in
großer Zurückgezogenheit anfangs in Holland, ſpä—
ter in Oeſterreich. Im vorigen Jahr war es ihm
vergoͤnnt, in ſeine Reſidenz zurückzukehren, wo er
mit Jubel und Begeiſterung empfangen wurde. Der
verblichene Prälat zeichnete ſich durch umfaſſende
Kenntniſſe ebenſo aus, wie durch ſeine herzliche
Frönanigkeit und ſeine Friedensliebe.
Oeſterreich⸗Ungarn.
Wien. 29. Dez. In der geſtern vom politiſchen
Verein „Wahrheit! einberufenen Arbeiterverſamm—
lung ſollte der Reichoͤtags Abgeordnete Liebknecht
ſprechen. Bei der Eroͤffnung der Verſammlung
wurde jedoch von dem Obmann des Vereins ein
Polizeierlaß verleſen, durch welchen die perſbnliche
Theilnahme Liebknecht's unterſagt wird, da dem—
ſelben der Aufenthalt in Wien nach dem Geſetze
vom 22. Juli 1871 nicht geſtattet werden könne
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Liebknecht war von dem Verbot in Kenniniß ge—
ſetzt worden.
Frankreich.
Naris. 29. Dez In der heutigen Sitzung der
Deputirtenlammer überreichte Conſtans Namens des
Ausſchuſſes für die Wahlordnungsfrage ſeinen Be—
richt über das Liſtencritinium, deſſen Wiedereinffih⸗—
rung die Commiſſion befurwortet. Die Zahl der
Deputirten ſoll von 555 auf Z97 erhöht und im
Durchſchnitt ein Vertreter für je 70,000 Einwoh—
ner exnannt werden Eine Nebergangsbeftimmung
ordnet an, daß waͤhrend der nächſten Legielatur?
xeriode, die jetzt für jedes Depariement beſtehende
Zahl von Mandaten als Minimum feſtgehalten
werden ſoll.
England.
Lundon, 29. Dez. Die Zuſchriften an die
engliſchen Blätter gegen die Leuiſchen Einverlei—
bungen in Neu Guinea dauern, wie der „K. Z.“
berichtet wird, ſort Sie tragen meiſt den Titel
„Deutſchland und der ſtille Ozean“ und ſuchen ge⸗
meiniglich zu beweiſen, daß die zuluͤnftige Sicher⸗
heit des auſtraliſchen Kontinents gefährdet ſei durch
die deutſche Coloniſirung von Neu Guinca, die doch
kaum aus dem Ei gefrochen iſt. Der darin ent-
haltene Unfinn iſt eben ſo greß wie das dem deut⸗
ſchen Unternehmungsgeiſte geſpendete Kompliment.
In den neneſten wird zunaͤchfſt der engliſchen Re⸗
gierung die Pflicht ans Herz gelegt, Deutſchland
zur Ruͤckgabe des einverleibten Gebietes zu bewegen,
da, Lord Derby fruͤher ausdruͤcklich betont habe,
daß England die Wegnahme eines Theiles der In-
ſel als eine unfreundſchaftliche Handlung anfehen
werde. In einer andern ſucht Jemand zu beweijen,
daß die mögliche deutſche Schubherrſchaft über die
Samoa Inſeln dem Haͤndel Neufeelauds und Au-
ſtraliens den Todesſtoß geben könne, und räth da⸗
her zur ſchleunigen Beſeßung der Injeln.
London, . 30. Dez. Dem Daily Telegraph zu⸗
folge wäre der Befehlshaber des engliſchen Geſchwa—
ders in den auſtraliſchen Gewäſſern angewieſen,
die engliſche Flagge auf den Louspaden, den Wood⸗
larl⸗Inſeln, der Long Infel und der Rook⸗Inſel
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Ein Lichkſtrahl in dunkler Lacht.
(3. Foriſetznug)
Freilich geſchah dies nur äußerſt ſelten. Er
war meiſt ernſt, verſchloſſen, dabei aber ſcharf und
ſtreng beobachtend. Stundenlang konnte er ſchwei—
gend daſitzen und doch verrieth das unruhige, leb—
hafte umherſchweifen ſeiner Augen, daß er nicht
in Gedanken verſunken war.
Sein Urtheil war meiſt treffend, aber zugleich
ſcharf und ſathriſch. Er beſaß deßhalb nicht viel
Freunde in der Stadt. Zu den wenigen, mit denen
gr näher befreundet war, hatte der Steuerrath ge⸗
hört. Die Bekanntſchaft war zuerſt durch Paula
und Marxie angeknüpft und hatte zu der Freund—
ſchaft der Väter geführt.
Braun hatte den Freund ſtets in Schutz ge—
nommen, wenn Andere hart über ihn urtheilten.
Ihm waren des Doktors Eigenthuͤmlichkeiten nicht
enigangen, allein er wußte, daß jeder ſcharf ausge⸗
prägte Charakter ſolche Eigenthümlichkeiten beſaß.
