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Heidelberger Volksblatt (68) — 1933 (Nr. 226-299)

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Nr. 241 - Nr. 250 (19. Oktober - 30. Oktober)
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. dein Vaterland.

Erden besitzt und zu besitzen begehrt.

_ waren in ein lebhaftes Geſpräch vertieft. Offenbar konnten ſie



und Flugzeughallen auseinanderlegen müſſen. Der Gegner griff

. HdÂleuerung in Ordnung war. Die Maſchinen rollten dann zum

hatte wohl eiwas zu wagen und zu leiſten, aber er war dann

. t r!! alcht je qrdan!enlos und ſorgenlos in ben Tes hinein-







Schreden burch hîe GSeeke braufeten, ba ift beine Llebé, ba is

Wo das erſte Menſchenaug’ ſich liebend über deine Wiege
teigte, wo beine Mutter dich zuerſt mit Freuden auf dem Schohze

rug und dein Vater dir die Lehren der Weisheit und des
ſhittentuns ins Herz grub, da iſt deine Liebe, da iſt dein
Vaterland.

Und ſseien es kahle Fellen und öde Inſeln. und wohne
Urmut und Mühe dort mit dir, du mußt das Land ewig lieb-
aben; denn du biſt ein Menſch und ſollſt es nicht vergesſen,
ndern behalten in deinem Herzen.. |

Auch iſt die Freiheit kein leerer Traum und kein wüſter
Wahn, ſondern in ihr lebt dein Mut und dein Stolz und die
Gewißheit, daß du vom Himmel stammeſst.

Da iſt Freiheit, wo du leben darfst, wie es dem tapferen

ft! gefällt; wo du in den Sitten und Weiſen und Gesetzen |

er Väter leben darfſt; wo dich beglücket, was ſchon deinen Ur-
elternvater beglückte; wo keine fremben Henker über dich ge-
bieten und keine fremden Treiber dich treiben, wie man das
Vieh mit dem Stecken treibt.

Dieles Vaterland und dieſe Freiheit ſind das Allerheiligſte
auf Erben. ein Schatz, der eine unendliche Liebe und Treue in
sich verſchließt, das edelſte Gut, was ein guter Menſch auf

Darum auch ſinb sie gemeinen Seelen ein Wahn unb eine
Torheit allen, die für den Augenblick leben. .
Ulber die Tapferen heben sie zum Himmel empor und wir-
ken Wunber in dem Herzen der Einfältigen. |





Auf denn, reblicher Deutfcher! Bete täglich zu Goit, baß |

er bir das Herz mit Stärte fülle und deine Seele entflamme mit
Zuversicht und Mut.

Daß keine Liebe dir heiliger ſei als die Liebe des Bater-
landes und keine Freude bir ſüßer als die Freude der Freiheit.

Damit du wieder gewinneſt, worum dich Verräter betrogen,
und mit Blut erwerbeſt, was Toren verſäumten. .

Denn der Sllav iſt ein liſtiges und geiziges Tier, und der
Menſch ohne Vaterland der unleligſte von allen.

Und dann mußt du Gott bitten, daß er dir gebe einen ſtillen,
freundlichen und feſten Geiſt, einen Geiſt des Friedens und der
Liebe, daß du alle deine deutſchen Brüder zu dir verſammeln
maglt und sie weinen, daß sie geſchieden waren in ihrem Herzew

Denn durch der Herzen Zwietracht iſt das Unheil gekom-
men, und durch die Feigen plagen fremde Henter dich.

Und ihr ſolltet euch wieder brüderlich geſellen zueinander,
alle, die ihr Deutſche heißet und in deutſcher Zunge redet, und
den Tag bejammern, der euch ſo lange entzweit hat. /

Unb ſollet in Einmütigkeit und Friedſeligkeit erkennen, daß
ihr einen Gott habt, den alten, treuen Gott, und daß ihr ein
Vaterland habt, das alte, treue Deutſchland. l

Und ſollet gedenken, wie ihr ein freies Land von euren
Vätern empfangen habet, und wie ihr euren Kindern und Kin-
deskindern die Freiheit hinterlaſſen müſſet.

Und ſo ſollet ihr die zerriſſene Treue und Liebe wieder zu-

| ſammenbinden und die einträchtige Freundſchaft brüderlich be-

ſchwören. Ernſt Moritz Arndte.

Helden der Luft.

