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Heidelberger Volksblatt (70) — 1935 (Nr. 150-228)

DOI issue:
Nr. 171 - Nr. 180 (25. Juli - 5. August)
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https://doi.org/10.11588/diglit.43255#0264
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«telverger BolkSblatt" — D

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V»IUH I»I«««I»

standen, sind aufgebraucht, und daher wer-
den Neuwohnungen für Umbauten und
Wohnungsteilungen im laufenden Jahre nur
in viel geringerer Zahl erstehen.
Deshalb müssen die Anstrengungen zur
Erstellung von Neubauten verdoppelt wer-
den. Keineswegs sollen die Schwierigkeiten
unterschätzt werden, die heute auf dem pri-
vaten Kapitalmarkt bestehen, zumal dieser
von anderer Seite ganz erheblich in Anspruch
genommen worden ist. Trotzdem muß jeder
nur mögliche Versuch unternommen werden,
auch im laufenden Jahre die erheblichen
Summen bereitzustellen, die von privater
Seite gegeben werden müssen, wenn der
Neubau der erforderlichen Anzahl von Woh-
nungen finanziert werden soll.
Um welche Summe es sich dabei handelt,
zeigt folgende kurze lleberlegung:
Für die Erstellung einer kleinen Wohnung
werden etwa 4—5000 Mark benötigt. Man
braucht also für den Bau von 200—250 000
Wohnungen eine runde Milliarde. Davon
müssen mindestens 700 bis 750 Millionen
Mark in Gestalt von ersten und zweiten
Hypotheken aus dem privaten Kapitalmarkt,
wenn auch zum Teil unter Garantie des Rei-
ches, untergebracht werden. Die Reichsregie-
rung hat bekanntlich Ende März dieses Jah-
res das Gesetz über die Wohnungsbauanleihe
veröffentlicht, durch das die aus der Haus-
zinssteuersenkung frei werdenden Mittel zu-
nächst einmal zum Zwecke des Wohnungs-
baues, also für die von der öffentlichen Hand
bereitzustellenden Unterstützungen in An-
spruch genommen worden sind. Nur wenn
der private Kapitalmarkt und die öffentliche
Hand eng Zusammenarbeiten, und wenn sich
die private Initiative wieder kräftiger regt,
kann das drängende Problem der Bereit-
stellung des erforderlichen Wohnraumes für
alle Volksgenossen gelöst werden. Die private
Initiative wird sich aber mit der zunehmen-
den Erstarkung der Wirtschaft um so kräf-
tiger regen, je weiter im Laufe der Zeit die
Wohnungswirtschaft von einengenden Maß-
nahmen, durch die die Wirtschaftlichkeit der
Häuser in Frage gestellt wird, befreit werden
kann.

* Ungewöhnlicher Erfolg eines neuen Bühnen-
werkes! Heinrich Zerkaulens rheinische Ko-
mödie „Der Srung aus dem Alltag"
(im Dietzmann-Berlag, Leipzig) wurde schon vor
der Uraufführung, die im September am Kölner
Schauspielhaus stattfindet, von 25 Bühnen zur
Aufführung erworben.
* Die ewige Melodie, ein Schauspiel von W.
A. Jmperatori, bringt im Herbst 1935 das
Leirmoer Schauspielhaus zur alleinigen Urauf-
führung.

