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Heidelberger Volksblatt (70) — 1935 (Nr. 229-204)

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Nr. 261 - Nr. 270 (7. November - 18. November)
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MelberyerVolksblatt

Heidelberg, Jommstag, 14. Rsvember 1SZZ

7«. MWmg / Nk. 287

Schrtftleitlmg «. Geschäftsstelle: Heidelberg, Borgst Str. 59/61, Fernßpr. 71S1. An-ekgem-
schlutz: 9 Uhr, Samstag 8.39 Uhr vormittags. Für fernmündlich übermittelte Auf-
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verlangte Beiträge ohne Rückporto werden nicht zurückgssandt. Gerichtsst.: HeideWerg.
M LeWunA / Wimwarlt / WisiMMskt Md Krmft

EzehH. b- Durch Botenzustellung und Post monatl. S.06 bei der Geschäftsstelle
' 0 Einzelnr. 10 Erscheint wöchentl. 6 mal. Ist die Zeitung am Er-
.E°rt, bestehl kein Anrecht auf Entschädigung. Anzeigenpreis: Die Ispalt.
^eil« s46 nria hr.) 7 Textteil: Die 79 nun br. Millimeterzeil« 2S
seiAatzeituW mit den Milanen: Aus der Welt der Frau


^glandseindliche Kundgebungen in Aegypten
NutiM Anruhen in Kairo und Tantah / Nahas Pascha fordert Rücktritt der ägyptischen Negierung

Nov. 2n Kairo kam es am Mitt-
»^uter meldet, zu blutigen Unruhen,
Personen, darunter 19 Polizisten,
??rden.
Studenten, die den Unabhängig-
rten, veranstalteten große eng-
iche Kundgebungen. Dabei
' pusche Außenminister Sir Samuel
MtiiK^egrisfen und der Führer der natio-
Wafd-Partei, Nahas Pascha, ver-
^stöfst kurzer Zeit kam es zu Zusam-
,,^it der Polizei. Die Demonstranten
Uniert ^"Slischen Generalkonsulat und zer-
die Fensterscheiben. Ein großes
s Kaufhaus in der Nähe des Konsulats
angegriffen und beschädigt.
"Ii«k sti, . "e gegen den englischen Außenmi-
A d° °uf seine kürzlichen Aeußerun-
^ndoner Guild-Hall zurück, die die
^Nen Beziehungen betrafen und in
Ein > iehr ungünstig ausgenommen wurden.
Ap von etwa 100 Studenten wurde
Mpels lizei unter Verwendung des Eummi-
/N zr äum Auseinandergehen aufgefordert.
griff darauf, erbittert über die Ver-
Studenten, die Polizei an und ent-
Mehrere Polizeibeamte wurden
'chh i; ^rraßenmauer in den etwa 6 Meter
?s>rs^ grnden Hof der englischen Kaserne ge-
7^^ Polizeiosfizier, der ebenfalls
Ust Em wurde, rief englische Soldaten um
Mzei«' f?e Studenten zerstreuten sich, bevor
itarkungen eintrafen.
iha, der Führer der Nationali-
/^id-Partei, hielt am Mittwoch nach-
Mch. ? ^0 vgg Anhängern eine flammende
grgen England und die englische
innere Angelegenheiten Aegyp-
r Aede gipfelte in der
vi° ^antgabe einer Entschließung,
i enthält.
si>e o ,, ,^rd das ägyptische Volk aufgerufen,
"mme n a r b e i t mitden Eng -
''iiSt "einzustellen. Weiter wird der
.„'.der Regierungals Protest
Einmischung gefordert. Der
Mnkt der Entschließung besagt, daß die

Wasd-Partei der Regierung jede Unterstützung
versagen werde, wenn sie nicht zurücktritt.
Schließlich wird jede Regierung abgelehnt, die
mit den Engländern zusammenarbeitet.
Die Rede Nahas Paschas wird in den Krei-
sen, die nicht der Wasd-Partei angehören, als
Aufruf zur Revolution angesehen.
Am Mittwoch nachmittag ist es in Kairo zu
weiteren Straßenunruhen gekommen. Nach den
bisherigen Feststellungen sind 47 Polizisten und
ebenso viele Zivilisten verletzt worden. Weiter
wurden ein englischer Polizeiinspektor und der
Präsident des Obersten Arbeiterrates verletzt.
Bei letzterem handelt es sich um den Anhänger
der Wasd-Partei, Handi Bey Sefelnis.
London, 13. Nov. Nach Meldungen aus Kairo
sind auch in der ägyptischen Stadt Tantah schwere
Unruhen ausgebrochen. In einem blutigen
Straßenkampf zwischen Polizei und einer feind-
seligen Menge wurden 45 Polizisten verletzt, da-

