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Universitätsbibliothek Heidelberg, Heid. Hs. 3820,370
Rickert, Heinrich; Lask, Emil [Adr.]
(Heid. Hs. 3820,370): Brief von Heinrich Rickert an Emil Lask (Auszug in Abschrift) — Heidelberg, 1913 Mai 25

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https://doi.org/10.11588/diglit.21445#0001
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Heidelberg, den 25.5.1913. 3>TO ^f<0

Zu £.635 der Grenzen mochte ich Iftnen amüsementshalber eine Stelle
aus der 12.Vorlesung meines ersten Semesters im Sommer 1905 mitteilen:
»Der Tendenz des unendlichen Fortschreitens, des ruhelosen Strebens
nach fernen Zielen wird hier entgegengewirkt. Es gibt einzelne Punkte,
die eine Vollendung, eine entgültige Befriedigung und Erfüllung in sich
selbst tragen». Kurz vorher fte\ifss\ es: »Schon dadurch wird es unmög-
lich, den Inbegriff der Realisierungen des absolut Wertvollen einheit-
lich als Entwicklung oder gar als Fortschritt zu fassen. » Dazu be-
merkte Ich damals, es sei nicht zu vermeiden, dass man dabei zunächst
an das ästhetische Wertgebiet denke. Die Frage sei aber viel weiter
zu stellen, was als Beitrag in eine E^tragsentwieklung einginge und
(,) &Jt fzfi) was nicht. ( Ich bin mir natürlich völlig klar, mit allem noch nicht
auf den eigentlichen Kern, sondern bloss in die Umgegend des Begriffs
der »Vollendung» g^stossen zu sein.) Im Sommer*1908, als ich wieder
Oeschichtsphilosophie las, habe ich von Neuem davon geredet unld dabei
auf das, was in geschichtlicher Verborgenheit bleiben müsse,auch wenn
es Erfüllung absoluter Werte Ist, das Goethesehe Zitat, über das wir
schon sprachen, angewandt und gefragt: Warum flechten sich hier Kronen
in ewiger Stille ? Dies Zitat ist aber nicht anwendbar oder höchstens
so, wie die Königin Luise das »Wer nie sein Brot» zitiert hat. Das Zitat
wäre nur passend, wenn die Stimmen der Geister dem Menschen auf Erden
zuriefen: »Versäumt nicht, zu üben die Kräfte des Guten. Hierbei flech-
ten sich bei Euch Kronen in ewiger Stille». Dann wären es die Kronen
des Verdienstes, der Vollendung. Gemeint sind aber die Kronen des Lohnes,
die die Geister für die Tätigen flechten , denn es heisst ja
 
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