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Universitätsbibliothek Heidelberg, Heid. Hs. 3820,447
Lask, Emil
(Heid. Hs. 3820,447): Brief von Emil Lask an unbekannte Frau — o.O., 1908 Januar 9

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https://doi.org/10.11588/diglit.26776#0001
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9.1.08.

Meira liebes.! Du musst jetzt mit meinen Briefen gna-

diger uncl duldsamer sein fast als in eines Menschen Macht steht. Denke
Dir, den ganzen Tag sichiiber Rat egoriales den Kopf zerbrechen ,
unter der Sehwierigkeit, ünauflosbarkeit der Probleme leiden, überail
die Gedankenwelt verbaut und versehlossen vorfinden wie in einem La-
byrinth, dabei am nächsten Tage sehon auf dem Xatheder stehen müssen
und es als verarbeitet vortragen- und zu alledempenke Dir noch mich.
den bekanifeich die Natur im Grimrr. ersehuf, dann wirst Du es begreif-
lich ginden, dass die Ausdrucksfähigkeit für die Sprache der Gefühle
und inneren Erlebnisse^ , wenigstens der Xategorien-fremden , immer
mehr und mehr herabsinkt-«Des Geistes Flutstrom ebbet nach und nachr
(Faust aus Knittlingen zitiere ich.) Dann wirst Du es begreiflich tt
finden, dass man oft das Freie aufsueht, um ia der frischen Luft auf
Gedanken zu kommen. Man stapft in dem Schnee auf und ab, und es stei-
len sich in der Uaehmittagsbeleuehtung der länger werdeäden Tage 'kj&-

unbestimmte Erinnerungen.....

.Traurigkeit und Bangigieit überkommt einen dann beim ein-

samen Wandern, und der ganze Heidelberger Aufenthalt erscheint wie

die Vorlesung leer und

>Cl(

So wird die Kategorienarbeit von Sehn-
suchtsgefühlen begleitet. Wenn ich an ein neues Zusammensein mit Dir
denke, scheint mir oft, ich müsste es jetzt besser lernen, Deine Ge-
genwart ganz auszukosten, das Zusammenleben mit Dir ganz zu geniessen.
 
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