L. wett ée

Gm Kasino einer Dagbſtaffel der Weſtfront war man beim
Mittageſſen. Es war nicht ſchlecht. Die Verpflegung war auch
im Jahre 1918 bei den Fliegern noch gut. Zwei junge Leutnants

aicht ganz einig werden.

„Sie übertreiben, Wolfstätt! So ſchlimm ist das nicht.“

„Ich übertreibe nicht. Es iſt recht, daß wir gut zu eſſen
haben, aber der Infanterist vorne liegt tagelang im Feuer, dem
er wehrlos ausgeliefert ift. Wir können uns doch durch per-
f;)sÑ Eingreifen, durch Geſchicklichkeit wehren. Bei alledem

at der Infanteriſt nie satt zu eſſen, das zermürbt ihn.
„Vom Mlieger wird aber eine ganz andere Leiſtung, viel
mehr Selbſtändigkeit verlangt“, entgegnete der andere. „Des-
halb hat er auch Anſpruch . . ."

Ein ſchrilles Glockenzeichen unterbrach. ihn. Der Staffel-
führer ging ans Telephon in einer Ecke des Raumes. Alles war
mit einem Male ruhig, um ihn nicht zu ſtören.

„Begreabt das Kriegsbeil und eßt, was noch reingeht. ſicher
kommt der Befehl zum Starten wieder mitten ins Eſſen hinein“,
flüſterte Lüders den beiden zu.

Der Staffelführer hörte offenbar einen längeren Befehl an,
ſagte zweimal „jawohl“ und hängte den Hörer wieder an. Dann
rief er den Flugplatz an. |

„Sofort alles ſtartbereit machen!“

: „Sie haben gehört“, wandte er ſich an die Tafelrunde, „wir
uf: ht vag Hot Ft é og. i eu te
ſprengen. Wir müſſen sie decken. So eine Schweinerei, unſer
ſchönes Mittageſſen." Er nahm ein Stück Brot mit und holte
im Vorraum ſeine Fliegerrüſtung.

Zwei Autos brachten die Flieger auf den Platz, der eine
Viertelſtunde vom Orte weg lag. Man hatte meiſtens Quartiere

mit Ferngeſchützen oder Fliegern gern die Flugplätze an. Auf
bem Flugplatz herrſchte reges Leben. Die Monteure hatten die
Malchinen aus den Hallen geſchoben, es wurde noch einmal alles
înachgelehen, geprüft, ob Benzin, Oel, Waſser ausreichten, die

Start, wo sie in einer Reihe nebeneinander ſtanden. Der Staf-
felſührer, Leutnant Weber, hatte noch einmal kurz auf der Karte
erklärt, welcher Weg zu nehmen ſei. | .
Dann ſtarteten sie. Zuerſt der Staffelführer. Er kreiſte über
bein Platze, der zweite und dritte folgte, Hans kam als vierter.
Als der lelzte geſtartet war und ſich zu ihnen heraufgeſchraubt
hatte, formierte ſich die Staffel. Sie flogen diesmal in einer
Reihe nebeneinander. Dabei hieß es gut aufpaſſen, daß man
nicht abhängte. Der Einzelflieger war gewöhnlich verloren,
wenn er auf eine feindliche Staffel stieß. Die Zeiten waren
ſchon lange vorbei, wo man sich an der Weſtfront allein nach
Belieben herumtreiben konnte, um auf Abenteuer zu gehen. Dann
hieß es achtgeben, daß man nicht zuſammenstieß. Den Gegner
fürchtete ber Flieger nicht. Kam man weirllich in ehrlichem
Kampfe mit ihm um, dann war das eben Soldatenlos. Aber
ben Kameraden, den fürchtete er. Eine leiſe Berührung am
Flügel, es brach irgend etwas am Tragdeck, und ein Todessturz
war die Folge. Bölckes Schickſal war eine ſtändige Mahnung.
Hans dachte, während sie der Front zuſtrebten, an ſeine
ssliegerzeit in Rußland bei der Beobachtungsſtaffel. Manchmal
hatte er Heimweh danach. Dort flog man gewöhnlich allein, man
war faſt unumichränkter Herr der Luft, konnte sich viel freier
bewegen unb betätigen. Freilich, hier war er allein Herr einer
Maſchine, und der Kampfeinſiter war eine ganz andere Kiſte
ls ber etwas alte Doppeldecker, den er in Rußland gehabt hatte.
Sie kamen an die Front. In Rußland hatten ſie das weite
Land, endloſe Wälder, friedliche Dörfer unter sich gehabt. Hier
war eine Wüſte unter ihnen. Ein paar halbzerſchoſſene Dörfer
hatten sie hinter ſich. Man ſah nux mehr Trichterfelder. Ein
endloſes Gewirr von Gräben und Stacheldraht, nirgendwo ein
liebliches Fledchen Erde. Schon oft hatte Hans gegrübelt: erſt
hatte der Menſch mit viel Anstrengungen wüſtes, wildes Land
kultiviert, und jetzt gab er ſich alle Mühe, es zu zerſtören. Seine
Debatte beim Mittagesſſen fiel ihm wieder ein. Da unten in
bieſer Hölle mußten Tausende von armen Menſchen in Hunger
und Gchmugtz, ohne rechten Schlaf leben, immer vom Tode be-
droht. Sie waren Mafſſe, der einzelne galt nichts. Der Flieger