Sie hatten ihn nicht abgeſtoßen.
Prell behandelte Paula mit der größten Zuvor—
kommenheit, mit einer Aufmerkfamkeit, welche außer
ihr kein anderes Intereſſe zu haben ſchien. Jeden
ihrer Wuͤnſche ſuchte er zu erfüllen! Er that ihr
wohl. Der Tod ihres Vaters hatte in ihrem Her-
zen eine Leere, ein Gefühl des Verlaffenſeins her⸗
vorgerufen; dies ſchwand mehr und mehr durch
die Liebe, welche ihr in diefem Haufe zu Theil
wurde.
Wohl hatte ſie früher gegen Prell, gegen deſſen
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ernſtes und oft kalies Weſen, gegen die Strenge
ſeines Urtheils und die unerbittliche Conſequenʒ
ſeines Eharakters eine Scheu empfunden, mehr
und mehr verlor ſich dieſelbe, denn er handelte
ja wie ein Vater an ihr. Mit jedem Tage fuͤhlte
ſie ſich heimiſcher in ſeinem Hauſe. Marie erſetzte
ihr vollkommen eine Schweſter, denn ihr Charakter
war weich nachgiebig und anſchließend.
Einem aufmerkſamen Beobachter konnte es nicht
entgehen, daß mit Prell eine Veränderung vorge—
gangen war. Häufiger als früher nahm er jetzt
mit Paula und ſeiner Tochter an Geſellſchaften
Theil, oder fuhr mit beiden ſpazieren. Hatte er
fruͤher meiſt allein auf ſeinem Zimmer deſeſſen,
ſo hatte er ſeit Paula's Anweſenheit ein inntges
Zufammenleben in ſeinem Hauſe eingeführt. Abends
ſaß er bei den beiden Mädchen und war er auch
meiſt ſtill, ſo folgte er doch ihren Plaudereien und
ein Lächeln zog über ſein ernſtes Geficht hin, wenn
ſie mit einander ſcherzten.
Marie hatte ſich anfangs gluͤcklich geſchätzt, daß
ihre Jugendfreundin zu ihr ins Haus gelommen
war, daß ſie immer mit ihr zuſammen ſein konnte.
Ihr Leben war bis dahin ein einſames geweſen,
ſie haͤtte ſich verlaſſen gefuͤhlt in den weiten Rau⸗
men des großen Hauſes, denn ihr Vater ſprach oft
tagelang kein Wort mit ihr und ihr Umgang war
ein ſehr beſchränkter geweſen.
Sie hing mit ganzem Herzen an Paula und
dennoch ſehnte ſie jetzt oft die fruͤheren Zeiten zu—
rück. Sie empfand, wie ihr Vater ſeine Liche mehr
und mehr Paula zuwandte, wie fein Geſicht ſich
aufheiterte, in ihrer Gegenwart, wie fein Blick jeder
ihrer Bewegung folgte. Ein Sefühl der Eiferſucht
bemächtigte ſich ihrer. Sie konnte Paula nicht an—
klagen, denn ſie trug keine Schuld, aber chenfo
wenig war ſie im Stande, das Gefühl der Eifer—
ſucht zu verſcheuchen und zu beherrſchen. Iminer
mächtiger wuchs es in ihr heran. Sie hatte ihre
Mutter früh verloren, ihr Herz war mit ſeiner
ganzen Kindesliebe auf ihren Valer angewieſen.
ſich ihrer — ibr Vater ſchien es nicht zu bemerken,
und doch entging ihm der leiſeſte Schatten nicht,
der ſich auf Paula's Geſicht zeigte. Für ſie ſchien
er nur Augen zu haben.
Mit aller Strenge verſchloß ſie dieſe Empfin!
dungen gegen Paula, um ſo mächtiger brachen ſie
aber oft hervor, wenn fie allein war. Es ge
waͤhrte ihr Linderung, wenn ſie dann ihrem
—— und ihren Thränen freien Lauf lajjen
onnte. Z
Nehr als fruſer Ging.fie deshalb in dem Bark
ſpazieren, um an irgend Rinem ſtillen Ort alnbe-
lauſcht und ungeftört ſich iheen truben Empfin-
dungen hingeben zu koͤnnen.
Wieder jaß ſie eines Tages allein inı Bark un
ter einer weitſchattigen Linde Ihr Vaͤter war nicht
daheim und auch Paula war in die Stadt zum Be-
ſuche einer Freundin gegangen. Heftiger denn je
machte ſich das Geflihl bei ihr geliend, daß Paula
ihr die Liebe ihres Vaͤters enizogen habe Eie
weinte, ſie fühlte ſich unglücklich, dies Gefühl des
Ungluͤcks ruhte ſchwer, dröckend auf ihr und gleiche, *
wohl ſah ſie kein Mittel, um es abzuwenden
Da kam ihr Vater mit heffigen Schrillen durch
den Park. Sein Auge blickie fuchendumben.. €
ſah ſie und trat zu iht.
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