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N 58.
Verantwort!. Redacteur PH. Klausner
in Heidelberg.
Donnerstag, 8. März
Druck und Verlag von Carl Pfeffer
vorm. Wurm ck Pfeffer in Heidelberg.
1888.
Deutsches MeLch.
Karlsruhe, 6. März. Se. Königl. Hoheit der Gro ß-
Herzog haben gnädigst geruht, an den unterzeichneten Präsi-
denten des Staatsministeriums folgendes Allerhöchste Hand-
schreiben zu richten. Turban. „Mein lieber Herr Staats-
minister! Der frühzeitige Heimgang Meines vielgeliebten
Sohnes, des Prinzen Ludwig Wilhelm, hat in allen
Kreisen der Bevölkerung des Großherzoglhums und weit
über die Grenzen desselben im deutsche» Vaterland, sowie
bei den im Ausland weilenden Badnern warm mitfühlende
Trauer und Theilnahme an dem die Großherzogin und
Mich so schmerzlich berührenden Verluste hervorgerufen.
In Adressen und Schreiben von Stadt- und Landgemein-
den, von Körperschaften, Vereinen, Gesellschaften und
Privaten, in Zusendungen von Gedichten und Trauer-
gesängen, in Blumen und Kränzen, die am Sarge des
Frühvollendeten niedergclegt wurden, hat sich ein liebe-
volles Mitempfinden knndgegeben, das Unfern Eltern-
herzen innig wohl gethan und Unfern tiefen Schmerz ge-
lindert hat. Wärmster Dank erfüllt Uns im Hinblick auf
so viele Beweise von Liebe und Anhänglichkeit. Wir
wünschten allen den lieben Menschen Unfern Dank kund-
zugeben, die so treu und theilnehmend der tiefgebeugten
Eltern gedachten und dem geliebten Heimgegangenen Kinde
in rührendster Weise die letzte Ehre erwiesen. Es wird
Uns das nicht gelingen, da Wir so Biele mit Unserem
Dankesausdruck nicht direct erreichen können. Dankes-
worte erscheinen aber in solcher Schmerzenszeit überhaupt
ungenügend, die Tiefe der Empfindung zu schildern. Wir
hoffen daher, daß die Versicherung Unserer Dankbarkeit
Widerhall in den Herzen aller Derer finden wird, die
Uns so viel Liebe erwiesen, da sie den ganzen Umfang
Unserer Trauer zu ermessen wußten. Ich ersuche Sie
deßhalb, Mein lieber Herr Staatsminister, dieses Schreiben
zur öffentlichen Kenntniß zu bringen, welches versucht,
Unserm aufrichtigen Danke Ausdruck zu geben. Empfangen
Sie auch bei diesem Anlaß die Versicherung Meiner be-
sonderen Wohlgeneigthcit und vorzüglichen Werthschätzung.
Karlsruhe, den 6 März 1888. Friedrich."
Karlsruhe, 6. März. Neuester Bestimmung zufolge
wird die Berathung der Vorlage in Betreff Aenderungen
einiger gesetzlichen Bestimmungen über die
rechtliche Stellung derKirchen und kirchlichen
Vereine im Staate nächsten Montag, den 12. d. M.,
erfolgen. Am Mittwoch daüauf dürfte dann wohl die für
längere Zeit in Aussicht genommene Vertagung eintreten.
7- Die Ankunft des Kronprinzen von Schweden
ist nunmehr auf nächsten Freitag angekündigt. Es darf
vielleicht erwähnt werden, daß die Nichtanwesenheit des
Kronprinzen bei der Bestattung seines jungen Schwagers
von der Bevölkerung sehr unliebsam commentirt wurde und
daß eine gewisse Zurückhaltung erst eintrat, als politische
Gründe für das Fernbleiben des Kronprinzen angegeben
wurden. Die gemeldete Ankunft des Kronprinzen zeigt,
wie die Volksmeinung in ihren raschen Urtheilen doch
gar oft auf falscher Bahn sich bewegt und wie vorsichtig
man mit derlei Behauptungen und Muthmaßungen sein sollte.
Berlin, 5. März. Obgleich nähere Nachrichten aus
Bukarest über die Neubildung des Ministeriums
noch fehlen, liegen bestimmte Anzeichen vor, daß die Po-
litik Rumäniens nach außen keineswegs eine Aenderung er-
fahren wird.