qbherall der Held, ausgezeichnet und bevorzugt. Er hatte es [o
viel beſler wie sein Kamerad da unten. Hans kam einen Äuset:
he rt eu ta tet rhettht. Ui§'æ Ute sſzueztens
fiel ibm ein. Der wies ihn faſt in jedem Brief darauf hin.
.Er war es cuch, ber ihm die Augen für die Not des einfachen
j tlolbaten geöffnet halte. Hans wußte auch, was der Priester
'hemlt --llte. Er ſollte das Fliegen nicht als Sport, nur als
| Buliches Vor, n treiben, er ſollte den Ernſt der Zeit er-
] „ bie Not Feines Volkes begreiſen und mit ihr fühlen. Er
' war hem gelſ?!ihen Freunb bankbar für dieſes ernſle Mahnen.

ie mancher leiner Nameraben.

Aus: Alfred B e er :: Flieger im Oſten (Herder-Freiburg).

ſeinem Grübeln. Im Augenblick waren alle andern Gedanken
untergetaucht, er war nur mehr Flieger. Franzöſiſche Flack-
geſchütze beſchoſſen ſie. Sie waren ernſter zu nehmen als einſtens
die ruſſiſchen und nötigten den. Flieger manchmal zur Umtehr.
Vorige Woche hatte ſich eine Batterie auf ihn eingeſchoſſen und
ihn regelrecht eingegabelt. Alle vier Schrapnelle lagen rechts
und links, vor und hinter seiner Maſchine. Sie folgten auch
ſeinen Kurven mit unheimlicher Anhänglichkeit. Erſt ein Sturz-
flug hatte ihn aus dieſer feindlichen Umklammerung befreit.
Diesmal ſaßen die Schüſſe zu tief. Weit unter ihnen ſah man
die Schlachtſstaffel in 200 oder 150 Meter Höhe über ben Stel-
lungen. Sie flog gerade von der franzöſiſchen Linie zurück. Kurz

hinter der deutſchen Front ging das Führerflugzeug, das an zwei

langen Wimpeln rechts und links am Tragdeck erkenntlich war,
in die Rechtskurve, bie andern folgten ſofort. Man glaubte von
oben, sie bewegten ſich auf dem Boden fort.

Plötzlich ſchoß das Führerflugzeug der Jagdſtaffel wie ein
Raubvogel nach unten, im nächſten Augenblick folgte die ganze
Staffel. Feindliche Jagdflieger hatten die Schlachtstaffel ange-
fr.. tt s' t gehe, Lahstei. su Fruqrlt
Schlachtflugzeug griff ein. Bald mußten die Gegner der Ueber-
macht beider Staffeln weichen. Die JIagdſtafſel hatte sie allzu
günftig von oben zu packen gekriegt. Die Schlachtflieger waren
zwar ſchwerfälliger, aber ſie waren den Kampf in ſo geringer
Höhe gewöhnt und deshalb ein gefährlicher Gegner. Die Deut-
ſchen ſtanden von einer Verfolgung ab. Sie waren ſchon zu

weit ins feindliche Gebiet hineingeraten und allzu tief herabe

gegangen. Beim Rückflug bekam Hans ein feindliches Maſchinen-

gewehr zu faſſen, das eine deutſche Maſchine beſchoß. Die Manne

ſchaft war im Augenblick verſchwunden, als habe er ſie aus-
einandergeblaſen. uu. v..
Drei Tage ſpäter gerieten ſie an eine französiſche Kampf-

ſtaffel. Sie deckten Beobachtungsflugzeuge. Man bändelte zuerſt |

mit den Jagdfliegern an. Mitten im Kampf stürzten ſich Hans

und einer ſeiner Kameraden auf die tiefer fliegenden Beobachter.

