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Heidelberger Volksblatt (70) — 1935 (Nr. 1-26)

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Nr. 11 - Nr. 20 (14.Januar - 24. Januar )
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Pfälzer Sole

Mittwoch, 16. Januar 1935

ro. Jahrgang / Ar. 13

Dreierausschuß entscheidet Rückkehr zu Deutschland
Bereits am heuügen Mittwoch grundsätzliche Entschließung des Völkerbundsrates

gung der SA, SS und anderer Gliederungen
der NSDAP in einem Umkreis von 40 Kilo-
metern strengstens verboten. Auf eineFrage Loch-
ners, ob Reichsminister Frick befürchte, daß
Frankreich die Rückgabe des Saargebietes auf
die lange Bank zu schieben versuchen werde, er-
widerte der Minister: Die deutsche Reichsregis«
rung ist der Auffassung, daß sich Frankreich
durchaus loyal verhalten und der Rückgliede-
rung des Saargebietes keinerlei Schwierigkeiten
machen wird. Wir unsererseits sind der Ueber-
zeugung, daß der 13. Januar 1935 der Aus-
gangspunkt einer neuen Epoche der Beruhigung
und der Befriedung Europas werden kann. Das
Saargebiet soll dem Willen des Führers und
Reichskanzlers gemäß nicht der Zankapfel, son-
dern die Brücke zwischen Deutschland und Frank-
reich sein. Reichsminister Frick erklärte weiter,
daß die im Abkommen vom 3. Dezember 1934
festgelegte Zahlungsform für den Rückkauf der
saarländischen Kohlengruben einschließlich
einiger Eisenbahnen und Zollbahnhöfe dem
Deutschen Reich devisenmäßig keine Schwierig-
keiten mache. Die Aufbringung der für die Um-
wechslung der 900 Millionen Franken aufzuwen-
denden Reichsmarkbeträge sei im Hin-
blick auf die Höhe des deutschen Reichshaushal-

' es nicht schwer. Auf die Frage des amerikani-
> ichen Korrespondenten, wie sich die Reichsregie-
I rung zu den Status-quo-Vesürwortern stellen
werde, betonte Reichsminister Dr. Frick, die Re-
gierung sei willens, die Erklärungen restlos ein-
zuhalten, die sie am 4. Juni 1934 und am 3. De-
zember 1934 abgegeben habe, wonach keine Ver-
' folgung oder Schlechterftellung wegen der Hal-
tung im Abstimmungskampf vorgenommen wür-
den. Der Minister führte weiter aus, die Reichs-
regierung werde einen großzügigen Arbeits-
beschaffungsplan sofort nach der Rückgliederung
des Saargebietes durchführen, um die Erwerbs-
losigkeit im Saargebiet zu beseitigen. Der
Kohlenabsatz des Saargebietes werde nach seiner
Ueberzeugung glatt vonstatten gehen. — Die
Frage, ob die Deutsche Front geschlossen in
das nationalsozialistische Parteigebilde über-
nommen werde, verneinte Dr. Frick. Vorerst
werde jeder Saardeutsche für seine Person in
die NSDAP oder ihre Gliederungen eintreten
und sein Eintrittsgesuch frei und ungezwungen
abgeben können. Zum Schluß erklärte Reichs-
minister Dr. Frick, das Saargebiet werde zu-
nächst ein geschlossener Verwaltungsbezirk blei-
ben und im Zuge der Reichsreform einem der
neuen Reichsgaue eingegliedert werden.