Berlin, 6. März. Das Befinden des Kaisers hat
sich gestern etwas gebessert; die letzte Nacht ist leidlich
gewesen; doch wird der Kaiser auch heute schwerlich das
Bett verlassen können. Zu ernsten Besorgnissen gibt aber
nach Ansicht der Aerzte sein jetziger Erkältungszustand
keinerlei Anlaß.
Berlin, 6. März. Der Reichstag genehmigte in
erster und zweiter Lesung den Vertrag wegen der Unter-
drückung des Branntweinhandels unter den Nordseefischern
auf hoher See, sowie die Freundschaftsvcrträge mit Ecua-
dor, Guatemala und Honduras, und erledigte sodann
mehrere Rechnungsvorlagen. Der Gesetzentwurf betr. die
Rechtsverhältnisse deutscher Schutzgebiete wird mit zwei
mehr redactionellen Zusatzanträgen des Abg.Struckmann
in dritter Lesung angenommen. Der Reichstag erklärte
schließlich die Wahlen der Abg. v. Oertzen, v. Seide-
witz und Kulmiz für giltig. Nächste Sitzung morgen.
Kleine Vorlagen.
München, 4. März. Die „Allg. Ztg." 'veröffentlicht
einen Erlaß des Prinz-Regenten an das Kriegs-
ministerium, in welchem das Abschieds-Gesuch des
früheren Kricgsministers, Generals Freiherrn v. Pranckh,
mit den huldvollsten Worten abgelehnt und demselben vor-
erst so lange Urlaub ertheitt wird, bis seine Gesundheits-
verhältnisse ihm die Dienstleistung wieder gestatten.
München, 6. März. Die Kammer bewilligte ein-
stimmig die zur Aufbesserung der nicht pragmatischen Be-
amten geforderten 1583000, ebenso 850000 Mk. für den
Bau des Aschaffenburger Handelshafen nebst Verbindungs-
geleisen. Minister v. Crailsheim erklärte, wenn es
sich um Einrichtung der Kettenschleppschifffahrt auf dem
Main handle, so sei zu erwägen, ob nicht der Staat die
Anlage Herstellen solle.
GesterreiH-AsKE.
Wien, 6. März. Das Schlußergebniß der serbischen
Wahlen ist folgendes: gewählt sind 133 Radicale, 15
Liberale und 7 Abgeordnete, die keiner bestimmten Partei
angehören. Eine Wahl wurde ungiltig erklärt. — Wie
die „Polit. Corresp." meldet, hat die Ottomanische Bank
gegen die Verpfändung gewisser Einkünfte des Vilajets
Smyrna die Zahlungen der Gehälter des diplomatischen
Corps und der Officiere für die Monate December, Januar
und Februar übernommen. Die Abschlagszahlung an
Rußland soll aus dem Verkauf der Minen von Heraklean
bestritten werden. — Der „Polit. Corresp." wird aus
Warschau gemeldet, die Stationsvorstände an der Eisen-
bahn Rowno-Wilna hätten kürzlich Weisung erhalten, bei
der Güterbeförderung darauf Bedacht zu nehmen, daß von
Mitte März an die Verkehrsmittel für bedeutende militä-
rische Transporte in Anspruch genommen werden könnten.
Man darf übrigens derartige polnische Meldungen bekannt-
lich nicht allzu ernst auffassen.
IrarrKreich.
Paris, 6. März. Wie es heißt, wird der Bot-
schafter am italienischen Hofe, de Mouy, durch
Botschafter Cambon, bisher in Madrid, ersetzt werden.
— Die Deputirtenkammcr setzte in der heutigen
Vormittagssitzung die Berathung des Kriegsbudget fort.
