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Falke, Otto von [Hrsg.]; Hugo Helbing <München> [Hrsg.]
Sammlung Dr. Rudolf Ergas, Florenz: auserlesene Möbel der italienischen Renaissance, alte Gemälde, Kunstgewerbe, Wandteppiche, Textilien ; [Versteigerung: Dienstag, den 24. November 1931] — München, 1931

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https://doi.org/10.11588/diglit.5109#0008
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VORWORT

|ie Sammlung Dr. Rudolf Ergas ist in sachkundiger Auslese zur Einrichtung und
I * künstlerischen Ausstattung einer der historischen Villen im Hügelgelände von
Florenz geschaffen worden. Diesem Zweck entsprechend bilden den Hauptbestand
Florentiner Möbel der Früh* und Hochrenaissance von so guter Erhaltung, daß sie
allen Ansprüchen des täglichen Gebrauches und der vornehmen Innendekoration ge*
recht werden konnten. Vieles davon ist in dem Tafelwerk „II Mobilio Fiorentino" von
Mario Tinti (1929) schon veröffentlicht worden. Wenn W. v. Bode in seinem Handbuch
über die „Italienischen Hausmöbel der Renaissance" mehr als die Hälfte des Textes und
der Abbildungen allein den Erzeugnissen der Florentiner Kunsttischlerei gewidmet hat,
so kommt darin die führende Stellung der Mediceerstadt auch auf diesem der Archiv
tektur und Skulptur eng verbundenem Kunstgebiet deutlich und zutreffend zum Aus*
druck. In Toskana vollzog sich die Schöpfung des Renaissancemobiliars, maßgebend
auch für andere Teile Italiens, nicht so sehr durch die Erfindung neuer Möbeltypen, als
vielmehr durch eine künstlerische Veredlung ursprünglich schlichter, aus dem Mittelalter
überlieferter Zweckformen. Die Sammlung Ergas besitzt an Tischen, Stühlen, Schemeln
mancherlei Formen mit altem Stammbaum; man braucht nur auf die vier wuchtigen Falt*
Stühle des 16. Jahrh. aus schweren Vierkanthölzern (Nr. 36—39) und auf den lehnen*
losen Faltstuhl aus Siena (Nr. 34) hinzuweisen, die kaum wesentlich verändert die Formen
der antiken Sella curulis beibehalten und mit neuem Leben erfüllt haben. Von den Zier*
mittein der gotischen Tischlerei hat die Frührenaissance des 15. Jahrhunderts in Florenz
— wie in Norditalien — die eingelegten geometrischen Muster aus „Holzmosaik" über*
nommen, die sich reich auf einer zweitürigen Kredenz (Nr. 53), sparsamer auf einer sehr
frühen schlichten Bank mit Kastensitz (Nr. 123) und besonders reizvoll auf einer stattlichen
Truhe (Nr. 124) entfalten. Das Holzmosaik erscheint auch nach 1500 noch einmal auf der
schönen Bank mit Rücklehne aus dem Palazzo Martelli, die mit dem Monogramm und
Wappenschild dieses Florentiner Geschlechts verziert ist (Nr. 132). In diesem Zusam*
menhang — als Nachklänge aus romanischer Zeit — sind noch die vier untereinander ver*
schiedenen Stühle des späten 16. Jahrh. zu beachten, in deren Rücklehne eine Reihe
gedrechselter Balustersäulchen eingestellt ist (Nr. 144—146). Dieses auch bei hollän*
dischen Renaissancestühlen beliebte Motiv ist in der Kunstgeschichte des Mobiliars zu
Unrecht unbeachtet geblieben. Denn die Balusterreihen stammen ohne Zweifel als späte
Nachkommen von den romanischen Sitzmöbeln ab, wie unter anderem der um 1300
anzusetzende Lehnstuhl des Doms zu Anagni zeigt. Ob auch das gedrechselte Gestell
des Lehnstuhls mit Lederbezug (Nr. 159), dessen Gegenstück sich im Musee des Arts
decoratifs in Paris befindet, als ein Ausläufer der romanischen Lehnstühle aus gedrech*
selten Rundpfosten anzusehen ist, läßt sich nicht mit gleicher Sicherheit behaupten.
 
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