Erscheint täglich außer Msntag. Abonnemcntsprcts nut
dem wöchentl. Unlcrhaltungsblatt „Alt Heidelberg", für Heidel-
berg: monatlich 50 Pfg.'mit Tragerlohn, durch die Post be-
zogen viertelj. Mk. 1.25 ohne Zustellungsgebühr.
DelberaerTagÄaü
«nreiaen: die 1-spaltige Petitzeile oder deren Raum für auS-
wätts 'ist Pfg., Lokalanzeigen 5 Psg., Stellengesuche und
Wobnunas-Anz K Pfg. Reclame 20 Pfg. Bei mehrm. Er chnn.
bedeutenden Rabatt. Gratis-Berbreitung durch Mauer-Anschlag.
Verkimdigungs-VlaLL für die Kezirke Keidelberg, Weintzeim, Schwetzingen, Wiesloch, Sinsheim, Eppingen, Mosbach, Neckarbischofsheim, Eberbach, Küche«,
Buchdruckerei und Expedition: Brunnengasse 24. Walldürn, Adklslfkim, Norberg, Taubnbischosshklm und Wertheim. Buchdruckerei und Expedition: Brunnengasse 24-
^2 26. Dienstag, 1. Februar
Dmck und Verlag von Wurm L Pfeffer
in Heidelberg.
1887.
Bestellungen für die Monate
Februar «. März
auf das Heidelberger Tageblatt (General-Anzeiger)
(billigste Zeitung in ganz Baden), werden fortwährend von
fämmtlichen Postanstalten, Briefträgern und unseren bekannten
Agenturen zum Preise von Mk. 1.10 frei in's Haus,
sowie von unseren hiesigen und den Trägern und Träge-
rinnen der nächsten Umgebung zum Preise von 50 Psg.
Monatlich entgegengenommen. Die Expedition.
Deutsches Reich.
Berlin, 28. Jan. Die „Nordd. Allg. Ztg." bespricht
in ihrem heutigen Leitartikel die Wichtigkeit, welche die
Schlagfertigkeit der Armee neutraler Staaten besitze, und
die betreffenden Bestrebungen in der Schweiz und in Bel-
gien; namentlich spricht sie sich anerkennend über die Schrift
des belgischen Generals Vanderschmissen aus, welche die
Aufhebung der Stellvertretung fordert. — Die kaiserliche
Antwort an das Präsidium des preußischen Herrenhauses
ging auf Befehl des Kaisers allen Mitgliedern des Herren-
hauses gedruckt zu. — In parlamentarischen Kreisen tritt,
wie man den „M. N. N." von hier berichtet, das Ge-
rücht mit großer Bestimmtheit auf, die Stellung des
Finanzministers v. Scholz sei erschüttert.
Berlin, 29. Jan. Anläßlich der Geburt des vierten
Sohnes des Prinzen Wilhelm hatte sich heute Vormittag
um lO^^ Uhr,eine nach Tausenden zählende Menschen-
menge vor dem Palais des Kaisers angesammelt. Als
die Artillerie von dem Lustgarten, woselbst sie die Geburt
des Prinzen mit 101 Kanonenschüssen begrüßt hatte, unter
den Klängen der „Wacht am Rhein" am kaiserlichen Palais
vorüberzog, trat der Kaiser an das Fenster. Die draußen
stehende Menge empfingen den Kaiser mit stürmischen Jubel-
rufen und stimmte die Nationalhymne an. Der Kaiser
verweilte während des Gesanges aufs tiefste bewegt am
Fenster und dankte darauf, nach allen Seiten lebhaft
grüßend, während die Hurrah- und Hochrufe sich immer
wieder erneuten.
Berlin, 29. Jan. Für den 2. und 3. April sind
sämmtliche bei der Rekrutenstellung im Herbst vorigen
Jahres wegen hoher Loosnummern nicht eingestellten
Militärpflichtigen einberufen worden. Es handelt sich dabei
um nichts anderes, als die Durchführung der neuen Mi-
litärvvrlage, deren Annahme bis zum ersten April die
Regierung also bestimmt vorauszusetzen scheint. Die gestern
erwähnten Einberufungen von Reservisten der Infanterie
zur Ausbildung mit dem neuen Gewehr beginnt am 7.
Februar. Die Uebung dauert, wie immer, nur zwölf
Tage. Sämmtliche Zeitungen weisen nochmals darauf
Gekrochener Stolz.
Erzählung von A. Baumann.