Frankreich und die Abstimmung
Erklärungen des Ministerpräsidenten Flandin

DNB. Genf, 15. Jan.
DH; Dreier-Ausschuß für die Saar hat
Dienstag am frühen Nachmittag nach einer
ersten Prüfung der durch die Abstimmung ge-
schaffenen Lage die Meinung ausgesprochen, daß
das Saargebiet, entsprechend dem Ergebnis der
Volksabstimmung, wieder an Deutsch-
land fallen müsse. Er beabsichtigt, wie
man hört, Mittwoch schon den Völkerbundsrat
«m eine grundsätzliche Entscheidung
in diesem Sinne zu ersuchen-
Man hat den Eindruck, daß der Plan besteht,
die grundsätzliche Frage der territorialen Rück-
gliederung der Saar unter Umständen von eini-
gen damit zusammenhängenden Einzelfragen zu
trennen und diese einer besonderen Lösung vor-
plbehalten. Umstritten ist dabei, wie es scheint,
noch die Frage, ob der Zeitpunkt der Rück-
gliederung schon gleichzeitig mit der grundsätz-
lichen Entscheidung über die Souveränität fest-
gesetzt wird, oder ob hier eine Verquickung mit
den Durchführungsbestimmungen von gewisser
Seite versucht werden wird.
Vie amtliche Verlautbarung
DNB Genf, 15. Jan.
Ueber die Tagung des Dreierausschusses für
dis Saar wird folgende amtliche Verlautbarung
herausgegeben:
„Der Dreierausschuß für die Volksabstimmung
im Saargebiet hat unter Vorsitz des Barons
Aloisi getagt. Der Ausschuß hat den Wort-
laut des Berichts festgelegt, den er morgen dem
Nölkerbundsrat vorlegen wird. Dieser Bericht
enthält Vorschläge hinsichtlich der Entscheidun-
gen, die auf Grund der Ereignisse der Volksab-
sttNMLNZ vom 13. Januar zu fällen find."
Der Bericht des Völkerbundes erwähnt nicht
die Tatsache, daß die Mitglieder des Dreier-
ausschusses in dieser Tagung eindeutig festge-
stellt haben, daß das Ergebnis der Saarabstim-
müng selbstverständlich nur die eine Lösung,
nämlich die Rückkehr des Gebietes nach Deutsch-
land, möglich macht. Aus der kurzen Verlaut-
barung über die Sitzung des Dreierausschusses
geht noch hervor, daß der Ausschuß, wie seiner-
zeit schon gemeldet, sich einen Ueberblick über
das ganze, mit der Auswertung der Volksab-
stimmung zusammenhängende Arbeitsgebiet ver-
schafft hat und dem Völkerbundsrat auch Vor-
schläge über die Methoden machen wird, die bei
der Lösung dieser Frage angewendet werden
sollen.
Die Rück ttederung
Eine Unterredung des Neichsministers Frick mit
dem Chefkorrespondenten der Associated Preß
DNB. Berlin, 16. Jan.
Nach Bekanntgabe des Saarabstimmungs-
ergebnisses äußerte sich Reichsminister Dr. Frick
dem Chefkorrespondenten der Associated Preß,
Lochner, gegenüber über die Rückgliederung der
Saar. Er erklärte, die Reichsregierung könne
dieselbe in kürzester Zeit bewerkstelligen.
Die nach dem Aloisi-Bericht an den Völker-
bundsrat vom 3. Dezember 1934 vorgesehene
Mindestfristvon einem Monat werde
geickigen. Die Reichsregierung sei auch bereit,
über etwa auftauchende handelspolitische Fra-
gen mit Frankreich zu verhandeln. Seitens der
Deutschen Front sei alle Vorsorge getroffen, um
Zwischenfälle so gut wie unmöglich zu machen
Darüber hinaus habe die Reichsregierung von
sich aus Maßnahmen vorgenommen, damit alle
Zwischenfälle, soweit das irgendwie in ihrer
Macht liegt, verhindert werden. So seien z. B.
die Erenzbeamten zu schärfster Handhabung
ihrer Anweisungen angehalten und alle Grenz-
st^e-n Mernmäßig verstärkt worden. Gauleiter
Bürckel habe in seiner Eigenschaft als oberster I
SA-Führer des Grenzgebietes jegliche Betäti- I

