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Hugo Helbing [Hrsg.]; Eberle, Adolf [Bearb.]; Willroider, Josef [Bearb.]
Ölgemälde moderner Meister: Nachlässe Professor Adolf Eberle , München, Kunstmaler Jos. Willroider , München, 1. Teil und aus anderem Privatbesitz; Auktion in München in der Galerie Helbing, Dienstag den 6. Juni 1916 — München, 1916

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https://doi.org/10.11588/diglit.48801#0007
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Adolf Eberle, der Schilderer des Volkes der bayerischen Berge und des Voralpenlandes,
war mit den Sitten und Gebräuchen dieser urwüchsigen Bevölkerung vertraut, wie wohl selten
einer; mehr als ein Menschenalter lebte er unter ihnen und lernte sie in ihrer vollen Eigenart
kennen. Selbst Jäger, wußte er, wie es um das Herz des Berglers stand, wenn von Schießen und
Jagen die Rede war. Eberle hat es daher auch meisterhaft verstanden, diese Leidenschaft in seinen
Gemälden wiederzugeben; ob er den Förster schilderte, wie er stolzen Blickes einen stattlichen
Sechserbock oder Meister Reineke heimbringt, oder wie dessen geschworene Feinde, die Wilderer,
einen verbotenen Pirschgang ausmachen, überall wußte er das Individuelle zum Ausdruck zu bringen.
Auch in der Schilderung der Tierwelt war er Meister, das däppisch Drollige der jungen Jagdhunde,
das niedlich Zierliche der jungen Füchse, all das wußte er in einer Naturwahrheit darzustellen, wie
sie nur auf Grund eifrigsten Studiums und Beobachtung möglich ist.
Eine Ausstellung im Glaspalast ohne Eberle konnte man sich nicht denken, seine Bilder
waren sehr begehrt und dürfte es wohl kaum vorgekommen sein, daß ein Bild die Ausstellung
unverkauft verlassen hat; aber auch sonst herrschte regste Nachfrage nach seinen Arbeiten, was
zur Folge hatte, daß sein Nachlaß nur jene Naturstudien aufwies, die ihm als Unterlage für seine
Arbeiten dienten und von denen er sich bei Lebzeiten nie trennen wollte. Wir lernen- ihn hier
auch als Schöpfer von Beleuchtungseffekten im Innenraume kennen; mit großem Können löste er
die schwierigsten Aufgaben des Uebergangs von Hell zum Dunkel in einer Weise, wie sie einem
Schuch würdig gewesen wäre. Eberle’s Studien tragen noch ganz den Hauch der Originialität, wie
der Künstler sie der Natur ablauschte und mit Pinsel und Palette festhielt.
Josef Willroider folgte seinem Bruder nach fünf Jahren im Tode nach; das gemeinsame
Zusammenarbeiten, der Austausch ihrer künstlerischen Meinungen war Beiden ein Bedürfnis ge-
worden, und so ist es auch erklärlich, daß Josef die Lücke, die der Tod seines Bruders in seinem
Leben hinterließ, schwer auszufüllen wußte; die Lebensfreude, die Josef Willroider bei künst-
lerischen Veranstaltungen, insbesondere musikalischen Aufführungen beherrschte, ließ allmählich
nach und er wurde immer stiller und zurückgezogener.
Neigte sich Ludwig Willroider’s Kunst mehr der ernsteren, an die Barbizoner erinnernden
Landschaft zu, so war Josef Willroider der deutschen Landschaft ausschließlich zugetan; eines
hatten aber Beide gemein, die Arbeitsfreudigkeit. Arbeit war ihnen Lebensbedürfnis, auch Josef
Willroider malte wie sein Bruder Ludwig vor allem seiner selbst willen; die hohe Gabe, die Natur
in allen ihren Tagesstimmungen und Jahreszeiten mit dem Pinsel festzuhalten, wurde für ihn zum
Genuß, da fühlte er sich in seinem Element, das ihn zum völligen Feinschmecker im Geniessen
der Natur werden ließ. Es befinden sich daher auch in seinem Nachlasse Naturstudien, die al
prima entstanden sind und uns in eine Welt einführen, in der der Künstler sich lebenslang als
alleiniger Herrscher gefühlt hatte. Von ganz besonderem Interesse ist es, an Hand der im Nach-
lasse Josef Willroider’s befindlichen Bilder und Kohlezeichnungen seines Bruders Ludwig Vergleiche
zwischen den Arbeiten der Brüder anzustellen, wozu gelegentlich der Ausstellung eingehendst
Gelegenheit geboten ist. Josef Willroider hat gleich seinem Bruder seine Vaterstadt Villach als
Erbin eingesetzt, zu deren Gunsten sein Nachlaß zur Versteigerung gelangt. Es ist nicht nnr dem
Sammler, sondern auch dem Kunstfreunde Gelegenheit geboten, seinen Besitz durch Erwerbung
des einen oder anderen Werkes Willroider’s bereichern zu können.
 
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