„Jawohl, Hoheit!"
Rasch verließ Karl Alexander sein Zimmer.
Als er den elektrischen Druckknopf der Signal-
anlage des Lifts berührte, stand plötzlich
Echagüe neben ihm.
„Sie gehen noch aus, Hoheit?" fragte dieser
verwundert. ,,Jch war eben auf dem Wege
zu Ihnen, wir haben noch Wichtiges zu be-
sprechen . . ."
Der Spanier wollte" etwas hinzufügen, aber
er verstummte plötzlich. In den Augen des
Prinzen hatte er ein gefährliches Funkeln er-
späht, einen so seltsam herrischen Blick, wie
noch nie. Instinktiv begriff er sofort, daß ir-
gend etwas vorgefallen war, was den Prin-
zen bis ins Innerste bewegte.
Karl Alexander würdigte den Spanier kei-
ner Antwort und schlug die Gittertür des
Lifts so heftig zu, daß Echagüe erschrocken zu-
rückwich.
„Verdammt, was ist da los?" murmelte
Echagüe bestürzt.
Einige Augenblicke später klopfte er vorsich-
tig an die Zimmertür des Prinzen. Da sich
niemand meldete, trat er ein.
Was er sofort bemerkte, waren ein paar
offene Laden und der Zimmerkellner, der sich
eben erschrocken aufrichtete und in tödlicher
Verlegenheit auf den Eintretenden starrte.
Der Spanier hatte die Situation sofort er-
faßt und Zog die Tür hinter sich zu. Dann
trat er auf den Mann zu und sagte:
„Wenn ich dem Hoteldirektor erzähle, daß
Sie sich hier eingehend mit Dingen beschäf-
tigen, die Sie nichts angehen, so wird man
wahrscheinlich annehmen, daß Sie die Absicht
gehabt haben, etwas zu stehlen."
„Das ist nicht wahr . . .!" fuhr der andere
aus.
„Möglich . . ." gab der Spanier gleichgül-
tig zur Antwort, „aber der Schein spricht ge-
gen Sie. Und noch jeder Zimmerkellner, der
in einem erstklassigen Hotel sich in solcher
Weise verdächtig gemacht hat, ist hinausge-
flogen."
„Ich schwöre Ihnen, daß ich nichts stehlen
wollte ... Es war nur Neugierde . . . nichts
anderes. . .!" Flehentlich und angsterfüllt
verteidigte sich der Mann.
„Nun gut, ich will Ihnen glauben und über
die Angelegenheit schweigen", sagte Echagüe
nach einer kurzen Pause nachdenklich, „aber
verlassen Sie fo rasch wie möglich das Zim-
mer!"

9) (Nachdruck verboten.)
„Ich verstehe", gab Klemm zur Antwort,
„und will auch nicht weiter in Sie dringen.
Aber schließlich ist es nicht schwer, sich eine
Kombination über diese Sache zu machen.
Echagüe scheint sehr viel in Gesellschaft Prinz
Karl Alexanders zu weilen . . . Und es wird
allerlei gesprochen in letzter Zeit. . . Haben
Sie übrigens sonst noch Wünsche, Inspektor?"
„Nur den einen, daß Sie sich, Herr Direk-
tor, so unauffällig wie möglich über die Be-
suche informieren, die der Prinz und Echagüe
erhalten."
„Sie dürfen sich in dieser Beziehung auf
mich verlassen", lautete die bereitwillige Zu-
sage.
Dann verabschiedeten sich die beiden Herren.
Inspektor Oliver Fan schritt nachdenklich
durch die große Hotelhalle. Er war nicht sehr
zufrieden und gab sich alle Mühe, seine Ent-
täuschung über" den geringen Erfolg seines
Besuches im „Majestic" zu verbergen. Was er
erfahren hatte, war von keiner besonderen
Bedeutung für seine Nachforschungen, und
irgendein zufälliges Ereignis, auf das er viel-
leicht seine Hoffnung setzte, war nicht einge-
treten. Ziemlich mißmutig wandte er sich dem
Ausgang zu. Kaum hatte er jedoch die Dreh-
tür betreten, als ihn ein Hotelboy zurückholte.
„Einen Augenblick, Inspektor, Sie werden
am Telephon verlangt."
„Wer ist am Apparat?" fragte Fan den
Hotelportier, der ihn persönlich kannte.
„Das Zentralinspektorat, man wünscht Sie
dringendst!"
Fast zehn Minuten verblieb der Polizei-
beamte in der Zelle und führte ein eifriges
Gespräch. Als er dann endlich den Hörer ab-
hängte, schien seine Stimmung umgeschlagen
zu sein. Seine ganze Gestellt straffte sich voll
jugendlicher Tatkraft.
„Geben Sie mir rasch Papier und ein Ku-
vert!" ersuchte er den Portier. Stehend schrieb
er ein Paar Worte nieder, verschloß sorgfältig
bas Schreiben und reichte es dem Boy.
„Uebergebev. Sie dies sofort dem Prinzen!"