DNB. Paris, 15. Jan.
lieber feine Ansicht zum Ergebnis der Volks-
abstimmung befragt, hat Ministerpräsident
Flandin folgendes erklärt:
„Frankreich hat zur Grundlage feiner inter-
nationalen Politik die Achtung der Ver-
träge gemacht. Es kann sich zu der strikten
Anwendung der Verträge bei der Saarabftrm-
mung nur beglückwünschen. Kein Franzose wird
daran denken, die Ergebnisse der Abstimmung
zu bestreiten.
Der Völkerbund, der in seiner Rolle der
Aufrechterhaltung des Friedens und der Orga-
nisierung der internationalen Sicherheit soeben
einen großen Erfolg davongetragen hat, hat die
Aufgabe, das für die Rückkehr des
Saargebietes zu Deutschland vorge-
sehene Verfahren bis zum Ende durchzuführen.
Ich hoffe bestimmt, daß dank der moralischen
Autorität Genfs, dank dem Verständnis der
deutschen Regierung für ihre Pflichten, dank auch
der Vorbereitung, die durch die vor der Abstim-
mung in Rom geführten Verhandlungen bereits
erzielt ist, alle Fragen, die zwischen Frankreich
und Deutschland Reibungen hätten Hervorrufen
können, unter der Aegide des Völkerbundes
leicht geregelt werden.
Die Bezahlung der Saargruben ist bereits —
sogar schon in ihrer Ausführung — studiert
worden. Ich sehe daher bei der Frage der finan-
ziellen Regelung, die die öffentlichen und pri-
vaten französischen Rechte im Saargebiet betref-
fen, keine großen Schwierigkeiten voraus. Han-
Lelsverhandlungen werden unverzüglich begin-
nen, sowohl um eine Uebergangsregelung des
Warenaustausches zwischen Frankreich und dem
Saargebiet zu gewährleisten, als auch um den
deutsch-französischen Warenaustausch der neuen
Lage anzupassen, wenn das Saargebiet endgül-
tig wieder in das deutsche Zollgebiet einbezogen
sein wird.
Das heikelste Problem, das einer
möglichen Saarabwanderung, Ht, was
Frankreich anbetrifft, von einem Ausschuß des
Kabinetts unter Vorsitz Herriots genau studiert
und vorbereitet worden. Aber es geht vor allem
den Völkerbund an- Dieser hat die Pflicht, dös- j

jenigen, die nicht für Deutschland gestimmt
haben, vor allen etwaigen Repressalien zu
schützen. Ich bleibe übrigens überzeugt, daß die
deutsche Regierung von selbst alle Maßnahmen
ergreifen wird, um vor der Welt zu zeigen, daß
sie die Minderheitenrechte zu achten und da-
durch eine Abwanderung aus der Saar zu ver-
meiden weiß. Frankreich seinerseits kann seine
Grenze Flüchtlingen nicht verschließen, die sich
bedroht glauben. Aber es wünscht sehr, daß
solche Umstände nicht eintreten.
Ich habe bereits erwähnt, daß die Regelung
der Saarfrage als wertvoller Versuch
in den deutsch-französrschen Vezte-!
Hungen dienen würde. Ich bin sicher, die
übergroße Mehrheit der Franzosen wünscht, daß
sich diese Beziehungen allmählich bessern, um
eines Tages zu einer Zusammenarbeit
am europäischen Frieden zu führen.
Die französische Öffentlichkeit, die ost ent-
täuscht worden ist, (?) legt heute mehr Wert
auf Taten als auf Worte. Wenn wir unserer-
seits so handeln, daß die Liquidierung des
besonderen Saarregimes in kürzester Frist
vorgenommen wird, dann haben wir das Recht,
von der deutschen Regierung einen gleichen
guten Willen und eine gewissenhafte Achtung
des Völkerbundsrechtes zu erwarten, das die
Grundlage der vertrauensvollen Zusammen-
arbeit unter den Völkern bildet."
Des Führers Dank
DNB Berlin, 15. Jani. Der Führer sandte
— wie NSk meldet — an den Gauleiter
Bürckel, Neustadt a. d. Hdt., folgendes Tele-
gramm:
„Nehmen Sie anläßlich des wunderbaren Ab- !
schlusses der 15jährigen Trennung des Saar-
gebietes vom Reich meinen aufrichtigsten Dank
entgegen für die von Ihnen geleistet: vorbild-
liche Arbeit. s
Ich bitte Sie zugleich, Liefen Dank den FLH-
rern der Deutschen Front zu übermitteln. Sagen '
Sie ihnen, wie stolz und innerlich glücklich uBr
find. Mit herzlichem Heilruf