(Schluß.)
— Paul verharrte mehrere Minuten in düsterem
Schweigen und sagte dann: „Ich kann nicht ergründen,
weßhalb Sie mich um Verzeihung bitten."
Lord Carlswood sah ihn erstaunt an. „Wie, Sie
wissen es nicht, daß Ella krank ist?"
„Nein —"
„Sie liegt im Sterben, mein Herr; jedoch bin ich
überzeugt, daß Sie, wenn Sie sich zu ihr begeben und
sic freundlich anrcden, ihr Leben retten werden. Stoßen
Sie mich nicht von sich. Ich flehe Sie an: Begleiten
Sie mich und retten Sie ein Menschenleben."
„Ella liegt im Sterben!" rief Paul erschrocken.
„Leider ist es so. Eilen Sie mit mir zu ihr; ich
fühle es, mein unseliger Ahnenstolz hat sie auf das Sterbe-
lager geworfen", erwiderte der Greis reumüthig.
„Angesichts des Todes", sagte Paul ernst, „ver-
schwindet jeder Haß. Ich bin bereit, Ihnen zu folgen."
„Und Sie verzeihen mir?" fragte der Greis mit
sanfter gerührter Stimme.
Paul ergriff die dargebotene Rechte und drückte sie
innig, während tiefe Wehmuth über sein Antlitz glitt.
»Ich verzeihe Ihnen, Lord Carlswood."
Gleich darauf verließen Beide das Palais.
Siebzehntes Kapitel.
Geräuschlos erstiegen der Lord und sein Begleiter die
breite Marmortreppe, welche zu Ella's Krankenzimmer
führte. Sie schritten an den kostbaren Statuen, welche sich
wie kolossale Gespenster von ihren blauenNischen abhobcn,
an den herrlichen Gemälden in reich dekorirtcn Rahmen,
an den sonstigen unzähligen Nezessaires in Silber, Gold
und Elfenbein vorüber, und Paul dachte, indem er einen
flüchtigen Blick auf die prächtigen Schaustellungen warf,
hin, daß diese Einziehung sich vollständig innerhalb
des Rahmens der regelmäßigen, im Etat vorgesehenen
Hebungen hält.
Leipzig, 27. Jan. Heute wurde die erste Inter-
nationale Ausstellung für Volksernährung und Kochkunst
im Beisein des Königs und der Königin, sowie der Prinzen
Georg und August im Krystallpalast eröffnet.
Straßburg, 27. Jan. In einer allgemeinen Stu-
dentenversammlung am 25 Jan. wurde beschlossen, zur
Feier des 90jährigen Geburtstags unseres Kaisers von
Seiten der Studentenschaft der Kaiser-Wilhelms-Universi-
tät zu Straßburg eine Adresse der gesammten deutschen
Studentenschaft an denselben in Anregung zu bringen;
neben den Commilitonen der deutschen Hochschulen sollen
auch die Studirenden von sämmtlichen politechnischen An-
stalten, Forst- und Bergakademien zur Theilnahme aufge-
fordert werden. Die Einladungsschreiben werden wohl in
diesen Tagen versendet werden.
Hesterreich-Augarn.
Wien, 29. Jan. Die „Pol. Corresp." meldet aus
Sofichaus kompetenter bulgarischer Quelle: Die bulgarische
Regierung antwortete der Pforte, sie willige ein, um die
Krisis zu beendigen, in die Bildung einer mit Oppositions-
mitgliedern gemischten Regierung; sie wolle aus der Mi-
norität ein Regentschaftsmitglied und zwei Minister ent-
nehmen.
Ztalien.
Rom, 28. Jan. Wie der „Pop. Rom." meldet,
rückten gestern vier Kompagnien Infanterie aus ihren
Garnisonen, desgleichen aus Vicenza zwei Gebirgsgeschütze,
aus Pavia eine Geniekompagnie ab. Die Truppen schiffen
sich am 1. Februar in Neapel unter dem Befehle eines
Majors nach Massauah ein. — Ein Telegramm der
„Agenzia Stefani" aus Aden meldet: Der italienische
Kaufmann Sacconi wurde von der Bevölkerung von Har-
rar beauftragt, sich in das Lager des Königs von Schoa
zu begeben, denselben aufzufordern, in Harrar einzuziehen
und Gnade walten zu lassen. Der König empfing Sacconi
wohlwollend, versprach Gnade und hielt auch Wort. Der
Abgesandte des italienischen Vereins von Schoa, Ragazi,
und der italienische Arzt Alfieri befinden sich mit dem
König Menelik in Harrar.
