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Karl Ernst Henrici <Berlin> [Hrsg.]
Niederländische Handzeichnungen, 16. bis 18. Jahrh. (aus dem Besitze des Sammlers mit dem Eulenstempel): verschiedene Handzeichnungen und Ölmalereien bis zur Gegenwart, Miniaturen, Pastelle etc. (aus verschiedenem Besitz) ; Kupferstiche, Schabkunstblätter, Radierungen etc., darunter eine kleine Chodowiecki-Sammlung ... ; Versteigerung ..., 21. bis 23. Juni 1917 (Katalog Nr. 40) — Berlin, 1917

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https://doi.org/10.11588/diglit.22008#0250
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eine Kreidezeichnung zeigt die Anlageart seiner Deckenmalerei, ein ganz wunder-
volles Stück aber ist der mit Weiß gehöhte Kopf eines jungen Mädchens, ganz erfüllt
von der Stimmung der Zeit und mit dem ganzen technischen Raffinement ausgeführt,
das den führenden Meistern des Rokkoko eigentümlich war. Das 19. Jahrhundert
läßt mit sechs trefflichen Handzeichnungen zunächst Chodowiecki und mit ihm die
Berliner Kunst zu Worte kommen, die sich überhaupt in diesem Teil der Versteige-
rung von ihren besten Seiten zeigt: eine Zeichnung und vier Aquarelle repräsentieren
stattlich Hosemann, von E. Th. A. Hoffmann ist die Bildniszeichnung des aus
Zynismus und Frömmigkeit seltsam gemischten Zacharias Werner da, den der
literarisch gleichfalls genügend komplizierte Kollege fein in seiner Wesenheit erfaßte.
Besonders glänzend zeigt sich der alte Krüger. Zwei Ölgemälde lassen seinen großen
Ruf als Pferdemaler sehr verständlich erscheinen, während ihn neun Bleistift-
entwürfe, darunter die ausgezeichnete Kollektion von sieben Mitgliedern einer
Familie, als den großen Porträtisten erweisen. Uber andere Berliner gelangen wir
zu den Vertretern der Neuzeit, vor allem zu Menzel mit zwei Blättern ersten Ranges,
zu Skarbina, zu Leistikow mit einem kleinen frühen Ölbild, zu Liebermann mit
einem flotten Biergartenpastell und einer ersten Studie zur Flachsscheuer in Laren.
Aber auch die anderen deutschen Kunststädte stehen dahinter nicht zurück. Her-
vorragend zeigt sich Düsseldorf und die mit ihm innig verknüpfte Nazarenerschule.
Wenn wir diese so lange nicht richtig erkannten Maler heute wieder mehr als je
schätzen lernen, so ist es nicht zum wenigsten die hohe Qualität ihrer Handzeich-
nungen, die uns bekehrt hat. Hier führt Cornelius, von dem Heine mit so ehrfürch-
tigem Schaudern berichtet, seine Hand als die des Zeichenlehrers habe des jungen
Harry Hand bei ihren ersten Versuchen geleitet, mit 14 hochklassigen Handzeich-
nungen, unter denen sich auch das Gretchen in der Kirche befindet. Die größte
Überraschung für viele werden in dieser Abteilung die neun Bleistiftzeichnungen
Overbecks sein, die wieder einmal die Zeitlosigkeit dieses so lange fast verschollenen
großen Künstlers beweisen.

Schnorr und Veit schließen sich an. Ein drittes Kunstzentrum: München. In
der hierher gehörenden Kunst führt Schwind mit einer Zeichnung und Spitzweg mit
einer feinen kleinen Landschaft in Öl, Leibi und sein Kreis sind durch zwei herrliche
Zeichnungen Leibis in Kohle, sein Wohnzimmer in Kutterling und eine Bäuerin,
sowie durch zwei kleinere Malereien Theodor Alts vertreten. Von der Lenbachgruppe
Lenbach selbst mit dem flotten Bild einer Münchener Lebedame und einer guten
Landschaft, Habermann, besonders interessant aber Albert von Keller mit vier
frühen Werken aus der Zeit seiner frühmeisterhchen, später enttäuschenden Ent-
wicklung, darunter die Dame in Weiß und die heilige Elisabeth geradezu moderne
Terborchs, Prachtstücke des Münchener Niederländertums. Zwei Justus Junckers
sind zu Vorbildern französischer Stiche geworden. Von Böcklin ist eine kleine Land-
schaft aus seiner frühen noch schüchternen Entwicklung da, von Wilhelm Busch
ein Kinder köpf, von Munkascy eine Ölstudie von meisterlichem Rot, von Karl Hage-
meister ein feines Bild. Unter den Miniaturen fallen zwei Daffingers auf, wie denn
überhaupt Wien interessant, zum Beispiel mit Zampis, vertreten ist.
 
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