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Universitätsbibliothek Heidelberg, Heid. Hs. 3820,441
Lask, Emil; Weber, Max [Recp.]
(Heid. Hs. 3820,441): Brief von Emil Lask an Max Weber — Falkenberg, 1905 September 19

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https://doi.org/10.11588/diglit.27963#0002
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(Fortsetzung des Briefes vom 19.9.1905.)

nächsten Bogen warte. Ich kann aber schon nach dieser ersten Probe Ihnen
von Herzen Glück wünschen und ich halte es für dringend wünschenswert,
dass Sie die Aufsätze über »Roscher und Knies s:als Bro-
schüre herausgeben. Nirgends ist das harte und klare aut-aut: Wirklich-
keits- oder Wertbeziehungsforschung mit so unerbittlicher Strenge in
Bezug adf das Psychische durchgeführt worden wie bei Ihnen. Eingewurzel-
te, von jeher sich als plausibel einschmeichelnde, scheinbar Selbst-"
verständliches besagende Vorurteile haben Sie durch eine sehr qualvolle
Gedankenarbeit und Kritik zersetzt, und alle, die diese Arbeit als Be-
dürfnis empfanden, deren Energie aber dazu nicht ausreichte, werden
dankbar anerkennen, dass Sie überall den Nagel auf den Kopf getrcffdn
haben, so z.B. bei der Darstellung des Ineinander von Kausalität und
auslesender Wertbeziehung, bei der Entlarvung des Schöpferischen usw.
Die Darstellung ist sehr einleuchtend, wenn auch wegen der wuchtigen
Knappheit nicht so populär, wie Sie meinten. Im Ganzen mochte ich die-
sen Teil für den fasslichsten und wirksamsten in Ihren methodologischen
Aufsätzen halten, wozu die ausführlichen treffenden Beispiele sehr bei-
tragen. Eine Veröffentlichung in Buchform wäre deshalb^sehr erfreulich.
Ich kann leider, wie ich voraussah, nichts zur Korrektur verschla-
gen, und ich glaube, dass daran nicht das geminderte Mass meiner jetzi-
gen Aufnahmefähigkeit schuld ist. S.94 unten habe ich wegen einer
Lappalie eine Bemerkung gemacht, die übrigen Bleistiftnotizen beziehen
sich nur auf geringfügige Druckfehler.
Ich wollte gestern Abend mit der Durchsicht fertig sein, aber
gestern Nachmittag ereignete sich ein Zwischenfall bei meinem Vater,der
erst sehr ernst schien, dann aber durch Eingreifen des Arztes glück-
lich verlief. Der Schwächezustand ist freilich im ganzen jetzt schon
sehr vorgeschritten. Es ist nur das eine Gute, dass mein Vater nurfsel-
ten Schmerzen hat, die dann dureh Morphium betäubt werden, und dass er
seine optimistische Auffassung noch nicht verliert, die durch seine
Unkenntnis - er war niemals ernstlich krank - sehr begünstigt wird.
Dadurch ist auch die Pflege leichter.
Herzlichen Dank sage ich Iunen und Ihrer Frau für die freundliche
Vorsorge. Ich erkenne jetzt immer mehr, dass ich mir für das nächste
Semester nur wenig vornehmen kann.
In der Hoffnung auf baldige neue Sendungen fctrotz der Ergebnislo-
sigkeit für Sie) bin ich
Ihr Sie verehrender

Emil Lask.
 
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