Krtgkand.
London, 28. Jan. Im Oberhaus sagte Salisbury
bei der Adreßberathung über die deutsch-französischen Be-
ziehungen: die Regierung dürfte unmöglich das Auge ver-
schließen gegen die Gefahren, welche dem Frieden durch
die zunehmenden Rüstungen drohen. Allen, welche dieser
Lawine nahe, sei Wachsamkeit nothwendig, diese könnte
mit gepreßtem Herzen daran, daß sie um diese Pracht einst
seine Liebe verkauft hatte.
„Hier befindet sich Ella," sagte Lord Carlswood, in-
dem er auf eine Thür zeigte. „Ich halte es für das
Beste, daß Sie sich allein zu ihr begeben."
Paul vergaß niemals die Scene, welche sich seinen
Blicken darbot. Ella war in einen unruhigen Schlaf ge-
fallen und als er das bleiche, schmerzdurchzuckte, aber immer
noch unvergleichlich schöne Antlitz sah, da zerschmolz sein
brennender Haß, sein langjähriges Rachegefühl und sanfte
Trauer verklärte sein Gesicht. Wie sehr mußte sie gelitten
haben, die dem Tode nahe, in bleicher Schöne vor ihm
lag. Wie heiß mußte sie ihn immer geliebt, und ihr Herz
sich während der ganzen Trennungszeit nach ihm gesehnt
haben! Sie war ja dazu überredet und verlockt worden;
sie hatte ihn nicht eines Anderen wegen verlassen, hatte
niemals seinen Namen abgelegt und war ihm trotz aller
Versuchungen treu geblieben. In diesen Gedanken sank
er vor ihrem Lager nieder, beugte sich auf sie herab und
drückte einen heißen Kuß auf ihre durchsichtige Hand.
Als er sein Antlitz aufrichtete, sah sie ihn mit trau-
rigen erstaunten Blicken an. „Paul", flüsterte sie, „wache
ich, oder ist es ein Traum?"
„Es ist kein Traum, Ella", erwiderte er sanft. „Ich
bin hier, um Dein Leben dem Tode abzugewinnen, um
Dich glücklich zu machen, und in selbstloser Liebe Dich
die trübe Vergangenheit vergessen zu lassen."
Mit verklärtem Antlitze versuchte sie ihre Arme um
seinen Hals zu legen, aber sie fielen matt und hilflos auf
die Decke zurück. „Umschlinge mich mit Deinen Armen,
meiu theuerer Paul", flüsterte sie, „und laß mich, wenn ich
sterben muß, an Deinem Herzen verscheiden." — Heiße
Thränen flössen ihm über die Wangen herab — ihre Schwäche
rührte ihn weit mehr, als ihre Schönheit es vermocht hätte.
„Du darfst. Du wirst nicht sterben, meine Ella",
sagte er, sie an seine Brust schließend, und dann erzählte
er ihr seinen Lebenslauf während der verflossenen zehn
jedoch zum Verdacht führen, endlich einen Zusammenstoß
zu veranlassen. Seit dem Amtsantritt Salisbury's in-
dessen sei nichts geschehen, was andeute, daß die Gefahr
jetzt größer, als früher wäre. Die englischen Botschafter
in Paris und Berlin meinten, die Lage sei nicht kriegerisch,
eher friedlich. Er hoffe, daß diese Ansichten richtig wären
und Europa das schreckliche Unglück eines Konfliktes
zwischen zivilisirten Nationen erspart bleibe.
Amerika.
Newyork, 28. Jan. Die Regierung von Uruguay
hat, oder „K. Z." zufolge, den Kammern eine Vorlage
gemacht, wonach der in Europa weilende frühere Präsi-
dent der Republik, Maximo Santos, aus dem Gebiete
der Republik verbannt werden soll. General Santos soll
übrigens die Heimreise nach Montevideo bereits ange-
treten habem_
Aus Nah und Fern.
* Karlsruhe, 29. Jan. In allen 14 Reichstags-
wahlkreisen Badens sind nunmehr, sei es von der liberalen
Partei allein, sei es von ihr gemeinsam mit den Conservativen,
Kandidaten aufgestellt, welche für das Septennat eintrcten.
