Nr. 15/Seite 3
Rhein-Neckar-Zeitung
Luise Ebert +
Beileidstelegramme des Bundespräsidenten und Erich Ollenhauers
hat ihre hohe Aufgabe mit politischem Fein-
sinn und menschlicher Reife erfüllt. Sie hat.
was noch mehr ist, die große Zeit ihres Le-
bens, den tragischen Tod ihres Mannes über-
lebt und all die unaufhaltsam verhängnisvol-
len Schicksale; die folgten, und deren Zeuge
wir waren, in Würde und Entsagung ertra-
gen, wie der erste und letzte Bürger unter
uns. Sie ist dadurch menschlich groß und dem
ganzen deutschen Volk Symbol seines Schick-
sals geworden.
D
fe
ei
In Ehrfurcht und Trauer stehen wir an der
Bahre dieser verehrungswürdigen Frau, die
nun an- der Seite ihres Mannes auf dem Hei-
delberger Bergfriedhof ihre letzte Ruhestätte
Walter Schenppe
finden wird.
Wir wissen es aus eigener Erfahrung und
waren selbst immer wieder Zeuge davon,
wieviel Herzenswärme von dieser Frau aus-
strömte, die fast bis zu ihrem letzten Lebens-
tag in der Arbeiterwohlfahrt und anderen
karitativen Verbänden für ihre Mitmenschen
Frau Reichspräsident
sorgte. Auch als
scheute sie sich nicht, Kohlen aus dem Keller
zu holen, weil sie es verabscheute, Menschen
für ihre persönlichen Dienste zu beanspru-
chen. Dort, wo sie materiell nicht mehr helfen
konnte, spendete sie aus warmem, fraulichem
Herzen seelischen Zuspruch.
Diese Aufopferung, die das eigene Selbst
verleugnete und nur' noch anderen lebte,
stand auch über ihrer Ehe mit Friedrich Ebert,
der als Emundzwanzigjahriger in Bremen
an einer Weihnachtsfeier teilnahm und die
Augen eines jungen, schlanken Mädchens
nicht vergessen konnte. Bei dieser Feier
sprach Ebert von einer besseren Zukunft. Er
fand sie, als er nach Bremen zurückkehrte,
Arbeit erhielt und Vorsitzender des Bremer
Sattlerverbandes wurde, eine Tätigkeit, von
der er aber nicht leben konnte. Er entschloß
sich, selbständig zu werden und eröffnete
eine Gaststätte, von deren Erträgen er vor
allem wirtschaftliche Unabhängigkeit erhoffte.
Mit der Eröffnung der Bierhalle hielt er
gleichzeitig Hochzeit mit der um drei Jahre
jüngeren Luise, die ihm in wenigen Jahren
fünf Kinder, vier Buben und ein Mädchen,
schenkte. Die Tochter starb un Jahre 1930.
Zwei Söhne fielen. Karl Ebert lebt als Land-
tagsabgeordneter und beurlaubter Amtmann
der Stadt in Heidelberg.
Frau Luise Eber t starb gestern in Heidelberg. Im Hintergrund des Fotos em Bild ihres
Mannes, des am 28. Februar 1925 verstorbenen ersten deutschen Reichspräsidenten, der aui
dem Heidelberger Bergfnedhoi beigesetzt wurde.
Fast genau dreißig Jahre nach dem Tod
des ersten Reichspräsidenten Friedrich Ebert
starb gestern nachmittag in Heidelberg seine
Lebensgefährtin, Frau Luise Ebert, kurz nach
der Vollendung ihres 81. Lebensjahres. Sie
erlitt einen Herzanfall und wurde von einem
Arzt in die Ludolf-Krehl-Klinik gefahren, wo
sie etwa eine Stunde nach der Einlieferung
starb. Die Mutter Luise Ebert schenkte fünf
Kindern das Leben, zwei Söhne opferte sie
dem Vaterlande im ersten Weltkrieg und
wurde, nachdem das Kaiserreich zerfallen
war, die Erste Frau und Mutter der Wei-
marer Republik.
