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Heidelberger Volksblatt (70) — 1935 (Nr. 229-204)

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Nr. 241 - Nr. 250 (15. Oktober - 25. Oktober)
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https://doi.org/10.11588/diglit.43256#0219
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MelberyerVolksblatt
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^^lndert, besteht kein Anrecht auf Entschädigung. Anzeigenpreis: Die Ifpalt. träge wird keine Gewähr übernommen. Postscheck-Konto Karlsruhe Nr. 8105. An»
"zeik (46 mm br.) 7 Textteil: Die 70 mm br. Millimeterzeile 25 Ä verlangte Beiträge ohne Rückporto werden nicht zurückgesandt. Gerichtsst.: Heidelbergs
WlmtMung mit -en Mjlagrn: Aus brr WM der Fmu Air LMtuM / Aimatmrlr / WirlMiWft ;mö Kunst
^KrNetr Wdelberg, Freitag, 25. SNober imZ rv.Mrgmg/Nr.ZZo
Rutsche Austöstung und Memelfragen vor dem Unterhaus
Zer dritte Zm der Aussprache / Unnötige Sorgen Churchills / Erfreuliche Erkenntniste über das Anrecht am Memelland

^kt. Der dritte Tag der außen-
Aussprache im Unterhaus begann mit
^ton a des konservativen Abgeordneten
^^urchill, der sich, wie kaum an-
harten war, sofort dem Thema der
. S ^Aiiederaufrüstung zuwandte. Der Um-
k as Tempo -der deutschen Wiederauf-
führte er aus, sei seit seiner letzten
"^'uherzig fortgesetzt worden. Ganz
fei ein bewaffnetes Lager. Eine
letzen sei im Entstehen. Aber die
füllten nicht nur ihre eigenen unge-
.^öme, sondern sie seien auch in der
' Sollst Mengen an Munition auszufüh-
Mell werde die deutsche Luft-
z?"f,üebaut. Für England bestehe vorerst
cht, die Stärke der deutschen Luft-
?«k o^.lle M erreichen oder Deutschland in na-
überholen, was England auch
be? ^"üe. Er wolle, so fuhr Churchill fort,
Atn„^rlpten, deutsche Wiederauf-
^C?..?egen England richte. Vielleicht seien
^^5der die letzten, die die Deutschen anz-u-
^IgchE""fchten. Es werde sogar eine Theorie
F / wonach die Deutschen nur aus natio-
»x^^Machtung aufrüsten und sie niemand
/»Hz Yen gedächten. Was andere auch den-
sti» er wage zu behaupten, daß England
habe, die mit der durch die
Wiederaufrüstung verursachten Sorge
Mtz MN werden könne. Er grolle dem de-ut-
he-> er habe viele deutsche Freunde
^we lebhafte Bewunderung für
kjivrts^fchneten geistigen, wissenschaftlichen
fÜH^^wrischen Eigenschaften. Nur ein im
l "sit sich selbst lebendes Deutschland, das
seiu^ "^hr im Herzen habe, könne Europa
Th«.,,? Gefahren, von seiner Furcht befreien.
Sing dann
tzkr italienisch-abessinischen Streit
^'oon sagte, im Verhältnis zu den so-
beschriebenen Gefahren eine An-
, Er "em nur sehr geringer Bedeutung
^Isinis^ube nicht, daß Mussolini sich auf das
Abenteuer eingelassen hätte, wenn er
/^fen Besorgnisse Frankreichs über die
Ebderaufrüstung und die militärische
!^»t zz,, Alands zu Lande und zu Wasser' er-
«° 5 o l Churchill verteidigte dann
^ÄoiH.iung Frankreichs, das neben
°^siz, einzige große Land Europas sei,
'M der Despotie oder der Diktatur zu-
AHziio;?"^' Churchill lobte hierauf die
! Haltung Italiens", das die Genfer
hinnehme, ohne sie als einen
Akt und als einen nationalen
P^hill - ."^krachten. Gleichzeitig verteidigte
Mer»»/bdoch die Vorkehrungen der britischen
8 »w Mittelmeer, wodurch die
Macht „ n Wirkungen einer überlegenen
""^"Wdig würden. England müsse
M iist."!. ^ür sorgen, daß es seine Herr-
Me. Mittelmeer sicher und dauerhaft
^llall.)
M beb? " ' uien angehe, so werde nie-
-^Aes "pten wollen, daß dieses Land ein ge-
Mier't- ^^"olles und gleiches Mitglied der
'"irr ve^" Kationen sei. Man müsse die Abes-
Anb?. 'h* H«us in Ordnung zu brin-
Mitiy-» ^^eits dürfe der Völkerbund keine
wi.,. AsUßnahmen treffen. Der Erfolg
M vo» ?"^^ichen Sühnemaßnahmen
Me de» Dauer ihrer Anwendung ab. Wo
M M Diktator, so fragte Chur-
^iesa Muffe seiner Rede, im nächsten Jahre
? foiu? Er werde sich vielleicht tief
e? von »: Abessiniens befinden mit einer Ar-
MkheitViertelmillion Mann, die unter
Kleinkrieg leiden würde. Italien
ün Pore bluten. Die Preise in
» ""den" steigen, der Kredit werde g-e-
Akan dürfe die Bedeutung eines
h?'° 8rok?i? Druckes nicht unterschätzen.
"erZt^ uuterhausaussprache wurde am
veri^: abend nach der Rede Churchills
i»?°stoloh»k ne Abgeordnete, die sich teils zur
"strnation i/ug-e, in der Hauptsache aber zur
^kon-!°»„1.Luk!e äußerten, fortgesetzt.
Mwatrve Abgeordnete
?^»te d^DtUMN MZMt
Mb Cn-sb bie deutsche Wiederaufrüstung nicht
gerichtet sei. Man sage oft, daß
' fiL oine Organisation derjenigen
' 'vgendeiner Erweiterung der deut-