Es sind dies vom Bodensee beginnend bis zur nördlichen
Landesgrenze Wertheim-Tauberbischofsheim die Herren:
Noppel, v. Hornstein, Krafft, Dr. Ernst Blankenhorn,
Oberbürgermeister Schuster, Hofrath Dr. Engler, General
v. Degenfeld, Geh. Regierungsrath Lydtin, Fabrikant
Klumpp, Staatsanwalt Fieser, Commerzienrath Diffenü,
Consul Menzer, Frhr. v. Göler, Landtagsabgeordneter
Klein. Die Aufstellung der Clerikalen ist noch unvoll-
ständig; sie beginnt ernsthaft erst in Freiburg (5. Wahl-
kreis) mit Rechtsanwalt Marbe; es folgen sodann im 6.
Wahlkreis Pfarrer Gerber gegen Engler, im 7. Bezirks-
geometer Weber gegen Degenseld, im 8. Lender, im 12.
Lindau gegen Menzer und im 14. v. Buol. (Die bis-
herigen Abgeordneten sind durch Sperrschrift hervorgehoben.)
In Lörrach und Karlsruhe treten die Clerikalen schon im
ersten Wahlgang für Pflüger, bezw. für den Demokraten
Dr. Lipp ein; in Pforzheim—Durlach gemäß neuester
Meldung für den Abgeordneten Schmidt von Bruchsal für
den auch die Demokraten und Sozialisten stimmen wollen.
* Bruchsal, 29. Jan. Im Walde zwischen Unter-
grombach und Graben hatte vorgestern Hutmacher Schwein-
furth von Karlsruhe das Unglück, daß beim Hinüber-
springen über einen Graben das Gewehr seines Jagdge-
fährten sich entlud und ihm mehrere Schrotkörner von der
Fußsohle her durch deu Fuß hindurchschlugen. Der Ver-
wundete wurde zu Wagen hierher geschafft, wo ihm ärzt-
liche Hülfe geleistet wurde und am Abend nach Karlsruhe
verbracht. — In Langenbrücken wurden 3 Personen wegen
Jahre; er verschwieg ihr nichts von seiner Liebe, seinen
Sorgen, seinem Ringen und seinen Erfolgen.
Sie war so glücklich wie ein verlorenes Kind, wel-
ches in die Arme seiner Mutter zurückgeführt wird.
Er flüsterte ihr die zärtlichsten Worte ins Ohr, er
nannte sie bei den süßesten Namen, bis ihre langen Wim-
pern sich bleischwer auf ihre glänzenden Augen herab-
senkten- „Paul", flehte sie besorgt, „Du wirst mich wäh-
rend meines Schlummers nicht verlassen? Laß mich beim
Erwachen Dich hier vorfinden."
Er entsprach ihrem Wunsche und seiner Liebe gelang
es, sie, während die Aerzte sie bereits aufgegeben hatten,
dem sicheren Tod zu entreißen.
Ella genas, und als die Röthe der Gesundheit wieder
ihre Wangen umspielte, erklärte Lord Carlswood, daß er
ihr hinfort nicht mehr hindernd in den Weg treten wolle.
Sie möge ihrem Gatten folgen und solle nichts desto
weniger vor der Welt als seine Enkelin anerkannt bleiben.
Er hatte allmälig eine große Zuneigung und Vor-
liebe für Paul gewonnen, dessen Talent er bewunderte
und dessen Unabhängigkeit ihm Achtung einflößte.
Sie schlossen einen Vergleich, daß Ella sich zu ihrem
Gatten begeben, Lionel aber bei Lord Carlswood als dessen
Erbe verbleiben solle. Paul pflegte später lachend zu äußern,
daß er den einen Sohn sehr wohl entbehren könne, denn
die Mauern von Ravensdale hallen von kindlichem Ge-
lächter und frohen Kinderstimmen wieder Ella aber will
es scheinen, daß Alles sich zum Besten gekehrt habe. „Ich
würde nie eine gefühlvolle, zufriedene Frau geworden sein,"
sagte sie, ihr Antlitz mit seligem Lächeln an das ihres
Gatten schmiegend, „wenn ich nicht so schwer gebüßt und
gelitten hätte. Das Glück ist bei uns eingekehrt, aber es
mußte sich den Weg bahnen über die Träume meines Hoch-
muthes- Ich bin glücklich, Paul, unendlich glücklich und
werde Dir Deine Liebe mit gleicher Aufopferung zu ver-
gelten suchen. Mein thörichter Stolz ist dahin. Die Liebe
hat ihn für immer gebrochen." Ende.
dem wöchentl. Unlcrhaltungsblatt „Alt Heidelberg", für Heidel-
berg: monatlich 50 Pfg.'mit Tragerlohn, durch die Post be-
zogen viertelj. Mk. 1.25 ohne Zustellungsgebühr.