Kriegerische KunögsSungM in Mlien
Blick ans eine der in Rom veranstalteten Massendemonstrationen, bei denen nicht nur
Annektion Abessiniens gefordert, sondern durch karikierende Plakate auch! gegen England
Japan Stellung genommen wird. (Weltbild,

Englands fliegende Wankerie ,
England stellt in immer höherem Maße die Luftwaffe in den Dienst der LanbesvevtE.
gung. Das neueste SoNdergübiet, das man sich hierbei erschließt, ist der Lufttransports
ganzen Jnfcmterietrnppentcilen. So wurden jetzt vom Flugplatz Farnborough ans
pentransportübnngen durchgeführt, bei denen das 2. Wiltshi«-Regiment in Trupps
Mann mit Flugzeugen abtransportiert wurde und den ganzen Tag in der Luft blm
(Presse-BiD-Zentrale,

Der Mann kam dieser Aufforderung
nach und Echagüe lächelte befriedigt. Er y z
schon beim Eintritt am Boden ein lle> l
Stück Papier bemerkt, das er jetzt rasch "U i
nahm.
Die wenigen Worte klärten ihn über a
auf.
„Fan ist es also . . .", murmelte er.
große Unklugheit von ihm, daß er selbst
Prinzen verständigt hat. Also Karl Alek^ z
weiß schon, daß Bellmann tot ist . -
kompliziert die Angelegenheit ein wenig
Er klättete den Zettel, steckte ihn in st
Brieftasche und schlich sich aus dem AE
Als Prinz Karl Alexander die stille
betrat, in der das Ehepaar Bcllmann vw " ß
bot sich ihm sofort jener Anblick wie ub .
dort, wo sich etwas Außergewöhnliches t
net hat. Vor den Toren der Häuser
die Leute in kleinen Gruppen und sf"
durcheinander. Da es eine kurze
so war auch sofort erkenntlich, welches V
die Neugierte der Leute erregte.
Ein Rettungsauto stand davor und '
von Neugierigen, die mit ängstlichen uv
schrockenen Augen auf die geschlossenen -ist
scheiben des Wagens blickten, umringt. H
Karl Alexander mußte sich einen West
die Umstehenden bahnen, die nur unwiliWL^
rückwichen. Vor dem Haustor stand ein
lizist, der ihn aufhielt. ,
„Entschuldigen Sie, mein Herr, es dar!
mand ins Haus!" Ur-
inspektor Fan hat mich von dem
verständigt, und ich glaube, er erwartet
Ich bin Prinz Karl Alexander . . . Zje
war mein Kammerdiener. Bitte, lassen
mich ein!" .
Der Polizist, der den Prinzen nun er'"
salutierte stramm. ,
An der Tür der Wohnung des Ehest"
Bellmcmn stand ein zweiter Polizist, der
Alexander ebenfalls den Eintritt uerMsi
wollte. In diesem Augenblick aber öffnest
schon die Tür und Inspektor Fan trat f
aus. W
„Sie sind schnell gekommen,
trauriger Vorfall, und vor allem nach mH I,
bisherigen kurzen, oberflächlichen llutfU^
ung ganz unerklärlich. Wir hassen,
daß Sie die Polizei bei ihren NaclMm
gen unterstützen werden." ,
(Fortsetzung folgt.)

k«,m»nvertrleb -Elvert llsugeo L Oeorg Hüller, kckünckea 19, blukertusstrake 27
„Jawohl, Inspektor, wird besorgt. Sonst
noch etwas zu bestellen?"
Aber Fan hörte die letzten Worte gar nicht
mehr, denn er war im Laufschritt davongeeilt.
6. Kapitel.
Fassungslos, starrte Prinz Karl Alexander
auf den kleinen Zettel, den man ihm eben
überbracht hatte. Diese Nachricht war so nie-
derschmetternd, daß er im ersten Augenblick
nicht fähig war, einen klaren Gedanken zu
fassen.
Bellmann . . . ermordet! Der Prinz erin-
nerte sich dunkel, den Namen Oliver Fan —
fo hieß der Mann, der ihm diese furchtbare
Botschaft mitteilen ließ — irgendwo gehört
zu haben. Fan . . . ja . . ., es wär ein Po-
lizeibeamter, mit dem er schon einmal zu tun
hatte.
Ein Irrtum war nach dieser offiziellen Ver-
ständigung leider ausgeschlossen. Nochmals
überflog er die wenigen Zeilen: „Karl Bell-
mann und seine Frau wurden heute van un-
bekannten Tätern ermordet in ihrer Woh-
nung aufgefunden. Oliver Fan."
Sonst kein Wort, keine erklärende Bemer-
kung, nichts . . . Der Prinz ergriff ein Glas
Wasser und stürzte es hastig hinunter. Dann
zündete er sich mit zitternden Händen eine
Zigarette an und durchmaß ein paarmal das
Zimmer, um sich etwas zu beruhigen. Er hatte
den Sinn der lakonischen Mitteilung des Po-
lizsibeamten verstanden und war sofort ent-
schlossen, sich an den Schauplatz des Verbre-
chens zu begeben. Er mußte es doch tun, schon
um sich Gewißheit zu verschaffen . . .
Bellmann, sein langjähriger Kammerdiener,
war tot. . .
Der Prinz erbebte, denn er begann plötzlich
die Zusammenhänge zu ahnen. Ein furcht-
barer Schreck durchfuhr ihn, denn Bellmann
war der Hüter der Achillesdose . . .
Der Prinz griff nach seinem Hut und läu-
tete dem Zimmerkellner.
„Hoheit wünschen?"
„Wenn irgend jemand nach mir fragt, so
bestellen Sie, daß ich heute für niemandem
zu sprechen bin."