Heimkehr!
Das Saarbekenntnis zur Volksgemeinschaft
500 000 haben abgestimmt und mehr als 50
Millionen warteten frohen Muts am Laut-
sprecher auf die neuesten Nachrichten aus dem
Saargebiet. Ueber Länder und Erdteile hinweg
vermittelte der Runmunk den harrenden deu -
scheu Volksgenossen dcs einzigartige Erlebnis
des Abstimmungstages. Wie die SaardeutW:»
— Saarbewohner und Zugereiste aus dem Reich
— in brüderlicher Gemeinschaft über verschneite
Waldhöhen hinweg in die gepferchten Städte
hinunterstiegen, wie sie vor den Abstimmungs-
lokalen ein wenig nervös die Schildträger mit
den Plakaten „Maul halten!" musterten und
wie sie schließlich den Beisitzern am Abstim-
mungstisch schweigend ihrs Ausweispapiere vor-
legten — alles das erlebte das deutsche Volk im
tiefsten Innern mit. Der letzte Akt des Saar-
dramas ist vor einem lauschenden Millionen-
Publikum gespielt worden.
Welches Spiel! Den sensationsbegierigen Aus-
landsberichterstattern verschlug es fast den Atem,
als sie die Saarbewohner ruhig und diszipliniert
des Wegs herankommen sahen. Keinerlei über-
steigerte Kundgebungen! Weder Zusammenrot-
tungen noch Zusammenstöße! Schweigend taten
diese Saardeutschen ihre ernste Pflicht- Nur
wer in den harten Gesichtern zu lesen verstand,
der erlebte die ewige Wahrheit dieses saarlän-
dischen Stoßseufzers: „Mer wolle heem!"
Sie wollen heim! Dieser Wunsch der Hundert-
tausenden findet seine Bekräftigung in dem
eindrucksvollen Wahlergebnis- Das
Ergebnis an sich stand von vornherein außer
allem Zweifel. Selbst die hartnäckigsten Fran-
zöslinge leugneten nicht den deutschen Charak-
ter des Saarlandes. Und die marktschreierische
Parole der SLatus-guoisten: „Schlagt Hitler an
der Saar!" war von allem Anfang an zur Er-
folglosigkeit verurteilt. Fast mehr als das tat-
sächliche Abstimmungsergebnis rührt uns alle die
Bekundung echten deutschen Opfermuts. Das
Wort von der deutschen Volksgemein-
schaft erhielt am Abstimmungstage eins«
neuen, tieferen Sinn.
Todkranke, sterbensmüde Mütterchen wollten
am 13. Januar nicht daheim bleiben und ihre
Treue zum deutschen Vaterland bekunden. Stille
Tragödien spielten sich da und dort in den Ab--
stimmungsräumen ab. Schwerkriegsverletzte
verlangten, auf Brüder und Schwestern gestützt,
einen letzten Liebesdienst. Von weither waren
sie herangeeilt: Ausländsdeutsche aus dem Fer-
nen Osten upd aus Madagaskar, aus Feuerland
und aus den primitiven Hütten des fernen
Kanadas. Der Ruf Saardeutschlands drang bis
zu ihnen, und sie zögerten keinen Augenblick, der
vertrauten Stimme Folge zu leisten. Kein
Zweifel — diese herrliche Ersatzbereitschaft das
ganzen Volkes, diese Mißachtung von Not und
Gefahren, machte auf die Auslandsberichterstat-
ter den stärksten Eindruck. Ein Volk, das solche
Söhne und Töchter gebiert, kann nicht unter-
gehen. Es wird durch Schicksalsschläge und Rots
nur noch härter und selbstbewußter. Ob es nun
einer finnischenJournalistin oder ein italienischer
Korrespondent war — alle Ausländer stimmten
in der Bewunderung dieses unerhört diszipli-
niert auftretenden Saarvolkes überein- Durch
eigenen Augenschein konnten sie sich unschwer da-
von überzeugen, daß die von den Gegnern aus-
gegebenen Meldungen über Pogromgesahve«
nichts weiter als barer llnfinn find-
Bewährt hat sich in dieser Schicksalsstunds
abermals die deutsche Volksgemeinschaft. Ein
großes, unsichtbares Band schlang sich um die
Volksgenossen von der Memel bis zur Saar.
Alle wetteiferten darin, der schwergeprüften
Saarbevölkerung Freundlichkeiten und AnnHhm-
 
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