STERREWACHT TE LEIDEN.
Leiden 1922 Januar 2L
COBH)
Sehr verehrter Herr Geheimrat M. Wolf:
Herr E. A. Kreiken ist zur Zeit an der hiesigen Sternwarte eifrig damit be-
schäftigt, relative Eigenbewegungen von schwachen Plejaden mit Hilfe von alten
und neuen photographischen Aufnahmen zu bestimmen. Wir haben bereits für diesen
Zweck verschiedene Plattenpaaren - mit Refraktoren von dem Himmelskartentypus
aufgenommen - erhalten, und zwar von Potsdam, Greenwich und Helsingfors. Das
Zeitintervall beträgt etwa 25 bis 30 Jahre. Um aber eine möglichst gute Trennung
zwischen physischen und nicht physischen Mitglieder der Gruppe zu bewerkstelligen,
kommt es uns darauf an, so viel möglich Material zuzammenzubringen. Deshalb nehme
ich mir die Freiheit, mich auch an Sie zu wenden, um zu fragen, ob Sie alte Auf-
iiahinen der Plejaden (et/?a bis zur Grosse 14' oder 15" reichend) besitzen, die Sie
eventuell bereit wären, uns für den erwähnten Zweck leihweise zur Verfügung zu
stellen und zwar zusammen mit neuen Aufnahmen mit demselben Instrument gemacht.
Wenn die neuen Platten durch das Glas aufgenommen werden, dann können die Messungen
differentiell geschehen, indem die beiden Platten Schicht gegen Schicht gegenein-
ander gelegt werden. Bei den oben erwähnten Plattenpaaren von Potsdam, Greenwich
und Helsingfors ist diese bewährte Methode zur Verwendung gelangt.
Die mit eventuellen neuen Aufnahmen verbundenen Ausgaben würde natürlich di.-
hiesige Sternwarte mit Freude-tragen.
Die Himmelskartenplatten vom Formate 15 cm x 16 cm werden in dem hiesigen
Repsold-Messapparate ausgemessen. Platten von grösserem Format kann dieser Apparat
nicht fassen. In der Zukunft werden wir aber vielleicht einen anderen für grösseren
Platten geeigneteren Messapparat kriegen.
Eine Brennweite von 202 cm ist zwar bedeutend kleiner als die der Himmelskar-
tenrefraktor, aber Herr Kreiken ist so eifrig, mehr Material zu xriegen, dass er
die grössere Mühe der Ausmessung einiger weiteren Plattenpaare auf sich nehmen
wird, wenn wenigstens das Zeitintervall zwischen alten und neuen Aufnahmen erheb-
lich ist.
Jedenfalls, ohne weitgehende Ausnutzung von dem Material, das zu haben ist,
wird es uns nicht gelingen, Eigenbewegungen von der gewünschten Genauigkeit zu
erreichen. Ich meine, dass die letzte Arbeit von Irümpler (Lick Bull. 333) eine
weitere Untersuchung dieser Art nicht überflüssig gemacht hat. Es muss schon jetzt
mehr zu erreichen sein. Und dafür wird vielleicht auch Heidelberg einen wertvollen
Beitrag an Material liefern können.
Mit hochachtungsvollem Gruss
Ihr ergebener