schen Rechte oder Forderungen widersetze. Heute
sei aber die Gelegenheit vorhanden, um zu zei-
gen, daß der Völkerbund weder dazu bereit ist,
die Probleme der besiegten Staaten zu lösen, als
den Status quo der Siegermächte aufrecht zu er-
halten. Eines -dieser Probleme sei die Memel-
frage. Heute sei im Memelgebiet ein vollkom-
men künstliches Gepräge vorhanden.
Wir müssen einsehen, daß es ein Fehler
in den Friedensverträgen war, die
140 000 Einwohner des Memelgebietes,
die 500 Jahre lang unter deutscher
Herrschaft waren, unter die Souveräni-
tät eines ausländischen Staates z«
stellen.
Ich glaube ferner, daß es ein Fehler der Alliier-
ten und des Völkerbundes im Jahre 1924 war,
dem litauischen Staatsstreich nachzugeben und
ein rein künstliches Regime zu errichten." — Der
Abgeordnete fuhr fort, es erscheine ihm als Lö-
sung des Memelproblems eine internationale
Kontrolle auf eine Reihe von Jahren für nötig-
worauf eine neue Erwägung des Problems und
möglicherweise eine Volksentscheidung vorge-
nommen werden müßten.
Er habe keine unterrichtete Persönlichkeit
getroffen, die nicht die gegenwärtige. Lage im
Memel als unmöglich betrachte. Der Redner
wies dann auf die Notwendigkeit einer Ab-
änderung der Friedensverträge und von
Maßnahmen wirtschaftlicher Expansion hin. Er

schlägt vor, Deutschland sehr be-
trächtiche wirtschaft iche Zuge-
ständnisse sowohl in Europa als auch
außerhalb Europas zu machen, vorausgesetzt,
daß es in den Völkerbund zurückkehre und
eine solche Regelung im Rahmen eines all-
gemeinen Abrüstungsplanes stehen würde.
Die Debatte wurde durch den Innenmini-
ster
Sir Mn Simm
abgeschlossen. Er teilte mit, -daß -er auf Er-
suchen des Außenministers noch eine Erklä-
rung zum italienisch-abessinischen Konflikt ab-
zugeben habe, da es sich darum handele, ein
Mißverständnis zu beseitigen. Am Donnerstag
morgen sei eine sehr erstaunliche Behauptung
veröffentlicht worden, die nämlich, daß die
englische Regierung über Nacht ihre Politik
einer umfassenden Zusammenarbeit mit dem
Völkerbund -aufgsgeb-en habe. Diese Veröffent-
lichung besage weiter, daß die Regierung be-
reits hinter dem Rücken des Völekrbundes mit
Frankreich und Italien eine Regelung des
italienisch-abessinischen Konfliktes aushandeln
und der Völkerbund und Abessinien dann auf-
gefordert werden sollten, diese Regelung anzu-
nehmen. Damit habe man also nach allen Er-
klärungen im Unterhaus Donnerstag früh glatt
behautvet, daß eine Intrige zwischen

London, Rom und Paris im Gange
sei, den Völkerbund vor vollendete Tatsachen
zu stellen, die den Interessen einer Partei
schaden und -den Grundsätzen des Völkerbun»
des selbst widersprechen würden.
Sir John Simon fuhr dann wörtlich fort:
„Ich spreche mit der Autorität der ganzen Re»
gierung, wenn ich erkläre, daß diese wWe Be-
schuldigung überhaupt nicht -wahr ist. Von An-
fang dieses Konfliktes an war die Politik der
-englischen Regierung vor allen Dingen darauf
gerichtet, falls möglich eine Regelung zu för»
d-ern, die nicht nur im Rahmen der Völk-er-
bundssatzung steht, sondern auch für die beiden
streitbaren Parteien annehmbar sein ' ürd«.
Ich nehme an, daß wir vollkommen im Recht
sind, wenn wir uns als Freunde des -Friedens
bemühen, die internationale Freundschaft W
fördern. Wir hoffen, daß eine schnelle
befriedigende Lösung zustandekommt, aber sie
muß i-m Rahmen des Völkerbundes liegen und
von den drei betr-off-en-en Parteien, nämlich
Italien, Abessinien und dem Völkerbund, an-
genommen werden." (Beifall.)
Sir John Simon behandelte hierauf noch
einige innenpolitische Fragen, worauf dis
große Aussprache des Unterhauses nach einer
Dauer von drei Tagen abgeschlossen wurde.
Eine Abstimmung wurde nicht mehr vorge-
nommen.