Lockroy verlangte nähere Auskunft über die geplante
Schaffung von fünf General-Jnspectoren der Armee. Redner
ist gegen diesen Plan, bittet jedoch den Kriegsminister, aus
dieser Angelegenheit nicht eine Vertrauens- oder Cabinets-
frage herzuleiten. Der Kriegsminister erwidert, er stelle
keine Cabinetsfrage, sondern wende sich an die Opfer-
willigkeit des französischen Patriotismus. Die in Rede
stehenden Jnspectoren seien durchaus nothwendig. Die
Regierung sehe diese Einrichtung als von wesentlicher Be-
deutung an, weil sie den Generälen Gelegenheit bieten
wird, Vorbereitungen für den Krieg um so wirksamer zu
treffen und die Mobilmachung besser zu überwachen. Auf
diese Art wird für den Fall eines Krieges mancher gefahr-
bringende Stellenwechsel vermieden. Die Angelegenheit sei
von höchster Bedeutung für die Sicherheit und den Schutz
des Landes. Der Minister bittet schließlich, den ver-
langten Credit von 100000 Fr. zu bewilligen. Merill 0 n
verlangt die Verweisung der Forderung an die Armee-
commissson. Lab ordere (Rechte) bekämpft den Entwurf,
man beabsichtigte wohl nur im Voraus die Heeresführer
zu ernennen, gewissermaßen Marschälle wieder einzuführcn.
Es handle sich im Grunde nur um persönliche Interessen.
Reille (Rechte) tritt für die Forderung ein. Der Kriegs-
minister macht nochmals auf die Wichtigkeit der Vor-
lage aufmerksam und ersucht, dieselbe dem Ausschüsse zu
überweisen. (Beifall.) Hierauf wird die Sitzung bis
Nachmittags 2 Uhr vertagt. In der Nachmittagssitzung
der Deputirtenkammcr wurden vom Kriegsbudget die Ar-
tikel bis 20 unverändert angenommen. Bei Berathung
Gin stolzes Weil».
Von Th. Al mar.
(Fortsetzung.)
Die junge Frau schlief sanft. Ihr Gesicht, der Tante
Zugekehrt, sah so glücklich aus, daß Barbara unentschlossen
wurde, ob sie sie wecken solle. Aber die Bäuerin hatte
einen gesunden Appetit und war nicht gewöhnt, auf ihr
erstes Frühstück zu warten. So weckte sie denn Paula,
°ie auf die erste recht klüglich gethane Frage, woher heute
°er Kaffee kommen solle, gleich lachen mußte.
„Eine Fee wird ihn gleich herbeischasfen", entgegnete !
we junge Frau und klingelte, als sie in's Wohnzimmer
trat; sogleich erschien der Kellner. „Kaffee!" befahl sie. !
„Na, höre Paula, Du bist wirklich zu Deinem Arkoni s
geschaffen. Du siehst beim Befehlen gerade so aus wie i
rief Barbara verwundert.
„Max hat mir zu Allem Anweisung gegeben, liebe
^ante. Sobald wir etwas wünschen, haben wir nur zu
"lngeln und zu befehlen, ohne uns mit den Kellnern zu
Unterhalten."
„Das hat er nicht erst nöthig, Dir zu sagen," ent-
gegnete Barbara verdrießlich, „ich habe noch an dem alt-
'lugen Jakob genug; wie nannte er sich doch? Kammer-
wener vom Baron. Was kann das für ein Baron sein?"
Der Kellner brachte den Kaffee und Barbara's Frage
°"eb unbeantwortet.
Nach zwei Stunden ließ sich Lorenz melden und
würde sogleich angenommen. Er trug einen Civilanzug,
"r den alten Herrn recht gut kleidete; nur schien er sich
Ufcht recht behaglich darin zu fühlen, wie aus den fort-
wlihrenden Bewegungen mit dem Kopfe hervorging, als
IfMeide ihn der Kragen in den Hals. Er kam, um die
Manien in der Residenz herumzuführen, weil sein Freund,
gftesselt durch seinen Dienst, erst am Abend kommen könne.
Nachdem Paula die kleine Gcmüthsbewegung, ihren Mann
noch so lange entbehren zu müssen, überwunden hatte,
unterzog sie Barbara's Anzug der n.öthigen Umformung.
Mit Ergänzung einiger Kleidungsstücke von ihr wurde die
Toilette etwas großstädtischer hergerichtet; außerdem ver-
sprach die alte Jungfer, ihrem Liebling zu Liebe, sich einen
neuen Anzug zu kaufen.
Man ging spazieren, Lorenz war ein erfahrener
Führer, der Panla's Interesse für die an Kunstsachen so
reiche Stadt bald zu erwecken wußte. Besonders zog das
Theater ihre Aufmerksamkeit auf sich und Lorenz versprach
ihr, sie am nächsten Abend in die Vorstellung zu führen.
