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Universitätsbibliothek Heidelberg, Heid. Hs. 3820,443
Lask, Emil
(Heid. Hs. 3820,443): Brief von Emil Lask an unbekannte Frau — Heidelberg, 1907 Dezember 21

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https://doi.org/10.11588/diglit.26772#0001
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Briefe an eine Frau

13?-

5'Uo V43

Meine gelie"bte

Ich muss Dir cloch noch schnell von Heidelherg aus schon wahrend
des Aufbruehs zur Reise schreiben,wie glücklich ieh üheer unser
letztes Zusammensein v/ahrend der Fahrt nach Augsburg hin. Ich glaube,
erst dadurch ist eine heglückende Sicherheit über meine Beziehunge*
zu Dir gekommen,und das ist nicht nur eine augenblickliche Ahschieds-
stimmung,sondern eine dauernde. Darum schreihe ich Dir, damit Du das
sobald wie moglich erfahrst. Du bist Ja Jetzt schon wieder mitten in
den allerschwersten und dunkelsten Erlebnissen,aber da Du so unbegreif-
lich lieb zu mir bist,darf ich hoffen, dass Dir durch alles Schwere,
was Du in**S$$«&Jv&eö*-erlebst, hindurch das, was ieh Dir heute mitteile,
etwas Freudiges und Beruhigendes sein wird. Ieh moehte nicht so viele
Worte in iner Spraehe machen, in der ich mich nur unbehilflich aus-
drücke. Das eben sollst Du hauptsachlich wissen und mir glauben,dass
Deine Vermutung,ich würde Jetzt nur so ohne weiteres zu Kant und den
Kategorien zurückkehren,unbegründet war. Allerdings bin ich jetzt von
einer so frohlichen und ungeduldigen Arbeitsstimmung wie selten. Aber
doeh so, dass ich je^tzt nicht n>e=ajE mehr alles bei mir von den sachiictr en
Ergebnissen und Fortschritten abhangig mache, sondern das Vertrauen
gewonnen habe, dass es sogar für mich(!) noch andere Moglichkeiten des
Lebens gibt,die den andern ebenburtig sinddtfÄd^ihddfiWrfAAtf f fiaCöhhöri//'
und in deren Auftauchen ich nicht eine Beeintrachtigung des Wesent-
lichen in mir zu sehen brauche. Ich war Ja nie mit den sachlichen Re-
sultaten meiner Arbeit,die doch meinen einzigen Lebensinhalt bildeten,
ungeduldig. Aber Jetzt stehe ich noch unbekümmerter als jemals über
allem Erreichen von Zielen, und nicht bloss von ausseren, ohsie dass d&ch
im mindesten meine Lust an der Sache gemindert ware. In .leder Hxnsieht
sehe ich gegenw Tartig auf mein ganzes Leben in Heidelberg und insbescndere
auf die letzten Monate mit absoluter Zustimmung und Freude zurück. leh
würde das nicht ausdrücklich sagen,wenn Du nicht häufig dunkel ange-
deutet hättest, es konnten spater irgendweühe Bedenken aufsteigen. Es
gibt keine Bedenken für mich, und darin würde ich unerschütterlich scgar
meinen besten Freunden gegenüber wie Rickert sein, Ja auch Dir gegenübey,
falls vielleicht doch alle möglichen Einflüsse Dich innerlich dazu
bringen, mich aufzugeben. Ab^sr bitte M^ilS^wenigstens Ms zum nächsten
Bes^uch in Heide^J&srg bei mirJ^^it^Du Eir stSsSehn kannsWöi^sTres so
ist/x^e'es ip^tflesehsBrrLefe das

Vergax^en^«^e5-ah-e'n.de auc-h iden. FrWeö^u Gute^ie ich

früher^ldebl.gehabt • häbe^^fKicWrtS^e.r'de. i Falls

Fraj^^fS-be^sich darub^jp^e^mndern so^te*4Kfss dcch eo viele F^cuen
ajwläicji lE^Nq^fluSs^gevmnnen'' häla^n, &änn/^k£le ©f*" sie"' :äuf den LaixdvVgt von
Greifenseb verweisen.

So ist bei mir alles hell und klar, und fast schäme ich mich dessen,
wenn ich an Dich und«MiV»^«^©n**denke. Doch ich muss jetzt schliessen
und abreisen. Von Falkenberg aus schreibe ich bald nccheinmal meine
Änsicht über dieliwoi-»*Probleme .

Bitte ^ei so geduldig wie mit meiner mündliehen so auch Jetzt mit
meiner brl€>flichen Schwerfalligkeit!

Leb wohl! Ich liebe Bein ganzes einfaches ..-Wesen, nicht

mehr das »Dämonische», sondern das ganz Ursprüngliche, das dureh alle
Veränderungen in Deinem Leben hindurch gleich geblieben ist und das
viel grösser und zwingender ist als das andere.Ich fühle mich Dir ganz
nahe,bitte vertrau mir in allem! Herzliehste Grüsse!

Dein

Lask .
 
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