Der englische Votschafier erneut bei Laval
MM italienische Vorschläge

Paris, 24. Okt. Ministerpräsident und Außen-
minister Laval hatte am Donnerstag eine län-
gere Unterredung mit dem englischen Botschaf-
ter. Man nimmt an, daß Laval bei dieser Ge-
legenheit dem Botschafter die Anregungen der
italienischen Regierung zur friedlichen Lösung
der abessinischen Frage übermittelt hat. U-öber
den Inhalt der italienischen Vorschläge liegen
keine -genauen Angaben vor.
„Jntransigeant" spricht von der Forderung
Mussolinis auf Einverleibung der gegenwärtig
von den italienischen Truppen besetzten Ge-
biete und auf Errichtung eines vom Völker-
bund an Italien zu vergebenden Mandates
über die -außerhalb des Stammgob'ietes liegen-
den abessinischen „Kolonien", wahrend die am-
harischsn Provinzen unter internationalen,
d. h. vorwiegend italienischen Einfluß zu stellen
wären.
„Paris So-ir" will erfahren haben, daß Ita-
lien in feinen neuen Vorschlägen den Geist
und -die Rolle des Völkerbundes achte.
In der französischen Öffentlichkeit wird der
Weitere -Gang der Vermittlungsverhandlungen
mit größter -Spannung verfölgt. Die Bereit-

schaft Mussolinis, eine der drei libyschen Divi-
sionen zurückzunshmen, wird als vielverspre-
chender Auftakt zu dem von Laval vermittel-
ten Meinungsau-staufch zwischen Rom und
London gewertet. Im Hiüblick darauf, daß dis
Frist zur Durchführung der Sühnemaßn-ah-men
in einer Woche -abläuft, hofft man auf ein -be-
schleunigtes Eingehen der -englischen Regierung
auf die neue Möglichkeit zur Beilegung des
Streites. Die Bereinigung der -Spannung im
Miltelmeer wird als feststehende Tatsache an-
gesehen, obgleich -England bisher noch nicht
mitg-eteilt hat, daß es einige Einheiten seiner
Heimatf-lotte aus dem Mittelm-eer zurückziehen
-werde. Die französische Presse bringt deutlich
zum Ausdruck, daß sie eine solche Maßnahme
-von England erwartet. Die Bemühungen La-
vals um -eine örtliche und zeitliche Begrenzung
des abchsinis-chen Krieges werden -besonders von
der Regierungspresse gebührend unterstrichen.
Die von einem Teil der Morgenpvesfe ver-
tretene Auffassung, daß Laval vor dem Aus-
wärtigen Ausschuß d-er Kammer die Bereit-
schaft Frankreichs zur Unterstützung der eng-
lischen Flotte auch in dem Falle" zugegeben

habe, -daß die englische Flotte von Italien an-
gegriffen werden sollte, ohne daß sie im Auf«
trage des Völkerbundes handle, findet in der
Abendpreffe keine Bestätigung. Diese Frage
bleibt also zumindest unklar.
Laval dementiert Anregungen Mussolinis.
Paris, 24. Okt. Der französische Außenmini-
ster erklärt zu der von mehreren Pariser Blät-
tern veröffentlichten Meldung, wonach Laval von
Mussolini Anregungen für eine Lösung des ita-
lienisch-abessinischen Streites erhalten und sie
dem englischen Botschafter übermittelt habe, daß
in -den Unterredungen zwischen Laval und dem
englischen Botschafter von Anregungen dieser Art
noch nie die Rede -gewesen sei.
ZulMMNlritt der Srmkttsns-
kMMM sm ZI. NtMr
Genf, 24. Okt. Der Präsident der Sank-
tionskonferenz Vasconcellos hatte die Sank-
tionskonferenz auf den 31. Oktober nachmit-
tags 17 Uhr einberufen. Am Vormittag des-
selben Tages soll auch der Arbeitsausschuß
seine nächste Sitzung abhalten.
Rom, 24. Okt. Amtlich wird bekannt gegeben,
daß die italienische Regierung eine Division in
der Stärke von 15 000 Mann aus Lybien zurück-
ziehen und in die Heimat abbefördert wird.


Zwei interessante Bilder von der abessinischen Südfront in Ogaden
Neueste Bi-lder -von dem Kriegsschauplatz in Ogad-en. Der Kameramann machte die Ausnahmen im Lager des Ras RaKbu südlich von
Harar. Er erklärt, daß die Aufnahmen vor und während eines ita-lienifchen Fliegerangriffs gemacht wurden. Sobald das Flugzeug ge-
sichtet mar, suchten die Truppen Deckung im Gelände, wHrend her Flieger WA unter Feuer genommen wuM. (Scherl-BWeM«lM
 
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