Der Viscount Abernon, Botschafter Eng-
lands, der im Jahre 1924 in Berlin die Familie
Ebert bei sich zu Gast hatte, schreibt in sei-
nen Erinnerungen an diesen Abend folgende
bezeichnenden Sätze:
Sonnabend, 15. Januar
1924. Am Sonnabend fand bei uns ein großer
Empfang für den Reichspräsidenten und seine
Frau statt. Wenn man sich überlegt, daß er
ein Sattlermeister und sie eine Tabakarbei-
terin war, und daß beide aus ganz kleinen
Verhältnissen
einen
die
stammen,
setzt
Wurde und Zurückhaltung ihres Benehmens
in Erstaunen. Niemand würde wagen, sich
irgendwelche Freiheiten in Gegenwart die-
ser Frau herauszunehmen. Selbst vor dem
blaublutigsten der abgedankten Monarchen
öder Duodezfürsten würde die Familie Ebert
ihre Haltung bewahren.
Nur wenige Stunden nach Bekanntgabe der
Todesnachricht sandte der Bundespräsident
an den Landtag Abgeordneten Karl Ebert in
Heidelberg io, .endes Telegramm:
Heimgange Ihrer Frau Mutter spreche ich
Zum
Ihnen und den Ihrigen meine herzliche Teil-
nahme aus. Ich habe die Verewigte an der
Seite ihres Gatten wirken gesehen und der
frühe Eindruck von der sicheren Würde ihres
Menschentums und der Klugheit ihrer Men-
schenkenntnis hat sich bei den späteren
freundschaftlichen Begegnungen bestätigt
und vertieft. Ein Stück deutscher Geschichte
hat mit ihrem Tode stillen Abschied genom-
men. Ich gehöre zu den vielen, die der Ver
storbenen ein ehrendes und dankbares Ge-
dächtnis bewahren werden.
Bereits eine Stunde zuvor war ein Tele-
gramm des Vorsitzenden der Sozialdemokra-
tischen Partei Erich Ollenhauer an den Land-
tagsabgeoTdneten Karl Ebert m Heidelberg
in der Richard-Wagner-Straße eingetroffen,
Die Nachricht
das folgender! 'Wortlaut hatte:
vom Ableben Luise Eberts hat uns alle aufs
tiefste erschüttert. Nicht nur die deutsche
Arbeiterbewegung ■— das ganze deutsche
Volk ist dieser großen und vorbildlichen
Frau zu tiefstem Dank verpflichtet. Wir trau
ern mit Euch um einen gütigen und ver-.
ehrungswürdigen Menschen, um eine tapfere
Kampfgefährtin.
Die Stadt Heidelberg ehrte Frau, Luise
Ebert an ihrem 80. Geburtstag damit, daß si
ihr eine in Leder gebundene, mit dem Heidel-
berger Stadtwappen versehene und von
einem Graphiker künstlerisch ausgestaltete
Glückwunschadr-esse , durch Bürgermeister
Amann überreichen ließ:
Frau Luise .Ebert,
der Lebensgefährtin des hQcjiyerdien|en
Reichspräsidenten' Friedrich Ebert wahrend
länger Jahre,, der hervorragenden, ^ijrijerin
unserer Stadt', bpngt, der .'Stadtr^t .St^dt
Heidetberg•' herzliche'älückwünsche zum -80.
Geburtstag dar." Die Urkunde war von Ober-
bürgermeister Dr. Neinhaus, Bürgermeister
Amann, dem Beigeordneten Harnisch sowie
von den Fraktionsführern des Heidelberger
Stadtrates unterzeichnet.
