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Heidelberg, Universitätsbibliothek Heidelberg, Heid. Hs. 3820,296
Lask, Emil; Rickert, Heinrich [Adr.]
Nachlass Emil Lask (Heid. Hs. 3820,296): Brief von Emil Lask an Heinrich Rickert (Abschrift) — Falkenberg, 1903 September 17

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https://doi.org/10.11588/diglit.27644#0001
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Falkenberg, den 17,9.1903.

v.v w.Ueber den »Gegenstand der Erkenntnis» mochte ich noch einige
früher angekündigte Bemerkungen nachholen.
Mit S.69 tritt eine Wendung ein, die fetwa Folgendes besagt:
Bis Jetzt wurde gefunden: Erkennen ® Inerkennen von Sollen 1)
(Gegenstand des EPkennens also $ - Sollen) Das war das Ergebnis der
Analyse des Urteilens oder Erkennen®. Wie kann man nun, lautet die
weitere Frage, bei dieser Fassung des E^kenntnisbegriffs von einer
Absolutheit des Erkenntniswertes reden ? Gibt es über der Anerken-
nung des Sellens eine voiflbanerkennenden Subjekt »unabhängige»,^transscen
dente» d.h. um ihres absoluten Wertes willen absolutgiltige Gesollt-
heit dieser Sollensanerkennung ? Man kann natürlich ebensogut so
formulieren: Hat das Sollen das im Urteil anerkannt wird, eine ab-
solute Bedeutung ? Denn ein Sollen, das anerkannt werden soll, hat
insofern eben selbst eine absolute oder transscendente Bedeutung.
Nur das muss, damit die ait dem XV.Abschnitt beginnende »Wendung»
genau verstanden wird, noch einmal scharf hervorgehoben werden, dass ,
sobald die Transseendenz des Sollens zum Problem wird, die Unter-
suchung sich von der Snalyse des Urteils abwendet. dass es sich also
Jetzt nicht mehr ua die Anerkennung des Sollens als »praktisches»
Ürteilseleaent handelt, sondern um die Gesolitheit der Anerkennung.
In Uebereinstimmung mit meinem gesamten vorigen Briefe mochte < |
ich hier wiederholen, dass der Leser nicht imstande ist, diese bei-
den Dinge auseinanderzuhalten, nämlich die Frage der Urteilsanalyse
(Urteilen = Wertanerkennung) und die Frage der Absolutheit oder Trans-
scendenz des Urteilswertes ( also des Wertes der Wertanerkennung oder,
was Ja dasselbe ist, des Wertes des im Urteil anerkannten Wertes.).
Sie wollen freilich den Leser zwingen, die Doppeltheit dieser. !
Fragen in der Weise einzusehen, dass er selbst den Schritt von der
einen Fragestellung zur anderen macht. Sie lassen deshalb den Leser I
von S.7Q an von selbst darauf stossen, dass es Sollensanerkennungen j
gibt, arideren absoluter Gesolitheit Kein Zweifel aufkommen kann, und
in Abschnitt XVI zeigen Sie, dass es zu» Widerspruch führt, die ab-
solute Gesolitheit der Sollensanerkennung zu leugnen. I
Ich habe am Schluss meines vorigen Briefes mit Absicht auf die
»Wendung» hingewiesen, damit Sie nicht denken, ich hätte nicht ge-
merkt, dass Sie den Leser erst allmählich auf die Hohe der Gesichts-
punkte führen wollten. Es hiesse in der Tat alle Feinheiten und allen
Ehrgeiz Ihres schriftstellerischen und logischen Anordnens verkennen,
wenn ich das nicht gesehen hätte. Ihnen wird die in meinem letzten
Brief vorgesehlagene Art, die obersten Ziele gleich alle vorweg.zu-
nehmen, höchst reizlos erscheinen. j

1) Ich weiss, dass das Sprachlich nicht schon ist.
 
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