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'^0,423
Brief an Professor Richard Kroner. Falkenberg, den 13.10.1908.
Lieber Herr Doktor !
Haben Sie herzlichen Dank für das schöne Geschenk Ihres Buches !
Ieh habe es sofort nach Empfang ganz durchgelesen und mich nicht nur
an der für eln E rstlingswerk erstaunlichen Diction gefreut, sondern
mich auch sachlich sehr angeregt und gefördert gefühlt.
Ihre Polemik gegen Husserl unterschreibe ich völlig. Es kann gegen
die im Begriff der »idealen Allgemeinheit» liegenden Bermengungen garniclat
genug gekämpft werden. Auch über denwtrangseendentalen Syllogismus» bin
ich im Wesentlichen mit Ihnen einverstanden. Nur möchte Ich da doch
einige kleine Fragen stellen. Gewiss ertctet und verschweigt man das
Verhältnis zwischen Kategorie und Material, wenn man die Kategorie einen
wAllgemeinbegriff» nennt. Aber hat es nicht vielleicht doch irgend einen
Sinn, mit Ertötung allerdings dieses »teleolcgisehen» Verhältnisses,
wie Sie es nennen, in der Kategorie etwas Gattungsmässiges zu sehen ?
Sagt nicht auch Rickert im »Gegenstand», alle Kategorien seien »allge -
meine Formen», nicht nur die des Allgemeinen, sondern auch die des Indi-
viduellen ? Was bedeutet »allgemein» in »allgemeine Formen» ? Nicht
transscendentalen Syilogisraus ? Das bringt mich auf ein Zweites . Es
scheint mir, als ob Sle zweierlei zusammenbringen und der Ansicht sind,
dass wer den Allgemeinheitseharakter der transscendentalen Form betont,
eben damit auch die transseendentale Form lediglich des Allgem^nen gel-
ten lasse, also wegen des transsc.Syllogismus methcdologiseher Natura-
list sei. Dies »wegen» ist doch unberechtigt, das eine aus dem andern gar
nicht ableitbar, sondern wo es historiseh vcrkoramt, eine unberechtigte
Versehiingung. Bpaa Sie das auch so ansehen, tritt aus Ihrem Buch nicht
hervor.
Was Sie über das Verhältnis von logiseh und ästhetisch sagen, hat
mich sehr interessiert und ist von ausserordentlicher Feinheit. Ihre
Ausführungen S.93 f scheinen mir zu logizistisch zu sein. Wie^lch das
meine, werden Sie zur Genüge aus einem Aufsatz ersehen, den ich im Win-
ter zu veröffentliehen gedenke.
Mit manchen Wendungen wie z.B. S.87 Mitte, dass die Gegenständlich-
keit auf einer Anerkennung beruhe, dass eine Be.1 ahung den Gegenstand
»erzeuge» u.a., kann ich mich nicht einverstanden erklären.
Doch das sind Nebensäehlichkeiten im Vergleieh zum Ganzen, zu dem
ich Ihnen aufrichtig Glück wünschen kann.
Mit bestera Gruss und Dank bis zum Wiedersehen
Ihr
Emil Lask.
'^0,423
Brief an Professor Richard Kroner. Falkenberg, den 13.10.1908.
Lieber Herr Doktor !
Haben Sie herzlichen Dank für das schöne Geschenk Ihres Buches !
Ieh habe es sofort nach Empfang ganz durchgelesen und mich nicht nur
an der für eln E rstlingswerk erstaunlichen Diction gefreut, sondern
mich auch sachlich sehr angeregt und gefördert gefühlt.
Ihre Polemik gegen Husserl unterschreibe ich völlig. Es kann gegen
die im Begriff der »idealen Allgemeinheit» liegenden Bermengungen garniclat
genug gekämpft werden. Auch über denwtrangseendentalen Syllogismus» bin
ich im Wesentlichen mit Ihnen einverstanden. Nur möchte Ich da doch
einige kleine Fragen stellen. Gewiss ertctet und verschweigt man das
Verhältnis zwischen Kategorie und Material, wenn man die Kategorie einen
wAllgemeinbegriff» nennt. Aber hat es nicht vielleicht doch irgend einen
Sinn, mit Ertötung allerdings dieses »teleolcgisehen» Verhältnisses,
wie Sie es nennen, in der Kategorie etwas Gattungsmässiges zu sehen ?
Sagt nicht auch Rickert im »Gegenstand», alle Kategorien seien »allge -
meine Formen», nicht nur die des Allgemeinen, sondern auch die des Indi-
viduellen ? Was bedeutet »allgemein» in »allgemeine Formen» ? Nicht
transscendentalen Syilogisraus ? Das bringt mich auf ein Zweites . Es
scheint mir, als ob Sle zweierlei zusammenbringen und der Ansicht sind,
dass wer den Allgemeinheitseharakter der transscendentalen Form betont,
eben damit auch die transseendentale Form lediglich des Allgem^nen gel-
ten lasse, also wegen des transsc.Syllogismus methcdologiseher Natura-
list sei. Dies »wegen» ist doch unberechtigt, das eine aus dem andern gar
nicht ableitbar, sondern wo es historiseh vcrkoramt, eine unberechtigte
Versehiingung. Bpaa Sie das auch so ansehen, tritt aus Ihrem Buch nicht
hervor.
Was Sie über das Verhältnis von logiseh und ästhetisch sagen, hat
mich sehr interessiert und ist von ausserordentlicher Feinheit. Ihre
Ausführungen S.93 f scheinen mir zu logizistisch zu sein. Wie^lch das
meine, werden Sie zur Genüge aus einem Aufsatz ersehen, den ich im Win-
ter zu veröffentliehen gedenke.
Mit manchen Wendungen wie z.B. S.87 Mitte, dass die Gegenständlich-
keit auf einer Anerkennung beruhe, dass eine Be.1 ahung den Gegenstand
»erzeuge» u.a., kann ich mich nicht einverstanden erklären.
Doch das sind Nebensäehlichkeiten im Vergleieh zum Ganzen, zu dem
ich Ihnen aufrichtig Glück wünschen kann.
Mit bestera Gruss und Dank bis zum Wiedersehen
Ihr
Emil Lask.