Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Universitätsbibliothek Heidelberg, Heid. Hs. 3820,428
Lask, Emil; Cohn, Jonas [Adr.]
(Heid. Hs. 3820,428): Brief von Emil Lask an Jonas Cohn — Falkenberg, 1905 März 20

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.27898#0001
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Brief an Professor Jonas Cohn.

Falkenberg (Mark) den 20.3.1905.

Lieber Herr Professor !

Haben Sie vielen Dank für Ihren Genfer Vortrag ! Sie geben da
auf engstem Raum sehr vieles, was zum Nachdenken reizt und worüber
wohl noch niemals genügend naehgedaeht worden ist, trotz Schuppe und
vielen anderen. Hoffentlich bekommen wir dergleichen Gedanken einmal
von Ihnen in ausführlicherer Gestalt. Sie beschäftigen sich Ja Jetzt
wohl hauptsächlich mit rein logischen Problemen ?
Ueber mich ist nichts Erhebliches zu berichten. Ich umkreise in
weitem Bogen das Thema meiner Vorlesung im Sommer. Ich will, wie ich wohl
schon mündlich sagte, die Geschichts- und anhangsweise die Sozialphilo-
sophie ausschliesslich der speziellen Methodologie der Geschichtswissen-
schaft behandeln. Als Ergänzung dazu würde ein späteres Colleg »Logik
der Kulturwissensehaften» oder so ähnlich dienen können. Im nächsten
Sommer dagegen will ich mich nur auf das Verhältnis der »Geschichte»
zu den allgemeinen Wertproblemen beseheänken, wozu auch der Gedanke
einer Geschichte im absoluten Sinne, einer Wertverwirklichungsentwiek-
lung (Rickerts philosophische »Universalgeschichte») gehört. Ich sehe
aber Jetzt erst, mit wie ungeheuren Schwierigkeiten die Bearbeitung
dieses Gebietes verknüpft Ist. Ich hatte gedacht, mir etwas relativ
Vertrautes für mein erstes Colleg (das übrigens zweistündig ist) ge-
wählt zu haben. Darin habe ich mich aber gründlich getäuscht. Ich bin
Jetzt noch im Stadium der ersten vorläufigen aphoristischen Notizen im
Anschluss an die Lektüre, sodass ich zu Beginn des Kollegs das Gebiet
vielleicht noch garnicht ordentlich werde übersehen können. Da werde
ich mich wohl irgendwie behelfen müssen.
Hoffentlich sehe ich Sie noch, wenn auch nicht vor Beginn des Se-
mesters, so doch zu Anfang des Sommers. Ich bin Ihnen Ja Jetzt räumlich
wieder viel näher gerückt und kann nun hoffen, in Zukunft wieder öfter
mit Ihnen zusammen zu sein.
Mit herzlichen Grüssen auch an Ihre Frau schliesse ich für heute
als
Ihr ganz ergebener

Emil Lask.
 
Annotationen