Sie schüttelte zwar Anfangs bedenklich das Köpfchen, weil ihr
Max für sie nicht so kostspielige Ausgaben machen sollte,
gab dann aber gern und freudig nach, als Lorenz ihr an-
vertraute, Arkoni hätte einen bedeutenden Gewinn in der
Lotterie gemacht und habe sie damit überraschen wollen.
So schwanden Tage und Wochen dahin. Die Frauen
wohnten noch immer im „Oberpollinger", noch immer war
Lorenz der Begleiter und Barbara's vertrautester Freund;
denn er unterbrach sie nie in ihren Reden und pflichtete
immer ihrer Meinung bei. Wenn Arkoni, wie hin und
wieder geschah, Abends nicht kam, dann war Paula am
leichtesten damit zu trösten, daß Lorenz sie in's Theater
führte, wo er freilich, während sie begeistert dem Spiele
folgte, viel Angst ausstand. Die Schönheit der jungen
Frau, so einfach ihre Toilette war, erregte Aufsehen; die
Operngläser waren mehr auf sie als auf die Bühne ge-
richtet, und manchmal mußte Lorenz zu Kunstgriffen seine
Zuflucht nehmen, um die Begleiter irre zu führen, die
erfahren wollten, wohin Paula gehe. Sie selbst bemerkte
davon nichts; ihre ganze Seele war von dem erfüllt, was
sie sah und hörte. Zur Oper zog es sie weniger hin,
ihrem Ohr schienen die feinen Töne der Musik verschlossen;
desto leidenschaftlicher liebte sie das Trauerspiel, da sog
sie förmlich jedes Wort, jeden Gedanken ein, und Barbara
erklärte Lorenz, sie brauche gar nicht in's Theater mitzu-
gehen, Paula erzähle ihr Alles viel besser.
Die Zeit schien bei solchen Zerstreuungen Flügel zu
haben — es war gegen Weihnachten, und noch wohnten
die Frauen im Hotel. Lorenz hatte gesagt, außer der
Ziehzeit bekäme man in X. keine Wohnung, man müsse
bis zum Apcil warten. Freilich fehlte es ihnen im Hotel
an nichts, und Paula wurde von ihrem Mann mit ebenso
geschmackvollen, wie kostbaren Geschenken überhäuft, so daß
selbst Barbara beruhigt wurde, wenn sie ein solch arbeits-
loses Leben nicht mehr ertragen zu können behauptet hatte.
Auch von Hause kamen Briefe, von Sophie und Ru-
dolf, nicht gerade mit freudigen Nachrichten, aber auch
keinen schlimmen. Der Vater gedachte in freudiger Er-
wartung seiner Paula, denn Arkoni hatte ihm geschrieben,
wenn nichts dazwischen trete, werde er mit seiner Frau
zur Weihnachtszeit zum Besuch kommen.
Während so die Zeit dahin schwand, hatte Barbara
sich in den Straßen X.'s so orientirt, daß sie allein sich
zurecht finden konnte. Eines Morgens kam sie aus einem
Laden aus der Theaterstraße, sie hatte Einkäufe gemacht,
um den Zavelsteinern etwas aus der Residenz zu schicken.
Im vollsten Eifer, Sachen und Geldbörse in der Hand
haltend, eilte sie vor sich hinblickend die Straße entlang,
als sie Plötzlich Kopf an Kopf mit einem Manne zusammen-
stieß, der nach einem kräftigen Fluch laut rief: „Sehen
Sie sich doch vor alte Muhme!" Barbara blickte auf, ihre
Augen blitzten; ihr Gegner war der Jacob, an den sie oft
noch mit stillem Aerger gedacht; sie erkannte ihn, obgleich
er eine andere Livre trug; aber auch er hatte sie jetzt erkannt.
„Ei sieh da, Madame, freut mich, Sie wieder zu
sehen", sagte er spöttisch, seinen Hut abnehmend. „Wie
verändert, so schön gekleidet?! — Das haben wohl der
Herr Baron bewirkt? Wie geht's dem schmucken Töchter-
chen? Ja, ja, der hat keinen schlechten Geschmack, auch
wenn er sich seine Rosen aus Schwaben holt. Sorgen Sie
nur bei Zeiten für Dukaten, länger als ein halbes Jahr
dauert seine Liebe nicht. Sie Beide sind schuld, daß mich
Lorenz verleumdete und der Baron mich entließ; ich