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Galerie Heinemann
Ausstellung Fritz Behrendt Grafrath bei München: Oktober 1921 : Gemälde, Zeichnungen — München: Galerie Heinemann, 1921

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https://doi.org/10.11588/diglit.71984#0005
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wahrnimmt, im besonderen bei den Ostpreußen, den Stammesge-
nossen Behrendts, der im Kreise Memel geboren und mit allen
Stammeseigentümlichkeiten seiner geliebten Heimat ausgestattet ist.
Es sind Werke eines reifen Mannes. Wer sich kn die Stimmung
dieser Landschaften, die allesamt in freier Übersetzung der Natur
Ostpreußens entstanden (reine „Naturstudien", Porträte der Land-
schaft sind Behrendts Sache nicht), vertieft, hineinlebt, ihr Seelisches
empfindet, dem muß die Erkenntnis aufgehen, daß hier ein Künstler
am Werke ist, der sich nicht mit Epidermismalerei begnügt. Er bohrt
sich in Tiefen ein, er gestaltet Seelisches. Sein Empfinden ist unge-
wöhnlich stark, sein Temperament impulsiv und leidenschaftlich. Man
kann ihn einen elementaren Landschaftsmaler nennen, mit dem glei-
chen Recht, mit dem man Stäbli und Baer so nannte: hat Behrendt
mit diesen beiden Berührungspunkte, so liegen sie nicht im Formalen,
im Außen-Stilistischen, sondern in der Tiefe des Naturgefühls und
der Naturanschauung.
Die zarte, idyllische Landschaft liebt Behrendt weniger als die
stürmisch bewegte, die seinem Wesen stärker enigegenkommt. Daß
er einmal — nach Königsberger Akademietagen — bei Baisch in
Karlsruhe malte und daß so von Schule wegen irgendwie die
sänstigliche Weise Liers in ihm weilerklingen sollte, empfindet man
nicht, wenn man in diese Bilder hineinschaut, die vom Sturm ge-
peitschte Bäume, urzeitliche Moore, das unendliche Meer und die
aufgischtende Welle zum Gegenstand haben. Menschliche Staffage
gibt es nicht auf diesen Bildern, auch nicht die Abschilderung nied-
lichen Menschenwerkes: Die Spur des Menschen in der Landschaft
wünscht der Künstler nicht zu sehen/ ihm ist Landschaft Schöpfung
Gottes, das Hohelied der Natur, brausend und hehr. Wie einst
Rembrandt die Landschaft empfunden, als ein Gedicht, das Gestalt
und Schaubarkeit gewann, wie später Courbet und Delacroix sie
ansahen — so auch er: nicht das was er sieht, wenn er in die Natur
mit leiblichem Auge hineinblickt, entscheidet für ihn, sondern er
verspürt in ihr und gestaltet aus ihr heraus den urewkgen Kampf
zerstörender und aufbauender Mächte, Werden und Vergehen,
Bewegung, ewigen Fluß und Wiederkehr —
den großen Ring, der die
Ewigkeit ist.


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