Hans warf ſich auf einen, der hinter ſeinen Kameraden etwas
gurückgeblieben war. Der Franzoſe ſuchte durch ſcharfes Kurven
dem Angreifer auszuweichen. Aber er kurvte dabei ſo, daß er
von ſeiner Staffel abkam. Hans ſchob ſich dazwiſchen und ſuchte
ihn immer mehr über deutſches Gebiet abzudrängen. Der feind-
liche Beobachter ſchoß gut, zwei Kugeln hatten die Bordwand
der Maſchine in ]einer nächſten Nähe durchſchlagen, eine andere
ſtreifte den Aermel ſeiner Pelzjacke. Der Führer ſchien noch ein
Anfänger zu ſein, er zeigte ſich etwas unbeholſen. Hans hatte
den Vorteil, daß ſeine Kiſte raſcher ſtieg und wendiger war. Er
verſuchte über die Franzoſen zu kommen und ſie von oben zu
packen. Aber der Beobachter wußte dieſem Angriff immer mit
Erfolg zu begegnen. In Hans erwachte die Leidenſchaft des
Kampfes. Er fühlte sich dem Gegner gewachſen. Das gab ihm
eine eiſerne Ruhe. Jett nicht locker laſſen. Zäher Angriffswille
war eine Hauptbedingung für den Sieg. Wieder ſtieß er von
oben auf den Franzoſen herab. Der Beobachter ſtand an ſeinem
Maſchinengewehr. Plötzlich gab es ihm einen Ruck, und er ſank
in sich zu ſammen. Eine wilde Genugtuung kam über Hans. Nur
weiter, er mußte den Gegner niederzwingen. Jetzt war leichter
an ihn heranzukommen. Vergebens verſuchte der andere zu ent-
fliehen. Hans drängte ihn mit ſeiner überlegenen Maſchine noch
mehr über die deutſche Front und drückte ihn langſam, aber
unaufhaltſam hinunter. Wie zwei Raubvögel kämpften ſie einen
Kampf, der immer ungleicher wurde. Hans wurde, je länger es
ging, deſto ruhiger und ſicherer, aber auch deſto unerbittlicher.

Ein paar Schuß fuhren auf die feindliche Kiſte. Der feind-
liche Führer hob die Hand, er hielt ein weißes Taſchentuch
empor, gab ſich alſo beſiegt. War er getroſfen, gab er ſich so
beſiegt? Ober war es eine Finte, ein Verſuch, ihn zu überlisten?
Wobhl kaum, in der Luft wurde im allgemeinen fair getämpft.
So zwang er die Kampfesluſt nieder, mit der er ſich am liebſten
auf den Gegner geſtürzt hätte, um ihn völlig zu vernichten. Rit-
terlich ſein im Kampf! Der Franzoſe ging im Gleitflug herunter,
man sah, er flog unsicher. Offenbar war er verwundet. Schließ-
lich ſetle er zwiſchen Granattrichtern auf dem Boden auf. Hans
ſchauderte es jetzt. Wie mochte es den beiden Verwundeten dabei
ergehen? Er meinte, er müſſe ihnen helfen. Der Franzoſe landete
verhältnismäßig gut, wiewohl die Maſchine in Trümmer ging.
In quälender Unruhe kreiſte Hans über der Stelle. Man konnte
unmöglich in der Nähe landen, ohne das Flugzeug zu opfern.
Das durfte er nicht tun.

Jetzt kroch eine Gestalt aus der Maſchine. wohl der Führer,
und beugte ſich über ſeinen Kameraden. Deutſche Soldaten

ſprangen herzu. Rach kurzer Zeit wurde der eine auf einer
Bahre weggetragen. Er lebte alſo noch. Der andere ging neben
einem Offizier. Den einen Arm trug er in der Binde. Hans
gab ein paar Schuß in die Luft ab.
mit Taſchentüchern, der Franzoſe grüßte militäriſch mit [einer
f'hyfen Hand. Der Motor ratterte, ber slegreiche Vogel hraulte
avon. '

Am Rachmittag fuhr Hans in das Lazarett, um ſeine beiden
Gegner zu beſuchen, Das war ſo Sitte unter Fliegern. Manche



r.

ÓÇÔÒÌ e.... .