DelberaerTagÄaü
«nreiaen: die 1-spaltige Petitzeile oder deren Raum für auS-
wätts 'ist Pfg., Lokalanzeigen 5 Psg., Stellengesuche und
Wobnunas-Anz K Pfg. Reclame 20 Pfg. Bei mehrm. Er chnn.
bedeutenden Rabatt. Gratis-Berbreitung durch Mauer-Anschlag.
Verkimdigungs-VlaLL für die Kezirke Keidelberg, Weintzeim, Schwetzingen, Wiesloch, Sinsheim, Eppingen, Mosbach, Neckarbischofsheim, Eberbach, Küche«,
Buchdruckerei und Expedition: Brunnengasse 24. Walldürn, Adklslfkim, Norberg, Taubnbischosshklm und Wertheim. Buchdruckerei und Expedition: Brunnengasse 24-
^2 26. Dienstag, 1. Februar
Dmck und Verlag von Wurm L Pfeffer
in Heidelberg.
1887.
Bestellungen für die Monate
Februar «. März
auf das Heidelberger Tageblatt (General-Anzeiger)
(billigste Zeitung in ganz Baden), werden fortwährend von
fämmtlichen Postanstalten, Briefträgern und unseren bekannten
Agenturen zum Preise von Mk. 1.10 frei in's Haus,
sowie von unseren hiesigen und den Trägern und Träge-
rinnen der nächsten Umgebung zum Preise von 50 Psg.
Monatlich entgegengenommen. Die Expedition.
Deutsches Reich.
Berlin, 28. Jan. Die „Nordd. Allg. Ztg." bespricht
in ihrem heutigen Leitartikel die Wichtigkeit, welche die
Schlagfertigkeit der Armee neutraler Staaten besitze, und
die betreffenden Bestrebungen in der Schweiz und in Bel-
gien; namentlich spricht sie sich anerkennend über die Schrift
des belgischen Generals Vanderschmissen aus, welche die
Aufhebung der Stellvertretung fordert. — Die kaiserliche
Antwort an das Präsidium des preußischen Herrenhauses
ging auf Befehl des Kaisers allen Mitgliedern des Herren-
hauses gedruckt zu. — In parlamentarischen Kreisen tritt,
wie man den „M. N. N." von hier berichtet, das Ge-
rücht mit großer Bestimmtheit auf, die Stellung des
Finanzministers v. Scholz sei erschüttert.
Berlin, 29. Jan. Anläßlich der Geburt des vierten
Sohnes des Prinzen Wilhelm hatte sich heute Vormittag
um lO^^ Uhr,eine nach Tausenden zählende Menschen-
menge vor dem Palais des Kaisers angesammelt. Als
die Artillerie von dem Lustgarten, woselbst sie die Geburt
des Prinzen mit 101 Kanonenschüssen begrüßt hatte, unter
den Klängen der „Wacht am Rhein" am kaiserlichen Palais
vorüberzog, trat der Kaiser an das Fenster. Die draußen
stehende Menge empfingen den Kaiser mit stürmischen Jubel-
rufen und stimmte die Nationalhymne an. Der Kaiser
verweilte während des Gesanges aufs tiefste bewegt am
Fenster und dankte darauf, nach allen Seiten lebhaft
grüßend, während die Hurrah- und Hochrufe sich immer
wieder erneuten.
Berlin, 29. Jan. Für den 2. und 3. April sind
sämmtliche bei der Rekrutenstellung im Herbst vorigen
Jahres wegen hoher Loosnummern nicht eingestellten
Militärpflichtigen einberufen worden. Es handelt sich dabei
um nichts anderes, als die Durchführung der neuen Mi-
litärvvrlage, deren Annahme bis zum ersten April die
Regierung also bestimmt vorauszusetzen scheint. Die gestern
erwähnten Einberufungen von Reservisten der Infanterie
zur Ausbildung mit dem neuen Gewehr beginnt am 7.
Februar. Die Uebung dauert, wie immer, nur zwölf
Tage. Sämmtliche Zeitungen weisen nochmals darauf
Gekrochener Stolz.
Erzählung von A. Baumann.
(Schluß.)
