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Dragendorff, Hans [Editor]; Hiller von Gaertringen, Friedrich [Editor]
Thera: Untersuchungen, Vermessungen und Ausgrabungen in den Jahren 1895 - 1902 (Band 2): Theraeische Gräber — Berlin, 1903

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https://doi.org/10.11588/diglit.1146#0012
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I. Kapitel. Frühere Grabfunde auf Thera. Die Forschungen von 1896 und 1897

Expedition
de Moree

handelt es sich wohl sicher um späte Gräber der römischen Zeit. Teile dieser späten Nekropole
sind auch neuerdings wieder bei Kamari aufgedeckt worden'-').

40 Jahre später, 1829, veranstaltete vermutlich ebenfalls in der Nähe der alten Stadt
der französische Oberst Bory de Saint Vincent bei Gelegenheit der Aufnahme der Insel für
die Expedition de Moree eine kleine Ausgrabung3). Bei dieser Gelegenheit wurden unter
einer starken Bimssteinschicht 3 in den Fels gebrochene Kammern gefunden, welche große
Vasen geometrischen Stiles enthielten. Diese Vasen gelangten ins Museum von Sevres4).
Auch auf späte Gräber scheint Bory de St. Vincent gestoßen zu sein; wenigstens erwähnt
Pegue in seiner unklaren Notiz über die Ausgrabung5) auch lamfiions de terre cnite d'environ
2l/2 poiices de diametre, qu'on trouve quelquc fois dans les tombeaux.

Ueber einen Sarkophag, der 1836 in Therasia am Meere gefunden wurde und von dem
Pegue a. a. O., S. 82 f. eine wüste Beschreibung giebt, weiß ich nichts weiter. Auch über die
Ausgrabungen, denen die in europäischen Museen, in Leyden''), im Cabinet des Medailles'), in
Berlin8), befindlichen theräischen Vasen entstammen, läßt sich Genaueres nicht ermitteln. In
der Nekropole der alten Stadt, auf dem Messavuno, wurde die Amphora gefunden, welche
durch Cessac nach Frankreich kam und sich jetzt im Louvre befindet9). Doch zeigt die ver-
hältnismäßig große Zahl sicher theräischer Vasen in altem Museumsbesitz, daß manches Grab
auf Thera geöffnet wurde und manches Gefäß von dort in den Kunsthandel kam. So wird
auch Ross auf diese Gefäße aufmerksam geworden sein, deren Bedeutung er natürlich erkannte.
Ross Ludwig Ross war wieder der Erste, der sich eingehender mit den Gräbern von Thera be-
schäftigte und den ersten Schritt zu wissenschaftlicher Erforschung' derselben that.

Als Ross 1835 zum ersten Male nach Thera kam, hat er nicht nur die Felsgräber be-
sichtigt und zum Teil vermessen und gezeichnet10), sondern er veranstaltete auch eine kleine
Ausgrabung am Messavuno, d. h. der Seilada, im Bereiche der Nekropole der alten Stadt.
Der Hauptzweck dieser Ausgrabung war, nach Ross' eigenen Worten, einige der großen
Amphoren zu finden, „welche man in Griechenland bisher ausschließlich auf Thera gefunden
hat und in deren gemalten Ornamenten mit spärlichen Tierfiguren (meistens nur eines dem
Ibis ähnlichen Vogels) ägyptische Anklänge nicht zu verkennen sind"11).

Ross fand etwa 3 Fuß unter dem Boden mehr als 100 Amphoren, zum Teil mit drei und
vier Henkeln, „wie man sich ihrer noch in Griechenland zum Wasserholen bedient". Bis auf
zwei oder drei zerbrachen sie sämtlich. Ein genaueres Bild dieser Gefäße kann man sich aus
Ross'Angaben nicht machen. Anscheinend waren sie undekoriert, i1/2—2 Fuß hoch. Sie lagen
im Bimssand auf der Seite, die Mündung mit einer runden Steinplatte geschlossen. Den Inhalt
bildete Knochenkohle. Ross schreibt sie den letzten Jahrhunderten des Altertumes zu. Tiefer
als diese Gräber lagen mit Bruchsteinen umstellte Skelettgräber mit Beigaben aus Glas. Thon
und Bronze. In noch größerer Tiefe endlich fand Ross kleine, unter dem Bimssteingeröll aus-
gehöhlte gewölbte Kammern, deren Eingang mit einer Steinmauer geschlossen und dann wieder
verschüttet ist. „In diesen pflegen die bereits erwähnten großen bemalten Amphoren oder

1835

2) Vgl. SavroptvTf) v. 25. Dez. 1898.

a) Pegue, Hist. et ßhenomenes du volcan et des lies

volcaniques de Santorzn, Pa?-is 1842. p. 75-
4) Brogniart, Tratte des arts ce'ramiques I, 577. Eines

der Gefäße (no. 3322) ist dort abgebildet Fig. 55.

Conze, Anfänge d. Kunst (Sitzungsberichte d.

Wiener Akademie 1870) S. 514.
") Vgl. Anm. 3.
6) Es sind die von Conze, Anfänge d. Kunst S. 509,

genannten und zum Teil abgebildeten Gefäße.

Daß sie von Thera stammen, wird im Kapitel IV
gezeigt werden.

') Conze, Anfänge d. Kunst S. 514.

8) Aus der Sammlung Sabouroff, Furtwängler Samm-
lung Sabouroff, Taf. 47. Katal. d. berl. Vasen
3901.

8) Pottier, Vases du Louvre, Taf. 10, Solle A, no. 266.
Catalogue des Vases antiques p. 127.

10) Ges. Abh. II 415 ff.

") Inselreisen I 65 ff.
 
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