von 13 schwer. Die Polizisten eröffneten das
Feuer auf die Angreifer, wobei ein Mann ge-
tötet und drei schwer verwundet wurden. Die
Kundgeber steckten einen Polizeikraftwagen und
ein Motorrad in Brand.
Amtlich wird erklärt, daß es außer in Tantah
und Kairo zu keinen ernsten Unruhen in Aegyp-
ten gekommen sei. Die ägyptische Regierung for-
dert das Volk auf, Ruhe zu bewahren. Sie weist
auf die großen Gefahren hin, denen Aegypten bei
einer Störung der öffentlichen Ordnung ausge-
setzt sei.
Schutzmaßnahmen im Eesandtschaftsviertel
von Kairo.
Nach den bisherigen Feststellungen sind im An-
schluß an die Zusammenstöße vom Mittag mittag
19 verletzte Polizisten und 18 verletzte Demon-
stranten in das Städtische Krankenhaus einge-
liefert worden. Von den Polizisten sind neun
schwerverletzt.

MMMr br! «MW WaimmMWn

Kairo, 14. Nov. Die Erregung gegen Eng-
land, die die nationalistische Wasd-Partei in
die Bevölkerung getragen hat, ist außerordent-
lich stark.
Nach Beendigung der Massenversammlung
kam es, als Nahas Pascha sich zu dem Bolks-
haus, der Zentrale der Wasd-Partei, bereden
hatte, zu erneuten Zusammenstößen. Bei' dem
Eintritt Nahas Paschas in das Volkshaus
brach die Menge, die ihn begleitete, in Hoch-
rufe aut ihn aus, Rufe wie
„Nieder mit den Engländern!" und „Es
lebe die Revolution!"
wurden laut. Die Polizei ging darauf mit der
Waffe gegen die Menge vor und stürmte, als
die Rufe nicht verstummen wollten, das
Bolkshaus. Zahlreiche Verhaftungen wurden
vorgenommen. Bei dem Vorgehen der Polizei
mit der Waffe wurden etwa 30 Personen
durch Schüsse verletzt. Einer der Kundgeber
wurde getötet. Auch mehrere Polizisten erlitten
Verletzungen.

Die Gesamtzahl der Verletzten beider Seiten
beläuft sich bis Mittwoch abend in Kairo aus
100, in Tantah auf 70.
Im Augenblick herrscht zwar überall Ruhe,
jedoch befürchtet die Regierung für Donnerstag
eine Fortsetzung der Unruhen und ein Ueber-
greifen auf die Provinz. Sämtliche Guover-
neure und Polizedkommandanten haben
strengste Weisungen erhalten.
Der Streik aller ägyptischen Hochschulen, der
am Mittwoch begann, wird Donnerstag fort-
gesetzt.
Nach der scharfen englandfeindlichen Rede
Nahas Paschas und nach der Entschließung,
die in der Massenversammlung bekanntgegeben
worden war, nimmt man hier allgemein an,
daß die Regierung zurücktreten wird. Die wei-
tere Entwicklung ist allerdings völlig ungewiß.
Nachhaltige Wirkungen auf den Mittelmeer-
konflikt werden aber' nicht erivartet.

die

werden. Aber der Staat sieht auf
Tat.
Er sieht auf die praktische Liebe des Volks-
genossen zum Volksgenossen. Das ist eine
Forderung, die in keiner Weise in Wider-
spruch zum Christentum steht. (Beifall.)
Hinter uns liegen zwei Jahre schweren
Zankes und Streites in der Kirche. Hier
muß dasselbe geschehen, was vorher im Volke
geschah: die Einzelnen müssen zueinander
kommen, nicht länger gegeneinander stehen.
Nicht der Staat und nicht wir, das Schicksal
selbst hat an die Tür der Deutschen Evange-
lischen Kirche geklopft. Sie steht heute vor
vor derselben Entscheidung, wie einst das
Volk in seiner Gesamtheit, sie muß mit der
Tatsache rechnen, daß eine neue Zeit gekom-
men ist und daß die Menschen dieser Zeit
neu geworden sind.
Die Kirche muß zu diesen Menschen
kommen und mit ihnen marschieren,
denn ihr Arbeitsgebiet liegt im deut-
schen Volk.
Das Groß der Nation marschiert heute mit
dem Führer. Die Kirche hat zu entscheiden,
ob sie mitmarschieren oder eines Tages,
wenn das Volk bereits am Horizont ver-
schwindet, allein zurückbleiben will. (Bei-
fall).
Der Staat denkt nicht daran, in Glaubens-
dinge einzugreifen. Gerade der National-
sozialismus weiß, daß der Mensch von in-
nen her wird, er weiß, daß man nicht von
außen her an solche Dinge tasten kann. „Mit
mir," so rief der Minister aus, „hat der
Führer und hat das deutsche Volk Interesse
nur an einer Kirche, die aus innerem Ee-

