Heidelberg,Friesenberg la 15.11.48.
gehlieben. Und
eine Kritik an de
Lieber Herr Eberm&yer !
Ich habe"Fall Claasen"mit unaufhaltsamer Spannung fast in
einem Zuge durchgelesen. Nehmen Sie es mir,bitte,nicht übel
wenn ich Ihnen auf diese Spannung nicht nur mit Dank,sonder!
auch mit Kritik antworte. Sie mit Ihren grossen Gaben,die !
besonders in der psychologischen Erfassungen der stimmungs
vollen Landschaf^sschilderung,in der kompositionellen Auf-
gliederung komplizierten Stoffes bestehen,haben die Ver-
pflichtung, sich nicht an Publikumserfolge zu verschwenden,
nicht in vergänglicher Tagesliteratur stecken^zu bleiben,son
dem zu einer Romandichtung dauernden Wertes sich zu erhe- j
ben. Das Streben nach Spannung ist eine Gefahr für den li-
terarischen ..ert,wenn es ä tout prix vej^olgt wird,ohne Rück
sicht z.B.auf die Wahrscheinlichkeit,die im"Fall Claasen"
in einem entscheidenden Punkte fehlt,nämlich für die unbe-
greifliche Erlaubnis des Anwalts an das junge Mädchen,ihn
zur Abholung der Hauptperson aus dem Zuchthaus begleiten
zu dürfen.
Ihr Buch ist für mich schon dadueh interessant,dass es sich
gn den Fall Hau anschliesst,den ich in jungen Jahren von
Heidelberg aus mit brennendem Interesse miterlebte. Wenn es
überhaupt einen Indizienbeweis gibt,so war er in diesem Fal
le geführt,und doch hat Aschaffenburg,der schon im Gerichts
saal nach dem Urteil Hau demonstrativ die Hand reichte,auch
weiterhin an der Ansicht,es sei ein Fe^urteil ergangen,
festgehalten. Es ist mir das eine ernste Mahnung an die Un-
vollkommenheit jeglichen Indizienbeweises
ebenso ist der Fall Hau die Grundlage für
Freiheitsstrafe.Hau schien eine 17jährige Einzelhaft infolge
gehlieben. Und
eine Kritik an de
Lieber Herr Eberm&yer !
Ich habe"Fall Claasen"mit unaufhaltsamer Spannung fast in
einem Zuge durchgelesen. Nehmen Sie es mir,bitte,nicht übel
wenn ich Ihnen auf diese Spannung nicht nur mit Dank,sonder!
auch mit Kritik antworte. Sie mit Ihren grossen Gaben,die !
besonders in der psychologischen Erfassungen der stimmungs
vollen Landschaf^sschilderung,in der kompositionellen Auf-
gliederung komplizierten Stoffes bestehen,haben die Ver-
pflichtung, sich nicht an Publikumserfolge zu verschwenden,
nicht in vergänglicher Tagesliteratur stecken^zu bleiben,son
dem zu einer Romandichtung dauernden Wertes sich zu erhe- j
ben. Das Streben nach Spannung ist eine Gefahr für den li-
terarischen ..ert,wenn es ä tout prix vej^olgt wird,ohne Rück
sicht z.B.auf die Wahrscheinlichkeit,die im"Fall Claasen"
in einem entscheidenden Punkte fehlt,nämlich für die unbe-
greifliche Erlaubnis des Anwalts an das junge Mädchen,ihn
zur Abholung der Hauptperson aus dem Zuchthaus begleiten
zu dürfen.
Ihr Buch ist für mich schon dadueh interessant,dass es sich
gn den Fall Hau anschliesst,den ich in jungen Jahren von
Heidelberg aus mit brennendem Interesse miterlebte. Wenn es
überhaupt einen Indizienbeweis gibt,so war er in diesem Fal
le geführt,und doch hat Aschaffenburg,der schon im Gerichts
saal nach dem Urteil Hau demonstrativ die Hand reichte,auch
weiterhin an der Ansicht,es sei ein Fe^urteil ergangen,
festgehalten. Es ist mir das eine ernste Mahnung an die Un-
vollkommenheit jeglichen Indizienbeweises
ebenso ist der Fall Hau die Grundlage für
Freiheitsstrafe.Hau schien eine 17jährige Einzelhaft infolge