— Paul verharrte mehrere Minuten in düsterem
Schweigen und sagte dann: „Ich kann nicht ergründen,
weßhalb Sie mich um Verzeihung bitten."
Lord Carlswood sah ihn erstaunt an. „Wie, Sie
wissen es nicht, daß Ella krank ist?"
„Nein —"
„Sie liegt im Sterben, mein Herr; jedoch bin ich
überzeugt, daß Sie, wenn Sie sich zu ihr begeben und
sic freundlich anrcden, ihr Leben retten werden. Stoßen
Sie mich nicht von sich. Ich flehe Sie an: Begleiten
Sie mich und retten Sie ein Menschenleben."
„Ella liegt im Sterben!" rief Paul erschrocken.
„Leider ist es so. Eilen Sie mit mir zu ihr; ich
fühle es, mein unseliger Ahnenstolz hat sie auf das Sterbe-
lager geworfen", erwiderte der Greis reumüthig.
„Angesichts des Todes", sagte Paul ernst, „ver-
schwindet jeder Haß. Ich bin bereit, Ihnen zu folgen."
„Und Sie verzeihen mir?" fragte der Greis mit
sanfter gerührter Stimme.
Paul ergriff die dargebotene Rechte und drückte sie
innig, während tiefe Wehmuth über sein Antlitz glitt.
»Ich verzeihe Ihnen, Lord Carlswood."
Gleich darauf verließen Beide das Palais.
Siebzehntes Kapitel.
Geräuschlos erstiegen der Lord und sein Begleiter die
breite Marmortreppe, welche zu Ella's Krankenzimmer
führte. Sie schritten an den kostbaren Statuen, welche sich
wie kolossale Gespenster von ihren blauenNischen abhobcn,
an den herrlichen Gemälden in reich dekorirtcn Rahmen,
an den sonstigen unzähligen Nezessaires in Silber, Gold
und Elfenbein vorüber, und Paul dachte, indem er einen
flüchtigen Blick auf die prächtigen Schaustellungen warf,
hin, daß diese Einziehung sich vollständig innerhalb
des Rahmens der regelmäßigen, im Etat vorgesehenen
Hebungen hält.
Leipzig, 27. Jan. Heute wurde die erste Inter-
nationale Ausstellung für Volksernährung und Kochkunst
im Beisein des Königs und der Königin, sowie der Prinzen
Georg und August im Krystallpalast eröffnet.
Straßburg, 27. Jan. In einer allgemeinen Stu-
dentenversammlung am 25 Jan. wurde beschlossen, zur
Feier des 90jährigen Geburtstags unseres Kaisers von
Seiten der Studentenschaft der Kaiser-Wilhelms-Universi-
tät zu Straßburg eine Adresse der gesammten deutschen
Studentenschaft an denselben in Anregung zu bringen;
neben den Commilitonen der deutschen Hochschulen sollen
auch die Studirenden von sämmtlichen politechnischen An-
stalten, Forst- und Bergakademien zur Theilnahme aufge-
fordert werden. Die Einladungsschreiben werden wohl in
diesen Tagen versendet werden.
Hesterreich-Augarn.
Wien, 29. Jan. Die „Pol. Corresp." meldet aus
Sofichaus kompetenter bulgarischer Quelle: Die bulgarische
Regierung antwortete der Pforte, sie willige ein, um die
Krisis zu beendigen, in die Bildung einer mit Oppositions-
mitgliedern gemischten Regierung; sie wolle aus der Mi-
norität ein Regentschaftsmitglied und zwei Minister ent-
nehmen.
Ztalien.
Rom, 28. Jan. Wie der „Pop. Rom." meldet,
rückten gestern vier Kompagnien Infanterie aus ihren
Garnisonen, desgleichen aus Vicenza zwei Gebirgsgeschütze,
aus Pavia eine Geniekompagnie ab. Die Truppen schiffen
sich am 1. Februar in Neapel unter dem Befehle eines
Majors nach Massauah ein. — Ein Telegramm der
„Agenzia Stefani" aus Aden meldet: Der italienische
Kaufmann Sacconi wurde von der Bevölkerung von Har-
rar beauftragt, sich in das Lager des Königs von Schoa
zu begeben, denselben aufzufordern, in Harrar einzuziehen
und Gnade walten zu lassen. Der König empfing Sacconi
wohlwollend, versprach Gnade und hielt auch Wort. Der
Abgesandte des italienischen Vereins von Schoa, Ragazi,
und der italienische Arzt Alfieri befinden sich mit dem
König Menelik in Harrar.