An diesem Tag erreichten sie unzählige
Glückwunschtelegramme, Briefe und Karten-
grüße sowie Blumenspenden aus allen Tei-
len Deutschlands. Die RNZ nahm diesen Tag
zum Anlaß, um diese Frau mit folgenden
Worten-zu ehren: „Es ist ein seltenes Schick-
sal für eine Frau, an der Seite eines Mannes
zu stehen, der aus tiefster Erschütterung sei-
Volkes zu höchster Verantwortung und
Repräsentation berufen wurde. Frau Ebert
Rhein-Neckar-Zeitung
Luise Ebert +
Beileidstelegramme des Bundespräsidenten und Erich Ollenhauers
hat ihre hohe Aufgabe mit politischem Fein-
sinn und menschlicher Reife erfüllt. Sie hat.
was noch mehr ist, die große Zeit ihres Le-
bens, den tragischen Tod ihres Mannes über-
lebt und all die unaufhaltsam verhängnisvol-
len Schicksale; die folgten, und deren Zeuge
wir waren, in Würde und Entsagung ertra-
gen, wie der erste und letzte Bürger unter
uns. Sie ist dadurch menschlich groß und dem
ganzen deutschen Volk Symbol seines Schick-
sals geworden.
D
fe
ei
In Ehrfurcht und Trauer stehen wir an der
Bahre dieser verehrungswürdigen Frau, die
nun an- der Seite ihres Mannes auf dem Hei-
delberger Bergfriedhof ihre letzte Ruhestätte
Walter Schenppe
finden wird.
Wir wissen es aus eigener Erfahrung und
waren selbst immer wieder Zeuge davon,
wieviel Herzenswärme von dieser Frau aus-
strömte, die fast bis zu ihrem letzten Lebens-
tag in der Arbeiterwohlfahrt und anderen
karitativen Verbänden für ihre Mitmenschen
Frau Reichspräsident
sorgte. Auch als
scheute sie sich nicht, Kohlen aus dem Keller
zu holen, weil sie es verabscheute, Menschen
für ihre persönlichen Dienste zu beanspru-
chen. Dort, wo sie materiell nicht mehr helfen
konnte, spendete sie aus warmem, fraulichem
Herzen seelischen Zuspruch.
Diese Aufopferung, die das eigene Selbst
verleugnete und nur' noch anderen lebte,
stand auch über ihrer Ehe mit Friedrich Ebert,
der als Emundzwanzigjahriger in Bremen
an einer Weihnachtsfeier teilnahm und die
Augen eines jungen, schlanken Mädchens
nicht vergessen konnte. Bei dieser Feier
sprach Ebert von einer besseren Zukunft. Er
fand sie, als er nach Bremen zurückkehrte,
Arbeit erhielt und Vorsitzender des Bremer
Sattlerverbandes wurde, eine Tätigkeit, von
der er aber nicht leben konnte. Er entschloß
sich, selbständig zu werden und eröffnete
eine Gaststätte, von deren Erträgen er vor
allem wirtschaftliche Unabhängigkeit erhoffte.
Mit der Eröffnung der Bierhalle hielt er
gleichzeitig Hochzeit mit der um drei Jahre
jüngeren Luise, die ihm in wenigen Jahren
fünf Kinder, vier Buben und ein Mädchen,
schenkte. Die Tochter starb un Jahre 1930.
Zwei Söhne fielen. Karl Ebert lebt als Land-
tagsabgeordneter und beurlaubter Amtmann
der Stadt in Heidelberg.
Frau Luise Eber t starb gestern in Heidelberg. Im Hintergrund des Fotos em Bild ihres
Mannes, des am 28. Februar 1925 verstorbenen ersten deutschen Reichspräsidenten, der aui
dem Heidelberger Bergfnedhoi beigesetzt wurde.
Fast genau dreißig Jahre nach dem Tod
des ersten Reichspräsidenten Friedrich Ebert
starb gestern nachmittag in Heidelberg seine
Lebensgefährtin, Frau Luise Ebert, kurz nach
der Vollendung ihres 81. Lebensjahres. Sie
erlitt einen Herzanfall und wurde von einem
Arzt in die Ludolf-Krehl-Klinik gefahren, wo
sie etwa eine Stunde nach der Einlieferung
starb. Die Mutter Luise Ebert schenkte fünf
Kindern das Leben, zwei Söhne opferte sie
dem Vaterlande im ersten Weltkrieg und
wurde, nachdem das Kaiserreich zerfallen
war, die Erste Frau und Mutter der Wei-
marer Republik.