[t hatten das nicht begreifen wollen und es zu

E

Die Teutſchen winkten



unterblnßen versucht. Aber hke Flieger hatten thre eigenen Ge-
ſeze, die ließen sie sich nicht nehmen. Dem Glieger war der
Gegner nicht Feind, ſondern Kamerad, Kamerad, der ſeine
Pllicht tat wie er und mit Leib und Seele gleich ihm am ſchönsten
Sport hing, den es gab. Hans ſtellte ſich dem Chefarzt vor und
erklärte ihm den Fweck ſeines Kvmmens.
beiden?“ „Der eine iſt nur leicht verwundet Der andere iſt
nicht zu retten." Hans verfärbte ſich. „Ist gar nichts zu machen?"
Ueberraſcht ſah der Arzt in das verstörte Gesicht des jungen
Offiziers. Ein merfwürdiges Volk, diele Flieger. Alles war
müde und mutlos, nur die Flieger gingen noch mit einem Schneid
drauf, der sich vor nichts fürchtete und eine unverwültliche Friſche
in ſich barg. Und jetzt ſtand dieſer ſtramme Leutnant mit dem
Eiſernen Kreuz erſter Klaſſe und dem Fliegerabzeichen faſſungs-
los, weil einer ſterben mußte, mit dem er ſich vor ein paar
Stunden herumgeſchoſſen hatte. e

Er führte Hans zu dem Sterbenden, den man in einm
kleinen Raum für ſich gelegt hatte. Das dunkle Haar des Ober-
leutnants, der vielleicht achtundzwanzig Jahre zählen mochte,

ließ das Gesicht noch blasser erſcheinen, als es ohnedies ven.

Hans ſtellte ſich vor und gab dem Franzoſen die Hand.
„Ich wollte ſehen, wie es Ihnen geht." .
„Danke. Ich ſterbe. Das iſt der Krieg. Wenn nur Frank-

reich siegt, und es wird ſiegen.“ Er hatte erſt höflich, aber zu-

rückhaltend geantwortet. Jetzt [prach er mit Leidenſchaft. .
Hans entgegnete heftig: „Frankreich wirb nie Sieger,

Deutschland ſiegt." Der andere entgegnete mit einer Ruhe, in.

der Stolz und Zuversicht lagen: „Deutſchland kann den Kkampſft
auf die Dauer nicht aushalten."

Müde lag er in den Kiſſen. Hans ſchluckte die [chroffe Be-
merkung hinunter, die ihm auf der Zunge zuckte. Der andere
lag im Sterben, und er wollte sich mit ihm herumſtreiten? Den

befiegten, wehrloſen Gegner in der letzten Stunde noch kränken, .

wäre gemein geweſen.

„Sie lieben Ihr Vaterland, ich achte das und verstehe ee.

J hetesdete den Heroismus, mit dem Sie Ihr Leben dafür
rn.

„Ich danke Ihnen.“ Das klang warm. Hans hatte das

Herz des andern gewonnen, der wohl merkte, daß der jnſſe

Deutſche ihn nicht kränken wollte. Hans verabſchiedete sich und
fragte den Franzoſen, ob er noch einen Wunſch habe. Der ver-

neinte. Der Flugzeugführer lag auf einem Liegestuhl in de.
abendlichen Sonne. Er war nur leicht verlezt und erhob ſite

als Hans zu ihm trat. Es war ein junger Leutnant, nicht älter
t qu Man ſah ihm an, daß er einer vornehmen Familie

„Ich aratuliete Ihnen zu Ihrem Erfolg“, meinte er höfliche.
Er ſprach faſt fließend deutſch. _

„Ach freue mich meines Erfolges, aber ich bedaure, daß Se

und Ihr Kamerad verwundet ſind.“
Sie setzten sich auf Einladung des Chefarztes in das Kasins

der Aerzte, das gerade leer war. Hans merkte bald, der Frenn
zoſe war nicht nur äußerlich, ſondern auch innerlich ein fene.

Mensch. Er war in Belgien in einer Ordensſchule erzogen

worden und ſprach mit Begeiſterung von den Patres. Er wer
auch als Knabe ſchon in Deutſchland geweſen. Bei einer deueen.
ſchen Erzieherin hatte er als Kind deutſch ſprechen gelern. Sie..
ſaßen über eine Stunde, unterhielten ſich über Naturſchönheiten.
die ſie beide kannten, über jugendliche Wanderfahrten, über ds
Fliegen als Sport und über religiöſe Fragen. Sie waren ſihe.
ganz einig in dem, was ſie dachten und was sie begeiſterte, ſaſen

als Menſchen einander gegenüber, die ſich verſtanden, ſich Kas
meraden waren. Als Hans heimging, hatte er das Gefühl, as
ſeien sie in dieser einen Stunde Freunde geworden. Warum

mußten sich ſo viele edle Menſchen auf beiden Seiten bekämpfen.
| wo sie sich innerlich ſo einig waren? Immer deutlicher erkannte

Hans den Krieg als das große Unglück für die Völker.

