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Heidelberg, Universitätsbibliothek Heidelberg, Heid. Hs. 2740 III A - 97,3
Krieck, Ernst; Rickert, Heinrich [Adr.]
Briefe von Ernst Krieck an Heinrich Rickert: Brief von Ernst Krieck an Heinrich Rickert, 08.07.1911 — Mannheim, 8.7.1911

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Mannheim, Rennershofstrasse 25, 8.Juli 1911.
Hochgeehrter Herr Geheimrat!
Für die freundliche Zusendung Ihres Aufsatzes "Das Eine, die
Einheit & die Eins" danke ich aufs beste. Der Aufsatz hat mich ausseror-
dentlich interessiert & belehrt; er hat dieselben Vorzüge, wie alle Ihre
Arbeiten: das streng methodische Festhalten & Durchführen eines Gedankens,
die scharfe Abgrenzung der Gebiete gegeneinander, das klare Herausarbeiten
von sicheren Resultaten. Diese Vorzüge empfinde ich deshalb so lebhaft,
weil sie gerade mir fehlen; vielleicht ist der Mangel an Schulung, viel-
leicht auch ein Fehler der Anlage bei mir. schuld.
Die Probleme^ die sie abhandeln & so scharf gegeneinander ab-
grenzen, habe ich auch schon empfunden, die Lösung aber vielfach auf Degen
gesucht, die sie streng kritisieren. Doch schien es mir, als könne ich in
allen Hauptpunkten durchaus mit Ihnen übereinstimmen, dass der Unterschied
nur in einerfleicht auszugleichenden Differenz der Terminologie bestehe.
So scheint es mir, al^^iessek sich sehr wohl im Interesse eines e-i-ROs-
Systems, das sich über den zu Recht abgegre^ten Gebilden erhebt, sie aber
als Momente einer höheren Einheit behandelt, die rein logischen Kategorien
des Einen & Andern als Grundfunktionen, Grundbetätigungen des Denkens
fassen. Diese Wendung zum Funktionellen, welche jene Kategorien als Thesis
& Antithesis begreift, muss ja nicht gerade im rationalistischen Psycho-
logi smus endigen, sondern sie liefert den/ logischen Unterbau für ein
dynamisches System, wie es sich aus dem Fichteschen System entwickelt, wenn
man das absolute Ich als das dem persönlichen Ich immanente Selbst, nicht
als das Subjekt eines absoluten Denkens fasst. Oder ist das doch die ratio-
nalistische Psychologie? Bei Ihrer famosen Bemerkung zur Hegelschen Dia-
lektik (S.37.) schien es mir, als wollten Sie selbst eine Wendung nach die-
ser Seite nehmen.
Es schien mir weiter, als befänden sich auch die logischen Kategorien
des Einen & Andern nicht nur im Gegensätze, als seian sie nicht nur durch
 
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