Der Viscount Abernon, Botschafter Eng-
lands, der im Jahre 1924 in Berlin die Familie
Ebert bei sich zu Gast hatte, schreibt in sei-
nen Erinnerungen an diesen Abend folgende
bezeichnenden Sätze:
Sonnabend, 15. Januar
1924. Am Sonnabend fand bei uns ein großer
Empfang für den Reichspräsidenten und seine
Frau statt. Wenn man sich überlegt, daß er
ein Sattlermeister und sie eine Tabakarbei-
terin war, und daß beide aus ganz kleinen
Verhältnissen
einen
die
stammen,
setzt
Wurde und Zurückhaltung ihres Benehmens
in Erstaunen. Niemand würde wagen, sich
irgendwelche Freiheiten in Gegenwart die-
ser Frau herauszunehmen. Selbst vor dem
blaublutigsten der abgedankten Monarchen
öder Duodezfürsten würde die Familie Ebert
ihre Haltung bewahren.
Nur wenige Stunden nach Bekanntgabe der
Todesnachricht sandte der Bundespräsident
an den Landtag Abgeordneten Karl Ebert in
Heidelberg io, .endes Telegramm:
Heimgange Ihrer Frau Mutter spreche ich
Zum
Ihnen und den Ihrigen meine herzliche Teil-
nahme aus. Ich habe die Verewigte an der
Seite ihres Gatten wirken gesehen und der
frühe Eindruck von der sicheren Würde ihres
Menschentums und der Klugheit ihrer Men-
schenkenntnis hat sich bei den späteren
freundschaftlichen Begegnungen bestätigt
und vertieft. Ein Stück deutscher Geschichte
hat mit ihrem Tode stillen Abschied genom-
men. Ich gehöre zu den vielen, die der Ver
storbenen ein ehrendes und dankbares Ge-
dächtnis bewahren werden.
Bereits eine Stunde zuvor war ein Tele-
gramm des Vorsitzenden der Sozialdemokra-
tischen Partei Erich Ollenhauer an den Land-
tagsabgeoTdneten Karl Ebert m Heidelberg
in der Richard-Wagner-Straße eingetroffen,
Die Nachricht
das folgender! 'Wortlaut hatte:
vom Ableben Luise Eberts hat uns alle aufs
tiefste erschüttert. Nicht nur die deutsche
Arbeiterbewegung ■— das ganze deutsche
Volk ist dieser großen und vorbildlichen
Frau zu tiefstem Dank verpflichtet. Wir trau
ern mit Euch um einen gütigen und ver-.
ehrungswürdigen Menschen, um eine tapfere
Kampfgefährtin.
Die Stadt Heidelberg ehrte Frau, Luise
Ebert an ihrem 80. Geburtstag damit, daß si
ihr eine in Leder gebundene, mit dem Heidel-
berger Stadtwappen versehene und von
einem Graphiker künstlerisch ausgestaltete
Glückwunschadr-esse , durch Bürgermeister
Amann überreichen ließ:
Frau Luise .Ebert,
der Lebensgefährtin des hQcjiyerdien|en
Reichspräsidenten' Friedrich Ebert wahrend
länger Jahre,, der hervorragenden, ^ijrijerin
unserer Stadt', bpngt, der .'Stadtr^t .St^dt
Heidetberg•' herzliche'älückwünsche zum -80.
Geburtstag dar." Die Urkunde war von Ober-
bürgermeister Dr. Neinhaus, Bürgermeister
Amann, dem Beigeordneten Harnisch sowie
von den Fraktionsführern des Heidelberger
Stadtrates unterzeichnet.
An diesem Tag erreichten sie unzählige
Glückwunschtelegramme, Briefe und Karten-
grüße sowie Blumenspenden aus allen Tei-
len Deutschlands. Die RNZ nahm diesen Tag
zum Anlaß, um diese Frau mit folgenden
Worten-zu ehren: „Es ist ein seltenes Schick-
sal für eine Frau, an der Seite eines Mannes
zu stehen, der aus tiefster Erschütterung sei-
Volkes zu höchster Verantwortung und
Repräsentation berufen wurde. Frau Ebert