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Galerie Heinemann
Ausstellung: Max E. Giese, 1867-1916: Januar/Februar 1921 — München: Galerie Heinemann, 1921

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https://doi.org/10.11588/diglit.71979#0004
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ihm zusagendes Gebiet, das ihn auch weiter fesselte, als er
späterhin die bayerische Hochebene und andere Gegenden
mit der heimatlichen Scholle vertauschte. Aus dieser Ursprüng-
lichkeit einer einsam stillen und grossen Natur heraus ent-
standen Werke, die über die Naturstudie hinaus als Bilder
betrachtet werden müssen, von einer Würde, Grösse und im-
pulsiven Kraft, die vieles in den Schatten stellte, was ringsum
sonst in den Räumen der Ausstellungen sich fand. Nichts
war in diesen Bildern kleinlich gesehen, alles unter dem Ge-
sichtspunkte einer aus dem Vollen geschöpften Naturanschau-
ung, Werke, die deshalb so frisch und fesselnd wirkten, weil
sie vor und in der Natur entstanden waren. Denn Giese war
zu ehrlich, um, wie so viele „Stadtlandschaftler", im Atelier
zu korrigieren, zu verbessern, zu glätten und auf Gefälligkeit
hin umzuarbeiten. Gerade seine, aus dem Leben und Weben
der Natur herausgeholten Studien und Skizzen enthüllen ganz
sein inneres Wesen, seinen auf den unmittelbaren Natureindruck
gerichteten Sinn. Eine ans Herz greifende Sinnenfreude, eine
gewisse gesunde Sinnlichkeit spüren wir in dem Erfassen und
Verkörpern seiner grellen und tiefsatten Landschaften. — Hier
war er der Künstler im wahren Sinne des Wortes, der dem
tiefsten Wesen der Kunst entsprach, weil ihm die grosse Welt
der sinnfälligen Schönheit erschlossen war.
Seiner Gestaltungskraft fehlt daher auch in der kleinsten,
mit den wenigsten Mitteln hingeschriebenen Skizze nicht jener
tiefe menschheitliche Grundakkord. — Mehr noch, als Gestalter
ging er über das rein Sinnfällige hinaus und trug seine inneren
Seelenregungen in sie hinein, so dass die Dinge, die er schuf,
in eine Welt der Abgeklärtheit und vergeistigten Harmonie ge-
hoben wurden, und das ist das Wertvolle, wenn man das Ge-
samtschaffen Gieses überblickt.
 
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