Unaufhörlich floß der Regen hernieder, als der franzöſiſche _
Fliegeroffizier beerdigt wurde. Hans fröſtelte ese. Er wer in
gedrückter Stimmung. Im Geiste ſah er immer noch den andern

am Maſchinengewehr ſtehen, ruhig, kraftvoll, und ſah ihn plöszsn
lich in sich zuſammensinken. Der Sieg war etwas Schönes ger
weſen, aber das Gefühl, hier ein Leben vernichtet zu haben, ver

häßlich. Neben dem franzöſiſchen Leutnant ſtand er am offen.

Grabe. Der Diviſionspfarrer hielt eine kurze Anſprache und
ſprach, die Stola über der feldgrauen Uniform, die Gebete dee
Kirche. Hans tat das wohl. Es waren dieſelben Gebete, fiarV

Freund und Feind, die Kirche kannte nur ihre Söhne, die ihr

alle gleich lieb und für sie Brüder waren. Die paar Einwohner,

die das Dorf noch hatte, meiſt alte Leute und Kinder, drängten.
sich hinzu und warfen ihrem toten Landsmann Blumen in das
Grab. Dann beteten sie einen Roſenkranz für ihn. Der frauen

zöſiſche Flieger zog den seinen aus der Taſche und betete mite.

Hans tat das gleiche, nachdem er ſich vom Pfarrer una vom
Örtskommandanten verabſchiedet hatte. Der Unteroffizier, de..
den gefangenen Leutnant begleiten mußte, wurde etwas un.
geduldig. Uber er wagte nichts zu ſagen, [o lange Hans dabene.

stand. Ueberhaupt! Einen Fliegeroffizier, der den Roſenkrannh
betete, hatte er noch nie geſehen. Da hieß es einfach zuwarten.

„Ich danke Ihnen für Ihre Anteilnahme“, ſagte der Frenn.

zoſe herzlich, als fie ſich trennten, „die Erinnerung daran läßüt
mich die Gefangenſchaft leichter tragen.“ .
„Ich bedaure tief, daß Ihr Kamerad hat ſterben müſſen.
entgegnete Hans. .
„Das iſt der Krieg. Es hätte geradeſogut Sie treffen kön
ten Git hohen nur Ihre Pſlicht getan. Gott weiß, warum er .
es ſo gefügt hat. .
Abends ſaß Hans über den Papieren des Gefallenen. Er .

war von Beruf Ingenieur. In ſeiner Briefmappe lag das Bilde
seiner Mutter. Sie war eine einfache, aber feine Frau mit einem
ſelten gütigen Ausdruck im Geſicht. Sie ahnte jeßt wohl nV
nichts vom Tode ihres Sohnes. Das Leben iſt hart. Er halle.

keine Mutter mehr, und der, der noch eine hatte, wurde von ihr.
genommen. Ein Abſchiedsbrief an die Mutter und zwei Briele_

von ihr lagen noch in der Brieftaſche. Hans ließ sie ungesffnen.

Am nächſten Tage warf er die Sachen des Toten mit ein.
kurzen Bericht üder dem französiſchen Flugplatz ab.

Jungmänner-Exerzitien.
Lindenberg: 28. Oktober (Samstag) bis 1. Nov. (Mittwoch). _
fiuderterg: 4. Januar (Donnerstag) bis Sonntag, 7. Ian
Nedkarelz: Mittwoch 1. bis Sonntag. 5. November 1838n.

Wyblen: Samstag, 28. Oktober bis Mittwoch, 1. Novembe.

Wyhtlezz: Donnerstag, 1 .. bis Sonntag, 17. Dezember, abends.

Hegne: Dierntag, 31. Oktober bis Samstag, 4. Novembre.

Hegne: Donnerstag, 7. Dezember bis Nianlag, 11. Dezent
Zerantwortlich für den gelamten ünbait: s..; csyrüles A. Wallet i!
Herausgber: Kath. Iungränicrve Kanß der Tezdiszele green

„Wie geht es den
 
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