Krtgkand.
London, 28. Jan. Im Oberhaus sagte Salisbury
bei der Adreßberathung über die deutsch-französischen Be-
ziehungen: die Regierung dürfte unmöglich das Auge ver-
schließen gegen die Gefahren, welche dem Frieden durch
die zunehmenden Rüstungen drohen. Allen, welche dieser
Lawine nahe, sei Wachsamkeit nothwendig, diese könnte
mit gepreßtem Herzen daran, daß sie um diese Pracht einst
seine Liebe verkauft hatte.
„Hier befindet sich Ella," sagte Lord Carlswood, in-
dem er auf eine Thür zeigte. „Ich halte es für das
Beste, daß Sie sich allein zu ihr begeben."
Paul vergaß niemals die Scene, welche sich seinen
Blicken darbot. Ella war in einen unruhigen Schlaf ge-
fallen und als er das bleiche, schmerzdurchzuckte, aber immer
noch unvergleichlich schöne Antlitz sah, da zerschmolz sein
brennender Haß, sein langjähriges Rachegefühl und sanfte
Trauer verklärte sein Gesicht. Wie sehr mußte sie gelitten
haben, die dem Tode nahe, in bleicher Schöne vor ihm
lag. Wie heiß mußte sie ihn immer geliebt, und ihr Herz
sich während der ganzen Trennungszeit nach ihm gesehnt
haben! Sie war ja dazu überredet und verlockt worden;
sie hatte ihn nicht eines Anderen wegen verlassen, hatte
niemals seinen Namen abgelegt und war ihm trotz aller
Versuchungen treu geblieben. In diesen Gedanken sank
er vor ihrem Lager nieder, beugte sich auf sie herab und
drückte einen heißen Kuß auf ihre durchsichtige Hand.
Als er sein Antlitz aufrichtete, sah sie ihn mit trau-
rigen erstaunten Blicken an. „Paul", flüsterte sie, „wache
ich, oder ist es ein Traum?"
„Es ist kein Traum, Ella", erwiderte er sanft. „Ich
bin hier, um Dein Leben dem Tode abzugewinnen, um
Dich glücklich zu machen, und in selbstloser Liebe Dich
die trübe Vergangenheit vergessen zu lassen."
Mit verklärtem Antlitze versuchte sie ihre Arme um
seinen Hals zu legen, aber sie fielen matt und hilflos auf
die Decke zurück. „Umschlinge mich mit Deinen Armen,
meiu theuerer Paul", flüsterte sie, „und laß mich, wenn ich
sterben muß, an Deinem Herzen verscheiden." — Heiße
Thränen flössen ihm über die Wangen herab — ihre Schwäche
rührte ihn weit mehr, als ihre Schönheit es vermocht hätte.
„Du darfst. Du wirst nicht sterben, meine Ella",
sagte er, sie an seine Brust schließend, und dann erzählte
er ihr seinen Lebenslauf während der verflossenen zehn
jedoch zum Verdacht führen, endlich einen Zusammenstoß
zu veranlassen. Seit dem Amtsantritt Salisbury's in-
dessen sei nichts geschehen, was andeute, daß die Gefahr
jetzt größer, als früher wäre. Die englischen Botschafter
in Paris und Berlin meinten, die Lage sei nicht kriegerisch,
eher friedlich. Er hoffe, daß diese Ansichten richtig wären
und Europa das schreckliche Unglück eines Konfliktes
zwischen zivilisirten Nationen erspart bleibe.
Amerika.
Newyork, 28. Jan. Die Regierung von Uruguay
hat, oder „K. Z." zufolge, den Kammern eine Vorlage
gemacht, wonach der in Europa weilende frühere Präsi-
dent der Republik, Maximo Santos, aus dem Gebiete
der Republik verbannt werden soll. General Santos soll
übrigens die Heimreise nach Montevideo bereits ange-
treten habem_
Aus Nah und Fern.
* Karlsruhe, 29. Jan. In allen 14 Reichstags-
wahlkreisen Badens sind nunmehr, sei es von der liberalen
Partei allein, sei es von ihr gemeinsam mit den Conservativen,
Kandidaten aufgestellt, welche für das Septennat eintrcten.