Das Wunder geschah, der Glaube hat
wieder einmal erwiesen, daß er im Menschen
unendliche Kräfte freimachen kann. Und wie
einst die Wendung in den Wissenschaften
vom Glauben aus vorwärts getrieben wur-
de, so erlebten wir die Wendung innerhalb
der Nation vom Glauben her, wie ihn Adolf
Hitler uns predigte. Mir erlebten, was in
Wahrheit für den Deutschen Freiheit ist,
nicht Zügellosigkeit, nicht die französische Li-
berte, sondern Zucht und Disziplin, Bindung
an das Gewissen in uns. Das war die Bot-
schaft, die vor 1900 Jabren der Heiland ver-
kündigte, als er predigte:
„Das Reich Gottes ist inwendig in
Euch", denn alles, was der Mensch zum
Handeln wissen muß, liegt beschlossen
in seinem Gewissen.
Wenn man heute kommt und sagt: „Ihr
seid in Wahrheit nicht fromm, ihr wollt uns
den Glauben nehmen", dann kann ich nur
sagen, so rief der Minister aus: „Wer hat
denn den Glauben bewahrt in der vergan-
genen Zeit? Wir haben 1923 erkannt und
verstanden, was Jesus mit dem Glauben
meint, der Berge versetzt. Wir haben im
Nationalsozialismus nicht nur die Wahr-
heit dieses, sondern die Wahrheit vieler
Worte erlebt. Und wenn der Führer in
seinem Programm den Artikel 24 ausgenom-
men hat, so ist das Bekenntnis zum positiven
Christentum der Ausdruck einer Tatsache.
Nur der kann Nationalsozialist sein, der
religiös ist. Allerdings können weder
Staat noch Partei sich an Bekenntnisse
binden, jeder Einzelne hat das Recht,
in sich selbst Aber diese Dinge klar zu

Ach'onalsozialisnws und Christentum kein Gegensatz
UMsMNWx Mrl M tm IMMen MMMMaft / Appell an den WMMm NaKtvuOs

? llm» Nov. In der Neuen Aula
Ä Cins^Et sprach am Mittwoch abend
MsAdung der theologischen Fachschaft
9-Mer Kerrl vor einer öffent-
, ^ntenversammlung.
^eszgl^jfter schilderte in längeren gei-
'Een Darlegungen die Ent-
Situation, wie sie Europa und
Beginn des Weltkrieges be-
Er fuhr dann fort: Der Zu-
Aley^"E des deutschen Volkes nach 4V-
t^llifk ^rhen Mdxrstandes fand uns
7!ttew ^vorbereitet. Wir haderten mit
^.owtt und wir wären verzweifelt,
ÄnüL? "icht immer wieder in uns die
Ney «Nach Freiheit und das geheime
Einen Sinn des Geschehens ge-
Als dann die Stimme des
gsEn und unbekannten Gefreiten er-
' Adolf Hitler uns predigte:
Schicksal kommt nicht von außen,
N> w eurem Innern, ihr müßt neue
Ns Ci E lN Ms der Glaube wach, daß nicht
Eicksal, sondern die gemeinsamen
^>ktdie Nation zusammenge-
«'vW " Einem Willen, das Wunder er-
de?'Edigten dem deutschen Volk den
° o-'^eren Wandlung und, je mehr
^'"sperrten und mit Dolch und Pi-
? H°r?°^En, desto mehr verstanden wir
Nizy ' ^Err, vergib ihnen, denn sie wrs-
,'M s sie tun, denn wenn sie uns
Ä,?^EN. wenn sie unsere Liebe
k e wüßten, würden sie nicht so

