Heidelberg, Universitätsbibliothek Heidelberg, Heid. Hs. 3820,322 Lask, Emil; Rickert, Heinrich [Recp.]: Nachlass Emil Lask (Heid. Hs. 3820,322): Brief von Emil Lask an Heinrich Rickert (Abschrift) (Falkenberg, 1908 April 19)

Falkenberg, den IS.4.1908. t

Ieh danke I^nen noehmals, dass Sie mir trotz meines langen
Schweigens einen so ausfuhrliehen Bericht Ihrer Jetzigen Tätigkeit ge-
geben haben. ünd ich freue mich herzlich, dass Sie so sehr in der
Arbeit stehen. Diese Ferien müssen eine sehr produktive Zeit gewesen
sein. Sie konnen sich denken, wie sehr ich Ihre Angaben begrüsst habe,

flie doeh der endgültige^ Sieg der kritischen Wertlehre über den
Fichteanismus. Ich glaube, dass ich Ihre kurzen Angaben meist verstanden
habe, denn in Ihrem Buche wird wohl das erreicht sein, wonach ich immer
mit schwachen Mitteln gerungen habe. Ich erinnere nur z.B. an das, was
Sie über die Lcslcsung von der Psychologie aagen, ferner über den
Unterschied von Sinn und transscendentem Wert, A/ich will nicht behaup-
ten, dass ich darüber schon volle Klarheit hättef 7(implicite ist dies
schcn im »Gegenstand», was ich immer zu zeigen versucht habe), ferner
an Ihre Ablehnung des Wlllensrrlmates. Ich verspreche mir dadurch von
Ihrem Buch in wenigen Stunden und Tagen eine Förderung, die ich sonst
nicht dureh Jahrelanges eigenes Studium gewonnen hätte. Skeptiseh ver-
halte ieh mich vorläufig noch gegenüber der Spaltung des Seins in ein
reales und ideales, jedoch glaube ich, dass ich aueh hier mit dem
Grundgedanken übereinstimme. Nicht klar ist mir, warum für die Seins-
wissenschaften die Abbildtheorie bestehen soll. Das Alogische ist doch
»Material», das in theoretisehe Wertform eingehüllt, von ihr durch-
setzt ist. Das Material Jcann allerdings nur »abgebildet» werden, die-
sen Umstand haben Sie früher vielleicht unberechtigterweise zu einem
bloss psychologischen herabgedrückt (»anschaulicher Hintergrund»). Sehr
begierig bin ich netürlich auch auf die anderen Abschnitte, von denen
ich noch keine Ahnung habe.