Es sind dies vom Bodensee beginnend bis zur nördlichen
Landesgrenze Wertheim-Tauberbischofsheim die Herren:
Noppel, v. Hornstein, Krafft, Dr. Ernst Blankenhorn,
Oberbürgermeister Schuster, Hofrath Dr. Engler, General
v. Degenfeld, Geh. Regierungsrath Lydtin, Fabrikant
Klumpp, Staatsanwalt Fieser, Commerzienrath Diffenü,
Consul Menzer, Frhr. v. Göler, Landtagsabgeordneter
Klein. Die Aufstellung der Clerikalen ist noch unvoll-
ständig; sie beginnt ernsthaft erst in Freiburg (5. Wahl-
kreis) mit Rechtsanwalt Marbe; es folgen sodann im 6.
Wahlkreis Pfarrer Gerber gegen Engler, im 7. Bezirks-
geometer Weber gegen Degenseld, im 8. Lender, im 12.
Lindau gegen Menzer und im 14. v. Buol. (Die bis-
herigen Abgeordneten sind durch Sperrschrift hervorgehoben.)
In Lörrach und Karlsruhe treten die Clerikalen schon im
ersten Wahlgang für Pflüger, bezw. für den Demokraten
Dr. Lipp ein; in Pforzheim—Durlach gemäß neuester
Meldung für den Abgeordneten Schmidt von Bruchsal für
den auch die Demokraten und Sozialisten stimmen wollen.
* Bruchsal, 29. Jan. Im Walde zwischen Unter-
grombach und Graben hatte vorgestern Hutmacher Schwein-
furth von Karlsruhe das Unglück, daß beim Hinüber-
springen über einen Graben das Gewehr seines Jagdge-
fährten sich entlud und ihm mehrere Schrotkörner von der
Fußsohle her durch deu Fuß hindurchschlugen. Der Ver-
wundete wurde zu Wagen hierher geschafft, wo ihm ärzt-
liche Hülfe geleistet wurde und am Abend nach Karlsruhe
verbracht. — In Langenbrücken wurden 3 Personen wegen
Jahre; er verschwieg ihr nichts von seiner Liebe, seinen
Sorgen, seinem Ringen und seinen Erfolgen.
Sie war so glücklich wie ein verlorenes Kind, wel-
ches in die Arme seiner Mutter zurückgeführt wird.
Er flüsterte ihr die zärtlichsten Worte ins Ohr, er
nannte sie bei den süßesten Namen, bis ihre langen Wim-
pern sich bleischwer auf ihre glänzenden Augen herab-
senkten- „Paul", flehte sie besorgt, „Du wirst mich wäh-
rend meines Schlummers nicht verlassen? Laß mich beim
Erwachen Dich hier vorfinden."
Er entsprach ihrem Wunsche und seiner Liebe gelang
es, sie, während die Aerzte sie bereits aufgegeben hatten,
dem sicheren Tod zu entreißen.
Ella genas, und als die Röthe der Gesundheit wieder
ihre Wangen umspielte, erklärte Lord Carlswood, daß er
ihr hinfort nicht mehr hindernd in den Weg treten wolle.
Sie möge ihrem Gatten folgen und solle nichts desto
weniger vor der Welt als seine Enkelin anerkannt bleiben.
Er hatte allmälig eine große Zuneigung und Vor-
liebe für Paul gewonnen, dessen Talent er bewunderte
und dessen Unabhängigkeit ihm Achtung einflößte.
Sie schlossen einen Vergleich, daß Ella sich zu ihrem
Gatten begeben, Lionel aber bei Lord Carlswood als dessen
Erbe verbleiben solle. Paul pflegte später lachend zu äußern,
daß er den einen Sohn sehr wohl entbehren könne, denn
die Mauern von Ravensdale hallen von kindlichem Ge-
lächter und frohen Kinderstimmen wieder Ella aber will
es scheinen, daß Alles sich zum Besten gekehrt habe. „Ich
würde nie eine gefühlvolle, zufriedene Frau geworden sein,"
sagte sie, ihr Antlitz mit seligem Lächeln an das ihres
Gatten schmiegend, „wenn ich nicht so schwer gebüßt und
gelitten hätte. Das Glück ist bei uns eingekehrt, aber es
mußte sich den Weg bahnen über die Träume meines Hoch-
muthes- Ich bin glücklich, Paul, unendlich glücklich und
werde Dir Deine Liebe mit gleicher Aufopferung zu ver-
gelten suchen. Mein thörichter Stolz ist dahin. Die Liebe
hat ihn für immer gebrochen." Ende.