^ie kommt das Geld siir den Wohnungsbau
zusammen?
Wir haben mit Freude gehört, daß die
Reichsregierung für den Bau von Klein-
siedlungshäusern den Betrag von 70 Millio-
nen RM. bereitgestellt und unterverteilt
hat. Durch diese Maßnahme soll die Errich-
tung von etw 65 000 Kleinsiedlerstellen er-
möglicht werden. Im allgemeinen soll der
Zuschuß des Reiches für die Errichtung einer
solchen Stelle 1000 RM. nicht übersteigen, in
besonderen Fällen aber, z, B. kinderreichen
Familien und bei Kriegsbeschädigten, kann
der Zuschuß ausnahmsweise bis auf 1400
RM. erhöht werden.
Es handelt sich also bei dieser Aktion des
Reiches nicht um eine ausschließliche Finan-
zierung, durch die die Errichtung von 65 000
Kleinsiedlerstellen bereits sichergestellt wäre,
sondern nur um sogenannte Spitzenfinan-
zierung, d. h. um die Bereitstellung der-
jenigen Beträge, die sonst erfahrungsgemäß
nur schwer oder gar nicht zu beschaffen sind.
Denn die Grundlage auch dieser Erstellung
von Kleinsiedlungen soll die private Initia-
tive und die Beteiligung des Kapitalmark-
tes bleiben. Etwa des Gesamtaufwandes
soll auf diese Weise aufgebracht werden,
wenn auch zum Teil, bei den sogenannten
I L-Hypotheken unter Bürgschaftsleistung
des Reiches, Eine gewisse Summe, die etwa
ein Zehntel der gesamten Baukosten um-
faßt, muß der Siedler durch eigene Erspar-
nisse oder durch die Einschaltung seiner Ar-
beitskraft von sich aus beisteuern.
Diese Tatsachen muß sich auch die größere
Öffentlichkeit vergegenwärtigen, um sich
klarzumachen, daß eine solche Aktion wie die
der Neichsregierung zur Förderung des
Kleinsiedlungsbaues in der Hauptsache doch
auf der privaten Initiative und der Lei-
stungsfähigkeit des privaten Kapitalmarktes
beruht, was ja auch durchaus den wirtschafts-
politischen Auffassungen und den Absichten
der Reichsregierung entspricht.
Angesichts des sehr erheblichen Wohnbe-
darfs, der sich namentlich in den letzten Mo-
naten herausgestellt hat, und der trotz der
an sich guten Ergebnisse des Baujahres
1934 aufgetreten ist, muß sich die Aufmerk-
samkeit aller beteiligten Kreise darauf rich-
ten, den Wohnungsbau im Jahre 1935 so
stark wie möglich zu fördern. Wir dürfen
auch nicht übersehen, daß in diesem Jahre
längst nicht in demselben Umfange wie im
vergangenen Jahre neue Wohnungen durch
Umbauten und Wohnungsteilungen zur
Verfügung gestellt werden können, denn be-
kanntlich sind die Wohnungsteilungsarbeiten
in der Vergangenheit von der Reichsregie-
rung weitgehend unterstützt worden. Die
Summen, die für diese Zwecke zur Verfügung
 
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