UgmrvMik
Bemerkungen zu dem Thema insbesondere
im Hinblick auf badische Verhältnisse.
II. (Schluß.) '
Unzweifelhaft waren in der alten Zeit
die auf der Gemarkung angesessenen Leute
Leibeigene der Grundherrschaft. Schon im
17. Jahrhundert läßt sich jedoch kaum mehr
eine Spur von Leibeigenschaftsabgaben nach-
weisen. Die Leibeigenschaft hatte sich in
Erundhörigkeit gemildert. Demnach wa-
ren alle Grundbesitzer zu gewissen Abgaben
und Diensten verpflichtet. Insoweit Grund-
stücke nach dem 30jährigen Kriege an neue
Besitzer vergeben wurden, ist der Ent-
stehungstitel der Abgaben und Dienstpflich-
tigkeiten im einzelnen nachweisbar, während
es dagegen im übrigen an der Nachweis-
barkeit der konkreten Entstehungstitel fehlt.
An deren Stelle treten hier das Her-
kommen und die herrschaftlichen Güter-
und Gefällsbeschriebe oder die Gült- und
Lagerbllcher, die von Zeit zu Zeit von dem
herrschaftlichen Amt neu aufgestellt (Vereins-
erneuerung oder Renovation) und dem
Pflichtigen zur Anerkennung eröffnet wur-
den.
Als in der ersten Hälfte des 19. Jahrhun-
derts die Grund Entlastung durchgeführt wur-
de, hat man die herrschaftlichen Lagerbllcher
von 1726 und 1826 zugrunde gelegt (74).
Die Grund la st en, welche auf der
Gemarkung zugunsten der Herrschaft ent-
standen, waren:
1. B o d e n zi n s e n, die bestanden in Na-
turalabgaben, Geldleistungen und in
Fasnachtshühnern, sogenannte Bring-
schulden, welche geliefert werden muß-
ten,
2. Zehnt, d. h. der zehnte Teil aller
Früchte und Erzeugnisse, sogenannte
Holschulden, weil sie erhoben oder abge-
holt wurden.
In den 1770er Jabren war der Zehnt an
die Grundbesitzer selbst gegen eine Geldab-
gabe verpachtet. Die gesamte Pachtsumme
für den großen und kleinen Zehnt betrug:
1770: 260 Gulden 40 Kreuzer, 1789: 283
Gulden. Die einzelnen Pflichten hatten da-
zu beizusteuern 40 Kr. bis 37 Florinen. Der
kleine Zehnt bestand nach der Ortsübung in
Futterpflanzen und Kraut,- alle übrigen
Früchte gehörten zum großen Zehnt.
3. Herrenfron, zum Unterschied von
Eemeindefronden, Kirchen- und Schul-
hausfronden, hatten alle Besitzer von
Bauern- u. Söldnersgütern zu leisten;
dis Pflicht haftete auf den Gütern und
ging mit diesen auf jeden Besitzer über
(walzende Fron). Die Bauern hatten
Spanndienst, die Söldner Handdienst zu
leisten. Art und Maß war nach Her-
kommen geregelt. Schon im Jahre 1600
erhielt jeder Fröner für einen vollen
Tag 4 Pfund Brot.
4. Handlohn bestand in 5 Prozent bei
Kauf- und Tauschgeschäften als Regel-
leistung für die Genehmigung der Herr-
schaft. Daneben noch 10 Kreuzer für ab-
und zuschreiben.
6. Fallabgaben aus der Verlassen-
schaft bei Todesfall; ein lleberbleibsel
aus der Leibeigenschaft, kam schon 1619
nicht mehr zur Erhebung.
6. Schäferei und Jagd. Alle Rechte
sind im Laufe der ersten Hälfte des 19.
Jahrhunderts abgelöst worden.
Auf der anderen Seite hatte die Grund-
herrschaft Lasten:
Haltung des Fafselviehs, Vaulasten, die

setz heraus und aus freien Stücken mit uns
geht. So bin ich an meine Aufgabe heran-
gegangen,
ich will dem deutschen Volk die Sicher-
heit Wiedergehen, daß der Staat seinen
Grundsätzen nicht untreu wird und nicht
daran denkt, das Christentum irgendwie
anzugreifen.
Abschließend ging der Minister auf die
Entstehung und die Arbeitsweise der Kir-
chenausschüsse ein und er gab der festen
Ueberzeugung Ausdruck, daß das Werk, das
jetzt in der Deutschen Evangelischen Kirche
begonnen hat, gelingen wird, weil es gc-
gelingen muß.
 
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