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Hugo Helbing <München> [Hrsg.]
Sammlung von Ölgemälden moderner Meister: aus dem Besitze des verewigten Herrn Kommerzienrat Adolph Herbst, Triebes (Reuss) — München, 1912

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https://doi.org/10.11588/diglit.15238#0011
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im Vorwurf wie in der Malweise ist der W e n g 1 e i n der Kollektion: ein Moor un-
serer Voralpengegend mit ruhigem, schlafendem Wasser, Schilf, spärlichen Birken
und Torfstich, grauer Himmel darüber — ein Stück Oberbayern, so wahr als man
sich’s nur wünschen kann. Auch von den beiden Chiemseebildern Joseph Wopf-
ners kann man ähnliches sagen, zumal von dem größeren, »Sturm« mit dem Heu-
schiff, das durch die hochgehenden Wogen gerudert wird — diese schiefergrauen
Wetterhimmel sind für den Chiemsee so charakteristisch, wie etwa silberschimmernder
Sonnensc.hein für den Würmsee. Auch von Otto S t r ü t z e 1 (München) enthält
die Sammlung ein gutes, mit gediegener künstlerischer Ausschöpfung des Sachlichen
gearbeitetes Moorbild, von Hans v. Petersen eine eisige Winterlandschaft, wie
sie der Künstler neben seinen Hochseebildern mit ausgesprochener Vorliebe malt,
von Erich Kubierschky u. a. eine in ihrer Art ebenso bezeichnende intime
Vorfrühlingsstimmung. Ein Venetianer Kanalbild des Berliner Marinemalers Willy
Hamacher schildert keine jener Paradeveduten aus der Lagunenstadt, mit
denen der Bildermarkt überschwemmt ist, sondern einen intimen Kanalwinkel aus
der Vorstadt, eher melancholisch als prunkvoll, schön durch den Glanz von Wasser
und Himmel und das pittoreske alte Mauerwerk, nicht durch irgendeine antiquarische
Note. Ein ernstes gutes Bild! Den vielzufrüh verstorbenen Walter Leistikow
lernt man in der Sammlung Herbst von zwei verschiedenen Seiten kennen: als intimen
Schilderer und Beobachter der Natur zeigt ihn das kleinere Werk, das seinen Namen
trägt; ein breit hingelagertes Dorf an einer Seebucht in lichter, heiterer Sommer-
stimmung. Das ist ebenso fein und gut in der räumlichen Wirkung wie in der Frische
seiner Farbe. In der großen Herbstlandschaft aber lernen wir den Stilisten Leistikow
kennen — nicht, daß er hier stilisierend im gewöhnlichen Sinne mit schematisierenden
Konturen arbeitete — aber die Ökonomie der Massen und der große Zug der Linie
sind viel mehr betont, als das intimere Wesen und die Einzelheiten der Landschaft,
das Ganze in seiner roten Abendbeleuchtung ist auf einen einheitlichen, fast deko-
rativen Klang gestimmt. Nicht minder gut hat der Sammler bei der Erwerbung
seiner beiden Bilder Gustav Schönlebers gewählt. Das eine Werk — das Motiv
könnte von einem der bayerischen Seen stammen — reif und ausführlich in der
Arbeit, ohne Ängstlichkeit im Detail, zeigt Schönlebers hohes technisches Können
von seiner besten Seite und ist in kühlem silbrigem Ton gehalten. Das andere ist eine
interessante, koloristisch reiche Skizze aus des jungen Schönlebers Münchener Lehr-
zeit — Meeresufer mit Fischervolk, das in lebhafter Bewegung erscheint — eine köst-
liche, temperamenterfüllte Arbeit, die manchem Freunde des Karlsruher Meisters
Neues erzählen wird. Von Fritz Thaulow ist ein Winterbild vorhanden — selbst-
verständlich eine Flußlandschaft! — von leichter, virtuoser Malweise, von Hermann
U r b a n eine stille Meerlandschaft mit steilen Uferfelsen, die bei Capri gesehen sein
könnte; eine phantastische Meerkentaurin dient der romantischen Szenerie zu wir-
kungsvoller Staffage.

Perlen auch dieser Sammlung sind die Landschaften und Stilleben von Karl
S c h u c h , vor allem die ersteren fünf Gemälde, unter denen ein paar wohl über-
haupt zu den wertvollsten Schöpfungen des so spät zu voller Würdigung gelangten
Künstlers gehören dürften. Vor allem die Havellandschaft, hell, fröhlich, unbeschreib-
lich farbig in ihrem schlichten und doch originellen Motiv: ein Wehr zwischen zwei
sandigen Dämmen! Man spürt den Wind über dieser Landschaft. Die Malerei ist

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